MONITOR vom 14.01.2016

Offener Rassismus - die unaufhaltsame Radikalisierung der AfD

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Bericht: Achim Pollmeier, Kim Otto

Offener Rassismus - die unaufhaltsame Radikalisierung der AfD

Monitor 14.01.2016 08:51 Min. Verfügbar bis 14.01.2099 Das Erste

Georg Restle: „Es gibt Kreise in Deutschland, in denen hat sich nach den Vorfällen von Köln so etwas wie klammheimliche Freude breit gemacht. Dazu gehört ganz sicher auch das Umfeld der AfD, die sich jetzt in einem nie erträumten Umfragehoch befindet. 10 Prozent sagen Meinungsforscher den Rechtspopulisten mittlerweile voraus - wobei der Begriff Rechtspopulismus vielleicht untertrieben ist. Denn das, was einige Vertreter der Partei mittlerweile so von sich geben, klingt schon eher rechtsextrem. Die Unterschiede zur NPD, sie beginnen jedenfalls zu verschwimmen - und das nicht nur hinter verschlossenen Türen, wie Achim Pollmeier und Kim Otto recherchiert haben.“

Merseburg in Sachsen-Anhalt, vergangenen Montag. Die erste große AfD-Demo in diesem Jahr. Die erste nach der Kölner Silvesternacht.

Demonstraten rufen: „Kriminelle Ausländer raus, kriminelle Ausländer raus, raus, raus!“

Pogromstimmung bei einer AfD-Demonstration.

Demonstraten rufen: „Wir wollen keine Asylantenheime! Wir wollen keine Asylantenheime!“

Zu den größten Einheizern der Partei gehört dieser Mann, der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke. Die Ereignisse von Köln - er macht daraus nicht weniger als die Bedrohung des christlichen Abendlandes, so auch gestern Abend in Erfurt.

Björn Höcke, AfD-Vorsitzender Thüringen (13.01.2016): „Nach Köln tritt offen zu Tage, dass die Zukunft unseres Landes und unseres Volkes davon abhängt, ob es uns gelingt, die selbstmörderische Politik der Altparteien zu stoppen!“

Zuwanderer und Bürgerkriegsflüchtlinge gefährden die Zukunft des Deutschen Volkes. Darunter geht es bei Höcke nicht. Völkischer Nationalismus und auch Rassismus - vor einem Jahr galt das auch in der AfD noch als unsagbar. Doch unsere Recherchen zeigen, wie ein Netzwerk von extrem rechten Funktionären die Radikalisierung der Partei immer weiter vorantreibt.

Rückblick: Essen vor einem halben Jahr. Bundesparteitag der AfD.

Sprecher: „60 Prozent - Frauke Petry.“

Das Ende eines erbitterten Kampfes um die Ausrichtung der Partei. Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke und seine Mitstreiter wurden höhnisch vom Hof gejagt. Frauke Petry wurde Vorsitzende eines Vorstands mit etlichen Vertretern des rechten Parteiflügels - allen voran der mächtige Parteivize Alexander Gauland. Inzwischen geht es nur noch um die Frage, ob die AfD nun rechtspopulistisch oder schon rechtsradikal ist.

Prof. HaJo Funke, Rechtsextremismusforscher: „Petry war im Grunde die Übergangsperson, die dazu benutzt wurde, dem radikalen Flügel zur Macht zu verhelfen.“

Wie die AfD nun die Grenzen des Unsagbaren immer wieder erweitert, zeigte Höckes umstrittener Vortrag beim extrem rechten Institut für Staatspolitik. Vor Parteifreunden und Neurechten bis hin zum einschlägig bekannten Neonazi.

Höcke: „Die Evolution hat Afrika und Europa - vereinfacht gesagt - zwei unterschiedliche Reproduktionsstrategien beschert. Diese Erkenntnis, die ruft nach einer grundsätzlichen Neuausrichtung der Asyl- und Einwanderungspolitik Deutschlands und Europas, liebe Freunde.“

Matthias Quent, Kompetenzzentrum Rechtsextremismus, Uni Jena: „Das ist Rassismus, das ist purer Rassismus - die Abwertung von Menschengruppen aufgrund tatsächlicher oder fiktiver Merkmale, die dann in einem zweiten Schritt der rassistischen Argumentation begründet wird durch pseudowissenschaftliche, vermeintlich naturwissenschaftlich gestützte Befunde und Erkenntnisse, wie sie Herr Höcke da ausgeführt hat.“

Ein Rassismus, der in der AfD immer mehr Zustimmung findet. Hinter Höcke steht ein Netzwerk, das die Radikalisierung der Partei ganz offen betreibt. So auch die beiden Männer, die neben ihm marschieren. Zum einen Hans-Thomas Tillschneider, Sprecher der Patriotischen Plattform in der

AfD, Landtagskandidat für Sachsen-Anhalt.

Hans-Thomas Tillschneider: „Björn Höcke hat da in einer Rede bei einem minderwichtigen Anlass etwas gesagt, was unausgegoren war. Und ansonsten ist alles was er sagt, tadellos.“

Tillschneider hat Kontakt zu extrem rechten Kreisen, ist bundesweit vernetzt. Er gehört zu denen, die den rechten Parteiflügel organisieren und zusammenhalten. Wie auch André Poggenburg, seit dem Essener Parteitag Mitglied des AfD-Bundesvorstands und einer von Höckes engsten Verbündeten. Er war dabei, als Höcke seine Rassentheorie darstellte - und hat damit offenbar wenig Probleme.

André Poggenburg: „Ich finde nicht, dass es rassistisch zu interpretieren ist. Ja, wer das macht, der soll das machen, ich kann das so nicht sehen.“

Biologische Rassentheorien - aber kein Rassismus? Die Vorsitzende Frauke Petry distanzierte sich zumindest offiziell von Höcke. Doch gleichzeitig unterstützt sie seine engsten Verbündeten im Wahlkampf, wie hier im Dezember in Magdeburg. Wie passt das zusammen?

Reporter: „Haben Sie ein Problem, heute mit den - sagen wir mal - sehr extrem rechten Ihrer Partei hier aufzutreten?“

Frauke Petry, Sprecherin AfD-Bundesverband: „Ich bin hier beim Landesverband Sachsen-Anhalt, unserem Partnerverband und ich möchte gern wissen, woher Sie diese Anschuldigung nehmen.“

Reporter: „Nun hat Herr Poggenburg Herrn Höcke in Schutz genommen.“

Frauke Petry, Sprecherin AfD-Bundesverband: „Es gibt in der AfD einen Bundesvorstand, der dazu befugt ist, dieses Thema zu diskutieren und das werden wir tun.“

Reporter: „Aber Sie haben kein Problem mit Herrn Poggenburg …?“

Frauke Petry, Sprecherin AfD-Bundesverband: „Ich habe Ihnen bereits geantwortet auf diese Frage und Sie müssen diese Frage nicht zum dritten Mal wieder stellen. Dankeschön.“

Mit ihren Versuchen, gegen Höcke vorzugehen, konnte Petry sich nicht durchsetzen - gegen das rechte Netzwerk der Partei scheint sie machtlos.

Prof. HaJo Funke, Rechtsextremismusforscher: „Insofern zeigt sich, dass eine Rechtsradikalisierung der Partei betrieben wird und sie mitten dabei sind - und da dies ein dynamischer Prozess ist - der im Grunde nicht mehr aufgehalten werden kann, weil die Mechanismen, die Machtmechanismen in einer Partei so sind.“

Machtmechanismen, die sich besonders beim parteiinternen Schiedsgericht zeigen. Es entscheidet bei Parteiausschlussverfahren - auch gegen rechtsextreme Mitglieder. Doch vier der fünf Richter wurden vom rechten Parteiflügel selbst durchgesetzt. Die Machtverhältnisse sind also klar. Da ist der Fall Dubravko Mandic, ein Rechtsanwalt aus Freiburg. Bei Facebook machte er schon oft deutlich, wo er steht:

Zitat: „Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützer-Umfeld, nicht so sehr durch Inhalte,“

schrieb er. Wegen seiner rassistischen Äußerungen sollte Mandic eigentlich aus der Partei geworfen werden, zum Beispiel weil er US-Präsident Obama wiederholt als „Quotenneger“ bezeichnete. Er selbst hat damit bis heute offenbar kein Problem.

Dubravko Mandic: „Zum Schaden der Partei haben das andere veröffentlicht. Und warum ist er ein Quotenneger? Ja, mein Gott, das ist keine Beleidigung Obamas, das beleidigt oder kritisiert vor allem diejenigen Menschen, die solche Menschen missbrauchen.“

Unter dem neuen AfD-Vorstand wurde das Partei-Ausschlussverfahren bisher einfach nicht weiter betrieben - und das ist kein Einzelfall. Präsident des Bundesschiedsgerichts ist Eberhardt Brett, einer der Wunschkandidaten des rechten Flügels. Von den rassistischen Äußerungen seines Parteifreunds Mandic will er nichts wissen.

Eberhardt Brett: „Der Mandic, ein junger Mann, der glaub ich noch ein paar Sporen verdienen muss.“

Reporter: „Aber schon ziemlich rassistische Sprüche macht.“

Eberhardt Brett: „Die hab ich nicht gehört.“

Bei diesem Schiedsgericht muss wohl niemand ein Ausschlussverfahren wegen rechtsradikaler Äußerungen fürchten.

Matthias Quent, Kompetenzzentrum Rechtsextremismus, Uni Jena: „In der Partei ist zu beobachten, dass auf immer mehr Schlüsselpositionen und Verantwortungspositionen sich Rechtsextreme und ihre Unterstützer breit machen und somit zentrale Schaltkreise in diesem Parteiapparat übernehmen.“

Und das geschieht keinesfalls zufällig. Auch der mächtige Parteivize Alexander Gauland gehört zu Strippenziehern des rechten Flügels. Und das ist sein neuer Stellvertreter in Brandenburg. Andreas Kalbitz war bei den rechtsextremen Republikanern, schrieb für rechte Blätter und hat zahlreiche Anknüpfungspunkte im rechtsradikalen Milieu. Im Herbst wurde er zum zweiten starken Mann des Landesverbandes gewählt.

Andreas Kalbitz: „Neuigkeiten kann ich Ihnen da nicht vermelden, es gibt auch nichts, was sie da irgendwie skandalisieren ließe.“

Reporter: „Immerhin, sie waren bei den Republikanern …“

Nachfragen unerwünscht. Die Alternative für Deutschland, sie ist im Aufwind. Und während die Umfragewerte steigen, rückt sie konsequent nach ganz rechts außen.

Markus Frohnmaier, AfD-Landesvorstand Baden-Württemberg: „Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk, und zwar nur für das Volk gemacht. Denn wir sind das Volk, liebe Freunde.“

Georg Restle: „Rechte Umsturzparolen aus einer Partei, die im März in drei Landtage einziehen will. Fragt sich, von wem in diesem Land die eigentliche Gefahr ausgeht.“

Stand: 15.01.2016, 12:29 Uhr

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65 Kommentare

  • 65 Anonym 10.02.2021, 13:36 Uhr

    Die meisten Kommentare sagen eigentlich grob gesehen : Ja aber die machen.... Anstatt sich mit den Vorwürfen oder Argumenten zu beschäftigen.

  • 64 Silvio Trommer, Hamburg 01.10.2019, 00:35 Uhr

    Offener Rassismus im Kapitalismus? Gern bleibt AfD Traumata-Thema Nummer 1 systemfreundlicher Journaille. Nein-in Deutschland gibt es nur faire, optimale Wahrheitspresse alá Restle, Stuchlik und Co.. Und weil es gerade populistisch-kommerziell ins Schema passt, hängen sich paar „prominente“ Schlager-, Pop-, Ökospezies usw. an, um dem einzigartig demokratisch-friedlichen Gerechtigkeitsstaat BRD den Heiligenschein zu bewahren. Laufende Konkurse,Entlassungen, Millionen Arbeitslose,Bildungs/Pflegenotstand, Mafiazufluchtsort, Steuerhinterziehung usw.,alles natürlich nicht wahr.Diktatur gabs nur im „Osten“. Im Westen also nichts Neues? Tatsächlich nicht.Wie sollte auch.Mit Anschluß Mitteldeutschlands muß jeder Bürger Segnungen des sogenannten freiheitlich, demokratisch gerechten Kapitalismus begrüßen und bejubeln - denn, sonst wird er als Gegner erfasst/diffamiert.Nur der Geist des Adenauersystems hat zu gelten.

  • 63 El.... 19.09.2018, 07:35 Uhr

    liefert nicht unsere unfähige Regierung mit dieser Lügenpresse den Nährboden und das Wachstum der AFD ? Denn es sind viele Wirtschaftsflüchtlinge, denn die ganz Armen können gar nicht die Flucht hierzu zahlen. Wenn man sieht Familiennachzug mit mehreren Frauen und zig Kindern können es nur Wohlhabende sein.

  • 62 Armin Schmidt 13.04.2017, 15:46 Uhr

    Es ist traurig hier diese ganzen Rassisten und Nazis zu entdecken. Was ist nur los mit Euch?

  • 61 M.K. 13.03.2016, 11:52 Uhr

    Der Wissenschaftler linker Couleur hat gesprochen! https://de.m.wikipedia.org/wiki/Hajo_Funke

  • 60 Micha 31.01.2016, 15:36 Uhr

    Anna, mit Gottes Hilfe? Frau Merkel,ähh Anna, das wird schon.... Unter was für einem synonym schreibt eigentlich Pfarrer Gauck hier? Warte mal,der hatte doch auch ne'n Spitznamen......... Herr Restle, ihre letzte Aussage ist mir zu einfach.Aber in diesen Zeiten macht man's sich oft leicht.Oder eben einfach.

  • 59 Bundeswehropa 28.01.2016, 21:07 Uhr

    Alles Nazis und Ratten außer Ihnen, oder was, Frau Anna? Toleranz jedenfalls muss bei Ihnen nicht mehr zerstört werden, die war anscheinend sowieso niemals vorhanden!

  • 58 anna 27.01.2016, 00:53 Uhr

    Mir wird schlecht. Die AFD ist eine komplette Nazipartei und sie mißbraucht das Volk, das blind vor Angst wie eine dumme Schafherde diesen rechten Rattenfängern hinterläuft.Man kann nur beten, daß Deutschland aufwacht und diesen Zerstörern der Demokratie und der Freiheit des Denkens und der Toleranz mit Gottes Hilfe Einhalt gebietet...wird hatten schon mal solche Rattenfänger, die alles Andersdenkende in die Gaskammern verfrachtet hat. Danke dem WDR , der die Wahrheit sagt.

  • 57 Hein Boller 22.01.2016, 12:03 Uhr

    Wenn man die AfD, eine Partei, die sich wie die Grünen in den Achtzigern, erst ordnen und ihre Linie finden muß, in die Nazi-Ecke schiebt, dann tut man es auch mit den Menschen, die mangels Alternative bei den etablierten Parteien nach einem Ausweg suchen. Die Flüchtlingspolitik der amtierenden Parteien ist nicht allein der Grund. Es sind die Mißstände und pol. Fehlleistungen der letzten 10-15 Jahre. Demokratie wie wir sie verstehen und wollen, wird in D nicht mehr betrieben. Der Bürger wurde entmündigt, zum Stimmvieh degradiert und mit hohen Steuern überzogen. Für Asylanten werden die Geldtöpfe geöffnet, bezahlen wird es der Arbeitnehmer. Wer sonst. Da können die Medien noch so schön reden, wer einmal lügt dem glaubt man nicht (mehr). Sie haben ihre Pressefreiheit und Objektivität aus falschem Opportunismus verraten. Wer wirklich wissen will, was die Welt objektiv betrifft muß ausländische Medien hören. Gab es dass nicht schon einmal vor über 75 Jahren. Nur damals war es unter Str ...

  • 56 Anton 21.01.2016, 23:09 Uhr

    ...ich hätte nie gedacht, dass ich die CDU nicht mehr wählen kann weil sie zu weit links steht! Bei der Abwrackprämie und beim Atomausstieg haben nicht alle aber doch sehr viele auch in Europa brav applaudiert. Frau Merkel hat geglaubt das es bei den Flüchtlingen auch so läuft. Das war ein großer Fehler. Sogar unsere Vorzeige-Europäer, die Skandinavier sind massiv dagegen.

  • 55 kunibert 21.01.2016, 21:15 Uhr

    das ist die lügenpresse,wie der wdr.