Kräuter und Gemüse im Balkongarten

Gemüseanbau: So werden Garten oder Balkon ertragreich

Städteregion Aachen | Landwirtschaft

Stand: 19.06.2024, 09:31 Uhr

Viele träumen vom Gemüse aus dem eigenen Garten oder vom Balkon. Der Anfang kann allerdings eine große Hürde sein. Wir helfen mit Tipps aus der Wissenschaft.

Von Josefine Upel

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Garten und Balkon: Wie fange ich an?

Zu Beginn des Projekts "Anpflanzen" im Garten oder auf dem Balkon lohnt sich der Blick auf beziehungsweise in den Boden: Ist es ein Neubaugebiet und wurde gerade erst besonders fruchtbarer sogenannter Mutterboden ausgehoben? Oder ist der Boden schon jahrzehntelang unangetastet und hat einiges an Leben in sich? "Regenwürmer sind zum Beispiel immer ein gutes Indiz dafür, dass der Boden aktiv und nährstoffreich ist", erklärt Biologe David Spencer aus Aachen. Er beschäftigt sich in seiner Arbeit mit Gemüsebau, Selbstversorgung und Nachhaltigkeit. Pflanzen haben "Superkräfte", sagt Spencer:

Was David Spencer an Pflanzen fasziniert

00:20 Min. Verfügbar bis 19.06.2026

Auf dem Balkon erübrigt sich die Boden-Analyse. Anfänger besorgen sich am besten erstmal klassische torffreie Blumen- oder Gemüseerde. Besonders die Sonnenausrichtung des Balkons ist interessant. "Je nachdem muss man schauen, wie sonnenliebend die Pflanzen sind, die man anbaut." So wie im Garten spielt natürlich auch für Pflanzen auf dem Balkon die Sonne eine wichtige Rolle. Sonnenanbeterinnen wie Zitruspflanzen mögen es hier je nachdem mehr oder weniger. "Alles, was rankt, ist auf kleinem Platz sehr gut aufgehoben und braucht auch nicht unbedingt die volle Sonne", erklärt Spencer. Er empfiehlt zum Beispiel Bohnen und Erbsen für den Balkon. "Was auch immer sehr gut auf kleinem Raum funktioniert sind Kräuter, Salate oder Chilipflanzen."

Balkon-Pflanzen für mehr Biodiversität

Der Biologe freut sich über jeden bepflanzten Balkon. "So klein der Balkon auch sein mag, er kann einen großen Einfluss auf die Biodiversität haben, die Artenvielfalt in der Stadt", erklärt er. "Ein Strauchbasilikum ist ein Magnet für Hummeln und Bienen." Auch Spencer hat mit dem Gärtnern auf dem Balkon angefangen, mittlerweile hat er einen 500 Quadratmeter großen Garten. Bei größeren Flächen ist eine durchdachte Strategie mit Gartenplan und Einhaltung einer Fruchtfolge sinnvoll. Anfänger sollten sich das aber gut überlegen.

Eine Biene fliegt auf die Blüte einer Artischocke auf einem Balkon

Auch Bienen freuen sich über Artischocken im Garten

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Langsam starten mit Schwachzehrern

Der wichtigste Tipp für den Anfang lautet wahrscheinlich: Nicht gleich übernehmen. "Oft wird zu viel auf einmal gemacht. Man ist vielleicht total enthusiastisch und will direkt alles auf einmal anbauen. Am besten nimmt man sich fünf, sechs Pflanzen vor, um nicht gleich die Lust zu verlieren, wenn es nicht klappt." Denn wie bei allem im Leben funktioniert auch im Garten oder auf dem Balkon nicht alles sofort und perfekt.

Aussaatkalender für Gemüse und Kräuter

Fotogalerie

Eine reife Aubergine hängt an einem Strauch.

Januar: Die Aubergine kann schon zu Jahresbeginn ausgesät werden. Die Keimlinge mögen es warm und fühlen sich auf der Fensterbank bei 20 bis 25 Grad Celsius am wohlsten. Ab Mitte April dürfen die Pflanzen dann ins Freie.

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Januar: Die Aubergine kann schon zu Jahresbeginn ausgesät werden. Die Keimlinge mögen es warm und fühlen sich auf der Fensterbank bei 20 bis 25 Grad Celsius am wohlsten. Ab Mitte April dürfen die Pflanzen dann ins Freie.

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Februar: Auch Chili und Paprika haben eine lange Anzuchtzeit und sollten früh im Jahr gesät werden. Auch sie benötigen ein warmes Klima, damit sie keimen und Mitte Mai ins Freiland gesetzt werden können.

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März: Tomaten können auf der Fensterbank schon im März vorgezogen werden. Soll die Pflanze direkt im Freiland wachsen, bietet sich die Aussaat eher Ende März an.

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April: Erbsen aller Art können ab April direkt ausgesät werden, wobei sich die Aussaatzeiten je nach Sorte etwas unterscheiden: Schalerbsen könne bis Mitte März gesät werden, Markerbsen und Zuckererbsen Ende Juni.

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Mai: Ab Mitte Mai können Kürbisse direkt ins Beet gesät werden. Allerdings sollte man junge Kürbispflanzen vor Schnecken schützen, da sie bei diesen sehr beliebt sind.

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Juni: Radieschenpflanzen brauchen ausreichender Abstand voneinander, damit die Wurzeln genügend Platz haben, um sich zu entwickeln. Radieschen können von Frühjahr bis Ende August gesät werden.

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Juli: Feldsalat kann von Juli bis September oder zwischen Februar und März gesät werden. Die Pflanze benötigt einen sonnigen Ort, nimmt aber mit vielen Böden vorlieb und ist dementsprechend anspruchslos.

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August: Die Herbstsorten des Spinats können im August gesät und zwischen September und Oktober geerntet werden. Für eine Ernte im Winter kann Spinat auch noch zwischen September und Oktober gesät werden.

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September: Rucola wächst von Anfang April bis September im Freiland. Die Temperaturen sollten noch einen Wert von mindestens 15 Grad haben. Das Kraut ist einjährig, jedoch besonders Winter- und Frosthart.

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Oktober: Knoblauchzehen können zwischen September und Oktober oder im Frühjahr von Mitte Februar bis Mitte März in die Erde gesetzt werden. Wenn etwa zwei Drittel der Blätter welk sind, ist der Knoblauch reif.

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November: Basilikum kann ganzjährig im Haus gezogen werden, auch im Winter. Jedoch benötigt die Pflanze einen nährstoffreichen und ausreichend feuchten Boden und einen sonnigen Standort.

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Dezember: Kresse kann das ganze Jahr über im Haus herangezogen werden. Ihr reicht ein Plätzchen auf der Fensterbank. Im Garten lässt sich Kresse von Frühjahr bis Herbst anbauen.

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Zusätzlich zum langsamen Start empfiehlt Spencer auch einfache Pflanzen für den Anfang. Pflanzen können in sogenannte Stark-, Mittel- und Schwachzehrer unterteilt werden. Laut dem Pflanzenexperten lohnt es sich, mit Schwachzehrern anzufangen. Die brauchen weniger Nährstoffe und müssen deutlich seltener bis gar nicht gedüngt werden. "Schwachzehrer benötigen nicht so viel Zuwendung. Wasser und die richtige Stelle auf dem Balkon oder im Garten reichen schon." Zu den Schwachzehrern gehören zum Beispiel Kresse, Feldsalat, Rucola, Erbsen, Bohnen und Radieschen. "Damit habe ich auch angefangen und das macht echt Spaß, weil man schnell Ergebnisse sieht und nicht gleich wieder die Lust verliert."

Nahaufnahme einer Hand, die frische Radieschen hält

Radieschen: Optimales Anfänger-Gemüse

Radieschen etwa sind innerhalb von fünf bis sieben Tagen schon kleine Pflänzchen. Und nach etwa fünf bis sechs Wochen sind sie schon reif für die Ernte. Zu den anspruchsvolleren Starkzehrern gehören Pflanzen wie Kürbisse, Kartoffeln, Tomaten, Kohl oder Auberginen.

Finger weg vom Kohl

Anfängern rät Spencer klar vom Kohl ab. "Alles in Richtung Wirsing, Blumenkohl, Brokkoli ist zwar lecker, aber hat auch viele Schädlinge. Da verliert man schnell die Lust." Außerdem muss man oft den Standort von Kohlpflanzen wechseln, um zu verhindern, dass sie von Krankheiten befallen werden.

Gemüsebeet mit Wirsingkohl und Sellerie

Wirsing: Ein Leckerbissen nicht nur für uns, sondern auch für Schädlinge

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Mischkultur für mehr Ertrag und Schutz

Pflanzen gehören zu unterschiedlichen Familien. Es gibt zum Beispiel Doldenblütler wie die Möhre oder Kümmel, Nachtschattengewächse wie Auberginen und Kartoffeln oder Korbblütler wie Ringelblumen, Sonnenblumen oder Kopfsalate. Wer verschiedene Pflanzenfamilien nebeneinander pflanzt, hat am Ende nicht nur eine tolle, bunte Vielfalt, sondern schützt die Pflanzen auch besser vor Schädlingen. Eine sogenannte Mischkultur wächst robuster als eine Monokultur. "Wenn ich zum Beispiel eine Zwiebel neben eine Möhre setze, dann vertreiben die Inhaltsstoffe der Zwiebelgewächse die Möhrenfliege und die Möhren-Inhaltsstoffe vertreiben die Zwiebel-Schadinsekten." Spencers Tipp ist deswegen, auf einem Beet nicht nur eine Pflanze anzupflanzen, sondern direkt eine Mischkultur.

"Man kann sich das vorstellen wie eine Herdenimmunität: Je mehr Diversität, desto weniger wissen die Schädlinge, wo sie knabbern können oder was sie befallen können." Das gilt aber nicht für alle Schädlinge. Es gibt auch Schädlinge, die unterschiedliche Pflanzenfamilien befallen können und die deswegen von einer Mischkultur nicht so stark eingeschränkt werden. Auf seinen Youtube-Kanal veröffentlicht Spencer Videos mit hilfreichen Informationen zum Gärtnern.

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Weniger Gießen durch Mulchen

Hobby-Gärtnern, die nicht jeden Tag im Sommer gießen möchten, rät Spencer, den Boden zwischen den Pflanzen zu mulchen. Das bedeutet, die Erde mit organischem Material wie Stroh, Heu, Sägespäne, Rasenschnitt oder auch Hamster Einstreu abzudecken. "Dadurch verdunstet weniger Wasser, denn es kann besser vom Boden aufgenommen werden und darin bleiben."

Mulchen um einen Baum herum mit Kiefernrindenmulch

Mulchen wie hier mit Kiefernrinde schützt vor Austrocknung

Das ist für die Beete im Garten praktisch und besonders auf dem Balkon wichtig. Pflanzen in Töpfen, Kästen und Kübeln können schnell austrocknen. "Terrakotta-Töpfe sind schön und gut geeignet für Pflanzenkultivierung, aber neigen auch zur Austrocknung." Neben der Mulchschicht kann aber auch eine kleine Blühwiese auf freien Bodenflächen dagegen helfen. Auch die schützen vor Verdunstung, sind noch dazu super für Insekten und sehen schön aus. "Ein schöner Nebeneffekt vom Mulchen ist auch, dass Unkraut oder Beikraut nicht so schnell hoch kommt."

Über dieses Thema haben wir am 27.03.2024 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Aachen, 19.30 Uhr.