"Hat mich an meine Grenzen gebracht": Fotoprojekt in Bochumer Gefängnis

Bochum | Verbrechen

Stand: 14.11.2024, 16:32 Uhr

Wie sehen Mörder und Gewalttäter aus? Männer, die wegen schwerster Verbrechen hinter Gittern sitzen. Der Fotograf Chris Bolze hat das in Bochum festgehalten. Er möchte zeigen, dass hinter jeder Straftat auch ein Mensch steckt. Über ein Projekt, das bei allen Beteiligten Spuren hinterlassen hat.

Von Rebecca Hoven (Text) und Carsten Koch (Multimedia)

Ein lang gezogener, kahler Gang. Die Wände weiß gestrichen, der Boden grau. Große Neonröhren hängen an der Decke. Alles wirkt sehr steril. Doch dann wird das kühle Weiß plötzlich durchbrochen. Zwölf große Portraitfotos hängen hintereinander an der Wand. Sie zeigen Gesichter von Mördern und Sexualstraftätern, von Männern, die schwere Gewaltverbrechen begangen haben. Fotografiert von Chris Bolze. "Ich hatte schon immer im Kopf, dass ich mit Strafgefangenen etwas machen will. Um die Menschen zu zeigen, die hinter diesen Straftaten stehen", sagt Bolze.

Die Portraits von Chris Bolze zeigen die Menschen hinter den Straftaten 00:12 Min. Verfügbar bis 14.11.2026

Die Bilder hängen in der Sozialtherapeutischen Anstalt NRW in Bochum. Im geschlossenen Vollzug bietet sie Platz für 79 Inhaftierte. Die Insassen sind in der Regel mehrere Jahre in Therapie und versuchen hier, ihr Leben in die richtigen Bahnen zu lenken. Das Ziel der Haftanstalt ist die langfristige Resozialisierung. Um das zu erreichen, werden hier verschiedene sozialtherapeutische Programme angeboten, um eine positive Verhaltens- und Einstellungsänderung bei den Inhaftierten zu bewirken.

Zwischen Vertrauen und Verantwortung

Zwölf der Inhaftierten haben bei dem Fotoprojekt "Weil wir Menschen sind" mitgemacht. Danny G. und Robin B. gehören dazu. Zusammen mit Bolze gehen sie den Gang entlang und schauen sich die entstandenen Fotos an. "Ich hatte von Anfang an kein Problem damit, an die Öffentlichkeit zu gehen. Für mich gehört das mit dazu, Verantwortung zu übernehmen. Für das, was ich getan habe", sagt Robin B. Gleichzeitig möchte er zeigen, dass er auf dem Weg ist, sich zu ändern.

Danny G. (links) und Robin B. (rechts) haben bei dem Fotoprojekt mitgemacht | Bildquelle: WDR

Robin B. erzählt, dass er in einer von Gewalt und Drogen geprägten Umgebung aufgewachsen ist und mit 17 Jahren zum ersten Mal im Gefängnis saß. Bolze hat sich seine Geschichte und die von elf anderen Insassen angehört und Vertrauen zu ihnen aufgebaut. Neben jedem Bild steht eine kurze Zusammenfassung dessen, was bisher das Leben der Männer bestimmt und sie letztlich hierher gebracht hat. Bolze hat in seiner Karriere schon viel erlebt, war unter anderem als Kriegsfotograf in der Ukraine. Trotzdem hat ihn das Projekt gerade am Anfang an seine Grenzen gebracht.

Chris Bolze über die Schwierigkeiten des Projekts 00:33 Min. Verfügbar bis 14.11.2026

Bolze entscheidet sich, weiterzumachen. Bereut hat er es nicht. Dennoch begleitet ihn das Erlebte und die Geschichten der Inhaftierten bis heute. "Das sind Eindrücke, die man normalerweise nicht hat. Wenn man ein bisschen Menschlichkeit in sich trägt, dann bleibt das für immer haften", sagt der Fotograf. Bald soll die Ausstellung auch außerhalb des Gefängnisses gezeigt werden, zum Beispiel in Gerichtsgebäuden. Wie lange Robin B. und Danny G. noch in Haft bleiben, steht noch nicht fest. Allerdings wollen sie alles dafür tun, um irgendwann wieder ein normales Leben in Freiheit führen zu können.

Über dieses Thema haben wir auch am 11.11.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Ruhr, 19.30 Uhr.