MONITOR vom 22.02.2018

Endlich Erneuerung? Andrea Nahles und die junge Garde der SPD

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Bericht: Stephan Stuchlik, Andreas Josef

Endlich Erneuerung? Andrea Nahles und die junge Garde der SPD

Monitor 22.02.2018 04:24 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste

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Georg Restle: „Die beiden Frauen, die Sie hinter mir sehen, haben eine ganze Menge gemeinsam - und kämpfen doch für ganz unterschiedliche Ziele. Die eine war mal Vorsitzende der Jusos, die andere ist es heute in Berlin. Beide reden sie von einer Erneuerung der SPD. Nur die eine innerhalb einer großen Koalition, die andere in der Opposition. Beide stehen sie für die große Zerrissenheit der SPD, die ganz sicher auch am 4. März noch nicht vorbei sein wird - wenn wir wissen werden, wie die Mitglieder der SPD sich entschieden haben. Stephan Stuchlik und Andreas Josef mit der Frage, was wirklich dran ist am ewigen Erneuerungsversprechen der deutschen Sozialdemokratie.“

Annika Klose, Chefin der Berliner Jusos. 25 Jahre ist sie alt und kämpft - heute auf einer Bereichsversammlung - gegen die große Koalition. Mit 19 in die SPD, jetzt eine der lautesten Stimmen gegen den Kurs der Parteiführung, auch auf der großen Parteitagsbühne.

Annika Klose, 21. Januar 2018: „Liebe Genossinnen und Genossen, dieses Papier ist keine Grundlage für einen Politikwechsel. Dieses Papier ist eine Grundlage für ein „Weiterso“, den Politikwechsel, den braucht unser Land aber, und den herbeizuführen, das ist auch unsere Verantwortung!“

Versteinerte Mienen beim Parteivorstand, bei Andrea Nahles. Dabei klang Nahles vor über 20 Jahren, als Juso-Vorsitzende, genauso wie Klose heute.

Andreas Nahles, 1995: „Ich denke, dass man da endlich mal ne nachvollziehbare Richtungsentscheidung braucht. Ich weiß momentan überhaupt nicht mehr, worüber ich mich eigentlich streiten soll, weil das alles so schwammig ist.“

Annika Klose: „Im Moment ist das völlig unklar, welche Zukunftsvision wir haben, es ist völlig unklar eigentlich, wessen Interessen wir vertreten, sondern es ist halt so ein Wischi-Waschi-Kurs!“

Wohin SPD? Die Frage damals wie heute. Wir zeigen Annika Klose alte Reden der Juso-Chefin Nahles. Probleme hat Klose nur mit der heutigen Nahles und ihrer Idee einer großen Koalition.

Annika Klose, Vorsitzende Jusos Berlin: „Ich würde ihr sagen, Andrea, ich glaube, auch wenn es schmerzhaft ist, wir müssen hier jetzt einfach mal klare Kante zeigen, wir müssen sagen, dass eben die SPD glaubwürdig für einen Politikwechsel stehen muss und dass wir eben wegkommen müssen von dem, was wir in den letzten 15 Jahren gemacht haben. Und das ist nur möglich, wenn wir mal wirklich einen radikalen Bruch mit dem machen.“

Und wieder klingt sie eins zu eins wie ihre designierte Parteivorsitzende.

Annika Klose: „Wir sind eben ein linker Richtungsverband, das ist ganz klar, wir treiben die SPD nach links und da, wo Kritik nötig ist, da üben wir die auch aus.“

Andrea Nahles, 1997: „Wir müssen aber bleiben, was wir sind, ein linker und sozialistischer Richtungsverband und der Motor dieser SPD.“

Weg von Hartz IV, ein sozial geschärftes Parteiprofil, das ist das, was Annika Klose will: Erneuerung. An Erneuerungsversprechen, daran war in den letzten Jahren in der SPD kein Mangel. Im November 2005 wird Matthias Platzeck neuer Parteivorsitzender.

Andrea Nahles: „Wir brauchen Erneuerung!“

Im April 2006 folgt Kurt Beck.

Heil: „Die programmatische Erneuerung der SPD ist auch dringend notwendig.“

2008 wird Steinmeier Parteivorsitzender, kurz danach Franz Müntefering.

Andrea Nahles: „Die SPD braucht ne Rundumerneuerung.“

Im November 2009 wird Sigmar Gabriel gewählt.

Andrea Nahles: „Inhaltliche Erneuerung, organisatorische Schlagkraft!“

Schließlich, 2017 wird Martin Schulz Parteivorsitzender. Die Partei steigt in den Umfragen zeitweise auf über 30 Prozent. Das habe daran gelegen, dass alle geglaubt hätten, die SPD wäre jetzt wirklich eine andere Partei, sagt Annika Klose.

Annika Klose, Vorsitzende Jusos Berlin: „Mit Martin Schulz hat man damals auch einen inhaltlichen Linksschwenk sich erhofft. Zum einen als überzeugten Europäer, der für ein Europa der sozialen Gerechtigkeit steht, zum anderen aber auch einen klaren Bruch mit der Agenda-Politik und der SPD-Politik der letzten 15 Jahre, die sehr neoliberal geprägt war.“

Aber was macht ihr Hoffnung, dass es diesmal anders wird, dass es diesmal klappt mit der Erneuerung der SPD? Bilder wie diese, sagt sie: Ein voller Saal in Marzahn-Hellersdorf. Das Interesse für eine neue, eine andere SPD abseits der GroKo ist riesig. Die letzten 15 Jahre hätten die Jüngeren der Partei den Rücken gekehrt, sagt Klose. Diesmal käme der Aufbruch von unten. Jetzt müsse die designierte Parteivorsitzende nur noch einhalten, was sie vor über 20 Jahren versprochen habe.

Annika Klose, Vorsitzende Jusos Berlin: „Egal, wie dieses Votum ausgeht, müssen wir dafür kämpfen, dass eben eine Erneuerung angestoßen wird und diesen Inhaltsprozess, den müssen wir einfordern, auch von der Parteivorsitzenden Andrea Nahles.“

Georg Restle: „Ganz Deutschland beschäftigt sich zurzeit damit, wie das Mitgliedervotum der SPD wohl ausgehen wird. Dabei spielt die Frage, worüber da eigentlich genau abgestimmt wird, eine erstaunlich geringe Rolle. Kaum jemand hat die 177 Seiten des Koalitionsvertrags wirklich gelesen, und deshalb kann auch jeder behaupten, was er will.“

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Stand: 20.02.2018, 13:53 Uhr

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6 Kommentare

  • 6 Frieden ist Umweltschutz 27.02.2018, 18:09 Uhr

    Je stärker SPD-Politiker von Aufbruch, Erneuerung usw. reden desto stärker sinken sie im Sympathieempfinden der Wähler ab. Sie sollten mal endlich neue Themen vorbringen, zum Beispiel versuchen die Ostpolitik in Richtung Friedenspolitik zu verändern u. nicht nur immer wieder auf aggressive „Falken“ hören welche fortwährend Feuer auf den Brennpunkt Ukraine - Russland - USA schütten. Heute wurde per Gericht entschieden dass bei bestimmten Schadstoffüberschreitungen in den Städten Fahrverbote angeordnet werden dürfen. Die Freude ist bei Unbetroffenen groß darüber dass endlich etwas für die Umwelt getan wird u. oft hört man d. Begründung dass die Gesundheit der Menschen nicht gefährdet werden darf. Das ist vollkommen richtig doch was ist mit der kriegstreibenden Politik gegen Russland, welche offensichtlich nur einem Zusammengehörigkeitsgefühl zu Politikern und Diensten der USA vollzogen wird? Diese Politik führt uns in einen „Umwelt-, sowie gesundheitsgefährdenden Weltkrieg“.

  • 5 Ralf Henske 22.02.2018, 21:52 Uhr

    AndreaNahles wollte mit ihrer Rentenreform Anfang 2017 die Lebenssituation für die Erwerbsminderungsrentner (EMR) verbessern. Diese beträgt unteranderem 50 Euro im Monat mehr. Zitat Nahles: "Das sei ein «Ausdruck von Respekt". Diese Ausdruck von Respekt wird aber nur den Neu-EMR "ab 2018" gezollt. Für die Alt-EMR und die Neu-EMR "bis 2018", bleibt nur ein Respektloses "ääschii-bääschii" von ihr. Zitat Nahles: "Bestandsrentner würden prinzipiell nicht berücksichtigt, weil: "…Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nur für neu beginnende Rentner erfolgen." (ARD-Plusminus 29.03.17 | Altersarmut - Große Koalition spart bei Menschen mit Erwerbsminderung). Eine 2-Klassen-Einteilung der SPD von EMR. Das ist eine Anpassung an die Christliche Union, eine 2-Klassen Partei aus Tradition. Im selben Zeitraum war der Wahlslogan der SPD "Mehr soziale Gerechtigkeit". Ja, ja, Wein predigen, aber Wasser ausschenken. Das war 2017 und geht weiter so 2018.

  • 4 Uli 22.02.2018, 12:02 Uhr

    Nahles = "Bätschi" und "...eins auf die Fresse". Gibt es denn wirklich keine halbwegs seriösen Personen in der SPD mehr, die die Partei erneuern kann? Nehmt doch wirklich mal die OB aus Flensburg, die ist nüchtern, sachlich und so gänzlich unaufgeregt. Konzentriert Euch doch wirklich dann mal auf die großen Zukunftsthemen und bringt vernünftige Konzepte raus.

  • 3 F. 22.02.2018, 10:12 Uhr

    Wenn die Frau mit der rumblökenden Kinderausdrucksweise in der Parteiführung bleibt dann kann man wahrlich nicht von einer Erneuerung, Verjüngung der SPD- Garde sprechen.

  • 2 Miriam S 20.02.2018, 16:35 Uhr

    Wenn Nahles auf der Bühne steht, gibt sie ein Bild ab für den erbarmenswerten Zustand der SPD...Sie sollte sich selbst erst einmal erneuern ( von ihrem Infekt erholen ), ehe sie dort von der Erneuerung der Partei krächzt!

  • 1 Klaus Keller 20.02.2018, 16:11 Uhr

    Eine SPD auf Schröderkurs ist sinnlos und hat keine Zukunft.