50 Jahre auf dem Beifahrersitz durch Overath: Fahrlehrer Ulrich Kreuzer
Rheinisch-Bergischer Kreis | Unterwegs
Stand: 27.09.2024, 16:42 Uhr
Ulrich Kreuzer blickt auf ein halbes Jahrhundert als Fahrlehrer in Overath zurück. Er unterrichtet immer noch mit Leidenschaft. Eine Zeitreise durch die Geschichte des Straßenverkehrs.
Von Patrick Stijfhals
Anspannung, Aufregung, Unsicherheit. Für Fahranfängerin Julia Lemnitzer ist es eine ihrer ersten Fahrstunden. Gelassenheit, Routine, Erfahrung auf dem Beifahrersitz. Fahrlehrer Ulrich Kreuzer kommt auf Zehntausende Fahrstunden. "Alles klar, ein bisschen Gas", sagt er zu seiner Schülerin. "Und dann biegen wir gleich rechts ab". Hinter dem Fahrschulauto wird gehupt, aber Kreuzer bleibt ruhig: "Lass dich durch das Hupen nicht irritieren. Vielleicht kann er nicht lesen. Steht ja Fahrschule drauf, gibt welche, die haben da kein Verständnis für."
Was hat Ulrich Kreuzer in all den Jahren schon erlebt?
00:30 Min.. Verfügbar bis 27.09.2026.
Lemnitzer schätzt genau das an ihrem Fahrlehrer: "Er greift gut ein, erklärt alles und bleibt trotzdem ruhig dabei, was mir persönlich ziemlich wichtig ist." Für die junge Frau ist der Führerschein wichtig, um ihren Freund in einem anderen Ort besuchen zu können, ohne lange Fahrtzeiten mit Bus und Bahn in Kauf nehmen zu müssen. Freiheiten wie diese, sind weiterhin vielen Menschen wichtig. Laut Kraftfahrt-Bundesamt haben 2023 in NRW 103.481 Fahrschüler den Autoführerschein bestanden. Viele der Fahrschüler bereiten sich auf den Führerschein auch auf einem Verkehrsübungsplatz vor.
Worauf muss Fahrschülerin Julia Lemnitzer vor der Stunde achten?
00:09 Min.. Verfügbar bis 27.09.2026.
Viele wollen den Führerschein machen, doch wer bildet sie in Zukunft aus? Diese Frage stellt sich immer deutlicher. Die Zahl der Fahrschulen in NRW ist laut Landesverkehrsministerium zuletzt gesunken. 2021 gab es noch gut 4000 Fahrschulen, 2023 waren es 3700. Der Fahrlehrerverband Nordrhein befürchtet einen großen Fahrlehrermangel. Viele Fahrlehrer gehen in den nächsten Jahren in Rente, es fehlt an Nachwuchs.
Vom Käfer zum High-Tech-Wagen
Als Ulrich Kreuzer 1974 als Fahrlehrer anfing, sah es auf den Straßen noch ganz anders aus als heute. ABS, Abstandsmessung oder Servolenkung hatten seine Wagen damals noch nicht. "Man hatte ein enormes Gewicht auf den Rädern vorne drauf und es war viel schwerer, zu lenken", erklärt er. "Und wenn dann eingeparkt werden musste oder man musste in drei Zügen auf der Fahrbahn wenden, da musste man schon richtig Kraft aufbringen."
Die Familiengeschichte ist auch ein Streifzug durch die Autoentwicklung
Das Familienunternehmen hat in den 50 Jahren den technischen Wandel hautnah miterlebt, ob bei Autos, Motorrädern oder Bussen. Ihr erstes Fahrschul-Fahrzeug war ein Nachfolger des Käfers mit gerade mal 50 PS. "Früher sind wir Prüfungen gefahren mit zwei Fahrschülern, Prüfer und Fahrlehrer, da waren wir mit vier Mann in einem kleinen Auto drin", erzählt Kreuzer schmunzelnd.
Anfang der 70er erreichte die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland einen traurigen Rekordwert. Fast siebenmal so viele Menschen starben pro Jahr im Straßenverkehr wie heute trotz deutlich weniger Fahrzeuge. "Auf die Autobahn aufzufahren, zu beschleunigen und auf die Autobahn draufzukommen, war ein Himmelfahrtskommando", erzählt Kreuzer.
Eine Fahrschul-Liebe fürs Leben
Die Fahrschule leiten mittlerweile Sohn Christian Kreuzer und seine Frau. Und natürlich haben sich die beiden auch genau dort kennen und lieben gelernt: in der Fahrschule. "Das ging los mit Schreiben unter der Sitzbank oder unterm Tisch, und daraus hat sich die Beziehung entwickelt".
Christian Kreuzer ist in die Fußstapfen seines Vaters getreten
Seitdem arbeiten sie mit den Eltern in der Fahrschule zusammen. "Und wie oft haben wir Krach gehabt?", fragt Vater Ulrich seinen Sohn und gibt selbst gleich die Antwort: "Nicht einmal!"
Über dieses Thema haben wir auch am 19.07.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Köln, 19.30 Uhr.