Georg Restle: "Die furchtbaren Bilder des zerstörten Kinderkrankenhauses in Kiew, sie haben die Welt in dieser Woche wieder daran erinnert, welch verbrecherischen Krieg Russland in der Ukraine führt. Einen Krieg, den Russland ohne Unterstützung aus dem Westen so nicht führen könnte – mit westlicher Technologie nämlich, die in vielen der mörderischen Raketen steckt. Wohl auch in einer solchen, die das Krankenhaus in Kiew traf. Eigentlich hatte die deutsche Bundesregierung versprochen, dass genau solche Exporte künftig unterbunden werden sollten. Umso mehr verwundert es, dass es ausgerechnet diese Regierung war, die eine scharfe europäische Regelung bis zum Schluss torpediert hat. MONITOR liegen vertrauliche EU-Dokumente vor, die zeigen, wie hartnäckig sich Deutschland da isoliert hat. Lara Straatmann und Julius Baumeister."
Kiew am vergangenen Montag – es war einer der schwersten Angriffe seit Kriegsbeginn. Mindestens 33 Menschen wurden getötet – darunter auch Kinder. Eine Rakete trifft die Kinderklinik Ochmatdyt. Die Trümmer verschütten die Krebsstation der Klinik – bis zum Angriff die größte des Landes. Jetzt versuchen Eltern und Ärzte, die krebskranken Kinder auf andere Krankenhäuser zu verteilen. Verantwortlich für die massive Zerstörung der Klinik soll nach ukrainischen Angaben eine russische Langstreckenrakete des Typs CH 101 gewesen sein. Am Institut für Forensik in Kiew wird die Rakete jetzt untersucht. Schon mehrfach haben die Experten hier Bauteile der Langstreckenrakete CH 101 analysiert, so erzählten sie uns bei unserem Besuch vor einigen Monaten. Und immer wieder finden sie westliche Technologie, die Russland offenbar importiert hat. Auch zwei Jahre nach Kriegsbeginn gelangt weiterhin westliche Technik in Russlands Waffenfabriken. Auch deshalb zeigte sich die deutsche Außenministerin Baerbock bei ihrem Besuch in Finnland im Juni als entschlossene Verfechterin harter Sanktionen.
Annalena Baerbock (B'90/Grüne), Bundesaußenministerin, 14.06.2024: "Wir müssen als Europäische Union den Sanktionsdruck gegen Russland weiter aufrechterhalten und wir müssen vor allen Dingen gegen die Sanktionsumgehungen, die wir in den letzten Monaten vor allen Dingen gesehen haben, stärker vorgehen."
Doch kurz danach im Juni verabschiedeten die EU-Außenminister das 14. Sanktionspaket gegen Russland. Und ausgerechnet die deutsche Bundesregierung bremste härtere Sanktionen an entscheidenden Stellen aus; das zeigen vertrauliche Dokumente, die MONITOR vorliegen. Dabei geht es vor allem um die Verschärfung bei der Umgehung von Sanktionen durch Tochterunternehmen außerhalb der EU. Die bisherigen Sanktionen gelten allein für Unternehmen mit Sitz in der EU. Viele Güter dürfen zum Beispiel deutsche Unternehmen aus diesem Grund nicht direkt nach Russland exportieren. Anders ist das für Tochterunternehmen von EU-Unternehmen in Drittstaaten, etwa der Türkei. In Drittstaaten gelten die Sanktionen nicht. Exportiert das Tochterunternehmen in der Türkei also Güter nach Russland, so haftet das Mutterunternehmen nur dann, wenn ihr aktives Mitwirken nachgewiesen wird.
Till Steinvorth, Sanktionsrechtsexperte: "Das hat die Europäische Kommission jetzt versucht zu ändern und hat gesagt, Moment, ihr habt doch eine Verantwortung für diese Unternehmen, denn ihr haltet ja die Anteile. Ihr könnt im normalen Geschäftsgang bestimmen, wie die Geschäfte im Unternehmen von statten gehen."
Die Kommission wollte nun erreichen, dass europäische Unternehmen künftig 'verantwortlich für alle Handlungen' ihrer Tochtergesellschaften sind – also eben auch für deren Exporte nach Russland. Doch bei den Verhandlungen in Brüssel blockierte ausgerechnet Deutschland diese Verschärfung von Anfang an. Der deutsche Repräsentant meldet schon zu Beginn der Verhandlungen
Zitat: "grundlegende Bedenken”
an und fordert die
Zitat: "vollständige Streichung des Artikels”.
Für die Bundesregierung ausschlaggebend: die Wahrung der Unternehmensinteressen. In den Dokumenten verweist man auf die
Zitat: "massiven und unklaren Auswirkungen auf EU-Unternehmern"
Auswirkungen für Unternehmen? Wiegt das schwerer als Zerstörung und Tod durch russische Raketen mit westlicher Technologie? Aus der Union kommt Kritik.
Roderich Kiesewetter (CDU), Auswärtiger Ausschuss des Bundestages: "Da die deutsche Wirtschaft vorzuschieben ist falsch. Die Bundesregierung muss Haltung und Orientierung zeigen und auch der deutschen Wirtschaft aufzeigen, dass es uns langfristig mehr nutzt, die regelbasierte Ordnung zu unterstützen und die Stärke des Rechts als Geschäfte um jeden Preis zu machen."
Geschäfte um jeden Preis? Die Bundesregierung bleibt dabei und blockiert die Verschärfung im Juni dieses Jahres immer wieder – über mehrere Verhandlungsrunden hinweg. Schließlich kommt die Kommissionsvertreterin Deutschland weit entgegen – und streicht die generelle Verantwortung der Muttergesellschaften für die Handlungen ihrer Tochterunternehmen aus dem Entwurf. Laut dem neuen Vorschlag muss das Mutterunternehmen sich nur
Zitat: "nach besten Kräften”
bemühen, die Exporte der Tochterunternehmen nach Russland zu unterbinden. Von einer generellen Haftung ist nicht mehr die Rede.
Till Steinvorth, Sanktionsrechtsexperte: "Ich sehe das Risiko, dass man mit dieser Regelung die Ziele nicht erreicht. Das man Umgehungen auch weiterhin sehen wird und nicht effektiv verhindern kann."
Doch Deutschland reicht selbst diese Entschärfung nicht. Bei den Verhandlungen kein Entgegenkommen von der Bundesregierung. An Deutschlands Seite ist dabei nur ein einziges Land – Ungarn. Ausgerechnet gemeinsam mit Putins Fürsprecher Orbán fordert Deutschland weiterhin die vollständige Streichung des Artikels. Doch einige Tage später will dann sogar Ungarn dem vorliegenden Sanktionspaket zustimmen – Deutschland steht jetzt offenbar komplett isoliert da. In internen Dokumenten, die MONITOR vorliegen, warnt der deutsche Repräsentant die Bundesregierung eindringlich vor einem Alleingang:
Zitat: "Damit erscheint denkbar, dass wir morgen als einziger MS dem Sanktionspaket nicht werden zustimmen können."
Doch die Warnung bleibt wirkungslos. Beim nächsten Verhandlung blockiert die Bundesregierung erneut eine Einigung. Kritik daran kommt auch aus den eigenen Reihen.
Anton Hofreiter (B'90/Grüne), Mitglied des Bundestages: "Das Beschämende und für unser Ansehen in Europa auch Schwierige war, dass am Ende selbst Ungarn bereit gewesen wäre, da mitzugehen. Und das beschädigt immer wieder unser Ansehen, insbesondere in Zentral- und Ost- und Nordeuropa."
In den Dokumenten zeigt sich, die osteuropäischen Mitgliedstaaten kritisieren immer wieder die Aufweichung des Sanktionspakets – auch Lettland. Im Interview mit MONITOR macht die Außenministerin klar, dass sie entschieden anderer Meinung als die Bundesregierung ist.
Baiba Braže, Außenministerin Lettland (Übersetzung Monitor): "Wir wollten strengere Maßnahmen. Ich will nicht detailliert auf die Formulierungen eingehen, aber wir werden uns weiter für sehr klare und strenge Maßnahmen einsetzen, um Russlands militärische Fähigkeiten zu schwächen und damit unsere Sicherheit und die der Ukraine zu stärken."
Für sie geht es um die Sicherheit ihres Landes, für Deutschland um Wirtschaftsinteressen. Vom Ziel Sanktionsumgehungen durch Tochterunternehmen zu verhindern, bleibt dem Sanktionspaket am Ende nur eine wachsweiche Formulierung übrig. Die tödlichen Exporte von Kriegstechnik für russische Raketen – sie dürfen auch künftig weitergehen.
Georg Restle: "Natürlich haben wir die Bundesregierung angefragt, warum sie da so auf der Bremse stand. Konkrete Antworten gab es keine. Nur so viel, man habe sich aktiv an den Verhandlungen beteiligt und Vorschläge eingebracht."
Kommentare zum Thema
Da sieht man mal wieder wer die wahren Putin Freunde sind. Wer hat die Energieabhängigkeit geschaffen ? Wer die Bundeswehr Wehrunfähig gemacht ? Wer destabilisiert die EU durch illegale Migration ? Wer ruiniert die Leistungsfähigkeit der Deutschen Wirtschaft ? Wem nützt das Alles ? Nicht an ihren Worten, an ihren Taten sollt ihr sie erkennen.
Im regelbasierten Kapitalismus wiegt ein Krieg für eine NATO-Mitgliedschaft schwerer als 1000 Hungertote pro Stunde.
"Frieden Schaffen ohne Waffen" Das war einst der Weg zur Abrüstung und Frieden in der BRD/Europa Davon hat sich die BRD Regierung aus Grünen-SPD FDP anscheinend verabschiedet. Hat die amtierende BRD Regierung den 2 Weltkrieg und seine folgen vergessen? Anscheinend ist es für die BRD Regierung wichtiger die Machterweiterung der USA und Nato zu Unterstützen durch massivste Kriegswaffen-Exporte und immer mehr Miliarden an Steuergeldern für die Ukraiene, anstatt auf diplomatischen Wege mit der Russischen Regierung einen Frieden auszuhandeln. Hat sich der alte mahnende Spruch aus der Friedensbewegung bewahrheitet: "Deutsche Waffen- Deutsches Geld - Mordet in der ganzen Welt"? Diese Frage zu beantworten, dazu sollte jeder frei denkende Mensch selbst im stande sein Oder sind wir schon wieder so weit? Die Kriegstreiberei muss entlich aufhören in diesem Land Gemeinsam für eine lebenswerte Friedliche Zukunft ohne Kriege/Kriegsgewinnler wie die BRD-Rüstungsindustrie und andere