MONITOR vom 18.07.2019
Gegen Rechts oder doch nicht? Wie Lokalpolitiker vor einem Shitstorm einknicken
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Kommentieren [219]Bericht: Julia Regis, Adrian Breda
Gegen Rechts oder doch nicht? Wie Lokalpolitiker vor einem Shitstorm einknicken
Monitor. 18.07.2019. 06:01 Min.. UT. Verfügbar bis 30.12.2099. Das Erste. Von Julia Regis, Adrian Breda.
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Georg Restle: „Die AfD scheint am Ende eines Wegs angekommen zu sein, aber wo und wie fängt das eigentlich alles an? Wann und wie deutlich sollte man sich abgrenzen von Rassismus oder Rechtspopulismus? Wo ist der Punkt, an dem es heißt „Wehret den Anfängen“? Keine einfachen Fragen, und besonders schwierig wird es dann, wenn man es mit Freunden, Kollegen oder Geschäftspartnern zu tun hat. Oder in kleinen Kommunen, wo jeder jeden kennt. Julia Regis und Adrian Breda waren in Schwarzenbruck bei Nürnberg unterwegs, wo sich ein Gemeinderat und ein Bürgermeister sichtbar schwer damit getan haben, das Richtige zu tun.“
Schwarzenbruck in Franken. Rund 8.400 Einwohner, ein Schloss, beschauliches Fachwerk. Bekannter Unternehmer im Ort ist Klaus-Peter Weber. Einer, wie ihn sich eigentlich jede Gemeinde wünscht, er baut Wohnungen, spendet für karitative Zwecke. Zu seinem Geburtstag plante Weber sogar ein Benefizkonzert. Hier auf dem Festplatz sollte Jürgen Drews auftreten. Und die Gemeinde wollte tatkräftig mithelfen, mit Mitarbeitern und Bierbänken. Doch dann gab es Protest, denn Weber hat auch im Netz einiges zu sagen.
Peter Weber (Quelle YouTube): „Frau Merkel, erweisen Sie Ihrem Land, Ihrer Partei einen letzten Dienst: danken Sie ab.“ - „Heute ein wichtiges Thema: und zwar unser Staatsfernsehen, ARD und ZDF, in Klammern: Propaganda.“ - „Und wenn jemand hier bei uns Schutz sucht und hat ein Messer dabei, muss ich sagen, pass auf, tschüss, müssen wir uns verabschieden.“ - „Also ich halte diese Toleranz für krankhaft, dieses Verständnis - das muss ich offen sagen - und wenn mich dann jemand als Rassist oder ausländerfeindlich bezeichnet, damit kann ich gut leben.“
Für Kai-Uwe Kuwertz geht eine Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und Weber zu weit.
Kai-Uwe Kuwertz: „Ich komme aus Dresden, ich bin geboren in Dresden, lebe dort schon seit langem nicht mehr, habe aber verfolgt, wie dort Pegida groß geworden ist, wie dort Pegida zu einer absoluten Spaltung der Stadt geführt hat. Selbst in meiner Familie gibt es eine Spaltung. Und ich hatte mir immer vorgenommen, wenn ich mal in die Situation komme, wo sowas ähnliches in meinem Umfeld auftaucht, da unbedingt was dagegen zu unternehmen.“
Auch im Rathaus werden Webers Videos schließlich zum Thema. Der Gemeinderat fasst zwei Beschlüsse: Das Konzert soll nicht aktiv unterstützt werden. Und:
Zitat: „Der Gemeinderat distanziert sich einstimmig von den Inhalten der von Herrn Peter Weber geposteten Videos und Äußerungen.”
Hier könnte die Geschichte zu Ende sein. Doch Weber nimmt den Beschluss des Gemeinderats nicht hin, er sei schließlich kein Rechter, die Gesellschaft sei bloß nach links gerückt.
Peter Weber (Quelle YouTube, 08.06.2019): „Entweder gibt es eine Entschuldigung und eine hundertprozentige Rehabilitation meiner Person, meines Rufes, meiner Firma. Meine Fachanwälte sind eingeschaltet. Ich sage es ungern, aber die Möglichkeiten, die ich da habe, die werden den Betroffenen wehtun.“
Seine Möglichkeiten nutzt er - auch im Internet: „Schämt euch!”, schreibt er an die Gemeinde. Und ruft seine zahlreichen Follower auf: „Bringt es in die Welt hinaus!!!” Die Weber-Anhänger liefern: „Ich hoffe, dass ihr alle untergeht.” - „Solche Menschen brauchen wir heute nicht mehr in Deutschland!” - „Wird Zeit, dass mal wieder Köpfe rollen.“ Auch ganz real gibt es Drohungen.
Martin Glienke (SPD), Gemeinderat Schwarzenbruck: „Krass, muss man allerdings sagen, sind Zettel an der Tür gewesen, bei Gemeinderäten, wo dann drauf stand, ich würde in Zukunft durch den Türspion schauen, bevor ich die Tür öffne. Also es hat, glaube ich, auch sehr viele falsche Menschen mit angesprochen.“
Lokalpolitiker Mario Rubel hat klar Stellung gegen Weber bezogen und wird besonders heftig angegriffen.
Mario Rubel, parteilos, Lokalpolitiker Schwarzenbruck: „Volksverräter. Du wirst nie wieder ruhig schlafen. Wir kriegen dich, Schluss mit lustig.“
Reporter: „Was geht einem da durch den Kopf?“
Mario Rubel, parteilos, Lokalpolitiker Schwarzenbruck: „Angst. Also, ganz, ganz simpel und kurz gefasst, es war tatsächlich Angst, nicht so sehr um mich persönlich, aber meine Familie.“
Weber sieht die Verantwortung für den Shitstorm weniger bei sich. Er habe sich ja schließlich verteidigen müssen.
Peter Weber, SBR Schwarzenbruck Immobilien: „Dann rufe ich natürlich Leute auf den Plan und ganz normale Bürger, die dann sagen, Moment, wie geht denn der mit uns um? Das sind wir doch nicht. Also wir müssen schon Ursache und Wirkung schon unterscheiden. Das heißt also, wenn jemand das so reinsetzt, dann hat das natürlich eine Kettenreaktion.“
Der Druck von rechts wirkt. Plötzlich möchten weder CSU noch SPD etwas mit ihrer eigenen Distanzierung damals in der Gemeinderatssitzung zu tun haben.
Markus Holzammer (CSU), Gemeinderat Schwarzenbruck: „Ja, man kann es fast als Blackout bezeichnen, möchte ich schon sagen. Also wir persönlich - also von der CSU - habe ich zu dem ganzen Thema nichts gesagt, weil ich seine, wie gesagt, seine Posts nicht bewerten konnte, ob da jetzt was Schlimmes dahinter ist.“
Schließlich entschuldigen sich die Fraktionssprecher und der SPD-Bürgermeister - wie gewünscht - bei Weber. Der Bürgermeister geht sogar noch einen Schritt weiter: gemeinsam mit Weber dreht er ein Video, das Weber auf seinen Kanälen einstellt.
Bürgermeister Bernd Ernstberger (aus dem Entschuldigungsvideo): „Sehr geehrter Herr Weber, lieber Peter, ich bedaure sehr, dass wir heute zu dieser Form der Erklärung greifen müssen, um Dinge richtigzustellen. In der Gemeinderatssitzung am 04.06. kam es leider zu einer Entscheidung, die ich bedauere und für die ich mich entschuldigen möchte.“
Für die Grünen im Gemeinderat völlig unbegreiflich.
Wolfgang Hubert (B‘90/Grüne, Gemeinderat Schwarzenbruck: „Für was entschuldigt man sich? Keine Ahnung, ich weiß es immer noch nicht, wir haben es immer noch nicht verstanden. Wir haben ja nicht die Person Peter Weber angegriffen, sondern uns nur von den Inhalten distanziert.“
Gewerkschafter Ulli Schneeweiß von der Allianz gegen Rechtsextremismus hält die Entschuldigung für einen Fehler, der über den Ort Schwarzenbruck weit hinausweist.
Ulli Schneeweiß, Allianz gegen Rechtsextremismus: „Das Signal, das davon ausgeht, ist, dass diese virtuelle Überlegenheit, das die extreme Rechte im Netz schon lange spürt, auch auf die reale Welt durchschlagen könnte. Also, es ist schon ein gewisses Fanal, das jetzt von Schwarzenbruck ausgehen könnte.“
Im Rathaus dagegen wünscht man sich vor allem eins: dass endlich wieder Ruhe einkehrt in Schwarzenbruck.
Georg Restle: „Ja, es ist natürlich nie einfach, wenn man plötzlich im Zentrum eines Shitstorms steht oder sogar ganz konkret bedroht wird. Was es dann braucht, ist Rückgrat und Zivilcourage. Und dass man nicht allein gelassen wird. Auch das lehrt uns die Geschichte in Schwarzenbruck.“
Stand: 19.07.2019, 12:30 Uhr
219 Kommentare
Kommentar 219: Selent schreibt am 01.03.2022, 22:09 Uhr :
Das Beispiel Pegida ist für mich nicht die Ursache der gesellschaftlichen Spaltung, sondern vielmehr dessen Ergebnis. Da wo die Medien es nicht mehr schaffen, auch die Meinung von Peter Weber und oder Pegida in den Diskurs miteinzubeziehen, bzw. selbigen das Gefühl des Ernstgenommenwerdens vermitteln, suchen diese sich andere Mittel und Wege, ihre Ansichten kundzutun. Ein journalistisches Niederschreiben wird diesen Prozess nicht aufhalten sondern nur bestärken. Diese Menschen sind Teil unserer Gesellschaft. Wenn wir die Spaltung überwinden wollen, müssen wir mit ihnen in Beziehung gehen und sie da abholen, wo sie stehen.
Kommentar 218: Ex Urban schreibt am 23.08.2020, 10:52 Uhr :
Immerhin wurde Peter Webers 'Hallo Meinung' kürzlich die mit Steuervorteilen verbundene Gemeinnützigkeit aberkannt. Weber betreibt Politik, nationalistische. Das erlaubt unser politisches System, hat aber nichts mit gemeinnützig zu tun.
Kommentar 217: Steuerzahler schreibt am 20.08.2020, 16:01 Uhr :
Wenn man von ganz links in die gesunde Mitte blickt, erscheint diese dem Dummen sehr weit rechts. Der Kluge erkennt jedoch wie weit er nach Links gerückt ist.
Antwort von Ex Urban , geschrieben am 23.08.2020, 10:56 Uhr :
Dem, der eine andere Meinung hat, Dummheit zu unterstellen, ist nicht klug. Es lässt vielmehr arumentative Defizite vermuten.
Kommentar 216: O.Graul schreibt am 29.02.2020, 00:25 Uhr :
Werter Herr Restle Ich muß mich schon einige Zeit mit ihren unqualifizieren Kommentaren zu zeitgeistig erwachten Menschen beschäftigen. Ich nehme an, sie werden von meinen beglückenden Zwangsgebühren bezahlt. Wenn dem nicht so wäre,würden ihre Beiträge wahrscheinlich auch etwas anders aussehen. Wenn ich das Niveau beurteilen sollte, reichte es gerade mal als Vollontaire der BiILD. M.f.G.
Kommentar 215: John schreibt am 30.01.2020, 02:59 Uhr :
"Gegen Rechts oder doch nicht? Wie Lokalpolitiker vor einem Shitstorm einknicken" Demokraten müssen vor gar nichts einknicken, Politiker sollten den Bürgern zuhören und sich nicht von den Medien einschüchtern lassen. Das Framing "links gegen rechts" soll nur Menschen spalten.
Kommentar 214: Dietrich schreibt am 28.01.2020, 04:32 Uhr :
Aha, da haben sich also ein paar Lokalpolitiker schwer getan das "Richtige" zu tun! Na gut, dass es noch Anständige gibt, die uns sagen, was wahrhaftig richtig ist! So einfach das mit der Argumentation - wenn die Argumente fehlen. Es war schon immer einfach den elastischeren Bestandteil, die Argumentation selbst so zu verdichten, dass sie den Eindruck hinterläßt kernkompetent ein Argument zu sein. Die NN also, stets gesinnungstreu und im Geiste der 3. Lizenz unter US-Besatzung haben ihre Wurzeln nie aufgegeben!
Kommentar 213: DD = Dresden schreibt am 17.01.2020, 00:14 Uhr :
Die Reportage lässt sich einfach zusammenfassen und erklären. , wenn man sie umdreht. Eine konservative Mehrheit im Rate ist mit den links-liberalen Ansichten eines Unternehmers und Mäzens der Gemeinde nicht einverstanden und beschließt eine Distanzierungserklärung. Nachdem Teile der Gemeindevertretung diesen Weg in die Öffentlichkeit gewählt haben, antwortet der Unternehmer, indem er sich ebenfalls an die Öffentlichkeit über ein Streaming-Portal wendet, was dann wiederrum die Gegenseite dazu bewegt, den Kreis der Öffentlichkeit nochmals zu erweitern, durch die Hinzuziehung des Fernsehens. Eine reine Possenkomödie, angestoßen von Teilen der Gemeinde, nicht vom Unternehmer. In Dresden geht das Leben übrigens ganz normal weiter.
Kommentar 212: Birgit Noack schreibt am 10.01.2020, 20:02 Uhr :
Ein Peter Weber aus Nürnberg macht jetzt Hallo Meinung auf Facebook, 94000 vertrauen ihm. Er ähnelt ihm inhaltlich wie äußerlich.
Antwort von A.Smith , geschrieben am 16.01.2020, 17:14 Uhr :
Das ist auch der gleiche Peter Weber! Nach außen hin gibt er sich parteilos aber alle seine Bestrebungen gehen in richtung AfD und daher stramm nach rechts! Hallo Meinung ist ein Bauernfängerprinzip wo jeder "besorgter" Bürger seine Meinung sagen darf! Natürlich ist jede "Meinung" immer gleich: Gegen die Bundesregierung, Ausländer/Flüchtlinge und natürlich: Es gibt ja keine Meinungsfreiheit in Deutschland!
Antwort von Erika , geschrieben am 24.01.2020, 20:42 Uhr :
A. Smith, ... eine glanzvolle Analyse/Beschreibung von Dir. Applaus! Alle sind laut Deiner "dort' Afd, alle rechts, alle haben die selbe Meinung, alle sind dumme Bauern die vom Bauernnetz eingefangen wurden. Du bist also ein ganz Schlauer, mit der wahren richtigen Meinung? Dann stehst Du also ein für: Altersarmut, misserable Pflege, misserables Bildungssystem, Freiheit für Araberclans, noch mehr Steuerabgaben, verdummungs TV, Politiker Phrasen, unkontrollierte Grenzen und Happy Houer für alle neuen Bürger, u.a. trotz eigener Obdachlosigkeit und Kinderarmut im Land? Das ist in Deiner Weltanschauung normal? Prima! Schön für Dich, werde glücklich! Aber unterlasse diese unterbelichteten Betitelungen gegen Jene, die nicht Deine abstruse Meinung und Weltanschauung teilen. Du möchtest doch mit Deiner Meinung schließlich auch nicht als Linksfaschist betitelt werden oder? Tz, tz, tz;
Kommentar 210: auch ein Weber schreibt am 06.01.2020, 12:27 Uhr :
Dieses Reportageformat ist mal wieder typisch für die ARD , wer keine Ahnung vom großen Ganzen hat , der sieht was er sehen soll Propaganda vom Feinsten. Eine Schmierenkomödie vom allerfeinsten die aber auf dem absterbendem Ast sitzt. Und an alle so genannten Journalisten , Brot lose Kunst so nennt man das was einer macht und sich nicht davon ernähren kann. Ein Schicksal was euch in nicht all zu ferner Zukunft ereilen wird.
Kommentar 209: Robert schreibt am 03.01.2020, 08:36 Uhr :
Sie sollten aber auch erwähnen, dass Ihre Interwiepartner den Grünen zugerrechnet werden müssen. Herr Kuwertz als Mitglied bzw. Herr Rubel als parteiloser Bürgermeisterkanditat von den Grünen unterstützt. Diese Informationen sind immer von Interesse um die Aussagen Ihrer Interwiepartner richtig einschätzen zu können. Wenigsten war bei Herrn Schneeweiß der politische Standpunkt klar zu erkennen!
Kommentar 208: HEINZ schreibt am 01.01.2020, 21:52 Uhr :
Also der Linke Meinungsfaschismus der zur Zeit hier bei uns im Land abgeht ist nicht mehr tragbar . Jede Kritische Stimme wird sofort als Nazi diffamiert das ist wohl alles andere aber nicht die doch vom System so hoch gelobte Demokratie !
Antwort von Sabine , geschrieben am 07.01.2020, 23:07 Uhr :
Leider hat das gepostete meistens nichts mit Kritik zu tun. Es ist üble Hetze, Andersdenkende werden verbal bedroht und beschimpft. Und wenn eben, was leider oft vorkommt, eindeutig rechts gepostet wird, darf man das auch so bezeichnen. Abgesehen dass man von diese Menschen ja auch ständig als rot-grün- versifft bezeichnet wird.