MONITOR vom 21.04.2022

Putins Bombenterror: Das Leiden der Zivilbevölkerung

Bericht: Georg Restle

Putins Bombenterror: Das Leiden der Zivilbevölkerung Monitor 21.04.2022 06:11 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Georg Restle

Kommentare zum Thema, weiterführende Links und der Beitragstext als PDF

Georg Restle: "Drei Frauen, die seit über sechs Wochen im Luftschutzkeller ihres Hauses ausharren – aus Angst vor neuen Bomben und Luftangriffen. Ein Leben im Dunkeln, wenn man das überhaupt Leben nennen kann. Bilder aus Chernihiv in Norden der Ukraine; aber es könnte auch Mariupol, Charkiw oder Luhansk sein, wo Menschen seit Wochen versuchen, in ihren Kellern irgendwie zu überleben. Guten Abend und willkommen bei MONITOR!

Dieses Bild, das sie hier hinter mir sehen, zeigt die Trümmer der Zuschauertribüne des Fußballstadions von Chernihiv. Das ganze Stadion wurde von Bomben zerstört, wie auch die Schülerbibliothek der Stadt, Hotels und ganze Wohnblocks. Beweise dafür, dass Russlands Krieg gegen die Ukraine sich ganz gezielt gegen die Zivilbevölkerung richtet. Daran kann es keinen Zweifel mehr geben. Davon konnte auch ich mir in den letzten Wochen selbst ein Bild machen. Von einem Krieg, der so viele Gesichter und so viele schreckliche Geschichten hat. Wie diese Geschichte von den traumatisierten Frauen, die in einem Keller darauf warten, dass dieser Krieg endlich vorbei sein möge."

Den dritten März wird in Chernihiv niemand je vergessen. Der Tag, als hier die ersten Bomben fielen und ganze Wohnblocks in Schutt und Asche legten. Noch immer finden sie hier Leichen in zerstörten Wohnungen. Über 50 Menschen kamen allein hier ums Leben, Hunderte wurden verletzt. Volodimir hat die russischen Angriffe auf eines der Hochhäuser überlebt. Er zeigt uns die Wohnung, in der er mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn lebte.

Volodimir (Übersetzung Monitor): "Sehen Sie, dort oben im sechsten Stock befindet sich unsere Wohnung, da wo die Fensterrahmen alle herausgefallen sind."

Sie hätten gerade den dritten Geburtstag ihres Sohnes gefeiert, als die Bomben das Haus zerstörten. Pures Glück, dass sie überlebt hätten. Er führte uns hinter das Haus, um uns zu zeigen, wo die Hausbewohner den Bombenterror überlebten.

Volodimir (Übersetzung Monitor): "Schauen Sie, da unten ist der Keller. Da, wo mit Farbe 'Menschen' aufgemalt wurde."

Der Fluchtweg in den Luftschutzkeller, der vielen hier das Leben rettete. Unten im Halbdunkel treffen wir tatsächlich Menschen, die immer noch hier ausharren, sechs lange Wochen schon – aus Angst, dass es neue Bombenangriffe geben könnte, und weil sie keinen anderen Ort mehr zum Leben haben.

Natalia (Übersetzung Monitor): "Wir haben das Flugzeug gehört, aus dem die Bomben fielen. Wir haben uns so furchtbar erschrocken, das kann ich Ihnen gar nicht beschreiben. Die Leute wollten sich nur noch retten und sind geflüchtet, wohin sie eben konnten. Wie durch ein Wunder habe ich es in diesen Keller geschafft. Nur die Leute aus den weniger beschädigten Treppenaufgängen konnten sich retten. In den anderen sind die meisten gestorben."

Natalia zeigt uns, was seit sechs Wochen ihr Zuhause ist. Zu Dutzenden haben sie hier gelebt, wochenlang ohne Licht und ohne Strom. Jetzt seien es noch etwas mehr als zehn Leute, die sich hier den Tisch, das Essen und die Schlafmatratzen teilen. Der Boden ist staubig, es riecht streng, nach Moder und Schimmel. Auch Luda lebt hier unten mit ihrer Schwester, die schwer krank ist und dringend ärztliche Betreuung bräuchte. Doch daran ist zurzeit nicht zu denken. Eine Flucht Richtung Westen kam für sie nicht infrage, weil sie sich zu schwach fühlten. Die Heizkörper funktionieren nicht. Eisige Kälte herrscht hier unten im Keller. Die Pelzmäntel tragen sie deshalb den ganzen Tag über – auch nachts, während sie schlafen und die Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt liegen.

Ich wünsche so etwas niemandem, sagt Luda, die sich nur sehr selten aus dem Keller traut und froh ist, dass sie überlebt hat.

Luda: "Ich habe so etwas nicht für möglich gehalten. Jeder saß in seinem Wohnzimmer und schaute gerade Fernsehen. Auch ich war zu Hause, als hier alles explodierte. Ich habe wohl einfach Glück gehabt. Ich habe hier noch eine kleine Wunde, aber die ist schon fast verheilt. Und hier hinter dem Ohr ist auch noch eine Schwellung von dem, was geschehen ist."

Endlich wieder Kochen. Seit drei Tagen gibt es hier Strom, erzählen sie uns. Hilfsorganisationen hätten ein paar Leuchten vorbeigebracht – und frisches Gemüses für eine Suppe. Seitdem sei es etwas erträglicher hier unten. Lecker schmecke das, sagt Natalia, und alles aus frischen Zutaten!

Natalia: "Das ist alles so schrecklich! Der Krieg ist so schrecklich! Wir gehen hier herum und weinen, verstehen Sie?"

Und auch wenn hier alles gerade ganz ruhig sei, den Keller verlassen wolle sie nicht. Nicht, solange dieser Krieg nicht vorbei sei.

Kommentare zum Thema

  • B. 10.05.2022, 10:21 Uhr

    Die massiven Forderungen ukrainischer sowie unserer westlichen Politiker mitsamt ihrer journalistischen Propagandisten nach schärferen, todbringendere Waffen für die ukrainische Armee erinnern mich an das Kolosseum in Rom. Da wurden Gladiatoren (so wie heute russische/ukrainische Soldaten sich auf Befehl gegenseitig umbringen) ins Kampffeld geschickt. Verlor ein Gladiator forderten die empathielosen Zuschauer und derer politischen Herren auf den Tribünen dem zum Tode geweihten Gladiator eine neue Waffe herunterzuwerfen damit er sich verteidigen kann. Ging der Kampf ohne Tod zu Ende entschieden die Zuschauer auf der Tribüne über das Leben der zum Kampf gezwungenen Gladiatoren. Auch im Kolosseum gingen die Gladiatoren nicht freiwillig aufeinander los, es waren Sklaven und sie wurden gezwungen. Ihnen zugeworfene Waffen verlängerten den Kampf selbst und mit ihm den Todeskampf. Es hat sich heute in Betrachtung der früheren Situation nicht viel geändert. Neue Waffen verlängern Kriegsleiden.

  • F. 09.05.2022, 22:35 Uhr

    Wer immer wieder nur Waffen für die ukrainischen Politiker fordert der sollte auch auch über die Hintergründe informieren welche zu diesem schrecklichen Krieg führten. Auch dieser Krieg hat eine Chronologie. An diesem Krieg sind unsere Politiker nicht unschuldig. Einer der Hauptursachen des Krieges ist dass unsere westlichen Politiker dem russischen Staat / Volk offensichtlich kein Recht auf Selbstverteidigung zugestehen. Da können unsere Politiker darüber spotten oder nicht, mit im Vordergrund steht die Ostwärtsverlegung der NATO mitsamt der mit Atomwaffen bestückbaren Raketen an die russische Grenze. Ich denke wenn Russland in Mexiko, Kuba und andere mittelamerikanische Staaten einen russischen „Raketenschutzschirm“ aufstellt würde es den USA auch nicht gefallen. Durch den Maidan-Staatsstreich bedingt hat die USA die Ukraine in ihre Interessenssphäre gezogen. Sie hat die Ukraine seit 2014 massiv aufgerüstet und die Feindschaften gegen Russen steigernd in Richtung Krieg verschärft.

  • Forscher 09.05.2022, 22:14 Uhr

    „Hart aber fair“, da ist sie wieder diese Hetze gegen Mitmenschen (auch Russen sind Menschen). In diesen TV-Talksendungen gibt es fast nur noch Volksverhetzung. Es wird in diesen Sendungen viel von dem Recht einer Verteidigung gesprochen. Selbstverständlich hat jeder das Recht sich zu verteidigen, so auch der Staat Ukraine. Doch die Ukraine darf sich selbst ohne unsere Hilfe verteidigen. Die ukrainische Regierung hat abzuwägen ob sie es kann oder nicht. Wenn sie es nicht kann so sollte sie den Verteidigungskrieg dem Schutz, dem Leben der Menschen, der Tiere und der Natur wegen aufgeben und sofort an Verhandlungstischen einen Frieden aushandeln. Die ukrainische Regierung hat kein Recht unsere bisher in Frieden lebende Staaten in einen Krieg gegen Russland zu treiben. Ich habe keine Lust mein Leben für den Erhalt einer ukrainischen Regierung zu geben welche uns beschimpft, uns beleidigt und nur noch Forderungen an uns stellt. Ich will ich keinem Menschen Leid antun, auch keinem Russen.