MONITOR vom 09.03.2017
"Zustand der Angst": Türkische Ex-Offiziere im Interview
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Kommentieren [1]Bericht: Andreas Spinrath, Lena Kampf
"Zustand der Angst": Türkische Ex-Offiziere im Interview
Monitor. 09.03.2017. 02:58 Min.. Verfügbar bis 30.12.2099. Das Erste.
Georg Restle: „Aber worum geht es dem türkischen Präsidenten wirklich? Nur um eine neue Verfassung oder gleich um eine geopolitische Neuorientierung der Türkei? Raus aus der NATO? Schluss mit der Westorientierung? Andreas Spinrath und Lena Kampf haben türkische NATO-Offiziere getroffen, die jetzt in Belgien Asyl beantragt haben, weil sie von ihrer eigenen Regierung verfolgt werden. Es lohnt sich, Ihnen zuzuhören.“
Brüssel. Wir treffen uns mit Menschen, die vor einem Jahr noch zur Elite ihres Landes zählten. Seit dem Putschversuch gelten sie in der Türkei als Verräter, werden verfolgt. Wie Hunderte türkische Offiziere, die bei der NATO arbeiteten, wurden sie von Erdogans Regierung entlassen und ausgetauscht.
ehemaliger Offizier (Übersetzung Monitor): „Nach den ersten Säuberungswellen ist uns klargeworden, wen man loswerden wollte: Wir sind alle in Europa und in den USA ausgebildet worden. Wir teilen Erdogans Vision der neuen Türkei nicht. Wenn du westliche Werte hast, wirst du zur Zielscheibe. Erdogan bezeichnet uns als: „türkische Terroristen-Offiziere in der NATO“.
Die ehemaligen Offiziere haben in Belgien Asyl beantragt. Nach langem Zögern haben sie und ihre Angehörigen dem Treffen mit Reportern von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung zugestimmt. Sie wollen sich erklären: Bis heute wissen sie nicht, was ihnen konkret vorgeworfen wird. Sie beteuern, nichts mit dem Putsch zu tun gehabt zu haben, sie hätten keine Verbindung zur Gülen-Bewegung. Wie aus dem Nichts seien sie verfolgt worden.
2. ehemaliger Offzier: „Links und rechts wurden Leute entfernt, ihre Namen erschienen auf Listen. Was sollen sie gemacht haben? Alle hatten Angst und haben auf die nächsten Listen gewartet. Und dann war es soweit: Ich solle zurückkommen, es gäbe Ermittlungen gegen mich.“
Erst überlegten sie, in die Heimat zurückzukehren. Was sollte ihnen drohen? Sie waren doch unschuldig. Doch immer wieder hörten sie, dass andere NATO-Offiziere, die in die Türkei flogen, festgenommen wurden. Sie hörten Berichte über Folter und Repressionen gegen Militärs. Die Offiziere blieben. Sie sehen sich als Opfer einer „politischen Säuberung“. Die NATO solle geschwächt werden - und mehr noch.
3. ehemaliger Offzier: Erdogan will die Türkei von einem säkularen Regime in eins des politischen Islams transformieren. Die Türkei soll aus der westlichen Allianz gelöst werden und in eine östliche eintreten.“
Geht es also tatsächlich darum? Um einen NATO-Austritt der Türkei? Das würde die Welt verändern. Europas Regierungen müssen jetzt erstmal abwägen, wie sie mit den Asylanträgen der Offiziere verfahren. Politisches Asyl für ehemalige Soldaten eines NATO-Partners? So oder so, eine Entscheidung mit diplomatischer Sprengkraft.
Georg Restle: „Weder die türkischen Botschaften in Berlin und Brüssel, noch die türkische Vertretung bei der NATO wollten sich auf Anfrage hierzu äußern. Wohin die Türkei unter Erdogan steuert, das werden auch wir auch künftig sehr genau im Auge behalten.“
Stand: 10.03.2017, 09:57 Uhr
1 Kommentar
Kommentar 1: Friedlich Leben schreibt am 10.03.2017, 15:05 Uhr :
Westliche Werte, NATO soll geschwächt werden, die Türkei soll aus der NATO gelöst werden und sich der östlichen anschließen, das sind alles Worte welche Bitterkeut erregen. Die vielgelobten sogenannten westlichen Werte sind meiner Meinung keine guten Werte. Sie müssten dringend reformiert werden denn Hetze, Propaganda, politische Gegner in der Öffentlichkeit diskreditieren, Staatspräsidenten fremder Länder öffentlich beleidigen, Mobilmachung der Armeen, Unruhen inszenieren, Regierungen stürzen, Kriege führen, das sind alles keine guten Werte. Jedoch unsere Gemeinschaft der "Westlichen Werten" nutzt sie. Das ist nicht gut für unsere Gemeinschaft von Staaten. Östliche Verteidigungsgemeinschaft? Ja, wenn unsere Politiker und Journalisten so weiter machen wird es bald eine östliche Verteidigungsgemeinschaft zwischen Russland, Weißrussland, kleineren Nachbarstaaten Russlands und China geben. Besser wäre es gewesen sich zu bemühen dass Russland hätte mit der NATO zusammen gearbei ...