Bericht: Lutz Polanz, Kim Otto, Achim Pollmeier
Georg Restle: „Wie genau kontrollieren Sie eigentlich Ihre Stromrechnung? Vielleicht haben Sie sich ja auch schon mal darüber gewundert, dass Sie Jahr für Jahr immer mehr bezahlen müssen, obwohl Sie eigentlich immer weniger Strom verbrauchen. Das hat eine Menge mit den sogenannten Netzentgelten zu tun. Geld, das Sie den Stromnetzbetreibern zahlen müssen, damit der Strom vom Kraftwerk in Ihre Steckdose kommt. Diese Entgelte sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen, weniger wegen der Energiewende, sondern schlicht deshalb, weil einige der Netzbetreiber damit traumhafte Gewinne machen - und das auch noch mit Billigung des Staates. Lutz Polanz und Kim Otto über leicht verdientes Geld auf Ihre Kosten.“
Inge Mäurer hat es nicht leicht. Sie ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern und arbeitet Vollzeit. 1.900,00 Euro verdient sie - brutto. Da muss sie buchstäblich an jeder Ecke sparen, gerade auch beim Strom.
Inge Mäurer: „Ja, wenn ich hier an der Arbeitsplatte arbeite, dann mache ich mir nur hier unten diese kleine Unterlampe an. Dann brauche ich das große Licht nicht zu benutzen. Da sind zwar sparsame LED-Birnen drin, aber die Lampe braucht deutlich weniger Strom.“
Doch Inge Mäurer kann Strom sparen, wie sie will. Die Rechnung fällt trotzdem nicht niedriger aus. Vor allem ein Posten ärgert sie besonders: Die Netzentgelte. Allein in den letzten beiden Jahren stiegen sie auf fast 200,00 Euro.
Inge Mäurer: „Ich ärgere mich ganz schön darüber, dass die Netzentgelte immer steigen, obwohl ich versuche, Strom zu sparen. Und letztendlich kommen wir auf keinen grünen Zweig.“
Es geht um das Kleingedruckte in unseren Rechnungen. 40 Millionen Haushalte in Deutschland zahlen Netzentgelte, damit Strom und Gas zu ihnen nach Hause kommen, durch Kabel und Leitungen. Inzwischen machen die Netzentgelte schon ein Viertel der gesamten Stromrechnung aus. 2011 zahlte jeder Durchschnittshaushalt noch rund 200,00 Euro, in diesem Jahr sind es schon 247,00 €. Netzbetreiber sind Monopolisten, haben keine Konkurrenz. Niemand verlegt ein neues Strom- oder Gasnetz da, wo schon eins ist. Deshalb kann sich auch kein Verbraucher seinen Netzbetreiber aussuchen. Damit die Netzbetreiber ihr Monopol nicht ausnutzen, hat der Gesetzgeber ihre Gewinne gedeckelt. 9,05 Prozent Rendite auf ihr eigenes Kapital - maximal. Die sogenannte Eigenkapital-Rendite.
Niels-Sönnick Schnoor, Verbraucherzentrale Bundesverband: „Diese 9,05 % Eigenkapitalrendite sind zu hoch. Also wenn man sich anschaut, was man sonst am Kapitalmarkt verdient momentan. Die Zinsen sind ja sehr niedrig, dann ist das bei einem so risikolosen Geschäft wie dem Netzbetrieb eindeutig zu hoch.“
Also ohnehin schon eine Menge Geld. Doch tatsächlich erwirtschaften viele Netzbetreiber laut Bilanzen noch viel höhere Renditen. 2014 erzielte etwa die Helmstädter Avacon AG 39,1 %, die Bayernwerk 42,9 % und die EWE Netz GmbH in Oldenburg 84 % Eigenkapitalrendite. Zuständig für die Kontrolle und die Berechnung der Netzentgelte ist die Bundesnetzagentur in Bonn. Sie hat eine Studie in Auftrag gegeben. Danach liegen die Eigenkapitalrenditen im Stromnetz auch im Durchschnitt deutlich über der gesetzlichen Deckelung von 9,05 %, nämlich bei 14,4 %. Erstaunlich. Von überhöhten Renditen will man bei der Bundesnetzagentur trotz der eigenen Studie nichts wissen. Denn man hat hier eine ganz eigene Berechnungsmethode, mit eigenen gesetzlichen Regeln.
Fiete Wulff, Bundesnetzagentur: „Methoden, die da verwendet werden, weichen in vielerlei Hinsicht von handelsrechtlichen Platzierungsvorschriften ab. Zum Beispiel werden ganz andere Abschreibungsdauern angesetzt.“
Und nach dieser Berechnungsmethode seien die Renditen der Netzbetreiber gar nicht so hoch. Wie hoch die Zahlen tatsächlich sind, das will uns die Bundesnetzagentur trotz mehrfacher Nachfrage nicht sagen. Eigene Berechnungsmethode - verheimlichte Zahlen. Für Wissenschaftler wie den Energieexperten Uwe Leprich ist das alles nicht nachvollziehbar. Für ihn liegen die Renditen der Netzbetreiber jedenfalls deutlich zu hoch, zu Lasten der Verbraucher.
Uwe Leprich, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes: „Ich gehe davon aus, Größenordnung 200 bis 300 Millionen Euro werden zu viel gezahlt, weil die Renditen nicht angepasst wurden, nach unten die Verzinsung nicht angepasst wurde, und das ist ärgerlich für den Verbraucher, das muss nicht sein. Also eine funktionierende, gute Regulierung würde an der Stelle diese Überrenditen abschneiden.“
Hunderte Millionen Euro zu viel - jedes Jahr. Wie viel genau, kann niemand sagen. Denn die Zahlen der Netzbetreiber und die Berechnung ihrer Renditen bleiben unter Verschluss, sind für keinen einsehbar. Die Bundesnetzagentur veröffentlicht nur einen Bruchteil ihrer Entscheidungen. Und wenn überhaupt, dann ist fast alles geschwärzt. Um Betriebs-und Geschäftsgeheimnisse der Netzbetreiber zu schützen.
Niels-Soennick Schnoor, Verbraucherzentrale Bundesverband: „Die stehen mit niemandem im Wettbewerb und das Argument zu sagen, wir geben unsere Daten nicht raus, die müssen geschützt werden, ist natürlich absurd. Vor wem sollen sie geschützt werden? Also was für Geheimnisse haben denn die Netzbetreiber da?“
Geheimniskrämerei zu Lasten der Strom- und Gaskunden. Zuständig ist Bundeswirtschaftsminister Gabriel. Er lässt mitteilen, das Ministerium arbeite an einer neuen Verordnung. Darin werden zwar mehr Daten und mehr Transparenz versprochen. Allerdings weiter
Zitat: „… unter Beachtung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Netzbetreiber.“
Die bleiben tabu.
Niels-Soennick Schnoor, Verbraucherzentrale Bundesverband: „Diese Geheimnistuerei muss ein Ende haben. Wir brauchen mehr Transparenz, um tatsächlich auch öffentliche Nachvollziehbarkeit der Regulierung zu gewährleisten.“
Undurchsichtige Berechnungen, geschwärzte Dokumente, fürstliche Renditen. Bezahlen muss das alles der Verbraucher, jedes Jahr mehr, und ein Ende ist nicht in Sicht.
Kommentare zum Thema
Bei 40 Mio. Haushalten in Deutschland und 300 Mio. Euro zu viel gezahlten Netznutzungsentgelten errechne ich 7,5 Euro pro Haushalt pro Jahr. Die ganze Diskussion um die Energiewende ist leider sehr ideologiebehaftet. Richtig ist, die Energiekosten werden weiter steigen. Und sehen soll die neuen Trassen auch keiner. Während ein 1 km Freileitungstrasse ca. 1 Mio. Euro kostet, liegen die Kosten bei einer Erdverkabelung um Faktor 5 bis 10 höher.
ich würdemich mal freuen, wenn Monitor mal die Kostenrechnungen der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten auf den Prüfstand stellen würde, aber daran gehen sie bestimmt nicht.
Um auf die Frage zu antworten, was man als kleiner Bürger unternehmen kann: Einmal selbst Recherchieren und sich mit dem Thema auseinander setzen und nicht gleich alles glauben, was gesagt wird! Wie in vorherigen Kommentaren erwähnt wurde, werden hier Äpfel mit Birnen verglichen!