MONITOR vom 10.11.2016

Demontage einer Ministerin: Das Gezerre um den Klimaschutzplan 2050

Bericht: Achim Pollmeier, Adrian Oeser

Demontage einer Ministerin: Das Gezerre um den Klimaschutzplan 2050 Monitor 10.11.2016 03:30 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste

Georg Restle: „Der künftige US-Präsident, der hat sich auch bei einem anderen Thema weit aus dem Fenster gehängt. Beim Klimaschutz. Den hält Donald Trump für großen Quatsch. Das Klimaschutzabkommen von Paris will er so schnell wie möglich aufkündigen.“

Donald Trump (Übersetzung Monitor): „Wir werden auch nicht mehr Abermillionen Dollar an die UN zur Bekämpfung des Klimawandels zahlen, wo sie ohnehin nur verschwinden.“

Georg Restle: „Gut möglich, dass Trump hier bald Verbündete in der deutschen Bundesregierung findet. Der ehemalige Musterschüler im Fach Klimaschutz will heute von konkreten Klimaschutzzielen nämlich so gut wie nichts mehr wissen. Der Klimaschutzplan der Umweltministerin, zerfleddert von ihren eigenen Kabinettskollegen und Parteifreunden. Adrian Oeser über die beispiellose Demontage einer deutschen Ministerin.“

Paris 2015. Die große Klimakonferenz. Die Welt feiert. Die deutsche Umweltministerin - überwältigt. Auch vom eigenen Versprechen, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen. Völkerrechtlich verbindlich.

Barbara Hendricks (SPD), Bundesumweltministerin, 17.12.2015: „Es ist ein historisches Datum, an dem wir erreicht haben, dass alle Länder der Welt sich darauf verpflichtet haben, dem Klimaschutz zu begegnen.“

Doch Deutschland selbst verfehlt die eigenen Klimaziele. Beim CO2-Ausstoß gibt es keine nennenswerte Verringerung - im letzten Jahr ist er sogar gestiegen. Dabei wollte man den Ausstoß bis 2020 auf 749 Mio. Tonnen deckeln - 40 Prozent weniger als 1990. Das Ziel gilt längst als unerreichbar. Dafür arbeitete Barbara Hendricks an einem neuen großen Plan, um die Vorgaben von Paris umzusetzen. Dem Klimaschutzplan 2050, im Sommer legte sie ihn vor. Mit konkreten Vorgaben für einen Kohleausstieg, Verzicht auf fossile Brennstoffe und klaren Emissionsvorgaben für die Landwirtschaft.

Barbara Hendricks (SPD), Bundesumweltministerin, 22.09.2016: „Der Klimaschutzplan 2050 ist auch ein Test auf unsere Glaubwürdigkeit. Die Ratifikation des Pariser Übereinkommens bedeutet die Verpflichtung, es im eigenen Land auch umzusetzen.“

Doch was dann passierte, war nicht weniger als die komplette Demontage von Hendricks und ihrem gesamten Ministerium. Die ersten Streichungen kamen vom Wirtschaftsminister, dann kamen das Kanzleramt, das Verkehrsministerium, das Landwirtschaftsministerium. Wo vormals konkrete Ziele und Vorgaben standen, wurden sie einfach wieder gestrichen. Hendricks großes Vorhaben, der Klimaschutzplan - unter den Augen der Kanzlerin wurde er komplett zerlegt. Jetzt ging es nur noch um Gesichtswahrung. Am Dienstag dann schon wieder eine Ankündigung, dieses Mal ein Kompromiss.

Barbara Hendricks (SPD), Bundesumweltministerin, 08.11.2016: „Ich fahre wirklich mit gutem Gewissen und zufrieden nach Marrakesch und ich bin auch froh für die Unterstützung, die ich jetzt gerade in der letzten Woche bekommen habe.“

Die „große Unterstützung“ hielt nicht mal bis zum Abend. Ausgerechnet Hendricks eigener Parteichef, Wirtschaftsminister Gabriel, fiel der Umweltministerin erneut in den Rücken. Wie es Kohlelobby und Industrieverbände gefordert hatten. Aufgeben? Zurücktreten? Nein! Dafür eine neue Ankündigung - heute Morgen. Hoffnung auf einen neuen Kompromiss - vielleicht. Ganz sicher aber kein Klimaschutzplan, der diesen Namen noch verdient.

Georg Restle: „Was für eine Pleite. Und ganz egal, was bei dem nächsten Treffen noch herauskommt. Blamiert ist die deutsche Umweltministerin so oder so.“

Kommentare zum Thema

  • Hans-Jürgen Freitag 17.11.2016, 11:25 Uhr

    Da schachern sie weltweit um jedes Gramm CO² und stellen sich dann gerne noch als Energiesparer Nr. 1 weltweit da. Schließlich haben wir ja Wind- und Solarenergie. Dafür zahlen wir aber auch reichlich mehr als unsere europäischen Nachbarn. Nur die KFZ Lobby und das seit Jahren in der Hand der CSU befindliche Verkehrsministerium lachen sich einen Ast. VW´s Dieselaffäre und der jetzt wieder aufgedeckte Betrug über die Verbrauchszahlen der PKW´s zeigt wie überflüssig das Verkehrsministerium incl. seiner Minister ist. Dobrindt hat sich doch bis heute nicht zu der VW Affäre geäußert, wahrscheinlich hat er Sprechverbot von der KFZ Lobby. Und zuguterletzt frage ich mich, warum mein Fahrzeug immer noch einem Abgastest unterzogen wird, wo doch die Werte scheinbar egal sind. Unter welchen politischen Teppich wird das wohl alles wieder gekehrt??

  • Kaiser 14.11.2016, 15:08 Uhr

    Liebe Monitor-Redaktion, wie wäre es denn, wenn Sie mal einen "investigativen Beitrag" (also nicht nur die Meinungen von Herrn Döschner, Herrn Franz Alt oder Frau C. Kempfert ungeprüft wiederzugeben) darüber bringen, was genau der "Klimaschutz"plan 2050 für die Menschen bedeutet_ Decarbonisierung der Stromerzeugung (ohne, dass auch nur im Ansatz die erforderlichen Speicher zur Verfügung stehen), Decarbonisierung der Wärmewirtschaft, Decarbonisierung Verkehr (220 TWh p.a.)... Auswirkungen auf Grundstoffindsutrie, Chemieindustrie, Stahl-, Zementindustrie,... nebst Zulieferer aus Anlagenbau usw. ... Preise, Arbeitsplätze,... Offenbar wollen "alle" das Klima retten aber man hat bei den Menschen völlig falsche Vorstellungen darüber geweckt, was genau dies für jeden Einzelnen bedeutet.

  • Judith Schöneberger 14.11.2016, 15:04 Uhr

    Solange die Lobbyisten in unserem Land das Sagen haben. Und die Industrie mit Ihrem als Letztes Argument, mit der Erpressung "Stellenabbau" kommt. Wird sich nie etwas gravierendes ändern. Deutsche Politiker stehen unter den Pantoffeln der Industrie und deren Lobbyisten. Sie gehören zum Teil ja selbst zu den Vorständen der Firmen. Und eins ist doch kla; "Die Hand die einen füttert beisst man nicht."