Recherche statt Oberfläche

Sonia Seymour Mikich über die Politikmagazine

Kritische Magazine sehen sich als Anwalt der Bürger, als unabhängige Prüfer der Machtstrukturen. Wir sind keine Richter, aber Augenzeugen. Unsere Arbeit soll dazu beitragen, dass die Bürger ihren Willen zum Ausdruck bringen können. Wir dienen einer nicht zu unterschätzenden Macht, nämlich der "öffentlichen Meinung". Und sind hoffentlich immun gegenüber jeglicher Besserwisserei. Der erhobene Zeigefinger ist uns suspekt und Skepsis, auch den eigenen Annahmen gegenüber, ist eine wunderbare Eigenschaft.

Die einfache und niemals endende Aufgabe von MONITOR: Wir wollen die Mächtigen in der Politik, Wirtschaft oder Kultur konfrontieren. Sie sollen sich äußern zu ihren Entscheidungen, Unterlassungen und Handlungen. Sie sollen an ihre Versprechen von vorgestern erinnert werden.

Die Abneigung vieler Akteure gegen die Politikmagazine ist bekannt. Interviewwünsche werden abgelehnt, Fragen nicht beantwortet. Warum diese Abneigung? Die Politiker, Wirtschaftsführer, Verantwortlichen und Behördenvertreter, die wir kritisieren, wissen natürlich, dass sie wenig Möglichkeit haben, in einem einminütigen Statement zu einem kontroversen Sachverhalt eine gute Figur zu machen. Sie haben oft wenig Detailkenntnis, sind also überfordert, wenn sie mehr als Allgemeinplätze formulieren sollen. Aber es ist auch wahr: Sie werden oft genug überrumpelt und aus dem Kontext genommen. Da darf man sich nicht vom journalistischen Jagdfieber davontragen lassen.

Schade, unsere so genannten Leader haben wenig sportiven Ehrgeiz, sich einem Magazin zu stellen. Da sie in vielen Talk-Shows genug Gelegenheit haben, ihre Politik und Persönlichkeit ausführlich darzustellen, sind unsere Fragen für sie lästig. Dennoch: Auch wenn wir im vergangenen Jahr in jeder Sendung mindestens drei Absagen bekamen, auch wenn manche die Politikmagazine als Miesmacher der Nation wahrnehmen: unser Journalismus ist eine Art "Frühwarnsystem", das gesellschaftliche Fehlentwicklungen ans Tageslicht bringt. Flapsig ausgedrückt: eine Dosis Kritik ist gesund. Weltverbesserer? Ja! Denn wer will schon Weltverschlechterer sein?

Letztendlich wissen wir erst nach der Sendung, ob unsere Themen wirklich aufklärend und relevant waren. Unsere Daseinsberechtigung drückt sich nicht allein im Messbaren aus, also in großen Zuschauerzahlen. Sondern auch im öffentlichen Ansehen, Zuschauerpost, Forumsbeiträge, Schlagzeilen in der Presse, notfalls Politikerbeschwerden. Lösen wir etwas aus? Animieren wir zum Nachdenken, Mitfühlen oder Handeln? Das jedenfalls ist unser Anliegen.

Vielleicht erfreuen sich deswegen die öffentlich-rechtlichen Politikmagazine einer zuverlässigen Zuschauerbindung: 3-4 Millionen Gebührenzahler schätzen Glaubwürdigkeit und Engagement gerade dieses Genres. Seit Jahrzehnten, Woche für Woche.

Wir kommen nicht "light" daher. Wir weisen auf Schwachpunkte, Unrecht oder Lügen hin. Nicht aus Sensationalismus und auch nicht, weil wir die Schmuddelecken des Lebens besonders lieben. Aber Gleichgültigkeit oder Resignation sind keine Option für kritische Menschen. Unsere ständige Frage: WER möchte, dass ich WAS glaube und WARUM? Es geht darum, die Demokratie immer wieder aufs Neue zu demokratisieren.