Bericht: Martin Suckow, Lara Straatmann, Achim Pollmeier
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Georg Restle: „Ausgelaugt, kraftlos, orientierungslos. So präsentiert sich die CDU gerade, nach ihrer desaströsen Niederlage bei der Bundestagswahl. Nach 16 Jahren an der Macht im Bund müssen sich CDU und CSU jetzt wohl oder übel mit einer neuen, ziemlich harten Rolle abfinden: Opposition. Was genau das heißt, weiß die Partei offenbar selber noch nicht so genau. Auch wenn da einige hörbar aufatmen: Endlich ohne Merkel, endlich wieder ein radikal konservatives Profil. Nur was heißt das eigentlich? Und wie groß ist die Versuchung, sich jetzt ausgerechnet an denen zu orientieren, die mit rechtspopulistischen Parolen Erfolge feierten? Quo vadis, wohin gehst Du Union? Achim Pollmeier, Lara Straatmann und Martin Suckow.“
Neuanfang. Die Macht ist weg. Die Union personell ausgezehrt, inhaltlich entkernt. Vermutlich in der Opposition muss sie entscheiden, wofür sie eigentlich steht – und wie sie sich bemerkbar macht. Eingekeilt zwischen einer bürgerlichen FDP in der Regierung und scheinbürgerlichen Radikalen der AfD, die polarisieren und spalten. Die CDU am Scheideweg.
Johannes Hillje, Politikberater: „Die Union kann sich entweder dafür entscheiden, nun die schwierige programmatische Erneuerung durchzuführen, oder sie kann den Weg der ja wahrscheinlich viel einfacheren, simplen Polarisierungsstrategie gehen, wo man versucht, kurzfristig Stimmungsmache durch ein Agieren im Kulturkampf zu machen.“
Kulturkampf – das hieße: gesellschaftliche Konflikte aufladen und verschärfen. Wirklich ein Weg für die CDU?
Vergangene Woche machte dieses Video aus Unionskreisen Schlagzeilen. Ein wilder Zusammenschnitt aus Nachrichtenschnipseln: es geht um Grüne, Linke und um Gewalt.
Zitat: „Verantwortlich dafür: die linksextremistische Szene.“
Zitat: „How dare you!“
Radikale Klimaaktivisten, kriminelle Ausländer. Die Botschaft: Deutschland stehe am Scheideweg, eigentlich am Abgrund. Der Film soll Auftakt sein für eine neue unionsnahe Kampagnenplattform: Ein Projekt von Unionsleuten – wie Caroline Bosbach, Tochter des ehemaligen Rechtspolitikers der CDU und Armin Petschner-Multari, bisher Social-Media-Experte bei der CSU.
Die Homepage der Plattform: Diffamierende Fotos etwa vom Grünen Anton Hofreiter oder der Vorsitzenden der antirassistischen Amadeu Antonio Stiftung, abgestempelt als radikale Krawallmacherin, der der Geldhahn zugedreht werden müsse. In rechtsextremen Kampfblättern sieht das kaum anders aus.
Johannes Hillje, Politikberater: „Es ist eine eindeutige Übernahme des rechtspopulistischen Kommunikationsstils, der ja im Wesentlichen aus Polarisierung, aus Dramatisierung, aus Feindbildkonstruktionen besteht. Und wenn man diese Stilformen übernimmt, dann gemeindet man sie auch ein Stück weit ein in den demokratischen Diskurs und legitimiert sie.“
Einige Einträge wurden inzwischen geändert. Doch die Kritik weisen die Macher zurück. Ein Interview bekommen wir nicht, schriftlich teilt man uns mit:
Zitat: „Wir verstehen uns als liberal-konservative Kampagnen-Truppe, die für bürgerliche Politik wirbt.“
Man wolle
Zitat: „… durch Überspitzung und auch Personalisierung …“
auf kritikwürdige Umstände hinweisen.
Dabei hat die Plattform namhafte Unterstützer. Friedrich Merz etwa sagte über das Projekt:
Zitat: „Ich wünsche den Initiatoren im Sinne der Meinungsfreiheit in Deutschland viel Erfolg.“
Stefan Müller, parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag schreibt auf Twitter:
Zitat: „Ich begrüße das Projekt daher und werde es auch gerne unterstützen.“
Finanzielle Unterstützung kommt auch von Unternehmen aus dem Umfeld der Mittelstandsunion. Deren Geschäftsführer trommelt ebenfalls für das Projekt und schreibt:
Zitat: „1. Die haben offensichtlich den richtigen Ton getroffen. 2. Es wurde höchste Zeit, dass es so etwas gibt.“
Widerspruch kam prompt, auch aus der Union. Etwa vom ehemaligen Generalsekretär Ruprecht Polenz. Er gilt vielen als das soziale Gewissen der CDU.
Ruprecht Polenz (CDU), ehem. Bundestagsabgeordneter: „Dieses Freund-Feind-Denken, das ist ja auch etwas, was am rechten Rand sehr gepflegt wird, um die eigenen Reihen zu befestigen, um Hass gegen das Establishment, das sogenannte, zu erzeugen, um Angst zu schüren und aus all diesen emotionalen Strömungen dann Zuspruch zu gewinnen. Damit darf sich die Union nie gemein machen und damit hat sie sich auch nie gemein gemacht.“
Polenz hält einen Polarisierungskurs in der Union nicht für mehrheitsfähig. Doch auch in anderen Ländern galt dieser Weg als kaum vorstellbar. In Österreich etwa, mehr noch in Polen und Ungarn. Vor allem in den USA – wo die Republikaner unter Donald Trump das Land gespalten haben. Die Partei wurde zur Radikalisierungsmaschine.
Deutschlandtag der Jungen Union vor zwei Wochen: Zu Gast war auch Rick Loughery aus den USA, Vertreter der Jungen Republikaner und ausgewiesener Trump-Fan.
Rick Loughery Deutschlandtag: „Ich freue mich auf eine enge Zusammenarbeit mit Euch zur Stärkung der transatlantischen Beziehungen. Wie müssen uns zusammentun im Kampf gegen den Sozialismus. Er ist weltweit auf dem Vormarsch und wir müssen ihn bekämpfen.“
Applaus für einen Mann, dessen Partei eine demokratische Wahl in den USA nicht akzeptieren wollte und dessen Präsident zum Sturm aufs Kapitol blies. Offenbar gibt es da in der Jungen Union keinerlei Berührungsängste.
Natascha Strobl, Politikberaterin: „Wir haben in anderen Ländern auch gesehen, dass konservative Parteien sich radikalisiert haben, dass sie diesen einfachen Weg des Kulturkampfes übernommen haben von der extremen Rechten, auf den schnellen Erfolg abgezielt haben, diesen Weg gegangen sind. Und was wir in all diesen Ländern sehen, ist, dass es zu Spaltungen in der Gesellschaft gekommen sind, dass diese Spaltungen, diese Polarisierung verstärkt worden ist. Und dass sehr vieles durch Konservative sagbar geworden ist, was davor nicht sagbar war.“
Polarisierung. Eine Strategie, die auch in der Union nicht neu ist. Gerade im Osten, wo die AfD besonders stark ist. Wo ein Unionspolitiker wie Hans-Georg Maaßen vielen als Heilsbringer gilt. Ein Mann, der klar polarisiert und auf die Themen der AfD setzt. Ohne klare Distanzierung seitens der Parteispitze. Maaßen hat die Wahl verloren – trotzdem glauben viele hier, dass sein Weg auch in Zukunft der richtige ist.
Auch Maaßens Kreisvorsitzender Christopher Other möchte, dass Maaßen in der Partei künftig mehr Gewicht bekommt. Zumindest im Osten. Das würde der Partei helfen auch mit den Schlagworten der AfD: kriminelle Migranten, Masseneinwanderung, Bevormundung.
Christopher Other (CDU), Kreisverband Hildburghausen: „Er war in der Situation der richtige Kandidat und hat auch einen sehr, sehr guten Job gemacht dahingehend, dass er wirklich versucht hat, nah an die Leute ranzukommen. Und dass er eine Rolle spielen könnte in dem Landesvorstand, kann ich mir durchaus vorstellen.“
Aber wieviel Zuspitzung ist legitim?
Dienstagmorgen, erste Sitzung des neuen Bundestages. Für die Union wird immer klarer: In der Regierung wird sie wohl keine Rolle spielen. Und die neue Regierung könnte als erstes Mal die Sitzordnung ändern. Dann landet die Union direkt zwischen der FDP und der AfD – und muss zeigen, wie sie sich in ihrer neuen Rolle neu positioniert.
Kommentare zum Thema
Toll, daß ich nicht in Köln lebe ! Nur Luschen ! Eine überforderte OB, die meint, man müsse jederzeit zur eigenen Sicherheit zu seinen Zeitgenossen 1 Meter Abstand halten, dem Ruf des Muezzin huldigen und 5 Male täglich zu Boden gehen , in Pandemie-Zeiten in der Menge schunkeln und jodeln, bis der Kassenarzt kommt und dann auch noch ein ideologisch grünlinks-blockierter Sender, der nur Trash produziert, aber sich nicht zu schade ist, dafür auch noch die kleinen Leutchen mit dünnster Geldbörse zur Kasse zu bitten und abzumelken !
Ja richtig schon - nur weshalb wurde dieses schwarze Konglomerat CDU eigentlich solange geduldet ?- fragen sich die Bürger unseres Landes. In zig-Gesprächen meinerseits und der von Bekannten und Freunden konnten so gut wie niemand einen Kontakt nennen, der CDU und Co. gewählt hat - dafür umsomehr Bürger, die, zurecht natürlich, dieses ewig scheinende Machtkonstrukt verurteilen und abgelöst sehen wollen. Es ist wohl offensichtlich weder mit Meinungsfreiheit, Gerechtigkeit usw. als Vorzeigedemokratie nicht weit her. Das NACHDENKEN und Schlussfolgern scheint im deutschen Land ziemlich verkümmert zu sein. Außer Säbelrasseln. Dass klappte immer bestens. Unsere Nachbarn können davon nicht nur ein Lied singen.
Hallo Anonym - >> ja und woher kommt es, dass ständig eine Schwarze Union mit solchen Leuten regieren kann ?