Fußball-Sünder unter Gläubigen: Fabians Neustart in der Christen-Liga
Ennepe-Ruhr-Kreis | Füreinander
Stand: 22.01.2025, 15:58 Uhr
Torhüter Fabian Voss schlägt im vergangenen Jahr einen Schiedsrichter nieder und wird vom Sportgericht für sechs Jahre gesperrt. Außerdem bekommt er noch zwei Jahre auf Bewährung. Unter dem Dach des Deutschen Fußballbundes darf er in dieser Zeit kein Spiel mehr machen. Und doch steht Voss wieder auf dem Platz. In der Christlichen Fußball Liga NRW. Eine Geschichte über Sünde und Vergebung.
Von Sascha Bacinski
Für Fabian Voss ändert sich am 15. Oktober 2023 alles. Der heute 33-jährige Torhüter spielt mit seinem Verein Blau-Weiß Voerde II gegen den TuS Hasslinghausen in der Kreisliga A. Nach einer umstrittenen Entscheidung des Schiedsrichters brennen bei Voss alle Sicherungen durch. Er schlägt den Schiedsrichter, die Partie wird abgebrochen, die Bilder von seinem Blackout gehen quer durch die Fußballwelt.
Fabian Voss beschreibt, wie es zu dem Angriff auf den Schiedsrichter kam
01:42 Min.. Verfügbar bis 22.01.2027.
Gewalt im Amateurfußball ist in NRW in den vergangenen Jahren zu einem ernsthaften Problem geworden. In der Saison 2022/2023 gab es laut einem Bericht der Innenministerkonferenz NRW-weit mehr als 250 Polizeieinsätze im Amateurfußball, knapp die Hälfte aller Einsätze bundesweit. In der gleichen Saison kam es deutschlandweit bei 3910 Spielen zu Gewaltvorfällen, 963 mussten aufgrund von Gewalt durch Spieler oder Zuschauer abgebrochen werden. In der darauffolgenden Saison 2023/2024 waren es laut dem Lagebild des Amateurfußballs vom DFB 3719 Gewaltvorfälle und 909 Spielabbrüche.
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Fabian Voss' Geschichte ist Teil dieser Statistik. Doch sie endet hier nicht. Kurz nach seinem Ausraster tritt Eckhard Stolz in das Leben des Torhüters. Stolz trainiert den CSV Ennepetal. CSV steht für Christlicher Sportverein. "Natürlich kam man an dem Thema mit Fabian in Ennepetal nicht vorbei. Aber zu dem Zeitpunkt fehlte uns ein Torwart. Da muss man ehrlicherweise dazu sagen", sagt Stolz heute. "Da habe ich ihn angerufen und gefragt, ob er sich vorstellen könnte, bei uns Fußball zu spielen."
"Wenn wir ihm nicht verzeihen, wer soll es sonst machen?"
Der CSV trainiert oder spielt regelmäßig im Dorma Sportpark in Ennepetal. Die Gegner in der Christlichen Fußball Liga heißen "FC Jesus", "Klang der Einheit" oder "FC Neues Leben". Und es ist ein bisschen wie ein neues Leben für Voss. Er darf hier spielen, weil die Christliche Fußball Liga eine Hobby-Liga ist und nicht zum DFB gehört. Ein kleines Schlupfloch, um der Sperre zu entgehen. "Ich bin ziemlich froh, dass ich hier weiter Fußball spielen darf", sagt Voss am Rande des Trainings.
Eckhard Stolz hat Voss zum CSV Ennepetal eingeladen
Stolz nimmt sich die Bälle und schießt seinen Torhüter warm. Es ist ein normaler Trainingsabend für den CSV. Die beiden verstehen sich gut, scherzen miteinander. Natürlich weiß der Trainer, dass einige es nicht gut finden, dass Voss nun für seinen Verein spielt. Beim DFB gesperrt, in der Christenliga ein Leistungsträger.
Verzeihen - für die Fußballer in der Christlichen Liga ein gelebter Wert
"Ich spiele in einer christlichen Fußball Liga. Wenn ich da nicht bereit bin zu vergeben, wer soll es sonst machen?", fragt Stolz mit Blick auf den damaligen Aussetzer seines Torhüters. "Wir wollten Fabian eine zweite Chance geben."
Nach seinem Faustschlag auf dem Platz bricht für Voss eine Welt zusammen. Er bereut sofort, was er getan hat. Eine Kurzschlusshandlung. Doch die Folgen sind langwierig. Er versucht, sich beim Schiedsrichter zu entschuldigen, doch der hat daran kein Interesse. Beim Sportgericht ist er reumütig, gesteht seine Tat ein und will nicht verschont werden. "Da gibt es keine Entschuldigung für und dafür stehe ich gerade", sagt Voss.
Vierstellige Geldstrafe und Sperre
Sein Bild geht durch die Presse, Kritik prasselt auf ihn ein. "Eigentlich bin ich ein recht introvertierter Typ, das geht schon sehr nah an mich ran", sagt Voss. "Beim Sportgericht bin ich in Tränen aus gebrochen und habe die Tragweite erst einmal verstanden."
Neben der Verhandlung vor dem Sportgericht muss er sich auch vor einem Zivilgericht verantworten. Leichte Körperverletzung und Sachbeschädigung. Auch hier gesteht Voss alles ein. Er erhält eine vierstellige Geldstrafe im unteren Bereich.
Eine neue sportliche Heimat
Mehr als ein Jahr ist seit dem Vorfall vergangen und Voss ist glücklich in seiner neuen sportlichen Heimat. Aber auch wer ihn nicht kennt, merkt, dass es ihm unangenehm ist, über die Sache von damals zu sprechen. Für seine Teamkollegen spielt die Vergangenheit von Voss keine Rolle mehr. Auch für sie geht es um Vergebung. "Wenn ich ihn heute anschaue, dann bringe ich die Aktion von damals mit der Person nicht zusammen", sagt Teamkollege Dominik Theis. "Ich nehme ihn als komplett sympathischen Typen wahr."
Fabian Voss findet, dass die Spieler hier anders miteinander umgehen
00:17 Min.. Verfügbar bis 22.01.2027.
Sportlich läuft es für den CSV Ennepetal übrigens gut. Im letzten Spiel vor der Winterpause gewinnt das Team mit 3:1 gegen den "Klang der Einheit" aus Bochum. Das Ziel dieses Jahr ist klar. Ennepetal will Meister werden. Und Voss positive Schlagzeilen schreiben.
Über dieses Thema haben wir auch im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Dortmund, 19.30 Uhr.