Georg Restle: "Wie viel Geld braucht man, um ein Leben in Würde zu leben? Über diese Frage tobt in Deutschland seit Monaten ein hässlicher Streit auf dem Rücken der Bedürftigsten im Land. Die Debatte ums Bürgergeld dürfte noch bis zu den Landtagswahlen im Herbst angefeuert werden; angeführt von den Unionsparteien, der AfD und dem Bundesfinanzminister. Von Menschen ist da die Rede, die angeblich arbeiten könnten, aber nicht wollen. Und von großen Entlastungen für den klammen Bundeshaushalt. Dabei gäbe es woanders deutlich mehr zu holen. Bei einer Bevölkerungsgruppe, die das nicht mal besonders schmerzen dürfte, mit der der Finanzminister sich aber offensichtlich nicht anlegen will. Herbert Kordes."
Köln, vergangenen Freitag. Gut 1.000 CDU-Mitglieder bereiten ihrer Parteiführung einen umjubelten Empfang; in der Regionalkonferenz zum neuen CDU-Grundsatzprogramm. Ein wichtiges Thema darin: das sozialpolitische Profil der Union.
Friedrich Merz (CDU), Parteivorsitzender, 01.03.2024: "Niemand in diesem Land muss uns erklären, wie Sozialpolitik geht. Das können wir und nicht andere."
Zitat: "Wer arbeiten kann, soll arbeiten”,
heißt es im Entwurf des Grundsatzprogramms. Arbeit sei eine
Zitat: "… solidarische Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft.”
Was viele hier darunter verstehen, das Bürgergeld muss runter, um den Druck zu erhöhen, arbeiten zu gehen.
CDU-Mitglied: "Ich glaube, dass die große Mehrheit dabei ist, die, die in dem Sinne nicht unbedingt arbeitswillig ist – zumindest nicht um jeden Preis."
2. CDU-Mitglied: "Die müssen nicht zu Hause sitzen und nix tun und dafür so viel Geld kassieren, dass sich die Arbeit nicht mehr lohnt, das geht doch nicht."
3. CDU-Mitglied: "Sonst können wir uns das alles überhaupt nicht mehr erlauben. Und das ist – glaube ich – wichtiger als Kuschelkurs mit Bürgergeld."
Aber ist es tatsächlich so, dass viele Menschen Arbeit ablehnen oder sogar ihre Jobs kündigen, weil das Bürgergeld angeblich so hoch ist? Das müsste sich an den jüngsten Zahlen zeigen, denn im Januar wurde das Bürgergeld um zwölf Prozent erhöht.
Nürnberg, vor einer Woche. Andrea Nahles – Chefin der Bundesagentur für Arbeit – präsentiert die Arbeitsmarktzahlen für Februar. Wir fragen: Sind nach der Erhöhung tatsächlich mehr Menschen vom Job ins Bürgergeld gewechselt?
Andrea Nahles, Bundesagentur für Arbeit: "Ich kann generell ausschließen, dass es einen Sprung aus der Arbeit ins Bürgergeld gibt, das können wir nicht beobachten. Wir haben so wenig Abgänge aus Arbeit ins Bürgergeld, wie seit 2015 nicht mehr."
Saisonbereinigt sank die Zahl erwerbsfähiger Bürgergeld-Beziehender demnach sogar – um 12.000 allein im Februar. Trotzdem geraten sie immer wieder ins Visier – auch von Teilen der Bundesregierung. Christian Lindner versuchte Mitte Januar, vor den wütenden Landwirten in Berlin mit dem Thema Bürgergeld zu punkten.
Christian Lindner (FDP), Bundesfinanzminister, 15.01.24: "Es ärgert mich, dass ich vor Ihnen als dem fleißigen Mittelstand über Kürzungen sprechen muss, während auf der anderen Seite in unserem Land Menschen Geld bekommen fürs Nichtstun!"
Menschen wie sie müssen die Folgen solcher Statements ertragen: Elke Wendtland bezieht Bürgergeld. Die alleinerziehende Mutter würde gern wieder arbeiten. Sie bat uns, ihren richtigen Namen nicht zu nennen – aus gutem Grund:
Elke Wendlandt: "Von der Öffentlichkeit werden wir wirklich als Schmarotzer angesehen. Wenn ich jetzt mit auf die Straße gehe und auch zu erkennen gebe, dass ich in den Bürgergeldbezug gehe, kommt natürlich auch so … wo bist du denn krank, das ist doch gar nicht zu sehen, dass du krank bist? Warum, du siehst aus, als wenn du arbeitsscheu bist? Du hast doch nur keinen Bock zu arbeiten."
Elke Wendtland machte eine Ausbildung zur Erzieherin, als sie vor einigen Jahren plötzlich zwei Familienangehörige verlor. Ein Schicksalsschlag, der sie aus der Bahn warf. Noch immer ist sie in Behandlung. Nach Kranken- und Arbeitslosengeld rutschte sie ins Bürgergeld – damals noch Hartz-IV. Wer sich – anders als sie – konsequent weigert, zu arbeiten, soll von den Jobcentern indes künftig härter sanktioniert werden: Für bis zu zwei Monate soll ihnen die Hilfe zum Lebensunterhalt gestrichen werden. Der Bundesregierung geht es dabei nicht nur um Disziplinierung – sie will Geld sparen. Die schärferen Sanktionen stehen im aktuellen Haushaltsfinanzierungsgesetz. 170 Millionen Euro Einsparungen verspricht die Bundesregierung infolge der härteren Strafen. Doch wie realistisch ist dieses Ziel?
Marcel Fratzscher, Präsident Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung:"Die Sanktionen gegen Totalverweigerer im Bürgergeld – so richtig sie auch sein mögen – werden dem deutschen Staat kaum Geld einsparen. Also die 170 Millionen Euro Einsparung, die die Bundesregierung vorgegeben hat, werden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden können, sondern die Summe wird deutlich geringer sein."
Wir rechnen nach, zwischen April und September vergangenen Jahres bezogen im Schnitt 1,7 Millionen arbeitslose, erwerbsfähige Menschen Bürgergeld. Im gleichen Zeitraum verhängten die Jobcenter gut zehntausendmal Sanktionen gegen Bürgergeld-Bezieher, die sich trotz Angebot weigerten, zu arbeiten. Der Anteil der so genannten Totalverweigerer ist demnach sehr klein. Rechnet man die 10.000 aufs Jahr hoch und geht von 20.000 Sanktionen pro Jahr aus, würde der Staat damit maximal 22,5 Millionen Euro im Jahr einsparen – rund 0,005 Prozent des Bundeshaushalts.
Marcel Fratzscher, Präsident Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: "Das, was die Bundesregierung hier macht, ist ein populistisches Ablenkungsmanöver, indem behauptet wird, der Schlüssel für Einsparungen beim Staat liege bei den Sozialleistungen und beim Bürgergeld. Sehr viel mehr Potenzial liegt darin, andere … anderen Missbrauch zu bekämpfen. Und hier wissen wir, dass gerade bei Hochvermögenden Steuervermeidung – was legal ist – aber Steuerhinterziehung – was illegal ist – ein ungleich größeres Problem ist."
Die Deutsche Steuergewerkschaft mit ihrem Chef Florian Köbler sieht das genauso und verweist auf die sogenannten Einkommensmillionäre.
Florian Köbler, Deutsche Steuergewerkschaft: "Der Staat lässt im Bereich der Einkommensmillionäre jährlich Millionen liegen. Und das liegt einfach daran, dass die Prüfungsdichte zu gering ist."
Gut 15.000 solcher Einkommensmillionäre gibt es in Deutschland. Sie verdienen jährlich ein Vermögen aus Arbeit, Aktienrenditen, Vermietungen und weiteren Einkünften. Sie häufiger zu prüfen, fordert der Bundesfinanzminister allerdings nicht – und auch nicht die Union. Dabei ist bei den Reichen tatsächlich deutlich mehr zu holen als bei den Bürgergeld-Empfängern – wie die Zahlen zeigen. Den 22,5 Millionen Euro, die man durch schärfere Sanktionen beim Bürgergeld einsparen könnte, steht nämlich ein deutliches Einnahme-Plus durch die Steuerprüfungen bei Einkommensmillionären gegenüber: Steuerprüfer holten damit allein 2022 94,6 Millionen Euro zusätzlich in die Staatskasse, obwohl die Prüfquote nur bei knapp 6 Prozent liegt. Würde man die Prüfquote deutlich erhöhen, wären potenziell mehrere 100 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr drin. Doch statt mehr zu prüfen, wird bei den Einkommensmillionären immer weniger geprüft – die Prüfquote sank in den letzten Jahren um mehr als die Hälfte.
Florian Köbler, Deutsche Steuer-Gewerkschaft: "Im Idealfall wäre es so, dass Einkommensmillionäre jährlich geprüft werden. Die Mehrergebnisse in den Fällen, die sich auf einen sechsstelligen Betrag pro Fall im Schnitt belaufen, zeugen ja auch davon, dass jeder Prüfer, der hier über ein paar Tage eingesetzt wird, sich doppelt und dreifach rechnet."
Bürgergeld-Beziehende werden dagegen mehrfach im Jahr per automatisiertem Datenabgleich gecheckt, damit sie keinen Cent zu viel kassieren. Elke Wendtland findet die ganze Debatte unerträglich. Sie selbst sei noch nie sanktioniert worden, sagt sie. Sie hat sich zwischenzeitlich sogar fortgebildet.
Elke Wendtland: "Was ich mir wünschen würde, wäre, wenn die Politiker*innen nicht irgendwelche Schlagworte in den Ring werfen, was es uns natürlich noch schwieriger macht. Ich muss mich verteidigen, warum ich im Bürgergeldbezug bin, obwohl ich es gar nicht möchte, weil die Geschichte geht normalerweise keinen was an."
Dass sie alleinerziehend ist, macht es noch schwerer, einen Job zu finden. Doch sie hofft, ihre Ausbildung zur Erzieherin so bald wie möglich fortsetzen zu können, die sie wegen ihrer Krankheit unterbrechen musste.
Georg Restle: "Dass Bürgergeldempfänger keine Lobby haben, ist das eine. Dass Politiker sie für ihren Wahlkampf missbrauchen das andere. Und gewählt wird in diesem Jahr ja noch reichlich."
Kommentare zum Thema
Wer in D noch arbeitet, ist ja nach Auffassung der hipen Grünen nicht mehr zeitgeistmäßig upto date , nicht normal, krank; der Doofe , konkret: meschugge und ist daher latent von der Zwangseinweisung in die Klappsmühle bedroht ! Wer also den Job hinschmeißt, zum Jobcenter geht und Bürgergeldstütze beantragt , hat im Sinne der grünen Lehre daher alles richtig gemacht. Wer wiil sich schon permanent vorwerfen lassen, daß er krank sei, also Notwehr in D sozusagen.
Auch für den Kapitalismus gilt: Nach oben buckeln, nach unten treten.
Was wäre, wenn Unionspolitiker*innen sich mal für Experiment hergäben und auf unbestimmte Zeit diese unglaublich "hohen" Bürgergeldbeträge bezögen? Da käme manch eine*r auf die real existierende Welt. Eine Frechheit ist es, diesen Menschen pauschal Faulheit zu unterstellen. Ja, es mag solche geben, aber das muss nicht andauernd so betont werden um so ein falsches Bild zu malen. All denjenigen, die über Armutsbetroffene herziehen, sage ich: Es passiert oft so schnell, ganz unten anzukommen und es kaum mehr raus zu schaffen. Also, mehr Respekt vor diesen Menschen, bitte.
Sie meinen es gibt für hunderttausende von Bürgergeldempfängern keine zumutbare Arbeit ? Übrigens werden Menschen die Jahrzehntelang gearbeitet, Steuern und Versicherungsbeiträge gezahlt haben mit einer Rente von 49% des letzte Netto(EU Durchschnitt ca. 70%) abgespeist, das bedeutet für viele Altersarmut, Flaschensammeln, nach einem langen Arbeitsleben oder später ein elendes dahinvegetieren in einem Pflegeheim, nennt sich "Pflegenotstand". Davür haben unsere Volksvertreter kein Geld, dafür nicht.
Allein d. statistischen Zahlen belegen, im Vergleich m. Rumänien, Bulgarien usw, daß allein die Dt. Zahlungen .am Höchsten f. Asyla.-Bürgergeld u. Co. sind, daß dieser destruktive Zustand d. Millionen Empfänger dazu verleitet, einfach nicht zu malochen !. Das ist auch amtlich erwiesen, Die Bezieher sind einfach faul, Ausnahmen bestätigen d. Regel !. In Dänemark malochen 60 % d. Uk.Asyl., in Deutschld nur 21,8 % ,.........................! erkennst DU d. Unterschied ........! Es sind d. zig-MRD Dt. Kohle , die da verbrannt werden........In 2023 über 100 MRD + X .! Das wagt i. D. keiner zu sagen, Warum ? Hose voll, kein Rückgrat + Charakter ? Außer d. humanistische , demokratische A F D hat d. Mumm , diese exorbitante Diskepranz a. d. Tisch zu legen..... Das wurmt d. Grünen u.d. Roten i. d. Ampel., weil , es sind neutrale Fakten ,,, welche v. d. Ampel NICHT manipuliert werden können (wie z.B.Klima-Komplex) . die meustgehasste Partei sind d. Grünen, danach gleich d. Roten m. F