
Blutspende gegen Belohnung?
Stand: 09.06.2023, 17:20 Von Anestis Jordanidis Gamechanger
Von Anestis Jordanidis
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Kommentieren [5]In Deutschland wird zu wenig Blut gespendet. Eine Lösung wären Belohnungen. In anderen Ländern gibt es freie Tage, Geld oder Massagen.
Rund 47 Prozent aller Menschen in Deutschland haben schon einmal Blut gespendet. Damit versorgen sie die Krankenhäuser, die täglich 14.000-15.000 Blutspenden für Operationen, Behandlungen von schweren Krankheiten und die Versorgung von Unfallopfern benötigen. Besonders im Sommer kommt es aber oft zu Engpässen. So mussten 2021 in Rostock Operationen verschoben werden, weil es zu wenig Blut gab.
Zahl der Blutspenden sinkt
Daten des Paul-Ehrlich-Institutes zeigen, dass die Bereitschaft zur Blutspende deutlich zurückgegangen ist. Auch, weil es kaum Anreize dafür gibt?
Teilweise gibt es in Deutschland fürs Blutspenden eine kleine Aufwandsentschädigung. Für eine Vollblutspende können das um die 20 Euro sein, in vielen Blutspendezentren bekommt man mit Ausnahme von Snacks und Getränken aber auch keine Belohnung.
In anderen Ländern gibt es hingegen einen freien Tag oder sogar Steuererleichterungen. Hältst Du das für eine gute Idee? Schreib uns deine Meinung in die Kommentare.
Polen: Blutspender:innen sparen Steuern und bekommen Süßigkeiten
Polen lockt Blutspendende mit Steuervergünstigungen. Pro Liter gespendetem Blut besteht Anspruch auf 130 Zloty, was ungefähr 29 Euro entspricht (Kurs am 9. Juni 2023). Wer Blut spendet, erhält dieses Geld aber nicht direkt, sondern es wird bei der Steuererklärung angerechnet. Es gibt dabei eine Grenze: Bis zu sechs Prozent des Einkommens können durch Blutspenden zusätzlich eingenommen werden.

Wer angestellt ist, bekommt außerdem einen Nachweis für den Arbeitgeber. Auf diese Weise wird der Tag der Blutspende zu einem freien Tag. Doch damit nicht genug: Spender:innen bekommen obendrauf noch ein großes Süßigkeiten-Paket. Die Menge ist vom Gesundheitsministerium vorgegeben: 4.500 Kilokalorien Süßzeug pro Blutspende. Das entspricht gut acht Tafeln Schokolade oder rund 1,3 Kilo Gummibärchen.
Tschechien: Sauna-Aufguss, Massagen und Zahnpasta für Spendende
In Tschechien gibt es im Gegenzug für eine Blutspende Entspannung. Blutspendende erhalten Gutscheine für Wellness-Angebote wie Schwimmen, Massagen oder die Sauna.

Auch die Zahnhygiene kann unterstützt werden, etwa mit Zahnbürsten oder Mundwasser. Pro Jahr gelten Höchstbeträge: 2.000 Tschechische Kronen für Wellness sowie 1.000 Kronen für Zahnhygieneartikel. Je nach Wechselkurs entspricht das ungefähr 84 beziehungsweise 42 Euro (Kurs am 9. Juni 2023).
Italien: Staatlich finanzierter Mini-Urlaub lockt zur Spende
In Italien gibt es für die Blutspende einen freien Tag, und der zeigt Wirkung: Eine Studie von Verhaltensökonom:innen zeigt, dass die Bereitschaft zum Aderlass dadurch steigt. Für die Untersuchung wurden Daten von mehr als 2.500 Blutspender:innen einer italienischen Stadt verglichen. Personen, die sich nach der Spende den restlichen Tag freinehmen durften, haben 30 Prozent öfter gespendet.

Die Besonderheit in Italien: Der freie Tag wird vom Staat bezahlt. Unternehmen haben also keinen finanziellen Nachteil, wenn ihr Personal Blut spendet.
Appell an die Solidarität und Information statt Belohnung
Könnten all diese Anreize vielleicht dazu führen, dass Menschen das System ausnutzen? Also zum Beispiel, indem sie bewusst Dinge verschweigen, die sie als Spender:in eigentlich disqualifizieren – nur um an die Belohnung zu kommen? In Österreich heißt es vom Roten Kreuz, dass die Blutspende ein Akt der Solidarität sei.
Andere Länder appellieren an das Gewissen der Bevölkerung. So zum Beispiel in Dänemark. Der Wunsch, anderen zu helfen, soll hier im Vordergrund stehen – nicht die Belohnung. Ähnlich geht es in Belgien und Frankreich zu, wo es für die Blutspende kein Geld gibt.
Wer Blut spenden will, muss Voraussetzungen erfüllen
Ob mit oder ohne Anreiz: Neben der persönlichen Entscheidung zur Blutspende gibt es weitere Bedingungen, die Blutspender:innen erfüllen müssen. In Deutschland gilt ein Mindestalter von 18 Jahren. Wer dazu noch gesund ist, keiner Risikogruppe angehört und mehr als 50 Kilogramm wiegt, darf bis zum vollendeten 68. Lebensjahr Blut spenden. Daneben gibt es noch weitere Kriterien, die vor einer Blutspende geprüft werden.
Ein Beispiel: Personen, die an COVID-19 erkrankt waren und einen schweren Verlauf – etwa mit Fieber – erlebt haben, sollten nach der Genesung vier Wochen warten.
Mehr Informationen zum Thema:
Nicola Lacetera, Mario Macis: Motivating Altruism: A Field Study (IZA 2008, docs.iza.org)
Nicola Lacetera, Mario Macis: Social Image Concerns and Pro-Social Behavior (IZA 2008, docs.iza.org)
Was Blutspender im Ausland bekommen (aerztezeitung.de)
Was wir tun – Blutspende (bzga.de)
Wie viele Menschen spenden Blut? (blutspenden.de)
Berichte nach $ 21 Transfusionsgesetz (Paul-Ehrlich-Institut, pei.de)
Gesundheitsministerium Italien: FAQ zum Blutspenden (donailsangue.salute.gov.it)
Darowizny na krwiodawstwo (podatki.gov.pl)
Oddanie krwi - jak odliczyć w zeznaniu rocznym? (poradnikprzedsiebiorcy.pl)
Blod-Donorerne Danmark: Ofte stillede spørgsmål (bloddonor.dk)
5 Kommentare
Kommentar 5: Petra schreibt am 04.09.2023, 08:43 Uhr :
Belohnung? JA! Wenn ich irgend einer anderen Einrichtung etwas spende, bekomme ich doch auch eine Spendenquittung; warum nicht auch hier? Ein weiterer Anreiz wäre, es den Leuten leichter zu machen. Ich wohne in der Nähe eines Krankenhauses, aber zum Blutspenden muss ich mich ins Auto setzen und woanders hin fahren. Sehr "sinnig".
Kommentar 4: Dauerspender schreibt am 22.06.2023, 20:12 Uhr :
Ich spende seit 25 Jahren Blut und fände es gerade in meiner jetzigen Lebensphase mit Kindern und Job schon reizvoll, wenn es dafür eine Freistellung oder etwas höhere Entschädigung gäbe. Das würde meine Bereitschaft sicher noch mehr erhöhen. Und das jonglieren mit Terminen erleichtern.
Kommentar 3: Michael schreibt am 22.06.2023, 09:04 Uhr :
Ich habe schon einen getroffen, der hat über ne Blutspende (also als Empfänger) HIV bekommen. Und das, obwohl es in DE keine nennenswerten Belohnungen gibt. Von daher sollte es eher so ne Art Führungszeugnis geben, wo z. B. ein Arzt vorher das Blut untersucht und wenn das "sauber" ist, geht der Spender dann mit einer Bescheinigung zur Blutspende und bekommt auch ne nette Belohnung. 20-40 Euro finde ich schon in Ordnung. Kann ja aus den Erlösen finanziert werden, wenn DRK usw das weiter verkaufen. Wer auf die Prüfung verzichtet (und dadurch auch weniger Mühe hat) macht halt weiter wie bisher, ohne Belohnung.
Antwort von kugelzwei , geschrieben am 22.06.2023, 14:51 Uhr :
Es werden eine Reihe an Laborverfahren mit dem Spenderblut durchgeführt, um sicherzustellen, dass das Blut frei von Krankheitserregern und Viren wie beispielsweise HIV ist. Das Robert-Koch-Institut schreibt auf seiner Webseite beispielsweise auch, dass es seit der Einführung des Genomnachweises für HIV im Jahr 2004 nur noch zwei Fälle einer HIV-Übertragung durch Spenderblut gab. Für die Betroffenen (und deren Umfeld) ist das extrem tragisch, insgesamt ist das aber sehr, sehr sicher. Falls du mehr darüber lesen möchtest, hier ist der Link zur Webseite: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Blut/Blutsicherheit/FAQ_node.html
Kommentar 2: Anonym schreibt am 21.06.2023, 16:14 Uhr :
Hallo, seit 2007 spende ich schon Blut und zwar in einem Blutspendezentrum. Dort bekommt man Geld und kann auch Essen und zu trinken wird auch angeboten. Ich fühle mich dort sehr gut aufgehoben, es ist ein fester Standort und kein Bus oder Sporthalle wie von anderen Spendeeinrichtungen. Vom DRK weiß ich, dass man da nur eine Tafel Schokolade oder einen Kugelschreiber (o. ä.) erhält. Mal ganz ehrlich: warum sollte ich nicht Geld fürs Blutspenden erhalten? Die Einrichtungen bekommen doch auch Geld dafür. DRK aus Solidarität.. das ich ned lache. Dann müßten die das Blut ja auch verschenken. Aber es muß auch jeder selbst entscheiden, ob er sein Blut verschenken möchte, wo es dann weiterverkauft wird, oder ob er sein Blut verkaufen möchte.
Antwort von kugelzwei , geschrieben am 21.06.2023, 17:20 Uhr :
Das kann natürlich jede:r Spender:in für sich selber entscheiden. Es ist auf jeden Fall super, dass du Blut spendest!
Kommentar 1: Sascha Schriever schreibt am 16.06.2023, 19:53 Uhr :
Blutspende: dient potentiell jedem. Also, keine Belohnung, kein Applaus, kein Extraurlaub. Es sollte vermittelt werden, dass es, wie Organspende, eine Menschenpflicht ist. Wenn wir nicht davon wegkommen, alles mit etwas aufzuwiegen, wie soll das funktionieren? Also, Egoismus raus, ehrliches Helfersyndrom an. Ich muss nicht helfen, um im Rampenlicht zu stehen. Ob der Hilfebedürftige grün, gelb, blau, schwarz oder weiss ist, total egal. Beim vermitteln von "Werten" sollte unsere Aufgabe liegen. Jemand benötigt Hilfe, helfen wir. Macht bitte mit. Wenn Ihr auf Spenden angewiesen seid, wisst Ihr, warum Ihr vorher spenden solltet.