MONITOR vom 20.10.2016

Falkin im Weißen Haus? Die aggressive Außenpolitik von Hillary Clinton

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Bericht: Nikolaus Steiner, Frank Konopatzki, Lucas Eiler

Falkin im Weißen Haus? Die aggressive Außenpolitik von Hillary Clinton

Monitor 20.10.2016 07:28 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste

Georg Restle: „Ob und zu welchen Bedingungen es Frieden in Syrien geben wird, das hängt ganz entscheidend auch vom Ausgang der US-Wahlen in drei Wochen ab. Glaubt man den Umfragen, steht Hillary Clinton als Siegerin ja schon so gut wie fest. Deshalb erstaunt es, dass auch in deutschen Medien zwar jede Menge über die ziemlich unerträglichen Eskapaden ihres Herausforderers Trump berichtet wird, aber nur relativ wenig über die außenpolitische Agenda der Hillary Clinton. Dabei lohnt es sich sehr genau darauf zu schauen, was Clintons Politik nicht nur für Syrien, sondern auch für die anderen Krisenherde dieser Welt bedeuten könnte. Nikolaus Steiner und Lucas Eiler zeigen Ihnen, was da auch auf uns zukommen könnte.“

Hillary Clinton, die Alternativlose. Hauptsache, einen Donald Trump verhindern. Nach aktuellen Umfragen wird Clinton in drei Wochen die mächtigste Frau der Welt sein. Aber was bedeutet das für eine Welt voller Konflikte? In der Ukraine, im Irak, in Syrien, Libyen und vielen anderen Orten? Was erwartet die Welt mit einer Präsidentin Hillary Clinton?

Daniel L. Davis, Militäranalyst (Übersetzung Monitor): „Wenn Hillary Clinton ins Weiße Haus einzieht, werden wir eine wesentlich aggressivere und militarisiertere Außenpolitik der Vereinigten Staaten erleben. Vor allem wenn wir uns anschauen, wie sich Clinton in den letzten 20 Jahren verhalten hat. Als Präsidentin wird sie dann wesentlich mehr Macht haben und es gibt nichts, das sie hindert.“

Rückblick - Irak, 2003: Die USA marschieren ohne UN-Mandat ein. George W. Bush fordert den Sturz von Saddam Hussein, weil dieser über Massenvernichtungswaffen verfüge. Aber die werden nie gefunden. Clinton, damals Senatorin, stimmte zuvor für die entscheidende Resolution, obwohl knapp die Hälfte der Demokraten im Senat dagegen war. Das hatte fatale Folgen. Der Irak stürzte ins Chaos, der Islamische Staat wurde hier groß. Clinton sagt heute, ihre Stimme für den Einsatz sei ein Fehler gewesen - sie habe daraus gelernt. Aber stimmt das?

Libyen, 2011. Es kommt zu Aufständen gegen den damaligen Diktator Muammar al-Gaddafi. Clinton ist mittlerweile US-Außenministerin. Wieder fordert sie ein militärisches Eingreifen, zunächst, um eine Flugverbotszone durchzusetzen. De facto wird daraus das Ende des Gaddafi-Regimes.

Hillary Clinton, 17.03.2011 (Übersetzung Monitor): „Eine Flugverbotszone erfordert - da sind sich Militärexperten einig - dass wir unsere Flugzeuge und Piloten schützen müssen. Und das bedeutet, dass wir das libysche Verteidigungssystem bombardieren müssen.“

US-Präsident Obama zögert, aber lässt sich schließlich überreden. Clintons außenpolitische Beraterin schreibt ihr am ersten Tag der Bombardements:

Zitat: „Den Präsidenten in dieser Frage umgedreht zu haben, ist ein großer Sieg für alles, wofür wir zusammen gearbeitet haben.“

Libyen zerfiel in Chaos und Anarchie. Dutzende Milizen ringen heute um die Vorherrschaft, der Islamische Staat breitete sich aus. Präsident Obama bezeichnet den Libyen-Einsatz als größten Fehler seiner Amtszeit. Clinton kann bis heute darin keinen grundlegenden Fehler erkennen.

Prof. Günter Meyer, Universität Mainz, Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt: „Das Grundmuster der Außenpolitik von Hillary Clinton ist immer gewesen, die Regime, die nicht im Interesse der USA agierten, zu stürzen, auszuwechseln. Das war der Fall im Irak, die Invasion dort. Das war der Fall in Libyen. Das Ergebnis in allen Fällen ist gescheiterter Staat, Chaos, humanitäre Katastrophe.“

Aber wo steht Hillary Clinton, die designierte Nachfolgerin Obamas, heute? Aufschluss darüber könnte dieses Strategiepapier geben. Titel: „Amerikas Macht ausbauen“. Hauptziel darin:

Zitat: „Die Ausweitung der amerikanischen Macht und der Führung in Asien, Europa und dem erweiterten Mittleren Osten“

Und weiter heißt es:

Zitat: „Ein dringend erforderlicher erster Schritt besteht in der deutlichen Erhöhung der nationalen Sicherheits- und Verteidigungsausgaben.“

Unterzeichnet wurde das Papier von einer Reihe von Clinton-Bekannten. Zum Beispiel Kurt Campbell, ehemaliger Referatsleiter unter Clinton im Außenministerium. Michèle Flournoy, unter Obama Staatssekretärin im Pentagon. Sie wird als künftige Verteidigungsministerin unter Clinton gehandelt. James Rubin, ehemaliger Chefsprecher im Außenministerium unter Bill Clinton. Er schrieb Hillary nach der Intervention in Libyen: Das nächste Ziel müsse es sein, das Assad-Regime militärisch zu stürzen. Das koste wenig, bedeute aber einen großen Ertrag. Aber auch Republikaner sind dabei. Zum Beispiel Robert Kagan, ein Hardliner und Bush-Anhänger, der nun Spenden für Hillary Clinton sammelt. „Die Mehrheit in meinem Umfeld wird Hillary wählen“, sagte er.

Prof. Jeffrey Sachs, Leiter UN-Sustainable Development Solutions Network (Übersetzung Monitor): „Hillary Clinton hat mit vielen der Unterzeichner zusammengearbeitet. Sie kennt sie alle, sie alle unterstützen Clinton. Diese neokonservative, militarisierte Vision von Amerika teilen viele derer, die sie umgeben. Sie wird von diesen Menschen beeinflusst und einige von ihnen werden voraussichtlich hochrangige Positionen in der Regierung bekommen.“

Beispiel Syrien: Es gebe hier „keine politische Lösung“, deshalb fordern die Strategen „…die notwendige militärische Gewalt anzuwenden…“, mit einer „Flugverbotszone“ und „Bewaffnung, Ausbildung und Schutz einer bedeutsamen Oppositionsbewegung“.

Hillary Clinton, 10.10.2016 (Übersetzung Monitor): „Als Außenministern war ich für eine Flugverbotszone und sichere Zonen, und das bin ich heute auch.”

Flugverbotszone klingt gut, bedeutet aber, dass bis zu 30.000 US-Soldaten in Syrien einmarschieren müssten, schätzt selbst das US-Außenministerium.

Anderes Beispiel, Golfstaaten. Hier plädiert Hillary Clinton für eine weitere, massive Aufrüstung der Regime am Persischen Golf, wie etwa Saudi-Arabien. Obwohl das Königshaus die Konflikte in Syrien und im Jemen seit Jahren befeuert. Auf ihrer Homepage heißt es:

Zitat: „Clinton wird die Sicherheitskooperationen mit unseren Verbündeten am Golf ausbauen. Etwa den Austausch von Geheimdienstinformationen, militärische Rückendeckung und Raketenabwehr…“

Das fordern auch die Clinton-Vertrauten in ihrem Strategiepapier vom Center for a New American Security. Eine Denkfabrik, die laut eigenen Angaben zu einem großen Teil von der US-Rüstungsindustrie finanziert wurde. Zum Beispiel von Boeing, Northrup Grumman, Lockheed Martin und vielen anderen. Mit Clinton wird es wohl eine Neuausrichtung der US-Außenpolitik geben. Mit Folgen auch für die Bündnispartner, also auch für Deutschland.

Prof. Andrew Bacevich, Boston University, Militärhistoriker (Übersetzung Monitor): „Sie wird nicht zögern, militärische Gewalt anzuwenden. Sie wird vielleicht zögerlich sein, wenn es darum geht in Staaten einzumarschieren und diese zu besetzen. Aber sie wird nicht zögern zu bombardieren, sie wird nicht zögern Spezialkräfte einzusetzen. All das werden die Merkmale einer Clinton-Regierung sein.“

Hillary Clinton. Ihre außenpolitische Agenda könnte die Welt verändern. Ob sie damit friedlicher wird, darf bezweifelt werden.

Stand: 21.10.2016, 12:55 Uhr

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32 Kommentare

  • 32 Erich Groß 03.06.2020, 20:27 Uhr

    Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er gegen unsere Netiquette verstößt. (die Redaktion)

  • 31 Reiner Tiroch 18.06.2019, 21:27 Uhr

    Ob Hillary oder andere wie der Tramp sind alle gleich. Jeder Präsident will seinen eigenen Krieg haben. Und weil der Obama nur der größte Drohnen-Töter der Welt ist, bekam er den Friedensnobelpreis, gell? Trampt zündelt an allen Ecken und Enden und will den Iran platt machen weil Israel sich das schon lange wünscht. Er will auch den Atomaren 1. Schlag gegen Russland und China! Seine Denkfabrik hat schon Pläne dazu. Russen und Chinesen haben sowas bestimmt auch in der Tasche.

  • 30 Michael 26.04.2019, 05:39 Uhr

    Ich bin nun wahrhaftig kein Trump Fan. Aber Hillary hätte uns wohl in den Krieg in Europa geführt. Wahrlich monströs fiese Vorstellung. Vielen Fsnk für Ihren hervorragenden Bericht. So geht guter Journalismus!

  • 29 Vorbildlich 26.04.2019, 05:29 Uhr

    Ich bin nun wahrhaftig kein Trump Fan. Aber Hillary hätte uns wohl in den Krieg in Europa geführt. Wahrlich monströs fiese Vorstellung. Vielen Fsnk für Ihren hervorragenden Bericht. So geht guter Journalismus!

  • 28 Tanja K. 09.11.2016, 17:38 Uhr

    Ich danke Gott, dass uns diese menschenverachtende Kriegstreiberin erspart wurde und das kleinere Übel, der Frauen und Menschen verachtende jedoch zumindest nicht unverzüglich kriegstreibende Trump gewählt wurde. Die Sprachlosigkeit unserer Regierung diesbezüglich spricht für sich!

  • 27 Ma 07.11.2016, 12:25 Uhr

    Endlich mal kein Pro-Hillary Beitrag, welcher die Gefahren von Hillary aufzeigt.

  • 26 reiner tiroch 06.11.2016, 16:21 Uhr

    die bisher gezeigten Fotos von Hillary machen bewußt Angst! sie schaut wie der Teufel drein, oder als wenn sie Irre wurde. letzeres belegt sie ja selber, indem sie rotzfrech China und Russland mit Krieg droht. alles ist ausgelegt, dass dieser in Deutschland stattfinden soll. von dem her ist mir der Trampel aber lieber. lol.

  • 25 Giebelhäuser,B. 04.11.2016, 10:22 Uhr

    Es überrascht mich SEHR, das im öffentlich- rechtlichen Fernsehn noch anständige, warheitsbezogene journalistische Arbeit veröffentlicht wird!Damit habe ich schon nicht mehr gerechnet u.bin nur durch Zufall im Onlineportal auf Ihren Monitorbeitrag gekommen. Weiter so, das wäre erstrebenswert!

  • 24 Michael H. 02.11.2016, 20:43 Uhr

    Das Problem ist doch das Hillary nicht viel besser ist als Trump. Auf der anderen Seite ist das was man über Hillary schreibt auch Kaffeesatz-Leserei. Die Wahl Clinton - Trump ist eine Wahl Pest od. Cholera, ich weiß nur nicht ob man Hillary eher "kontrollieren" kann als Trump.

  • 23 Martin M. 26.10.2016, 18:27 Uhr

    Es ist erfrischend mal etwas Kritisches über Clinton zu lesen. Tatsache ist, dass Clinton verantwortlich für das Libyen-Desaster ist, genauso wie sie anteilig für die Syrien- und Ukraine-Krisen verantwortlich ist. Ihre Kriegsrhetorik auch in Bezug auf Putin und Russland ist sehr beängstigend. Russland ist unserer Partner und nicht unser Feind. Wir müssen die russischen Interessen respektieren und auf Russland zugehen. Was die Amis innenpolitisch veranstalten, interessiert mich nicht, aber US-amerikanische Außenpolitik betrifft uns alle. Die aktuelle Flüchtlingskrise ist eine direkte Folge der desaströsen US-Kriegspolitik in Nahost- und Nordafrika. Bezahlen darf Deutschland & Europa. Leider ist Merkel eine Handpuppe der Amerikaner und führt jeden Befehl des weißen Hauses aus. Merkel hat uns zu dummtreuen Vasallen von skrupellosen Transatlantikern gemacht. Leider schaut es danach aus, dass Merkel eine weitere Kanzlerkandidatur machen wird, d.h. weiterhin vor dem Ami buckeln und ...

  • 22 Clemens 24.10.2016, 09:59 Uhr

    Wann erkennt Europa endlich die Machenschaften der USA. Regime-Change aller Orten Direkt gefördert von den Amis, oder ihrer NGO`s. Nicht nur in den Staaten im Nahen Osten, nein auch in der Ukraine haben sie ihre Finger im Spiel. Sie schaffen die Probleme - Krisenherde überall. Die Probleme mit Flüchtlingen, Sanktionen gegen Russland treffen aber Europa und destabilisieren es. Bis über den "Großen Teich" kommen die Flüchtlinge kaum, die Sanktionen treffen hauptsächlich die europäische Wirtschaft. Hinzu kommen die Bedrohungen der Nato - federführend durch die USA. Auch das trifft in erster Linie Europa. Und was macht Europa: Rüstet auf, obwohl es nun wirklich dringenderes gäbe. Kämpft gegen die Flüchtlinge - die durch hausgemachte Regime-Change erst entstanden und schlägt sich mit schlechten Handelsbilanzen herum, die Folge der Sanktionspolitik sind. Zum Dank kaufen wir dreckiges Frakking-Öl aus den USA, Verhandeln um ein Handelsabkommen (TTIP+SETA etc.), das europäische Rechte un ...