MONITOR vom 19.01.2017

Donald Trump: Präsident der Banken

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Bericht: Achim Pollmeier, Stephan Stuchlik, Andreas Orth

Donald Trump: Präsident der Banken

Monitor 19.01.2017 07:36 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste

Georg Restle: „Anflug aufs Weiße Haus, und Landung in der US-Hauptstadt. Das sind die Bilder des Tages! Heute wurde in Washington schon mal geübt, morgen ist es dann soweit, Donald Trump wird dann der 45. Präsident der USA. Und was für einer! Guten Abend und willkommen bei Monitor. Zu unserer ersten Sendung im neuen Jahr und - wie Sie sehen - auch im neuen Studio. Für viele ist es ja immer noch schwer zu fassen, wer da ab morgen an der Spitze des mächtigsten Staates der Welt steht. Kritiker des milliardenschweren Unternehmers Trump gibt es zuhauf. Aber es gibt auch euphorische Stimmen, vor allem bei den Banken. Die freuen sich auf einen Präsidenten, der ihnen endlich die lästigen Fesseln abnehmen soll, die ihnen nach der Finanzkrise angelegt wurden. Die Börsenkurse der größten Banken, sie gingen nach der Wahl von Trump jedenfalls durch die Decke, um fast 25 Prozent. Freie Bahn für freie Banken, das könnte üble Folgen haben, auch für uns. Andreas Orth, Stephan Stuchlik und Achim Pollmeier.“

Donald Trump, ein Kämpfer gegen das Establishment, der Mann, der einmal angetreten ist, die Cliquen aus Politik und Finanzwelt zu beseitigen.

Donald Trump (Übersetzung Monitor): „Wir werden den Sumpf trockenlegen!“ - „Stellt euch einen Wall Street Handelsraum vor, voll mit diesen Lobbyisten, die unser Land ausgeblutet haben.“ - „Diese Lobbyisten, die Wall Street, die Karrierepolitiker - das System ist manipuliert, wir werden das System wieder korrigieren!“

Das System Wall Street korrigieren? Wenn man sich ansieht, wen der zukünftige Präsident gerade in sein Kabinett beruft, dann bekommt man daran erhebliche Zweifel. Denn es sind Vertreter jener Elite, die im Wahlkampf noch zu seinen Feindbildern gehörten: Wirtschaftsminister wird Wilbur Ross, ein milliardenschwerer Finanzinvestor. Finanzminister soll Steven Mnuchin werden, Chef eines großen HedgeFonds, zuvor jahrelang bei GoldmanSachs. Beide wollen vor allem eines: eine Lockerung der strengen Regeln für die Finanzmärkte.

Steven Mnuchin (Übersetzung Monitor): Das wird unser Hauptfokus sein, wir müssen die Regulierung zurückfahren, damit die Banken wieder Kredite vergeben.“

Auch der zukünftige Präsident wetterte im Wahlkampf gegen die Finanzmarktregulierung. Er kündigte einen Kampf gegen den sogenannten „Dodd-Frank-Akt“ an, das wichtigste Gesetz zur Regulierung der Banken, er wolle es „auseinandernehmen“. Der Dodd-Frank-Akt beschränkt die Freiheiten der Investmentbanken, erhöht die Stabilität der Finanzmärkte und erschwert riskante Geschäfte.

Donald Trump (Übersetzung Monitor): „Der Dodd-Frank-Act ist ein Desaster. Kein kleines Geschäft kann sich mehr das Geld leihen, das es braucht, ihr hier wisst das!“

Donald Trump, 26.10.2011 (Übersetzung Monitor): „Man hat mir gesagt, dass es die Beamten sind, die buchstäblich die Banken leiten. Die Banken haben Angst, ja, sie können manchmal ihr Geschäft gar nicht machen.“

Was er genau vorhat, ist unklar, aber alle Zeichen bei der Regierung Trump stehen auf Deregulierung. Ein Zustand, den es übrigens schon einmal gegeben hat.

Prof. Marcel Fratzscher, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: „Wir müssen uns daran erinnern, dass diese Phase der Deregulierung der Finanzmärkte bereits in den 2000er Jahren da war. Damals hat die amerikanische Regierung den Banken und Finanzinstitutionen Freiheiten gegeben, neue Finanzprodukte zu schaffen. Die sind unheimlich hohe Risiken eingegangen, haben neue Produkte geschaffen und das war der Hauptgrund für die Finanzkrise 2008/2009.“

Von den Börsen in den USA gingen damals Schockwellen um die Welt, Zigtausende von US-Amerikanern verloren ihre Häuser. Weltweit, auch in Deutschland brachen die Kurse ein, ein globales Desaster, ausgelöst in den Vereinigten Staaten. Um zu verhindern, dass sich so eine Finanzkrise wiederholt, beschloss die Regierung Obama 2010 das Gesetz zur Finanzmarktregulierung, den sogenannten Dodd-Frank Act.

Barack Obama, US-Präsident (Übersetzung Monitor): „Alles in allem ist dies das stärkste Verbraucherschutzgesetz aller Zeiten!“

Seither attackiert die Finanzbranche diese strenge Bankenregulierung. Vorn dabei beim Kampf gegen den Dodd-Frank-Akt: Die Banker von GoldmanSachs.

Und wer sieht, wen Trump jetzt in seinen Tower zu Beratungen einlädt, der kann sich vorstellen, in welche Richtung die Bankenpolitik geht: Trumps Chefberater Steve Bannon war früher Investmentbanker bei GoldmanSachs. Jay Clayton, der neue Leiter der Börsenaufsicht war zuvor Berater, unter anderem von GoldmanSachs. Der neue Direktor des nationalen Wirtschaftsrates, Gary Cohn, war vorher sogar der Präsident von GoldmanSachs. Dazu kommen andere Wall-Street-Größen. Carl Icahn, der Berater für Regulierungsfragen ist ein milliardenschwerer Finanzinvestor. Paul Atkins, der Berater für Finanzfragen ist ebenfalls Investment-Berater. Nicht nur der ehemalige Präsidentenberater Richard Painter sieht darin ein großes Problem.

Prof. Richard W. Painter, Universität Minnesota (Übersetzung Monitor): „Die Frage ist doch, ob diese Leute überhaupt das Richtige tun wollen, oder ob sie sich nicht eher von ihren eigenen Finanzinteressen und ihren persönlichen Loyalitäten treiben lassen. Oder sich am Ende gar von Ideologen im Kongress beeinflussen lassen, die glauben, ein vollständig freier Markt wäre die Lösung für alles.“

Donald Trump kommt aus dem Immobiliengeschäft, er war Manager eines Imperiums, das natürlich von den Banken abhängt. Und dabei fällt eine Bank besonders ins Auge: Ein Blick in Trumps Finanzerklärung 2016, vom zukünftigen Präsidenten persönlich unterschrieben. Wer sie sich genau ansieht, stößt immer wieder auf ein Finanzinstitut: Die Deutsche Bank und ihre Töchter.

Bei ihnen haben Trump und seine Firmen seit 1998 insgesamt 2,5 Mrd. Dollar an Krediten aufgenommen, so Medienberichte. Trump schuldet der Deutschen Bank viel, das zeigen seine Projekte: Der Golfplatz, den er hier zusammen mit Schönheitsköniginnen einweiht, wurde vom Deutschen-Bank-Trust mit 125 Millionen Dollar finanziert. Und Trumps jüngstes Großprojekt, das Luxushotel in Washington - hier gaben Deutsche Bank-Töchter 160 Millionen Dollar Kredite.

Interessant: Die Lobbyberichte der Deutschen Bank zeigen, dass auch sie gegen die Regulierung kämpft. Millionen gab sie in den letzten Jahren dafür aus. Im Vermerk „Spezifischer Lobbygrund“ steht mehrfach das Regulierungsgesetz, der Dodd-Frank Act. Die Deutsche Bank nennt das „Politische Beratung“.

Prof. Richard W. Painter, Universität Minnesota (Übersetzung Monitor): „Wir können keinen Präsidenten haben, der bei einer Großbank wie bei der Deutschen Bank hoch verschuldet ist, und der dann das Gesetz zur Bankenregulierung, den Dodd-Frank-Akt, aufheben will. Das ist ein Interessenkonflikt.“

Die Banken aber erwarten eine Demontage des Dodd-Frank-Akts: Auch deswegen gingen nach Trumps Wahlsieg die Kurse vor allem der Investmentbanken steil nach oben. Die Deutsche Bank und GoldmanSachs gewannen je 35 Prozent.

Das Frankfurter Bankenviertel: Wenn Donald Trump in den USA die Regeln für die Finanzmärkte lockert, dann ist das beileibe nicht nur ein amerikanisches Problem, denn der Druck auf die europäischen Banken wird damit steigen.

Prof. Isabel Schnabel, Sachverständigenrat Wirtschaft der Bundesregierung: „Kommt es in den USA tatsächlich zu einer wesentlichen Deregulierung im Finanzsektor, dann erhöht sich auch in Europa der Druck zu deregulieren, denn die europäischen Finanzinstitute werden sich darauf berufen, dass sie ansonsten im internationalen Wettbewerb nicht bestehen können. Und das ginge in die falsche Richtung.“

Prof. Marcel Fratzscher, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: „Der globale Finanzsektor braucht noch immer mehr Regulierung und jetzt das Rad wieder zurückzudrehen - also wieder zu deregulieren - wäre extrem gefährlich und würde die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Krise wieder erhöhen.“

So könnte ausgerechnet der Mann, der angetreten ist, die Wall Street zu bekämpfen, am Ende das Weltfinanzsystem ins Wanken bringen: Donald Trump.

Stand: 20.01.2017, 13:14 Uhr

Kommentare zum Thema

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5 Kommentare

  • 5 Erik 22.02.2017, 08:42 Uhr

    Dodd-Frank ist ein Bürokratiemonster. Vielleicht ein paar positive Dinge sind in über 2000 Seiten Regelwerk vergraben. Die Beherrschung eines solchen Gesetzes können sich nur Großbanken leisten. Gerade für kleinere Regionalbanken ist das eine zu große Last. Glass Steagall war eigentlich das viel wichtigere Gesetz hinsichtlich der Vermeidung von Finanzspekulationen an der Wallstreet. Es unterband den Eigenhandel der Geschäftsbanken. Dieses Gesetz hat Bill Clinton 1999 aufgehoben. Gemäß Wikipedia zu diesem Gesetz will Trump Glass Steagall wieder einführen. Im übrigen ist der Hauptspekulant an den Finanzmärkten heutzutage die EZB. Die schert sich um kein Gesetz. Trump ist ganz sicher nicht an der nächsten Finanzkrise schuld.

  • 4 Marina Heckmann 31.01.2017, 05:00 Uhr

    Über die Berufung der Minister der USA eines sog. Twitter-Königs haben wir nicht zu bestimmen. Ich will nur keine Handelskriege!!! Die EU sollte zusammenhalten!!!... und hoffentlich "Great Britain think again".... Gerne mit Herrn Schulz, auch wenn ich dafür angefeindet werde...

  • 3 Grummelchen 19.01.2017, 22:41 Uhr

    Das mit Herrn trump wird sich noch relativieren.Erst einmal abwarten.Zur Not werden Sie Ihn wohl wieder absetzen.Man wird sehen.

  • 2 Ulrich Bartels 19.01.2017, 22:30 Uhr

    Ich bin gerade erst nach Hause gekommen und wollte mir die heutige Sendung Monitor in der Mediathek anschauen. Leider ist dies wohl nicht möglich - warum???? Mich interessieren keine Kommentare oder "Geschreibsel". Ich bin wieder mal von den öffentlich rechtlichen enttäuscht. @Antwort der Redaktion: Bitte noch etwas Geduld. Die Videodatei wird gerade bearbeitet und hochgeladen. Dauert noch ein paar Minuten!

  • 1 Michael 19.01.2017, 21:15 Uhr

    Selten so herzlich gelacht. Der Donald ist der Präsident der Banken! Na bloß gut das "nur" der Donald so einer ist..........