Pressemeldung vom 04.02.2016

Behörden verschludern regelmäßig Flüchtlingsausweise - Kommunen beklagen unklare Zuständigkeiten

Bei deutschen Behörden gehen regelmäßig Ausweisdokumente von Flüchtlingen und Asylbewerbern verloren. Selbst bei Menschen ohne Bleibeperspektive wird die Ausreise dadurch oft über Monate verzögert oder verhindert. Das berichtet das ARD-Magazin MONITOR (heute, 21.45 im Ersten). Als Grund nennen Kommunen und Flüchtlingseinrichtungen ein Wirrwarr von Zuständigkeiten bei der Registrierung und Weiterleitung der Flüchtlinge.

Pässe von Flüchtlingen | Bildquelle: WDR/dpa

Eine Umfrage von MONITOR unter den größten deutschen Städten und Landkreisen zeigt: zwei Drittel (45 Fälle) der zuständigen Stellen bestätigen solche Schwierigkeiten, einige sprechen von einem wiederkehrenden oder gar häufigen Problem. Die Rückkehrberatungsstelle der Diakonie Rheinland berichtet von zeitweise hundert Personen, die allein in Köln darauf warteten, ausreisen zu können. „Es gab Wartezeiten bis zu sechs Monaten, einige Pässe wurden auch ganz verloren“, berichtet eine Mitarbeiterin.

Flüchtlinge und Asylbewerber müssen ihre Ausweisdokumente beim ersten Behördenkontakt in Deutschland abgeben und bekommen sie in der Regel erst nach Abschluss des Asylverfahrens oder bei der Ausreise zurück. Im Zuge des Verfahrens nehmen die Pässe und ihre Eigentümer unterschiedliche Wege: Beteiligt sind die Polizei, oft mehrere Erstaufnahmeeinrichtungen, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und schließlich die Ausländerbehörden. Dort kommen die Ausweise aber häufig erst mit monatelanger Verspätung oder gar nicht an. Zuständigkeiten der verschiedenen Behörden und konkrete Aufbewahrungsorte der Pässe sind selbst für die Mitarbeiter der jeweiligen Stellen oft unklar. Die Stadt Herne zum Beispiel berichtet von einem „extrem hohen und zeitintensiven Arbeitsaufwand“ bei der Nachforschung nach dem Verbleib der Pässe. In der Folge müssen zum Beispiel ausreisewillige Flüchtlinge monatelang warten, bis sie Deutschland verlassen können. „Es betrifft aber nicht nur die Pässe, es betrifft auch andere Dokumente: Heiratsurkunden, Geburtsurkunden, die die Menschen brauchen, um Verbindungen nachzuweisen, Ansprüche zu stellen und so weiter“, sagt Karin Asboe, zuständig für die Flüchtlingsberatungsstellen der Diakonie in Nordrhein-Westfalen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stand in der Vergangenheit immer wieder wegen zu langer Verfahren in der Kritik. Die Bundesregierung drängt darauf, insbesondere die Ausreise von Migranten ohne Bleibeperspektive zu beschleunigen. Auf Nachfrage von MONITOR räumt das BAMF ein, dass es bei „Überschneiden von Anfragen und Übersendungen von Pässen“ zu Verzögerungen kommen könne. Pässe würden jedoch „in der Regel ausfindig gemacht und umgehend versendet.“ Wie viele Ausweispapiere von Flüchtlingen oder Asylbewerbern derzeit nicht auffindbar sind, lässt sich nicht ermitteln.

Kommentare zum Thema

  • Elding 01.07.2016, 19:16 Uhr

    Ich weiß gerade nicht, wie es weiter gehen soll? Ich betreue zwei syrische Brüder. Der Kontakt ist mittlerweile so intensiv,dass ich auch regelmäßigen Mailaustausch mit den Eltern in Syrien habe. Bei einem der Beiden ist alles klar...Die Aufenthaltserlaubnis ist in Bearbeitung. Dem anderen unterstellt das Bamf,er sei kein Syrer,sondern Iraker. Einen Pass können beide nicht vorlegen,da man bei Einreisen erst in München den Pass eingezogen hat und ein weiteres mal in Hürth noch den Personalausweis. Beim Termin im Bamf erklärte man,man hätte alles nachgeforscht,es gäbe keine Pässe. Problem ist auch noch,dass niemand den Einzug der Pässe auf der Büma bescheinigt hat. Ich habe auch schon eine Kopie der Geburtsurkunde vorliegen...Aber das interessiert niemanden. Ich habe keine Ahnung mehr,waß wir noch machen können,um die Pässe zurück zu bekommen, damit auch der Eine,seine Staatsbürgerschaft beweisen kann. Man wird bei den Behörden als dummer,gutgläubig Naivling hingestellt. Hat ...

  • Roswitha Panknin 09.02.2016, 09:51 Uhr

    Seit Wochen versuche ich, das Bundesamt für Migration in Karlsruhe zu erreichen. Vergeblich. Weder telefonisch, noch schriftlich (Brief und E-Mail) ist eine Verbindung möglich. Mein Problem: ich betreuue einen syrischen Flüchtlich, der als "Staatsangehörigkeit ungeklärt" registriert ist, obwohl fünf weitere Unterlagen aus Stuttgart, Ulm und Karlsruhe seine Staatsangehörigkeit bestätigen. Er erhielt einen "Erstatzausweis" für seinen syrischen Pass, den er abgeben mußte. Dieser "Ersatzausweis" sei kein gültiges Dokument, wurde mir vom Emmendinger Landratsamt gesagt. Es ist aber das einzige, was er im Gegenzug zu seinem Originalpass erhielt. Dort ist er als Syrer ausgewiesen. Mein Schützling hat nun nicht die M öglichkeit, die Integrationskurse zu besuchen, da es nur für "Syrer" gilt. Er hat wegen dieser falschen Angaben diverse Nachteile. An wen kann ich mich wenden, um die rechtmäßige Staatsangehörigkeit eintragen zu lassen. Der Ansylantrag läuft seit dem 01.10.2015 Roswith ...

  • Südsachse 06.02.2016, 20:37 Uhr

    Ich habe immer geglaubt, die Flüchtlinge kommen bereits zu 70 Prozent ohne Papiere. Dass die hier erst von unseren Behörden verschludert werden, ist mir neu. Man lernt nie aus...