Für mehr mentale und körperliche Gesundheit
„Als Teil Ihrer Behandlung verschreibe ich Ihnen Radfahren. Das Fahrrad können Sie sich mit diesem Rezept kostenlos ausleihen.“ So ähnlich läuft es wohl in einigen Regionen in Großbritannien ab. Hier wird die Teilnahme an Wandergruppen, Radfahrtrainings oder das Ausleihen von Rädern verschrieben.
Für die Patient:innen ist das kostenlos. Der Staat zahlt dafür und setzt damit auf gesundheitliche Benefits für die Menschen. Dieses Pilotprojekt läuft bis 2025. Dabei soll untersucht werden, wie sich das auf Teilnehmende auswirkt und ob sie dadurch zum Beispiel weniger Medikamente nehmen müssen. Die positiven Auswirkungen eines anderen Konzepts in Japan haben hingegen schon länger Tradition.
Entspannung in der Natur
Tief einatmen, den Duft des Waldes wahrnehmen, den Wind auf der Haut spüren, den leisen Geräuschen lauschen. Mit allen Sinnen wahrnehmen und zur Ruhe kommen. So funktioniert Waldbaden, das in Japan verschrieben werden kann. Studien zeigen, dass das tatsächlich den Blutdruck und Stresshormone sinken lassen kann. Auf die Natur als Helferin setzt auch ein Projekt in Kanada.
Ein Jahr lang gibt es mit einem Pass Zugang zu Nationalparks. Normalerweise kostet er umgerechnet rund 50 Euro. Mit einem Rezept bezahlt eine Stiftung dafür. Verschrieben wird das etwa gegen Schmerzen, Stress oder Ängste. Das soll nicht nur den Menschen guttun, sondern auch der Umwelt. Der Gedanke: Wer die Natur schätzen lernt, kümmert sich auch mehr um sie. Statt in Nationalparks werden Patient:innen in Brüssel an einen anderen Ort geschickt, der sich positiv auf sie auswirken soll.
Kunst zur Therapie nutzen?
Hier geht‘s ab ins Museum. Auch Kunst kann nämlich die mentale und körperliche Gesundheit beeinflussen. Das zeigt ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation. Für den Gang ins Museum müssen Patient:innen nichts bezahlen, die Kosten trägt die Stadt Brüssel. Begleitpersonen dürfen auch kostenlos mit ins Museum, damit niemand allein ist. Bei uns in Deutschland setzt man schon auf ein ähnliches Konzept.
Aber bisher nur in Bremen. Hier kriegt man in teilnehmenden medizinischen Einrichtungen ein Rezept, das einem den kostenlosen Eintritt zu Kunstkursen sichert. Auf dem Plan steht dann Schreiben, Malen, Singen und sich untereinander austauschen. Das ist Teil eines EU-weiten Projekts und läuft erstmal bis Ende 2024.
Das Angebot gilt für Menschen, die psychische Erkrankungen haben oder gefährdet sind, eine zu bekommen. Die Kurse finden in der Regel einmal in der Woche an der Volkshochschule statt. Man sollte die Kurse dann über einen längeren Zeitraum besuchen und nimmt außerdem noch an Beratungsgesprächen teil.
Im Rest von Deutschland ist sowas noch nicht möglich. Zwar können Ärzt:innen ein „Rezept für Bewegung“ ausstellen, das ist aber eher symbolisch. Die Kursgebühren dafür zahlt die gesetzliche Krankenkasse nämlich nicht. Sie bezuschusst allerdings manche Kursangebote, die auch für mehr Bewegung und Entspannung sorgen sollen.
Ist das realistisch?
Für Leistungen auf Rezept (ob in Deutschland oder im Ausland) braucht man natürlich erst einen Termin in der zuständigen Arztpraxis. Meist sind die aber nicht so leicht zu bekommen. Außerdem könnten die Angebote mehr Menschen dazu bewegen, ihren Arzt oder ihre Ärztin aufzusuchen, wodurch Termine noch knapper würden. Wäre es da nicht toll, wenn man für die Teilnahme an solchen Maßnahmen gar kein Rezept mehr bräuchte? Stell dir vor, man könnte das einfach selbst bei der Krankenkasse beantragen.
Davon würden auch die Krankenkassen profitieren, wenn die Angebote auf Rezept Krankheiten vermeiden oder deren Symptome lindern, könnten sie die entsprechenden Behandlungskosten einsparen. Und so könnten vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen besser für ihre Gesundheit sorgen.
Klar werden Waldbaden oder Kunstkurse nicht jede Krankheit heilen oder verhindern können. Beispielsweise bei einer schweren Depression kann Malen eine Therapie nicht ersetzen, es kann sie aber unterstützen. Wenn die Projekte in den anderen Ländern und in Bremen weiterhin positiv verlaufen, könnten sie in Zukunft in ganz Deutschland oder Europa angeboten werden. Das könnte dann auch einen entstigmatisierenden Effekt haben und Menschen dazu animieren, mehr für ihre Gesundheit zu tun.
Senat Bremen: "Kunst auf Rezept" erfolgreich gestartet (senatspressestelle.bremen.de)
Stadt Brüssel: Museum prescriptions (brussels.be)
Department for Transportation: Walking, wheeling and cycling to be offered on prescription in nationwide trial (gov.uk)
PaRx/ BC Parks Foundation: Why should I prescribe nature (parkprescriptions.ca)
Forest Therapy Society (fo-society.jp)
Fancourt, Daisy, Finn, Saoirse.: What is the evidence on the role of the arts in improving health and well-being? A scoping review (World Health Organization, 2019)
Ideno, Y. et al.: Blood pressure-lowering effect of Shinrin-yoku (Forest bathing): A systematic review and meta-analysis (BMC complementary and alternative medicine, 2017)
Siah, C. J. R. et al.: The effects of forest bathing on psychological well‐being: A systematic review and meta‐analysis (International Journal of Mental Health Nursing, 2023)
Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention zum Rezept für Bewegung (dgsp.de)
Kommentare zum Thema
Das wäre genau das richtige Rezept. Trotz rheumatoider Arthritis nehme ich keine Tabletten, ernähre mich gesund, bewege mich täglich, schwimme mache Wassergymnastik.das ist aber erst möglich seit ich in Pension bin. Die Herausforderung ist für die arbeitenden Menschen dies möglich zu machen. Also Arbeitszeit endlich verkürzen . Genug ist genug.
Vielen Dank, dass du deine Erfahrung mit uns teilst! Diese Möglichkeiten wären bestimmt für viele eine große Hilfe. Alles Gute wünscht das kugelzwei-Team!