"Helfen ist Balsam": Unterwegs mit einem Pannenhelfer
Stand: 10.07.2024, 08:24 Uhr
Wenn das Auto nicht mehr fährt, kommt er vorgefahren: Stefan Sonnemann. Der Dortmunder ist Pannenhelfer beim Allgemeinen Deutschen Automobil-Club. Bei seinen Einsätzen geht es ihm nicht immer nur um kaputte Autos - sondern auch um deren Besitzer.
Von Stefan Weisemann (Text) und Olaf Tack (Multimedia)
"Dann schauen wir mal", sagt Stefan Sonnemann und steigt mit einem Lächeln aus dem gelben Auto. Auf der Motorhaube und an den Seiten steht in schwarzer Schrift eine der wohl bekanntesten Buchstabenkombinationen Deutschlands: ADAC. Im Kofferraum steckt eine halbe Autowerkstatt.
Fast eine Million Einsätze
Sonnemann ist einer von 411 Pannenhelfern des Automobilclubs in Nordrhein-Westfalen. Unterstützt werden sie noch von knapp 100 Mobilitätspartnern. Wie wichtig ihre Arbeit auf den NRW-Straßen ist, verdeutlicht eine Zahl: Allein 2023 waren Sonnemann und seine Kollegen laut ADAC rund 930.000 Mal im Einsatz.
Sein aktueller Einsatzort ist ein Rastplatz an der Autobahn. Auf den hat es Stefanie Bartsch mit ihrem roten Kleinwagen gerade noch so geschafft. "Der Motor wurde laut, dann kam ein Knall und dann Rauch", erzählt sie dem Pannenhelfer. Sonnemann hört ruhig zu, öffnet die Motorhaube und misst den Ölstand. Kein Tropfen hängt am Ölstab, irgendwo muss ein Leck sein. "Das ist, als würden wir Menschen nicht mehr trinken, dann trocknen wir aus", erklärt er. Diagnose: Vermutlich Motorschaden.
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Ein Schock für Stefanie Bartsch, sie hat Tränen in den Augen, befürchtet eine teure Reparatur. "Das nimmt mich schon mit. Ich versuche dann, der Fels in der Brandung zu sein", sagt Sonnemann. Eigentlich ist sein Job getan. Aber der Pannenhelfer bleibt noch einen Moment. Mit einem Spiegel an einem langen Stab untersucht er den Motorraum nach dem möglichen Ölleck. Damit die Werkstatt später genau weiß, wo sie nach dem Fehler suchen muss. "Das hilft vielleicht ein bisschen", hofft Sonnemann. Dann klingelt das Handy, der nächste Einsatz kommt rein.
Pannenhilfe in jeder Lebenslage
Sonnemann ist PS-Profi. Ausbildung zum Kfz-Mechaniker, Arbeit in einer Autowerkstatt, seit zehn Jahren als Pannenhelfer auf den Dortmunder Straßen und in der Umgebung unterwegs. Hunderten Menschen hat er schon geholfen. Auf dem Weg nach Hause, zur Arbeit, in den Urlaub, zur Schule des Kindes, zum Arzttermin. Oft genau dann, wenn man eine Panne am wenigsten gebrauchen kann.
ADAC: Der größte Club Deutschlands
Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club ist der mit Abstand größte Verein in Deutschland. Mehr als 21,8 Millionen Menschen sind Mitglied, Tendenz zuletzt steigend. Damit hat der ADAC in Deutschland mittlerweile mehr Mitglieder als die Katholische Kirche. Andere Automobilclubs wie der AvD (rund 1,4 Millionen Mitglieder) und der ACE (gut 600.000 Mitglieder) sind deutlich kleiner.
Für die Gestrandeten ist das Auftauchen des gelben Autos oft der ersehnte Lichtblick. Je nach Auftragslage und Art der Panne haben sie mitunter Stunden darauf gewartet. "Jedes Mitglied freut sich, wenn ich komme. Und darüber, dass ich mit dem gelben Outfit zumindest ein bisschen Sonne mitbringe", sagt der Pannenhelfer.
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"Helfen ist Balsam. Ich versuche immer alles, um eine Weiterfahrt zu ermöglichen", sagt Sonnemann. 15 bis 30 Minuten dauert ein Einsatz meistens. Vieles ist Routine, hunderte Male schon gemacht: Zum Beispiel der leeren Batterie Starthilfe geben oder eine kaputte austauschen. Die Autobatterie ist die Nummer eins auf der Pannenliste, sie macht rund 44 Prozent aller ADAC-Einsätze aus. Auch der platte Reifen ist ein Klassiker. Dass viele Autos inzwischen keinen Ersatzreifen mehr haben, macht die Hilfe schwieriger.
Ein Pannenhelfer muss alle Tricks kennen
Andere Aufgaben erfordern hingegen echte Detektivarbeit. Mal im Motorraum, mal unter dem Auto. Oft an Straßen, auf denen die Autos nur ein kleines Stück entfernt vorbeidonnern. Sonnemann behält die Ruhe und freut sich, wenn er eine Lösung findet. "Ich muss viel improvisieren", sagt er. Wie vor einem Wohnhaus in Dortmund zum Beispiel.
Ein Kleinwagen springt nicht mehr an. Die Batterie ist es diesmal nicht. "Schauen wir mal, ob wir was erkennen können", sagt Sonnemann, während er sich tief über die geöffnete Motorhaube beugt. Seine Vermutung: Der Motor bekommt kein Benzin. Ob etwas mit der Kraftstoffpumpe nicht in Ordnung ist?
Voller Körper- und auch mal Hammereinsatz: Pannenhelfer Stefan Sonnemann
Sonnemann holt einen Hammer aus dem Kofferraum seines Autos und klopft mehrere Male kräftig von unten gegen den Tank. An der Stelle ist die Kraftstoffpumpe eingebaut. Das Auto springt tatsächlich wieder an. "Das war jetzt vielleicht auch Glück", sagt er. Er freut sich trotzdem. Dem Autobesitzer rät er noch, die Kraftstoffpumpe in der Werkstatt austauschen zu lassen, dann muss er zu seinem nächsten Einsatz.
Mit seinem privaten Wagen ist er übrigens noch nie liegen geblieben. Für den Fall hat er aber vorgesorgt: "Ich bin auch ADAC-Mitglied", sagt er, "aber ich bin froh, dass ich es noch nie nutzen musste."
Über dieses Thema haben wir auch am 06.04.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit am Samstag, 19.30 Uhr.