MONITOR vom 16.08.2018

Angriff aufs Kirchenasyl: mit Schützenhilfe der Grünen

Bericht: Torsten Reschke, Kim Otto

Angriff aufs Kirchenasyl: mit Schützenhilfe der Grünen [zweite Fassung] Monitor 16.08.2018 07:22 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste

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Georg Restle: „Wenn Kirchen Flüchtlingen Asyl geben, bewegen sie sich meist auf schmalem Grat. Denn streng genommen verstoßen sie damit gegen weltliches Recht, weil sie sich auf ein höheres Recht beziehen, auf Humanität nämlich oder christliche Nächstenliebe. Bisher hat der Staat das geduldet, weil die Zahl der Flüchtlinge überschaubar ist und die Kirchen eng mit staatlichen Stellen kooperieren. Doch jetzt soll das Kirchenasyl erheblich erschwert werden. Die Innenminister der Länder wollen das so und haben deshalb die Regeln geändert. Ganz vorne mit dabei: Schleswig-Holstein. Ausgerechnet Schleswig-Holstein, wo auch die Grünen mitregieren. Und denen war das Kirchenasyl eigentlich immer heilig. Was das alles für die Betroffenen bedeutet, zeigen Ihnen jetzt Kim Otto und Torsten Reschke.“

Saher Metro möchte gerne Maler werden, eine Lehre machen. Aber im Moment kann er nur dem Hausmeister helfen. Er darf nicht mal dieses Gelände verlassen. Denn Saher ist im Kirchenasyl. Er gehört zur Glaubensgemeinschaft der Jesiden, die im Nord-Irak vom IS verfolgt wurde. Jetzt ist er erstmal froh, nach seiner Flucht aus dem Kriegsgebiet in Deutschland angekommen zu sein.

Saher Metro, Flüchtling im Kirchenasyl (Übersetzung Monitor): „Deutschland ist sehr gut zu den Jesiden. Außerdem leben hier meine Eltern, Geschwister und viele Verwandte. Meine ganze Familie ist doch hier. Deswegen möchte ich unbedingt in Deutschland bleiben.“

Normalerweise würde er als Jeside in Deutschland ohne Probleme als Flüchtling anerkannt werden. Aber weil er die EU zuerst in Rumänien betreten hat, soll er dorthin zurück - für ihn unvorstellbar. Denn in Rumänien, so erzählt er, sei er von der Polizei misshandelt und ins Gefängnis gesteckt worden. Dabei habe man ihm sogar die Hand gebrochen. Besuch seiner Familie im Kirchenasyl. Eine absurde Situation: Sein Vater wohnt nur einen Steinwurf entfernt, gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern. Der Vater bekam als Jeside problemlos einen Flüchtlingsstatus. Die Kinder durften nachkommen. Nur Saher musste im Nordirak zurückbleiben. Er war gerade 18 geworden und für den Familiennachzug damit zu alt. Saher schlug sich allein nach Deutschland durch. Jetzt ist die Sorge groß, dass er doch noch abgeschoben wird.

Ismael Metro (Übersetzung Monitor): „Ich habe sehr große Angst, dass uns unser Sohn weggenommen wird, dass der Mutter der Sohn genommen wird, nachdem sie schon so lange getrennt waren.“

Deshalb hat ihn die Herrnhuter Brüdergemeine in Königstein im Schwarzwald ins Kirchenasyl aufgenommen. Die Behörden wurden darüber ordnungsgemäß informiert. Die evangelische Gemeinde will seine Abschiebung verhindern.

Pfarrer Christoph Huss, Herrnhuter Brüdergemeine Königsfeld: „Und wo andere gebeugt und gedemütigt werden, da sollten wir nicht untätig zuschauen. Darum ist es gut, dass wir Saher bei uns aufgenommen haben, hier ins Kirchenasyl.“

Die Gemeinde ist bereit, Saher sechs Monate lang unterzubringen. Danach wäre Deutschland für sein Asylverfahren zuständig und würde ihn höchstwahrscheinlich anerkennen. Wenn Saher also in Deutschland bleiben will, muss er hier ausharren. Kirchenasyle wie dieses gab es bundesweit im vergangenen Jahr 1551-mal. Zuviel, sagen die Innenminister von Bund und Ländern. Sie wollen das nicht weiter hinnehmen und haben jetzt eine Verschärfung beschlossen. Statt sechs Monate wie bisher müssen Menschen wie Saher ab sofort 18 Monate im Kirchenasyl ausharren, um nicht abgeschoben zu werden - dreimal so lang. Für Flüchtlinge wie Saher heißt das, längere Unsicherheit - getrennt von der Familie. Und viele Kirchen könnten künftig wohl nur noch weniger oder gar keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. Erst vor drei Jahren hatten sich Staat und Kirche auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt. Die neue Regelung ist für die Kirchen ein Frontalangriff auf das Kirchenasyl.

Manfred Rekowski, Präses Evangelische Kirche im Rheinland: „Dass die Politik an dieser Stelle nun zu Verschärfungen greift, das führt am Ende nur dazu, dass es Quäleinheiten wird für die Schutzsuchenden, ihre Zeit der Unsicherheit verlängert sich, und es wird mühsamer für die Kirchengemeinden, 18 Monate lang dann für die Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge zu sorgen.“

Diese Verschärfung geht auf eine Initiative aus Schleswig-Holstein zurück. Hier regiert ein sogenanntes Jamaika-Bündnis. Bedeutet: neben CDU und FDP haben ausgerechnet auch die Grünen den Beschluss hingenommen. Das CDU-geführte Innenministerium will uns dazu kein Interview geben. Schriftlich teilt man uns, man habe das Thema Kirchenasyl auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz gesetzt

Zitat: „(…) weil die Zahl der gemeldeten Kirchen-Asylfälle in Schleswig-Holstein (…) seit dem Jahr 2015 erheblich angestiegen war.“ 2015 waren es 31 Fälle, 2017 103 Fälle.

Manfred Rekowski, Präses Evangelische Kirche im Rheinland: „Jedes einzelne Kirchenasyl  erinnert eigentlich den Rechtsstaat daran, dass er seine Praxis noch einmal überprüfen muss. Und ein Rechtsstaat, der souverän ist, kann eigentlich auch souverän damit umgehen. Insofern verstehe ich den Hinweis auf die Zahlen überhaupt nicht; die Zahl der Flüchtlinge ist 2015 deutlich gestiegen, die Verfahren laufen, und insofern hat sich auch die Zahl der Kirchenasyle erhöht - aber wirklich nicht nennenswert.“

Die Grünen in Schleswig-Holstein fühlen sich von ihrem Innenminister überrumpelt. Sie sind mit der Initiative gegen das Kirchenasyl nicht einverstanden, aber etwas dagegen unternommen haben sie auch nicht.

Eka von Kalben, B‘90/Grüne, Fraktionsvorsitzende Schleswig-Holstein: „Trotzdem ist es unsere Rolle auch deutlich zu machen, dass wir auch zum Kirchenasyl stehen und dass wir mit der Rolle, die unser Innenministerium in Schleswig-Holstein da gespielt hat, überhaupt nicht einverstanden sind.“

Reporter: „Aber wäre es da nicht konsequent, die Koalitionsfrage zu stellen?“

Eka von Kalben, B‘90/Grüne, Fraktionsvorsitzende Schleswig-Holstein: „Nein, die Koalition deshalb zu beenden, wäre nicht konsequent, weil wir damit nicht irgendetwas bewirken könnten, sondern wir würden sozusagen nicht irgendetwas verbessern an der Situation. Deshalb wäre es nicht eine Frage, die Koalition aufgeben, sondern es ist eine Frage, wo ich innerhalb der Koalition gemeinsam mit unserem Innenministerium für Verbesserungen kämpfen werde.“

Reporter:  „Ist das nicht inkonsequent?“

Eka von Kalben, B‘90/Grüne, Fraktionsvorsitzende Schleswig-Holstein: „Nein, das ist politisch vernünftige Vorgehensweise.“

Grüne Realpolitik, offenbar auch in acht anderen Landesregierungen, an denen die Grünen beteiligt sind. Nicht eines dieser Länder hat Einspruch erhoben in der Innenministerkonferenz. Pfarrer Axel von Dressler ist zwar schon im Ruhestand, aber das Schicksal der Flüchtlinge lässt ihm keine Ruhe. Das Kirchenasyl für Saher war seine Idee. Für ihn ist klar, die Gemeinde wird sich allen Verschärfungen zum Trotz einer möglichen Abschiebung widersetzen.

Axel von Dressler, Herrnhuter Brüdergemeine: „Wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt. Saher geht nicht zurück ins Gefängnis. Es wird ihm nicht noch einmal die Hand gebrochen. Er bleibt hier, bei seiner Familie.“

Georg Restle: „Vielleicht so etwas wie ein grüner Sündenfall.“

Kommentare zum Thema

  • Müller 03.09.2018, 13:19 Uhr

    Außer bei den grün-links-68er überzeugten Anhängern - welche vermutlich glücklich darüber sind dass der deutschstämmige Bevölkerungsanteil in Deutschland schwindet - machen sich andere Mitbürger im Land Gedanken wie die massenhafte Zuwanderung gestoppt, zumindest ausgebremst werden kann. Würden die Kirchen gleich der Politik unserer für die Politik Verantwortlichen und deren Meinungsmacher nun auch einen unbegrenzten Zuzug von Asylanten in die Kirchengebäude zulassen gäbe es keine christlichen Kirchen mehr in Deutschland, es gäbe in den ursprünglich christlichen Kirchen noch nicht einmal Stehplätze für die offiziell „Asylanten“ genannte Menschen. Die einfachste Möglichkeit den Zuzug nach Deutschland auszubremsen wäre meiner Meinung nach die den Asylanten gegönnten Unterstützungen auf ein lebensfähiges Minimum zu begrenzen, gleich einiger anderer EU-Länder in welchen kein Asylant einreisen will (weil sich dort hin zu reisen nicht lohnt).

  • Grün 03.09.2018, 12:56 Uhr

    Es ist klar, den Grünen geht es meiner Beobachtung nach nicht um Menschlichkeit sondern um Durchsetzung ihrer diktatorischen, internationalistisch gesinnten Ideologie. Das ist nun auch wieder in Chemnitz zu beobachten. Die von der grün-links-68er Ideologie Abhängigen verurteilen meinem Eindruck die Demonstrationen weitaus stärker als die Verbecher, welche Menschen niedergestochen haben von denen einer starb. Auch die Aufregung über die Veröffentlichung des Names eines mutmaßlichen Täters scheint bei denen stärker zu sein als das Verbrechen selbst, welches die Randaledemonstrationen verursachte. Die Zeit eines Grünen Pazifismus ist Vergangenheit. Die Grünen wirken aggressiv und kriegsbefürwortend. Seit dem Jugoslawienkrieg, in den die Grünen (und SPD) unsere Bundeswehr zum ersten Mal in einen Krieg schickten haben sie sich für fast jede Kriegsbeteiligung unseres Landes ausgedrückt. Wären die Grünen in einer alleine Regierungsverantwortung gäbe es wieder eine Diktatur in Deutschland.

  • Chemnitz 01.09.2018, 11:07 Uhr

    ....gerade Chemnitz zeigt das versagen der gestandenen politischen Parteien zu Gunsten der Rechten! Wenn diese Politiker die Verantwortung für ihr versagen übernehmen würden müssten sie ausnahmslos alle zurücktreten! Nicht die Chemnitzer sind schuld oder rechtsgerichtet sondern die großkotzigen Politiker die absolut nichts verstanden haben!