Warum Fahrschüler heutzutage so lange für den Führerschein brauchen
Stand: 17.10.2024, 16:48 Uhr
45 Fahrstunden und 3500 Euro für einen normalen Autoführerschein - das ist heute keine Seltenheit. Welche Gründe stecken dahinter?
Von Josefine Upel, (Text) und Joscha Weidenfeld (Multimedia)
Ein leises Klicken ertönt, als Philipp Albers den Blinker einschaltet. Er wirft einen Blick in den Rückspiegel und über die Schulter. Dann setzt sich der Wagen langsam in Bewegung. Neben dem 18-Jährigen sitzt seine Fahrlehrerin Jennifer Hören. "Ruhig ein bisschen stärker rauslenken", sagt sie. "Manchmal ist es schwer einzuschätzen, ob es vorne passt. Nachher kriegst du bei einer hohen Bordsteinkante eine schöne Schramme." Es ist Albers neunte Fahrstunde. Seinen Führerschein will er möglichst schnell in der Tasche haben. So gut wie bei Albers Führerscheinausbildung läuft es inzwischen seltener.
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Ein Drittel der Fahrschüler in Deutschland brauchte zuletzt laut einer Umfrage des ADAC zwischen 32 und 42 Praxisstunden für den Pkw-Führerschein. Das sei deutlich mehr als früher, heißt es auch von den Fahrlehrerverbänden in NRW. "In Großstädten sind heute 35 bis 45 Fahrstunden absolut normal", sagt Kurt Bartels, Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Nordrhein. "Vor 20 Jahren waren es im Durchschnitt vielleicht 25 bis 30 Fahrstunden."
Verkehr und Prüfung anspruchsvoller
Auf einer Landstraße in Viersen: Der Tacho zeigt 78 km/h an, Albers' Hände haben das Lenkrad fest im Griff. "Du kannst auch den Tempomat benutzen. Weißt du, wie das geht?", fragt die 38-jährige Fahrlehrerin Hören. Albers verneint und folgt den Anweisungen seiner Lehrerin. Es sind Veränderungen wie diese, die das Autofahren vereinfachen sollen, das Führerschein-Training allerdings vielschichtiger werden lassen.
"Fahrassistenten, kompliziertere Regelungen durch Fahrradstraßen oder unechte Einbahnstraßen, weitere Verkehrsteilnehmer wie Pedelec- oder E-Scooter-Fahrer: Alles ist mehr und komplexer geworden", sagt Bartels. Das zeige sich auch bei den Ansprüchen der praktischen Führerscheinprüfung. Die Prüfung dauert seit 2021 nicht mehr 45, sondern 55 Minuten.
Ein weiteres Problem sei die geringe Vorerfahrung der Schüler im Straßenverkehr. "Die Kinder schauen bei der Auto- oder Busfahrt oft nur auf das Smartphone. Dadurch geht die natürliche Verkehrswahrnehmung verloren", sagt der 66-jährige Bartels. Auch das Training mit den Eltern auf dem Feldweg oder dem Verkehrsübungsplatz fehle vielen Fahranfängern. "Wir müssen oftmals Basics zeigen, die man so früher nicht ausbilden musste."
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Führerschein teurer geworden
Der Führerschein dauert bei vielen Fahranfängern in Deutschland nicht nur länger, er ist durchschnittlich auch teurer geworden. Die Umfrage des ADAC aus dem vergangenen Jahr zeigte: Die meisten Fahranfänger in Deutschland mussten zuletzt zwischen 2500 und 3500 Euro zahlen. 22 Prozent der Befragten kostete der Führerschein sogar 3500 bis 4500 Euro. Der ADAC und die Fahrlehrerverbände begründen das mit der Inflation und der längeren Ausbildungsdauer. Die Gesamtzahl der Fahrprüfungen in NRW ist nach den Corona-Jahren wieder auf einem Hoch.
Fahrlehrer wie Bartels und Hören raten deswegen dazu, sich den Führerschein wie ein Schulfach vorzustellen und motiviert und zügig an die Sache heranzugehen - damit das Sparschwein erst für das erste eigene Auto geköpft werden muss und nicht schon für den Führerschein.
Über dieses Thema haben wir am 29.07.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Düsseldorf, 19.30 Uhr.