Bericht: Achim Pollmeier, Nikolaus Steiner, Lutz Polanz
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Georg Restle: „Es waren erschütternde Bilder aus dem Gaza-Streifen am Montag. Rücksichtslos schießt die israelische Armee auf palästinensische Demonstranten, darunter auch Frauen und Kinder. Mindestens 60 erschossene Palästinenser, tausende Verletzte, viele mit Schusswunden. Das sind die Zahlen der UNO über einen der dunkelsten Tage im Nahost-Konflikt. Und nein, das waren keine „Zusammenstöße“, wie viele deutsche Medien behaupten, sondern ein „maßlos übertriebener Einsatz von Gewalt“, ein mögliches Kriegsverbrechen, begangen von der israelischen Armee und deren Führung. So jedenfalls nennt es der zuständige Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen.
Guten Abend und Willkommen bei Monitor.
Die Bilder aus dem Gaza-Streifen geben eine böse Vorahnung davon, was da möglicherweise noch auf uns zukommt. Die Eskalationsspirale im Nahen Osten dreht sich unaufhaltsam - und es sind vor allem der US-amerikanische Präsident und der israelische Regierungschef Netanjahu, die zurzeit Öl ins Feuer gießen. Das Ziel scheint klar, militärische Aktionen gegen den großen gemeinsamen Feind Iran. Regimewechsel - koste es, was es wolle. Das hatten wir schon mal, vor 15 Jahren, als der Gegner noch Irak und Saddam Hussein hieß. Und auch damals kam es auf die Wahrheit nicht an. Achim Pollmeier, Nikolaus Steiner und Lutz Polanz über erschreckende Parallelen.“
Vergangene Woche, israelische Luftangriffe über Syrien. Ihr Ziel: Milizen aus Iran, Israels erklärtem Erzfeind. Nach Armeeangaben eine Reaktion auf deren Raketenangriffe. Vorboten eines Flächenbrandes?
Angela Merkel: „Die Eskalation der vergangenen Stunde zeigen uns, dass es wahrlich um Krieg und Frieden geht.“
Krieg oder Frieden - vor allem die USA haben den Konflikt neu angeheizt.
Donald Trump, US Präsident (08.05.2018) (Übersetzung Monitor): „Mit diesem verrotteten, faulen Abkommen werden wir eine iranische Atombombe nicht verhindern.”
Der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit Iran. Ein Erfolg für die Hardliner in der Regierung - vor allem für diesen Mann: John Bolton, der neue Nationale Sicherheitsberater der USA und erbitterter Gegner des iranischen Regimes. Bolton lobt den Ausstieg auf allen Kanälen.
John Bolton (Übersetzung Monitor): „Wir verlassen uns nicht auf Papierversprechen. Wir müssen dieses gefährliche Regime stoppen. Die Botschaft lautet: Eure guten Zeiten sind vorbei.”
Der Atomdeal mit Iran. Laut Experten führte er immerhin zu einer leichten Öffnung im Land. Bis mindestens 2030 verzichtet das Regime auf die Entwicklung nuklearer Sprengköpfe, unter Kontrolle der Vereinten Nationen.
Prof. Götz Neuneck, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik: „Die Inspektionen, die es heute gibt, sind die umfassendsten Inspektionen bei einem Nicht-Nuklearwaffenstaat, die es überhaupt gibt. Das ist alles möglich gewesen und waren Zugeständnisse des Iran. Das wird alles weggeworfen im Augenblick.“
Donald Trump verkündete, er wolle Iran in ein strengeres Abkommen zwingen. Sein eigener Sicherheitsberater John Bolton hingegen hat immer wieder klargemacht, was er von solchen Abkommen hält - gar nichts. In der New York Times schrieb er im Jahr 2015:
Zitat: „Iran wird sein Atomprogramm nicht durch Verhandlungen aufgeben. Die unbequeme Wahrheit ist, dass nur militärische Aktionen zum Ziel führen.“
Prof. Götz Neuneck, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik: „Das heißt, wenn man das Iran-Abkommen, die Instrumente, die man hat, durch die Diplomatie, die Sanktionen und durch die IAEO einfach negiert, dass es eigentlich nur noch eine militärische Lösung am Ende gibt, die Präventivschlag heißt. Das heißt, man steuert im Grunde genommen durch seine eigene Politik wieder hin zu einer militärischen Intervention.“
Militärschläge gegen Iran? Israels Premier Netanjahu droht damit schon lange. Vor zwei Wochen präsentierte er das hier: Aktenordner und Datenträger - von seinem Geheimdienst aus dem Iran geschmuggelt. Angeblich neue Beweise, dass Iran ein Atomwaffenprogramm hatte. Die Botschaft: Iran habe gelogen, die Mullahs würden sich nie an das Abkommen halten. Doch die vermeintlich neuen Erkenntnisse hat die Internationale Atomenergiebehörde schon in mehreren Berichten dokumentiert - zuletzt vor drei Jahren. Kein Grund, das Abkommen zu kündigen, sagen Experten.
Ali Vaez, International Crisis Group (Übersetzung Monitor): „Es war nichts Neues, was Premierminister Netanjahu dort präsentiert hat. Das eigentliche Ziel war es, Präsident Trump dazu zu bringen, den Atomdeal zu kündigen. Schließlich war Netanjahu schon vorm ersten Tag an der schärfste Gegner des Abkommens.“
Kein Beweis für einen Bruch des Abkommens. Und trotzdem die Forderung nach einem Regimewechsel - auch mit militärischen Mitteln? Das gab es schon einmal. Vor 15 Jahren, als Diktator Saddam Hussein das Nachbarland Irak regierte. Kontrolleure der Vereinten Nationen suchten monatelang nach Massenvernichtungswaffen im Land. Sie fanden nichts. Trotzdem drängte er die USA auch damals schon zum Militäreinsatz: Benjamin Netanjahu.
Benjamin Netanjahu, 12.09.2002 (Übersetzung Monitor): „Wenn Sie Saddam ausschalten, garantiere ich Ihnen, es wird enorme positive Auswirkungen auf die ganze Region haben.“
Und auch ein damaliger Staatssekretär behauptete immer wieder, der Irak entwickle und besitze Massenvernichtungswaffen: John Bolton. Das gleiche Muster.
John Bolton, 01.11.2002 (Übersetzung Monitor): „Trotz der UN-Sanktionen hat der Irak weiterhin ein aggressives Atom- und Chemiewaffen-Programm.“
Die Hardliner hatten Erfolg. Und auch damals wurden angebliche Beweise präsentiert. Vom US-Außenminister im UN-Sicherheitsrat: Es klang fast wie heute.
Powell (Übersetzung Monitor): „Saddam Hussein ist fest entschlossen, die Atombombe zu bekommen.“
Den angeblichen Beweisen folgte der Krieg gegen den Irak. Das Regime von Saddam Hussein wurde gestürzt. Doch statt Frieden herrschen in der Region bis heute Gewalt und Terror. Der IS wurde hier groß. Doch die Geschichte von den angeblichen Massenvernichtungswaffen erwies sich als eine einzige Lüge. Sicherheitsberater John Bolton verteidigt den Einmarsch bis heute. Der Sturz des Regimes im Irak damals sei richtig gewesen. Und genau so richtig sei heute ein Regimewechsel in Iran.
John Bolton, 01.07.2017 (Übersetzung Monitor): „Ich sage es seit über zehn Jahren. Die Politik der Vereinigten Staaten sollte zum Ziel haben, das Mullah-Regime in Teheran zu stürzen.“
Prof. Götz Neuneck, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik: „Das ist tatsächlich die Parallele, dass man den Eindruck hat, dass hier wieder dieselben Personen, die damals schon 2003 behauptet haben, es gäbe ein bestimmtes Programm im Irak, was es nachweislich nicht gegeben hat, haben auch die amerikanischen Geheimdienste und Streitkräfte festgestellt, dass so ein Programm de facto jetzt wieder da ist.“
Ali Vaez, International Crisis Group (Übersetzung Monitor): „Das sind wirklich beängstigende Ähnlichkeiten. Auf der Grundlage von Geheimdienstinformationen wird die Bedrohung durch den Iran übersteigert, um bestimmte politische Ziele zu erreichen. Das sollte uns Sorgen machen.“
Die religiösen Hardliner in Teheran unterdrücken nicht nur Gegner im eigenen Land. Sie drohen Israel mit Vernichtung, unterstützen Milizen in der Region. Wie seine Gegner rüstet Iran deutlich auf. Probleme für die es keine einfachen Lösungen gibt. Aber ein Regimewechsel mit militärischen Mitteln? Vor 15 Jahren endete das im Desaster. Schwer vorstellbar, dass es dieses Mal anders wäre.
Kommentare zum Thema
"USA und Israel wollen unbedingt einen Krieg führen. Diese beiden Nationen sind für die Destabilisierung der Region. Das leider war schon immer so. Europa muss sich schützen und sich zu einem starken Vereinigten Europa machen. Wir können uns nicht mehr auf die USA verlassen. " und nicht nur Destabilisierung dieser Region, sondern auch noch der Region Ukraine und Russland... Eine Eigenständigkeit der EU wird sicher nicht erreicht durch engere Bindung an die NATO, etwas, was aber Vorhaben von Merkel und Co ist: man verschweigt: die NATO ist beherrscht von den USA und im Rahmen der NATO rollen aktuell US - Militärkolonnen nach Osten über deutsche Autobahnen nach Polen: Aufmarsch gegen die "BÖSEN " Russen. "Wir" lassen uns Sand in die Augen streuen !
Hallo Micha der Iran hat seit 100 jahren kein Land mehr angegriffen ! Meiner Meinung nach destabilisieren die USA,Saudis den Nahen und mittleren Osten.Irakkrieg(Golfkrieg), Syrien usw. Den Krieg in Syrien gibt es doch nur noch weil die USA und Saudis es so wollen und Mrd. investieren zb. um Waffen in Eu Ländern zu kaufen.Der Iran hat den Irak und vor allem Syrien im Kampf gegen Teroristen massiv unterstützt und den Irak wie auch Syrien stabilisiert. Das gefällt natürlich nicht allen.Ihnen wohl auch nicht? Wo sind eigentlich die Kontrollen des N -Anlagen in Israel.Der Iran hat praktisch keinen Einfluss auf die Huthis in Jemen und die Hilfe waren Öllieferungen.Der Süd Libanon ist auch seit vielen Jahren ruhig ,trotz fast täglicher Provokationen Israels (Eindringen in den libanesischen Luftraum usw.)150000 Raketen bitten eben auch Schutz genau wie das Raketenprogramm des Iran.Ohne den hätte es längst Krieg gegeben. Wir brauchen einen AW freien Nahen Osten und keinen neuen Krieg !!!
Leider stellt sich "Monitor" in eine unsägliche (linke) Tradition des Appeasements gegenüber dem klerikalfaschistischen Mullahregime, das unter dem "gemäßigten" Präsidenten Rohani sogar mehr Todesurteile vollstreckt als unter Ahmadinejad, von der Terrorunterstützung in Syrien, Libanon (Hisbollah) und im Jemen (Huthis) ganz zu schweigen. Auch kein Wort in Ihrem Beitrag dazu, dass militärische Nuklearanlagen im Iran durch das Atomabkommen grundsätzlich von den Inspektionen durch die IAEA ausgenommen sind! Gegen diese Desinformation hilft nur Aufklärung, wie sie als einer der wenigen Prof. Stephan Grigat betreibt, sieh sein Vortrag "Israel, Iran und die atomare Bedrohung" auf Youtube.