MONITOR vom 03.03.2022

Löchrige Sanktionen: Putins Geschäfte mit dem Westen

Bericht: Jan Schmitt, Véronique Gantenberg, Jakob Faust

Löchrige Sanktionen: Putins Geschäfte mit dem Westen Monitor 03.03.2022 07:05 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Jan Schmitt, Véronique Gantenberg, Jakob Faust

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Georg Restle: "Solidarität mit der Ukraine. Hunderttausende waren da in Deutschland in den letzten Tagen auf den Straßen. Beeindruckende Bilder sind das, und doch stellt sich die Frage, wie viel ist uns diese Solidarität am Ende wert? Welchen Preis sind wir dafür bereit zu zahlen? Vor allem, wenn es um unsere steigenden Energiekosten geht. Klar, wenn Sanktionen Putin wirklich hart treffen sollen, dann müssen wir auf Gas und Öl aus Russland jetzt komplett verzichten. Doch genau hier greifen die Sanktionen nicht. Und genau das hat Bundeswirtschaftsminister Habeck heute nochmal ausdrücklich bestätigt. Und damit finanzieren wir Putins Krieg in der Ukraine weiter – Tag für Tag. Jan Schmitt, Veronique Gantenberg und Jakob Faust."

Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ein Bruch des Völkerrechts, auf den die EU entschlossen reagiert – mit drastischen Sanktionen gegen Russland. Die Bundesaußenministerin deutlich:

Annalena Baerbock, Außenministerin, 25.02.2022: "Wir treffen das System Putin dort, wo es getroffen werden muss. Eben nicht nur wirtschaftlich und finanziell, sondern in seinem Machtkern. Und das wird Russland ruinieren."

Der Kern von Putins Macht liegt hier, wo der Krieg weit weg ist: die schier endlosen Erdgasfelder in Sibirien. Russlands mächtige Staatskonzerne wie Rosneft, Gazprom oder Transneft spülen Milliarden in Putins Kriegskasse. Wie sehr betreffen sie die Sanktionen? Klar ist: Einige der Sanktionen wirken, viele westliche Unternehmen brechen den Handel mit Russland ab, der Rubel bricht ein. Im Zentrum der Sanktionen die russische Zentralbank, die jetzt nicht mehr an ihre Auslandsdevisen kommt, und dadurch den Rubel nicht mehr stützen kann. Doch bei Öl und Gas fließen die Devisen weiter ins Land. Ausgerechnet hier kein Embargo, keine Sanktionen seitens der EU.

Prof. Adam Tooze, Finanzexperte, Columbia University New York: "Solange Russland Öl und Gas exportieren kann, wird es einen Handelsüberschuss einfahren. Wenn man hier maximalen Druck ausüben möchte, müssen diese Einkäufe gestoppt werden."

Oder zumindest die Zahlungen, die mithilfe des sogenannten SWIFT-Systems abgewickelt werden. Zentral bei Auslandsüberweisungen, aber auch bei Rohstofflieferungen.

Prof. Michael Koetter, Ökonom, Institut für Wirtschaftsforschung Halle: "Der hundertprozentige Ausschluss aller Banken aus SWIFT würde zur Folge haben, dass es mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht mehr möglich ist, irgendwelche Gasimporte zu bezahlen."

Aber vor allem Deutschland wollte nur einen Teil der Banken bei SWIFT blockieren. Auf der SWIFT-Sanktionsliste von gestern stehen nur diese sieben russischen Banken. Ausdrücklich ausgenommen sind ausgerechnet die größte russische Bank, die Sberbank, und die Gazprombank, über die die Rohstoffmilliarden weiter nach Russland fließen können. Ganz im deutschen Interesse, denn 55 Prozent des deutschen Gases kommen aus Russland; und auch deutsche Unternehmen verdienen an den Rohstofflieferungen kräftig mit. Allen voran Wintershall DEA und E.ON, beide Anteilseigner der Gas-Pipeline Nord Stream 1. Aber könnten wir russisches Gas überhaupt ersetzen? Ja, sagt das Kiel Institut für Weltwirtschaft. Kurzfristig würde das allerdings teuer, und man müsste sofort einige Maßnahmen ergreifen; durch Ersatzlieferungen aus anderen Ländern, mehr LNG Flüssiggaslieferungen, Einsparungen – also geringeren Energieverbrauch – und die Umrüstung von Kraftwerken ließe sich russisches Gas ersetzen.

Prof. Dr. Kooths, Institut für Weltwirtschaft Kiel: "Das ist eben die doch wichtige Nachricht, dass wir allenfalls mit kurzfristigen Belastungen zu rechnen haben. Die können auch heftig sein, aber auf mittlere und lange Sicht eben nicht."

Die Regierung aber will nicht auf russisches Gas verzichten. Für den ukrainischen Botschafter angesichts der Schrecken des Krieges unverständlich.

Andrij Melnyk, Ukrainischer Botschafter in Deutschland: "Das kann doch nicht sein, dass auch nach diesen Sanktionen – nachdem das Paket endlich beschlossen wurde – trotzdem so viele Möglichkeiten für das Regime von Putin da sind, wo er nach wie vor Geld einnimmt. Aus Europa, vor allem aus Deutschland – ja nach wie vor der Hauptabnehmer von Gas, Öl, aber auch Schwarzkohle – bleibt."

Auch viele Menschen bei den Anti-Kriegs-Demonstrationen hoffen, dass Deutschland seine Haltung noch ändert.

Nikita Katsuba: "Ja, ich verstehe natürlich die Sorgen von Deutschen, dass sie über hohe Preise für Gaspreise sich kümmern wollen. Aber wenn, wie gesagt, wenn meine Familie jetzt lebensgefährdet ist und andererseits haben wir einfach höhere Preise, höhere Ausgaben, dann sind diese Risiken, sind diese Sorgen einfach nicht zu vergleichen."

Keine Sanktionen bei Öl und Gas. Aber was ist mit der russischen Finanzelite, den Oligarchen? Ein ganzes Netzwerk aus Vertrauten hat Putin um sich geschart, die er reich gemacht hat und die ihn stützen.

Prof. Michael Koetter, Ökonom, Institut für Wirtschaftsforschung Halle: "Das Netzwerk der Oligarchen und Milliardäre um Putin herum ist von elementarer Bedeutung zur Durchsetzung seiner Interessen. Sie sind seine Schleuse in das internationale Finanz- und Wirtschaftssystem."

Etliche von ihnen konnten unter den Augen Putins Hunderte Milliarden Dollar auf Offshore-Konten bunkern. Das zeigte etwa 2014 das Datenleak Panama-Papers. Zwar hat die EU nun diese neue Sanktionsliste herausgegeben, darauf russische Superreiche, deren Vermögen und Konten eingefroren wurden. Aber viele der Namen aus den Panama Leaks sind hier gar nicht erfasst. Für sie gelten also keine Sanktionen. Zum Beispiel Putins langjähriger Vertrauter Oleg Deripaska, der Stahlunternehmer Alexander Abramov oder der Energieunternehmer Leonid Michelson.

Prof. Michael Koetter, Ökonom, Institut für Wirtschaftsforschung Halle: "Die Oligarchen, die nicht auf dieser Liste stehen, können natürlich auch weiterhin von den Netzwerken, die wir durch die Panama Papers und andere Leaks erfahren haben, operieren. Und das dürfte immer noch ein erklecklicher Teil sein."

Harte Sanktionen? Fest steht: Solange Öl und Gas weiter nach Deutschland fließen, so lange finanzieren auch wir Putins Kriegsmaschinerie Tag für Tag mit frischem Geld.

Georg Restle: "Russland politisch zu isolieren, auch darum geht es in der internationalen Politik. Gestern bei der UN-Generalversammlung in New York scheint das ganz gut gelungen zu sein. 141 Staaten verurteilten Russlands Völkerrechtsbruch. Ganze vier Staaten standen Putin am Ende noch zur Seite. Wenig überraschend Belarus mit Putins engstem Vasallen Lukaschenko, Syrien mit seinem Diktator Baschar al Assad, Nordkorea und sein Oberster Führer Kim Jong Un und Eritrea mit seinem Alleinherrscher Afweki. Das Land übrigens, das auf dem letzten Platz bei der Pressefreiheit liegt. Fünf der weltweit größten Feinde von Demokratie und Freiheit unter sich."

Kommentare zum Thema

  • Bullbaum 15.03.2022, 11:27 Uhr

    Wer will wirklich Sanktionen? In erster Linie US-Politiker weil sie durch Sanktionen ihre unter normalem Leben nicht mehr ausgleichbarem Verschuldungen ausgleichen können. Es gibt keine Sanktionen durch welche die USA selber leiden müssen. Alle von den USA durchgedrückte Sanktionen treffen Deutschland in gleicher Weise wie sie Russland treffen. Darin scheint ein Sinn der US-Sanktionen zu sein weil Deutschland für die USA ein zu starker Konkurrent ist. Und eine gute wirtschaftliche Freundschaft zwischen Deutschland und Russland aus US-Sicht unter allen Umständen vermieden werden muss. Die USA braucht Kriege in externe Länder. Seit 2014 (auch schon vor dem Maidan) hat die USA viele Milliarden Dollar in die Ukraine investiert. Nun, seit der Krieg inszeniert ist noch zusätzlich. Nun kaufen fast alle NATO-Länder (auch Deutschland) für viele Milliarden Euro Aufrüstungswaffen in den USA (insbesondere die ein Vermögen kostenden F-35). Nach dem Krieg verdient die USA wieder an der Ukraine.

  • Anonym 13.03.2022, 11:05 Uhr

    Wo hat Gerd noch überall seine Jachten und Geliebten versteckt ? Das ist die typische Sozi-Agenda : Links labern und rechts leben !

    • Anonym 24.03.2022, 04:08 Uhr

      Komisch ! Bei dem versuchten Parteirauswurf von Sarrazin haben die SPD- Parteigranden behauptet, daß er nicht mehr die "Werte der SPD vertreten würde" , während Gas-Gerdimmer noch geduldet wird, obwohl er weiterhin mit dem Diktator zum exorbitantem Schaden der Nation Geschäfte macht und sich dabei die Taschen exorbitant voll schaufelt ! Finde den Fehler ! Wer noch glaubt, daß die Sozen eine wählbare Partei für Arbeitnehmer bzw, die "kleinen Leute" sei, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen ! Wer hat uns verraten ? Die Sozialdemokraten !

    • Anonym 24.03.2022, 15:51 Uhr

      Das Problem mit Gerd, der jetzt laut Biden für einen "Kriegsverbrecher" arbeitet, von ihm hoch besoldet , sozusagen Kriegsgewinnler ist, wird von den Sozen einfach ausgesessen und ignoriert ! Das machen die Sozen immer , wenns brenzlig wird ! Wetten ?

  • Elvira 08.03.2022, 18:55 Uhr

    "Experte Reste:...141 Staaten verurteilten Russlands Völkerrechtsbruch."........... So ist es gut!!! Nur denen mit der weißen Weste kann Mensch vertrauen - sagen auch die Arbeitslosen, Obdachlosen , die mit der "verkehrten" Meinung.....