Bericht: Susanne Götze, Annika Joeres, Jochen Taßler, Lutz Polanz
Kommentare zum Thema, weiterführende Links und der Beitragstext als PDF
Achim Pollmeier: „Seit dieser Woche treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Welt zum Klimagipfel. Und das ausgerechnet in Polens Kohlerevier, sogar gesponsert von der polnischen Kohleindustrie. Besser kann man den Stand der internationalen Klimapolitik eigentlich nicht zusammenfassen. Von der verbindlichen Umsetzung der internationalen Klimaziele ist die Welt so weit entfernt wie selten zuvor. Auch wegen Menschen wie ihm: US-Präsident Donald Trump hat Mitte 2017 den Ausstieg der USA aus dem Klimaabkommen verkündet. Weil es den Klimawandel gar nicht gebe, oder er zumindest nicht vom Menschen gemacht sei. Das ist ziemlich frei von Fakten, aber sehr bequem. Denn wenn man das behauptet, ist der Rest ganz einfach, man kann so weitermachen wie bisher. Auch in Europa gibt es ein Netzwerk von Menschen, die genau das wollen und jegliche Klimaschutzpolitik vehement bekämpfen. Die Kolleginnen Susanne Götze und Annika Joeres haben dazu monatelang mit Unterstützung der Otto-Brenner-Stiftung und dem europäischen Fonds für investigativen Journalismus recherchiert. Jochen Taßler und Lutz Polanz sind für MONITOR dazu gestoßen und beginnen mit einer merkwürdigen Konferenz.“
Ein Hörsaal der Universität von Porto. Wir sind bei der „Porto Conference“, einem Kongress europäischer Klimawandelskeptiker. Wer hier spricht, glaubt nicht an den Klimawandel. Und wenn, dann ist jedenfalls nicht der Mensch schuld daran. Einer der prominentesten Redner ist er hier: Christopher Monckton, britischer Politiker und Berater der rechtspopulistischen UKIP-Partei. In den 80ern wollte er HIV-Infizierte in Quarantäne stecken. Er diffamierte Schwule, sorgte sich um die Errichtung einer kommunistischen Weltregierung - und macht heute in Klima.
Christopher Monckton (UKIP) (Übersetzung Monitor): „Das hier ist das Ende dieser Klima-Krise auf nur einer Folie.“
Die Erkenntnisse der Wissenschaft zum Klimawandel: Für ihn weitgehend Unsinn, falsch berechnet, Panikmache.
Christopher Monckton (UKIP) (Übersetzung Monitor): „Wenn mein Team Recht hat, dass die globale Erwärmung sehr gering, langsam, harmlos und unter dem Strich positiv sein wird, dann folgt daraus, dass es kein Weltklima-Abkommen braucht.“
Wer hier eine Weile zuhört, bekommt den Eindruck, dass die Experten des Weltklimarates der Vereinten Nationen eine Truppe akademischer Stümper sind.
Mann (Übersetzung Monitor): „Es gibt zwei Klimadebatten: Die wissenschaftliche, die hier stattfindet, und die politische, die überall sonst geführt wird.“
2. Mann (Übersetzung Monitor): „Hier ist die Wahrheit. Man findet sie heute nicht mehr an den Universitäten, in den Medien oder den Regierungen. Das sind alles Fehlinformationen.“
Man könnte diese Menschen als einen Haufen Verschwörungstheoretiker abtun. Aber so einfach ist es nicht; denn sie haben mächtige Verbündete. Mit Donald Trump sitzt ein Klimawandel-Skeptiker im Weißen Haus. Er setzt auf Kohle und Öl, nicht auf Erneuerbare Energien - und trat aus dem Weltklima-Abkommen aus.
Donald Trump, US-Präsident (Übersetzung Monitor): „Von heute an stoppen die USA die Umsetzung des unverbindlichen Weltklima-Abkommens.“
Hinter Trump stehen Organisationen wie diese. Eine Konferenz des „Heartland Institutes“ in New Orleans. Ein rechtskonservativer Thinktank, der seit Jahrzehnten wissenschaftlichen Konsens angreift. Früher wurden die Gefahren durch Passivrauchen verharmlost. Heute fördert „Heartland“ Studien, die Zweifel am menschengemachten Klimawandel säen. Über Jahre gesponsert durch Millionen aus der Industrie und von reichen Gönnern. Ihr Einfluss reicht bis ganz nach oben. Sie hätten Trump beraten, sagen sie hier. Der Ausstieg aus dem Weltklima-Abkommen sei ihr Werk.
Jay Lehr, Heartland Institute (Übersetzung Monitor): „Am Tag, als er entschieden hat, auszusteigen, bekam ich einen Anruf aus dem Weißen Haus - zwei Stunden vor seiner Rede - und sie sagten nur: Sie haben gewonnen!“
Es sind es vor allem rechte Parteien, die klimawandelskeptische Positionen in die öffentliche Debatte und in die Parlamente tragen, auch in Europa. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Berliner Denkfabrik adelphi. Sie analysiert die klimapolitischen Positionen von 21 rechten Parteien. Nur zwei erkennen danach den menschengemachten Klimawandel an. 13 sind unentschieden oder ignorieren das Thema. Sechs sind skeptisch oder leugnen den menschengemachten Klimawandel komplett, darunter die AfD.
Alexander Carius, adelphi: „Die Gefahr besteht schon, dass es salonfähig wird. Und wir haben das in der Migrationsdebatte in Europa gesehen, wie schnell Stimmungen eigentlich kippen können, ohne dafür wirklich eine empirische Evidenz zu haben.“
Schon jetzt stimmen die rechten Parteien im Europaparlament überwiegend gegen Klimaschutz-Vorhaben. Und die Zahl ihrer Abgeordneten dürfte nach der nächsten Europawahl steigen. Wozu das führt, kann man jetzt schon in Ansätzen sehen. Dieser Mann ist Stuart Agnew. Britischer Abgeordneter der rechten UKIP-Partei. Und bekennender Klimawandel-Leugner.
Stuart Agnew, EU-Abgeordneter (UKIP) (Übersetzung Monitor): „Sie schüren Panik, indem sie sagen, wir hätten nur noch zwölf Jahre, um das Weltklima zu retten, lächerlich. Das ist einfach nur dumm.“
Im Herbst durfte Agnew als Berichterstatter für den Agrarausschuss auftreten. Es ging um die Frage, was die Landwirtschaft tun kann, um CO2 zu sparen. Die Kommission hatte dazu einen Vorschlag gemacht. Agnew durfte ihn bewerten und griff dabei tief in die klimawandel-skeptische Argumente-Kiste. Schuld an der Erderwärmung seien etwa die kosmische Strahlung, das Sonnensystem und Meeresströmungen. Der Einfluss von CO2 und anderen Treibhausgasen dagegen sei unerheblich. Kurzum, es bestehe „kein von der Kommission zu lösendes Problem“. Für anerkannte Klimaforscher absurd.
Prof. Anders Levermann, Klimaforscher: „Der Fakt, dass CO2 die Temperatur des Planeten erhöht ist keine Meinung, sondern es basiert auf Grundlagenphysik. Wir verstehen damit die Eiszeiten. Wir verstehen, warum es auf der Venus heißer ist als auf der Erde. Es ist ein gesamtes Konstrukt, was darauf basiert, auf der Grundlagenphysik basiert.“
Agnews Bericht wurde von der Mehrheit des Ausschusses abgeschmettert. Aber kritische Positionen zum Klimawandel können politisch reizvoll sein, gerade für Rechte. Gegen den Mainstream, gegen die Medien, gegen Eliten. Eine Studie der Universität Stuttgart kommt zu dem Schluss, dass 16 Prozent - rund jeder Sechste in Deutschland - glaubt, dass es gar keinen Klimawandel gibt. Das zu bedienen, kann Wählerstimmen bringen. Das weiß auch die AfD.
Karsten Hilse, Bundestagsabgeordneter, AfD (27.06.2018): „Die AfD sagt hier und heute der Irrlehre vom menschengemachten Klimawandel den Kampf an.“
Die angeblich wissenschaftliche Basis für ihre Positionen bezieht auch die AfD von erzkonservativen Denkfabriken. Dem „Europäischen Institut für Klima und Energie“ etwa, kurz EIKE. Eine Art deutsches „Heartland Institute“. Deutlich kleiner, aber ähnlich selbstbewusst. EIKE organisiert Konferenzen, schafft Öffentlichkeit für Klimawandel-Skeptiker. In klimapolitischen Fragen, sogar in parlamentarischen Anträgen, verweist die AfD gerne auf EIKE. Die Verbindungen sind eng, inhaltlich wie personell. EIKE-Klima-Konferenz Ende November. Der Mann links am Tisch ist Michael Limburg, der Vize-Präsident von EIKE. 2017 war er Bundestagskandidat der AfD, und ist heute einer der Klima-Experten der Partei. Uns hat man für die Konferenz Hausverbot erteilt, Fragen vorher sind auch nicht erwünscht.
Holger Thuss, Präsident EIKE: „Ich will hier auch nicht reinsprechen. Ich möchte, dass Sie jetzt rausgehen. Und wenn sie nicht sofort verschwinden, werde ich gewalttätig. Ich bin in der DDR aufgewachsen. Ich will Sie hier nicht sehen.“
Reporter: „Ich habe Ihnen nichts getan.“
Holger Thuss, Präsident EIKE: „Sie stehen für die Redaktion.“
Reporter: „Ich stelle Ihnen Fragen.“
Nur vier Tage später treffen wir Michael Limburg wieder. Aber diesmal nicht auf einer Konferenz von Außenseitern, sondern mitten im Deutschen Bundestag. Der Mann neben ihm ist Nir Shaviv, ein Professor aus Israel und Star der Klimawandel-Leugner-Szene. Er ist Dauergast auf EIKE-Konferenzen. Heute sitzt er im Umweltausschuss, bei einem Fachgespräch zum Klimawandel. Auf Einladung der AfD darf er dort seine Erkenntnisse verbreiten.
Prof. Nir Shaviv (Originalübersetzung Deutscher Bundestag): „Ich möchte mit etwas starten, was Sie vielleicht schockieren mag. Es gibt keinen Beweis, dass CO2 einen großen Effekt auf das Klima hat.“
Positionen wie diese finden sich nun in Bundestagsprotokollen. Als stünde in der Klimafrage Aussage gegen Aussage und Meinung gegen Meinung. Als sei sich die Wissenschaft nicht weitestgehend einig, dass es Klimawandel gibt und Menschen dafür verantwortlich sind.
Prof. Anders Levermann, Klimaforscher: „Was mir tatsächlich Sorge macht, ist die, diese Antiaufklärungs ... Geist, der hinter auch den Klima-Verneinern steckt. Wir sehen, da ist ja die Klimaforschung und die ganze Klimapolitik nur ein Teil davon, nur die Spitze des Eisberges, wenn Sie so wollen. Denn das geht ja viel weiter, viel tiefer in die Gesellschaft, dass wir einfach nicht mehr akzeptieren, was Fakten sind.“
Politisch ist der Klima-Konsens fragil. Immer mehr Rechte regieren oder stellen Präsidenten. Im polnischen Kattowitz verhandelt die Welt gerade, wie das Weltklima-Abkommen umgesetzt werden soll. Es steht viel auf dem Spiel.
Achim Pollmeier: „Immerhin, laut einer aktuellen Umfrage zum ARD-Deutschlandtrend hält die Mehrheit der Deutschen Klimaschutzmaßnahmen für sinnvoll. Die Frage ist nur, wer das machen soll? 90 Prozent befürworten strengere Auflagen für die Industrie - aber nur 26 Prozent halten es für sinnvoll, dass die Nutzung von Autos mit Verbrennungsmotor teurer wird.“
Kommentare zum Thema
Es finden also Konferenzen statt, auf denen nur Aussagen getätigt werden dürfen, die der "richtigen" Auffassung eines wissenschaftlichen Themas entsprechen? Und abweichende Thesen können nur noch auf "zweitklassigen" Konferenzen geäußert werden? Demnach haben wir keine Klimakrise, sondern eine Wissenschaftskrise! Wenn unabhängige Forschung pauschal diffamiert wird und ungewünschte Forschungsergebnisse nicht oder nur erschwert veröffentlicht werden können, erhöht das nicht gerade die Chance, die Wahrheit herauszufinden! Ihre eingefärbte Berichterstattung darüber ist eines jedenfalls ganz sicher nicht: Unabhängiger, investigativer Journalismus. Zitate von "anerkannten Wissenschaftlern", wie Prof. Leverman: "Der Fakt, dass CO2 die Temperatur des Planeten erhöht ist keine Meinung", dürften hier sonst nicht auftauchen! Hier wird versucht, wissenschaftliche Annahmen als eine unumstößliche Tatsache (Dogma) zu verkaufen. Das ist wissenschaftlich und journalistisch hochgradig unseriös!
„Toller“ Tendenz-Journalismus, Qualitäts-Journalismus geht anders.
Der Levermann weiß ja nicht mal, wie ein CO2 Molekül physikalisch aussieht (Beweis siehe Bundestags.Anhörung, als er ein Dipol zeigte). Wie will ausgerechnet der sich auf die Physik berufen (abgesehen von anderen Widersprüchen, ion denen er sich verfing)? Abgesehen davon, dass er vom Potsdamer Institut für Klimawandel kommt, also politisch befangen ist (weil es ohne die These des menschengemachten Klimawandels es dieses Institut nicht gäbe: also klar, was der niemals zugeben würde, selbst wenn es so wäre).