Trump zieht durch: Staatsstreich in den USA

Monitor 13.02.2025 08:38 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Véronique Gantenberg, Julius Baumeister, Till Uebelacker

MONITOR vom 13.02.2025

Trump zieht durch: Staatsstreich in den USA

Ganze Behörden geschlossen, Tausende Mitarbeiter gefeuert, verbales Dauerfeuer gegen Justiz und politische Gegner der neue US-Präsident Donald Trump und seine Leute bauen in den USA in kürzester Zeit den Staat radikal um. Allen voran ein Mann, der selbst gar nicht gewählt wurde: Elon Musk. Er wütet durch die Bundesbehörden und reißt die Kontrolle über hochsensible Daten an sich. Experten sprechen von einem Staatsstreich. Was kann die amerikanische Demokratie dem noch entgegensetzen und was sagen diejenigen, die Trump bereits aus dem Amt gejagt hat?

Von Véronique Gantenberg, Julius Baumeister, Till Uebelacker

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Georg Restle: "Ja, der Wind dreht sich, aber wohin bewegt sich dieses Land? Weniger weltoffen, weniger vielfältig, weniger liberal?" Solche Ängste sind durchaus begründet, auch wenn man sich anschaut, was da gerade in den USA stattfindet. Wo Donald Trump und Elon Musk gerade drauf und dran sind, die Institutionen der amerikanischen Demokratie in Stücke zu schlagen. Jeden Tag hagelt es gerade neue Dekrete des US-Präsidenten. Mit der Begnadigung von Rechtsterroristen fing es an; dann folgten Verbote von Regenbogenflaggen oder der Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutz-Abkommen. Jetzt arbeiten sich Trump und Musk ins Herz der US-amerikanischen Demokratie vor. Zehntausende Beamte sollen per präsidialer Unterschrift entlassen, wichtige Institutionen dicht gemacht werden. Von einem Putsch von oben ist da längst die Rede, von einem Regimechange orchestriert aus dem Weißen Haus. Veronique Gantenberg, Julius Baumeister und Till Uebelacker."

Diese Bilder sind keine vier Wochen alt – und schon hat sich so viel verändert in den USA. Donald Trump schafft Fakten, jeden Tag, per Dekret.

Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen.

Donald Trump (Übersetzung MONITOR): "Austritt aus dem Pariser Klima-Abkommen."

Begnadigung von Rechtsterroristen.

Donald Trump (Übersetzung MONITOR): "Das sind die Geiseln, vollständige Begnadigung."

Ausstieg aus der Weltgesundheitsorganisation

Donald Trump (Übersetzung MONITOR): "Uh, das ist eine große Sache!"

In nur 25 Tagen hat Trump über 60 Dekrete unterzeichnet. Regiert er einfach ohne Kontrolle, ohne Parlament?

Blake Emerson, Verfassungsrechtler, University of California (Übersetzung MONITOR): Trump hat in kürzester Zeit zahlreiche Dekrete erlassen, die weit über die Grenzen des Rechts hinausgehen und die Verfassungsordnung umgehen. Die Strategie ist offenbar, so die Sicherheitsschranken der Verfassung auszuschalten."

Ein Präsident, der die Kontrollsysteme ausschalten will, um durchzuregieren. Auf dem Weg, den Staatsapparat unter seine Kontrolle zu bringen, setzt Trump besonders auf einen Mann.

Donald Trump, 19.01.2025 (Übersetzung MONITOR): "Wir schaffen ein neues Ministerium für Regierungseffizienz, geleitet von Elon Musk."

Elon Musk, der reichste Mann der Welt, soll jetzt die Behörden in den USA kontrollieren. Weil Trump es so will. Wie muss man sich das vorstellen?

Blake Emerson, Verfassungsrechtler, University of California (Übersetzung MONITOR): "Musk leitet ein Team, das wohl sehr wichtige politische Entscheidungen trifft. Sie schaffen Programme in Behörden ab, streichen Budgets und feuern sogar Regierungsbeamte."

Hochrangige Beamte entlassen: Kontrolleure wie ihn: Mark Greenblatt. Sechs Jahre lang war er Generalinspekteur im Innenministerium. Hat hier Betrug und Verschwendung aufgedeckt – bis zum 24. Januar.

Mark Greenblatt, ehem. Generalinspekteur des US-Innenministeriums (Übersetzung MONITOR): "Es war abends, halb acht, ich hab mein Arbeitshandy angemacht und da war eine Mail vom Weißen Haus. Mir ist das Herz in die Hose gerutscht. Und dann habe ich das hier gelesen.

Zitat: "Lieber Mark, im Namen von Präsident Donald J. Trump teile ich Ihnen mit, dass Sie aufgrund veränderter Prioritäten als Generalinspekteur des Innenministeriums gekündigt sind, und zwar ab sofort. Danke für Ihren Dienst."

Mark Greenblatt, ehem. Generalinspekteur des US-Innenministeriums (Übersetzung MONITOR): "Diese zwei Sätze – per Mail – das war sehr krass. Ich habe erstmal gebraucht, um zu verstehen, was da gerade passiert."

Allein an diesem Abend feuert Trump 17 Generalinspekteure. Die wichtigsten Kontrolleure der Bundesregierung. Einfach so, vorbei am Kongress.

Mark Greenblatt, ehem. Generalinspekteur des US-Innenministeriums (Übersetzung MONITOR): "Ist das legal? Hält er sich an die Vorgaben für Generalinspekteure? Nein, absolut nicht. Es ist wie eine Enthauptung des Kontrollsystems. Wenn Trump wirklich will, dass es eine widerstandsfähige Kontrolle gibt, warum feuert er uns dann? Ich denke, er will die Bundesregierung umbauen, bis daraus etwas ganz anderes geworden ist."

Den Staat radikal umbauen – ein neues Amerika: All das war schon lange geplant, im sogenannten Project 2025. Ein Drehbuch für Trumps zweite Amtszeit. Darin heißt es:

Zitat: "Unser Ziel ist es, eine Armee von angepassten, überprüften, geschulten und vorbereiteten Konservativen aufzustellen, die sich ab Tag eins an die Arbeit macht, um den administrativen Staat zu zerlegen."

Thomas Zimmer ist Historiker und lehrt in Washington. Was passiert da gerade in den USA?

Thomas Zimmer, Historiker, Georgetown University: "Der passende Begriff für das, was hier passiert, ist eine Säuberung der Beamtenschaft nach ideologischen Kriterien. Es geht um das, was wir vielleicht Regimewechsel nennen würden. Also es geht ganz grundsätzlich darum, die politische Ordnung selber umzugestalten.

Die politische Ordnung, das System umgestalten. Dafür lässt Trump jetzt auch ganze Behörden einstampfen. Wie hier die USAID – die zentrale Behörde für weltweite Entwicklungs-zusammenarbeit. Projekte in über 130 Ländern – Bildung, Nothilfe, Impfprogramme. Trotz Kritik: Viele Menschen weltweit sind auf USAID angewiesen. Bis vergangene Woche hat sie hier gearbeitet – Kristina Drye. Bis Musks Männer kamen.

Kristina Drye, ehem. Mitarbeiterin USAID (Übersetzung MONITOR): "Am Freitag, bevor die USAID komplett dichtgemacht wurde, rannten Musks Leute im Gebäude rum. Eine Gruppe von jungen Männern, sie waren bis spät in die Nacht hier. Am nächsten Morgen dann waren unsere Websites abgeschaltet. Und am Samstagnachmittag hatte ich keinen Zugang zu meinen Daten mehr."

Dann wird ihr per Mail gekündigt. Nur noch 600 von weltweit über 10.000 Mitarbeitern dürfen vorerst bleiben. Nahezu alle Hilfsprogramme sind eingestellt.

Kristina Drye, ehem. Mitarbeiterin USAID (Übersetzung MONITOR): "Dieses Ausmaß, die Geschwindigkeit, die Wucht und Grausamkeit dieser Politik, hätten wir uns alle niemals vorstellen können."

Eine Behörde von heute auf morgen eingestampft – und wieder am Kongress vorbei. Und Musks Leute nehmen sich weitere zentrale Behörden vor, unter anderem das Amt für Personalverwaltung, die Verbraucherschutzbehörde, das Finanzministerium. Auch zum Bildungsministerium verschaffen sich Musk und seine Leute Zugang. Und lassen dann offenbar niemanden mehr rein.

Mann (Übersetzung MONITOR): "Elon kann reingehen, seine Handlanger können reingehen, aber nicht die Vertreter des Volkes."

Nicht einmal Kongressabgeordnete kommen noch in dieses Ministerium.

Blake Emerson, Verfassungsrechtler, University of California (Übersetzung MONITOR): "Was wir sehen, ist ein System von Rechtsbrüchen wenn es um zentrale staatliche Aufgaben geht."

Aber wenn der Präsident und Musk hier Recht brechen – müssten dann nicht die Gerichte handeln? Tatsächlich haben Richter einige Entscheidungen vorerst gestoppt. Davon will sich Donald Trump aber nicht aufhalten lassen.

Moderator (Übersetzung MONITOR): "Bremst das Ihre Pläne aus?"

Donald Trump, US-Präsident (09.02.2025) (Übersetzung MONITOR): "Nein, ich bin damit nicht einverstanden. Zu 100 Prozent. Ich halte das für verrückt."

Trumps Vize-Präsident JD Vance stellt sogar die gesamte Gewaltenteilung infrage.

Zitat: "Richter dürfen die legitime Macht der Exekutive nicht kontrollieren."

Blake Emerson, Verfassungsrechtler, University of California (Übersetzung MONITOR): "Das wäre eine fundamentale Abkehr vom geltenden Verfassungsrecht in diesem Land. Es würde zu einem neuen System führen, in dem der Präsident die alleinige Macht, hat so zu handeln, wie er will."

Thomas Zimmer, Historiker, Georgetown University: "Was würden wir dann sagen, wenn irgendwo in anderen Teilen der Welt jemand an die Macht kommt, der sagt, Recht, Gesetze und Verfassung gelten für mich nicht. Ich setze den Volkswillen um und deshalb säubere ich die Beamtenschaft und ersetze die Beamten mit ideologischen Loyalisten. Teile der Regierung, die mir unliebsam sind, die, die, die mache ich einfach dicht und ich installiere meine Loyalisten überall in der Regierung. Dad hätten wir gar kein Problem um zu verstehen und auch zu erkennen, was das eigentlich ist, was da passiert, wir würden es eben als – autoritären, vielleicht sogar diktatorialen Angriff auf Demokratie und Rechtsstaat beschreiben."

Was wäre, wenn das, was hier gerade passiert, auch woanders passiert? Und wer weiß, vielleicht sind auch wir davon gar nicht mehr so weit entfernt.

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Stand: 13.02.2025, 22:30 Uhr

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52 Kommentare

  • 52 Oma 04.03.2025, 21:27 Uhr

    Scheinbar aus „Trotz“ heraus nach dem Gedanken „Dem Trump werden wir es nun zeigen wer die größere Macht hat“, weil der neue US-Präsident über die ...weiterlesen

  • 51 Opa 04.03.2025, 21:01 Uhr

    Ein Bedrohungs-Szenarium durch die „Russische Föderation“ wird uns nun täglich durch die journalistischen Medien „eingehämmert“. Unsere politischen ...weiterlesen

  • 50 Fritz 04.03.2025, 20:26 Uhr

    Den Kriegswillen der Biden-US-Demokraten hat nun nachdem die US-Republikaner sich in Regierungsmacht befinden die EU-Führung übernommen. Sie zerren ...weiterlesen