Pressemeldung vom 23.05.2019

Aus Deutschland in die Obdachlosigkeit - Zehntausenden Flüchtlingen wird in Italien eine Unterkunft verwehrt

In kein anderes EU-Land hat Deutschland im vergangenen Jahr so viele Flüchtlinge zurückgeführt wie nach Italien. Doch dort landen viele von ihnen auf der Straße, ohne einen Anspruch auf Unterkunft, Verpflegung oder medizinische Versorgung. Das ergaben Recherchen des ARD-Magazins MONITOR. Möglich macht das ein italienisches Gesetz: Schon wenn ein Asylbewerber eine Sammelunterkunft für kurze Zeit und ohne Angabe von Gründen verlässt, kann ihm das Recht auf Unterbringung entzogen werden.

Symbolfoto: Flüchtlinge in Italien | Bildquelle: wdr

Mindestens 40.000 Flüchtlinge haben deshalb allein in den Jahren 2016 und 2017 ihren Anspruch auf eine Unterkunft verloren. Dies ergibt sich aus Auskünften ca. der Hälfte aller italienischen Präfekturen gegenüber der italienischen Zeitschrift Altreconomia. Nach MONITOR-Recherchen in verschiedenen italienischen Städten dauert diese Praxis bis heute an und betrifft auch zahlreiche sog. „Dublin-Rückkehrer“ aus Deutschland. Dies wird auch von Hilfsorganisationen wie „Ärzte ohne Grenzen/Italien“ bestätigt. „Wir haben immer mehr Menschen, die nicht untergebracht sind, Menschen, die keinen Zugang zum Gesundheitssystem haben oder die keinen Zugang zu elementaren Versorgungen haben“, sagt Marco Bertotto, der Sprecher der Organisation.

Die Verweigerung einer Unterkunft verstoße eindeutig gegen europäisches Recht, wonach Flüchtlingen mindestens Unterkunft, Verpflegung und eine medizinische Grundversorgung gewährt werden muss, sagt der Europarechtler Thomas Giegerich von der Universität des Saarlandes. Die Bundesregierung müsse die Rückführung von Flüchtlingen nach Italien daher sofort stoppen: „Wenn wir eine Gesetzeslage haben in Italien, die dazu führt, dass Hunderte oder Tausende Asylbewerber in die Obdachlosigkeit, ins menschenwürdewidrige Existieren geschickt werden, dann darf Deutschland solche Personen nicht mehr nach Italien rückführen, bis die Lage in Italien sich ändert.“

Im Bundesinnenministerium wird aktuell „keine Notwendigkeit gesehen, von der Entscheidungspraxis des BAMF abzuweichen“, heißt es auf MONITOR-Anfrage. Es gelte der „Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten der EU“. Das italienische Innenministerium habe in einem Schreiben vom 08. Januar 2019 versichert, „dass Unterbringungseinrichtungen unter Berücksichtigung der Bemühungen der italienischen Regierung, die Migrationsströme deutlich zu verringern, für die Unterbringung aller Personengruppen, die unter das Dublin-Verfahren fallen, geeignet sind.“

Kommentare zum Thema

  • Günther Ketscher 07.05.2022, 17:07 Uhr

    Es handeln doch alle nur nach dem Gesetz Und wenn das einem nicht Recht ist Wird ein neues Gesetz gesetzt. Am Ende haben alle das Recht Menschen ins Elend zu versetzen. Da tut jeder was er kann.

  • Realität schaffen 27.02.2022, 08:58 Uhr

    Hier sind aber viele Kommentare zensiert. Ein Versuch eine Welt zu schaffen. Aber ohne Kritik, wird diese Welt auf keinen Fall besser. Wie Pippi Langstrumpf, ich baue meine Welt, wie sie mir gefällt... Schubidubi.

  • Irina Volk 24.05.2021, 20:30 Uhr

    Die Kommentare hier finde ich erschütternd. Dürfen hier normale Menschen auch etwas schreiben oder muss man den Standart des minderbemittelten Stammtisch-Parolen-Klopfers erfüllen? Kein einziger von diesen "objektiv" denkenden hier hat ganz persönliche Erfahrung mit Geflüchteten gemacht. Dafür halte ich meine Hand ins Feuer. So viele wissen angeblich Bescheid, aber die wenigsten sind bereit, ihre Zeit zur Verfügung zu stellen, um den Geflüchteten zu helfen, unsere Regeln und Gesetze zu verstehen. Was die Obdachlosen in Deutschland betrifft, so sind die Kommunen in der Pflicht, diesen Menschen für die Wintermonate eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Und das tun sie. Am Wohnungsmangel haben die Geflüchteten auch keine schuld. Das ist ein Versäumnis seiten der Regierungen der letzten 20 Jahre,als die Sozialwohnungen in die privaten Hände abgegeben wurden. Ich wünsche jedem dieser Schlaumeier, dass sie einmal eine neue Heimat suchen müssen, wo niemand sie haben will.

    • Alpendohle 13.02.2022, 09:24 Uhr

      Ich, 4 Jahre Griechenland man machte mich für die Greueltaten der Nazis verantwortlich obwohl ich diesem Land Entwicklungshilfe in Lasertechnik gab. Nach 4 Jahren habe ich meine Koffer gepackt und zurück in die Heimat. Es steht also jedem frei bleiben oder gehen.