MONITOR vom 14.09.2017
Verfehlte Klimaziele: Schmelzende Gletscher dank Braunkohle
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Kommentieren [20]Bericht: Achim Pollmeier, Mathea Schülke
Verfehlte Klimaziele: Schmelzende Gletscher dank Braunkohle
Monitor. 14.09.2017. 07:38 Min.. Verfügbar bis 30.12.2099. Das Erste.
Georg Restle: „Und noch etwas fällt auf in diesem Wahlkampf. Dass unglaublich viel diskutiert wird - in Fernsehdebatten und online sowieso, dass Vieles aber nur kaum oder gar nicht zur Sprache kommt. Und das, obwohl es um zentrale Zukunftsfragen geht. Zum Beispiel die Rüstungspolitik. Geht es nach der jetzigen Bunderegierung, soll Deutschland bis 2024 wieder die größte Militärmacht Europas werden - nur ein Randthema in diesem Wahlkampf. Genauso wie die Digitalisierung. Da sind zwar alle für neue Glasfaserkabel, aber wie wir damit umgehen, dass die digitale Revolution Millionen Arbeitsplätze auffrisst, darauf gibt es keine Antworten. Und ein Rentenkonzept für die Zeit nach 2030, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen? Fehlanzeige. In einem Wort: Wohlfühl-Wahlkampf. Unangenehmes wird einfach weggedrückt. Und das gilt auch und ganz besonders für ein weiteres Zukunftsthema, bei dem diese Bundesregierung krachend gescheitert ist: Die Klimapolitik. Achim Pollmeier und Mathea Schülke beginnen ihren Realitätscheck ganz weit oben auf Deutschlands höchstem Gipfel.“
Die Zugspitze - auf 2.650 Metern liegt Deutschlands höchste Forschungsstation. Seit Jahren messen hier Wissenschaftler die Folgen des Klimawandels. Wir begleiten zwei hinauf: Max Wittmann untersucht das Gestein im Berg. Professor Stefan Emeis ist Meteorologe und Klimaforscher. Schon der Blick aus der Seilbahn macht ihm Sorgen:
Reporterin: „Was geht ihnen als Wissenschaftler durch den Kopf, wenn Sie das hier sehen?“
Prof. Dr. Stefan Emeis (Karlsruhe Institute of Technology): „Ich sehe ein wunderschönes Ökosystem, was ich eigentlich gerne in Ruhe erforschen möchte, aber was ich in den letzten Jahren feststellen muss, ist, dass es sich rapide verändert, dramatisch verändert. Diese Gletscher, den letzten Rest sehen Sie hier noch - der wird immer weniger.“
Noch vor 150 Jahren war das ganze Bergmassiv von Gletschereis bedeckt, nun ist nur noch ein Sechstel da. In 20 bis 30 Jahren - so die Prognose der Wissenschaftler - könnten die ehemaligen Eisriesen ganz verschwunden sein. Für immer. Schmelzendes Eis - das ist nicht nur ein Problem auf der Zugspitze, sondern auch im Inneren des Berges. Max Wittmann dokumentiert das regelmäßig. Sein Forschungsgebiet: ein 800 Meter langer Stollen. Hier misst er, wie der Permafrost, also das ewige Eis, das die Felsen umgibt, auf den Temperaturanstieg reagiert:
Max Wittmann, TU München: „Da sieht man jetzt praktisch ins Herz - wenn man so will - unserer Permafrost-Linse, die wir hier seit nunmehr zehn Jahren beobachten.“
Noch sind hier und in den gesamten Alpen viele Felsen im Sommer wie im Winter gefroren, doch wie lange noch?
Max Wittmann, TU München: „Was man bis jetzt bemerkt, ist, dass die Höhe, ab der Permafrost auftritt, sukzessive nach oben wandert. Das heißt, was vor 50 Jahren noch auf 2.600 Meter gefroren war, ist jetzt erst ab 3.000 Meter gefroren.“
Wenn der Permafrost nach oben wandert - fehlt der Kitt, der die Felsmassen zusammenhält. Die Folgen können verheerend sein: Bergrutsche und schwere Felsstürze wie kürzlich in der Schweiz. Für Stefan Emeis ist klar, das sind vor allem Folgen eines ungehemmten CO2-Ausstoßes. Seit Beginn der Messungen sind die Temperaturen hier oben um rund zwei Grad gestiegen.
Prof. Dr. Stefan Emeis (Karlsruhe Institute of Technology): „Da sieht man eine Mittellinie, das ist die Durchschnittstemperatur der letzten hundert Jahre. Und dann sehen wir hier die Balken, das sind die Temperaturen der einzelnen Jahre und wir sehen, dass in den letzten 20, 30 Jahren praktisch nur noch zu warme Jahre auftreten.“
Die Bundesregierung hat versprochen, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu verringern. Im Vergleich zu 1990 wurden bislang aber nur 28 Prozent eingespart. Zuletzt ist der Ausstoß sogar wieder gestiegen. Die Ursache dafür lässt sich einige hundert Kilometer weiter nördlich besichtigen. Unermüdlich fressen sich die Bagger durch den Braunkohletagebau Welzow-Süd in der Niederlausitz. Nachschub für die riesigen Kraftwerke in der Umgebung. Es ist die klimaschädlichste Art, Strom zu machen. Doch der Betreiber erwägt jetzt sogar eine Erweiterung des Tagebaus. Die Genehmigung ist schon erteilt. Und dadurch könnte auch ein ganz besonderer Ort für immer verschwinden: Proschim. Rund 700 Jahre alt, gut 300 Einwohner. Ein Vorzeigedorf für die Energiewende. Es gibt Biogas- und Solaranlagen, sogar einen Windpark. Proschim erzeugt zehnmal so viel Strom, wie es selbst verbraucht. Doch ausgerechnet dieses Dorf soll womöglich der Braunkohle weichen. Wie viele andere Orte zuvor. Marianne Kapelle hat ihr ganzes Leben hier verbracht, der alte Hof gehörte mal ihren Großeltern. Gemeinsam mit ihrem verstorbenen Mann hat sie ihn zu einem Symbol für die Energiewende gemacht. Auf jeder halbwegs geeigneten Dachfläche eine Solaranlage.
Reporter: „Warum machen Sie so viel?“
Marianne Kapelle: „Um den CO2-Ausstoß zu reduzieren, mitzuhelfen, ganz einfach die Erde hier zu erhalten.“
Ihr Sohn Steffen hilft häufig aus auf dem Hof. Beruflich baut der Elektromeister unermüdlich Solaranlagen - auch hier im Ort. Doch immer wieder stellen sie hier fest, dass der grüne Strom ausgebremst wird - ausgerechnet zu Gunsten der Braunkohle.
Steffen Kapelle: „Der Windgenerator steht zum Beispiel wieder, das sehen wir dann auch von hier aus.“
Marianne Kapelle: „Ja, fast jeden Tag steht etwas von den Windmühlen, eine große, mehrere Kleine oder alle großen, alle vier großen …
Reporter: „Weil die zu viel Strom machen, oder warum?“
Marianne Kapelle: „Weil sie zu viel Strom machen. Das tut richtig weh. Das tut richtig weh, wenn ich dann in das Tagebaufenster Welzow-Süd gucke und weiß, dass man darauf drückt, noch weiterzumachen.“
Während Windräder stillstehen, arbeitet das Kraftwerk nebenan weiter. Deutschland setzt für die Grundversorgung immer noch vor allem auf Braunkohlestrom - schmutzig, aber billig. Das Problem: die Kolosse können oft nur langsam runterfahren, wenn viel grüner Strom ins Netz fließt. Die Folge: Obwohl die sauberen Erneuerbaren eigentlich Vorrang haben, müssen sie immer wieder heruntergefahren werden. Die Stromkonzerne bestreiten das, ihre Anlagen seien sehr flexibel. Doch Steffen Kapelle, der auch mehrere Windkraftanlagen betreut, sieht immer wieder, dass sie abgeschaltet werden.
Steffen Kapelle: „Ist für uns ne Katastrophe. Die Heimat wird zerstört, der Bagger kommt immer näher, wir leiden unter dem Krach, unter dem Lärm. Der Strom könnte genutzt werden, wird nicht genutzt, dafür wird Kohlestrom genommen.“
Die Bundesregierung hält an der Braunkohle fest, will kein Ausstiegsdatum nennen. Statt weniger zu produzieren, wird billiger Braunkohlestrom sogar exportiert, verdrängt auch im Ausland klimafreundlichere Stromerzeugung. Der Einsatz von Braunkohle ist in den letzten zwölf Jahren nicht gesunken. Zwölf Jahre unter der so genannten „Klimakanzlerin“. Und auf der Zugspitze werden Forscher wie Stefan Emeis auch künftig die Folgen dieser Politik beobachten. Viel Hoffnung auf einen Wandel hat er nicht mehr.
Prof. Dr. Stefan Emeis (Karlsruhe Institute of Technology): „Wenn ich an die Generation danach denke, dann kriege ich Angst, denn die werden in eine Zeit hineinlaufen mit noch dramatischeren, noch schnelleren Änderungen. Das heißt, wir müssen heute anfangen, was zu tun, damit die folgenden Generationen auch noch eine vernünftige Lebensgrundlage haben.“
Stand: 12.09.2017, 14:34 Uhr
20 Kommentare
Kommentar 20: K. schreibt am 09.10.2017, 21:25 Uhr :
Die CDU-Führung scheint sich auf eine Koalition mit den Grünen zu freuen. Sie erkennt scheinbar immer noch nicht warum die Partei bei der Bundestagswahl so herbe Verluste einfahren musste. Die Grünen freuen sich dass sie endlich wieder die Machthebel in die Hand bekommen um diese Republik nach ihren Vorstellungen zu verändern. Ein Ziel scheint es zu sein (von mir in Rückschau beobachtet) Deutschland durch Internationalisierung, durch Zuwachs fremder Kulturgewohnheiten zu schwächen, ein anderes (undeutsches) Land zu schaffen. Leider gibt es derzeitig in der CDU inzwischen viele Politiker welche die grüne Ideologie für kopierfähig finden. Auch hier schwärmen viele Politiker stark für Bunt. Doch auch „Buntes“ ist leider nicht von langer Existenz. Wer zum Beispiel in einer Waschmaschine immer wieder bunte Wäsche mit einfarbiger Wäsche zusammen wäscht wird eines Tages erkennen müssen dass alle bunte Farben verschwunden sind und es nur noch ein eintöniges Grau gibt (auch Kaffee und Milch).
Kommentar 19: Beitrag zu Micha schreibt am 09.10.2017, 17:56 Uhr :
Ja, der Micha hat die grüne Ideologie mit seiner Aussage „Mein Tesla braucht Strom“ glaube ich annähernd erfasst. Die Aussage könnte man erweitern mit „Und der Strom kommt aus der Steckdise“. Offensichtlich überlegen viele Links-Grün-68er zu kurz, denn auch Elektroautos verkürzen die Bewohnbarkeit der Erde, sei es durch die Giftstoffe in der Produktion der Autos, Kraftwerke und durch die Abgasentwicklung von Kraftwerken. Auch Abgase, in der Produktion, im Transport und der Herstellung des eigentlichen Aggregates und der Maschien um die Windräder zu produzieren verkürzen unser Leben. Aber sollen wir uns nun alle die Klippen herunter stürzen? Umweltschutz ist gut, doch er sollte nicht krampfhaft einer Ideologie geopfert werden. Immer nur nach Elektroautos zu schreien hilft uns nicht wirklich und bremst die Entwicklungen / Innovationen von Antriebstechniken aus.
Kommentar 18: Friedlich, Leben schreibt am 09.10.2017, 17:39 Uhr :
Nicht nur Deutschland verfehlt alle Klimaziele, hunderte von anderen Ländern der Erde auch. Auch Länder welche bei uns von unseren Politikern und Journalisten immer wieder hochgejubelt werden, zum Beispiel Indien. Mich würde es interessieren wieviel Jahre die Erde länger leben würde wenn Deutschland mitsamt aller Bewohner auf einen Schlag seine Existenz aufgeben würde. Sicher sollte Deutschland eine Vorbildfunktion übernehmen doch unser kleines Land ist es nicht möglich andere Länder zu diktieren. Die Erde wird zugrunde gehen, irgendwann, der Zeitunkt lässt sich nur vage anhand der Zuwachszahl der Erdbewohner errechnen. Es spielen nicht nur die Anzahl der Menschen und Nutztiere Rollen sondern auch der Platzbedarf für landwirtschaftliche Lebensmittel um die ansteigende Zahl von Menschen und „Nutztiere“ zu ernähren. Als erstes sollten sich unsere Politiker um Frieden bemühen. Wieviel Jahre haben die Kriegsbeteiligungen unserer Bundeswehr durch Umweltschäden uns das Leben gekürzt?
Kommentar 17: André Dünner schreibt am 07.10.2017, 14:14 Uhr :
Eigentlich sind bereits viele Posts beinahe auf allen Medien (beinahe allen, ausser den öffentlichen) gelaufen. Und eigentlich gäbe es eine Unmenge von vielen kleinen Lösungen. Nur, wir bräuchten etwas im grösseren Ansatz operierenden und dies auch noch sauber. Laut Max Plank Institut mit der kalten Fusion käme man der Sache näher, dauert jedoch noch bis ins Jahr 2050 um industrielle Quantitäten zu erreichen. Noch theoretisch. Und dann gäbe es noch etwas und das könnte allen eine grosse Chance bieten, wird aber verneint bis zum nicht mehr gehen. Aber es ist echt die einzige Chance. http://xn--wissenschaft-und-spiritualitt-sqc.de/ und http://xn--wissenschaft-und-spiritualitt-sqc.de/slp/prof-dr-claus-turtur/ Erstens, wenn Energieressourcen gewissenhaft und vernünftig eingesetzt werden, ohne dieses unsinnige Marktdenken mit einzubeziehen, so könnte diese Erde für uns Menschen noch sehr lange taugen. Es bedingt uns diese Möglichkeiten mit einzubeziehen.
Kommentar 16: L.K. schreibt am 04.10.2017, 12:55 Uhr :
Journalisten sollten sich auf eine neutrale Berichterstattung begrenzen und nicht ihre Macht als Meinungsmacher in der Bevölkerung ausnutzen. Persönliche Meinungen sollten Journalisten in der Öffentlichkeit für sich behalten und ihre Macht nicht dazu missbrauchen um die Bevölkerung ihre eigene politische Gesinnung aufzustülpen sowie die Bevölkerung ideologisch zu lenken, umzuformen.
Kommentar 15: Peter Fuchs schreibt am 29.09.2017, 21:09 Uhr :
Klimawandel bla bla bla .... Da dreht sich hierzulande alles um Klimaschutz und erneuerbare Energien, während die Wirtschaft fast sämtliche Rohstoffe und Produkte aus Asien bezieht, um diese dann hier zu handeln. Die Asiaten haben mit Klimaschutz gar nichts am Hut bei der Produktion und Resourcengewinnung. Das wird alles über die halbe Weltkugel nach Europa verschifft und eingeflogen. Über die daraus resultierende unnötige Klimavernichtung macht sich weder Frau Kanzlerin, noch ein Monitor-Redakteur einen Kopf. Aber hauptsache Deutschland protzt mit Windräder und Elektroautos .....
Kommentar 14: Erik schreibt am 25.09.2017, 22:03 Uhr :
Klimawandel gibt es übrigens schon so lange wie die Erde existiert. Und die Alpen waren auch schon gletscherfrei. Ganz ohne "böses", menschengemachtes CO2. Steht der grüne, panikmachende Professor vielleicht auch auf der Gehaltsliste der Erneuerbaren Energien Industrie? Haben Sie ihn dazu befragt?
Kommentar 13: Micha schreibt am 24.09.2017, 11:29 Uhr :
Scheiß auf die Gletscher , mein Tesla braucht Strom...
Kommentar 12: Wilfried Gerhard schreibt am 21.09.2017, 11:15 Uhr :
Ich sage nur EINS Als Physikerin sollte SIE die Zusammenhänge eigentlich verstehen. Sonnige Grüße von meiner Insel Tenerife Wilfried ??
Kommentar 11: Nora Leymann schreibt am 18.09.2017, 17:52 Uhr :
Vielen Dank für diesen wichtigen Beitrag! Diesem Thema kann gar nicht genug Aufmerksamkeit verliehen werden, denn der Klimawandel stellt die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten vor unfassbar große Herausforderungen. Unter den verheerenden Folgen leiden Millionen von Menschen im globalen Süden bereits jetzt! Die deutschen Braunkohlenutzung trägt erheblich zum Klimawandel bei (auch wenn hier einige Kommentatoren das Gegenteil behaupten). Und ja, es stimmt, dass Windstrom abgeregelt wird, weil Braunkohlestrom das Netz verstopft. Das ist absurd, aber es passiert. Wenn man sich das nicht vorstellen kann, dann sollte man nicht dem Reflex erliegen, Journalisten gleich als unseriös zu beschimpfen, sondern sich besser informieren. Im Übrigen wäre es in Deutschland möglich, gleichzeitig auf alle Atom- und Braukohlekraftwerke zu verzichten, wie diese Analyse zeigt: http://www.antiatombonn.de/index.php/sofortausstieg Das klingt unglaublich, ist aber seriös durchgerechnet.
Kommentar 10: Monika Rocholl schreibt am 15.09.2017, 17:47 Uhr :
Ein guter Beitrag, der den Menschen die Augen öffnen hilft ....es kann doch nicht sein, dass Windkraftanlagen zugunsten der schmutzigen Produktion von Strom aus Braunkohle-Kraftwerken abgeschaltet werden....der Ausstieg aus der Braunkohle kann angeblich nicht sofort vollzogen werden - wegen der Arbeitsplätze - das wird schon seit Jahren so ausgesprochen von der Politik : wichtig ist , ENDLICH den 1. SCHRITT zu machen , denn es ist ja schon 5 Min. NACH 12 !!!! Wo ist die Regierung, die die Erreichung des Klimaziels Deutschlands und den Beitrag zur Rettung unserer Erde endlich mutig durchsetzt, weil als unumgänglich erkannt ?