MONITOR vom 09.12.2021

Neue Regierung: Wo ist die grüne Verkehrswende?

Bericht: Dominik Braun, Lisa Seemann

Neue Regierung: Wo ist die grüne Verkehrswende? Monitor 09.12.2021 04:58 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Dominik Braun, Lisa Seemann

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Georg Restle: "Seit gestern ist sie jetzt also im Amt – die neue Bundesregierung Und eine Schonfrist dürfte sie schon wegen Corona kaum haben, aber nicht nur deshalb. Die Kritik am Koalitionsvertrag war jedenfalls unüberhörbar, vor allem beim Thema Klimaschutz. Eine Verkehrswende wurde da von SPD und Grünen im Wahlkampf versprochen. Weg von Auto und Flugzeug, hin zu Bussen, Bahn und E-Mobilität. Übrig geblieben sind davon jede Menge vage Formulierungen – und ein Minister der FDP, dem das Auto deutlich mehr am Herzen zu liegen scheint als so manchem Grünen."

Das Auto, Liebling der Deutschen und einer der größten Klimakiller des Landes. Der Verkehrssektor ist für etwa 20 Prozent der deutschen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Andere klimaschädliche Sektoren konnten ihren CO2-Ausstoß seit 1990 deutlich senken – im Verkehr sind sie sogar gestiegen. Grüne und SPD forderten deshalb vor der Wahl eine umfassende Verkehrswende.

Anton Hofreiter (B'90/Die Grünen), Bundestagsabgeordneter (07.10.2020): "Wir haben gesehen, dass seit 30 Jahren der CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich nicht sinkt. Und deshalb ist es notwendig, da grundlegend was anders zu machen."

Sören Bartol (SPD), Bundestagsabgeordneter (07.10.2020): "Natürlich brauchen wir einen Umbau unseres Verkehrssystems hin zu mehr Nachhaltigkeit. Wir wollen ein Verkehrssystem, das Mobilität umweltgerecht ermöglicht und insbesondere in den Städten auch mit weniger Autoverkehr funktioniert."

Cem Özdemir, Bundestagsabgeordneter (10.12.2020): "Ich wünsche mir einen Verkehrsminister, eine Verkehrsministerin, die das klar benennt, die deutlich macht, wir müssen raus aus den fossilen Kraftstoffen!"

Das Verkehrsministerium haben SPD und Grüne nun aber anderen überlassen. Neuer Verkehrsminister ist Volker Wissing, FDP. Und die konnte sich offenbar mit vielen Positionen durchsetzen. Im Koalitionsvertrag ist von "Verkehrswende" wenig zu spüren. Die Ampel verspricht zwar einen deutlichen Ausbau der E-Mobilität – 15 Millionen E-Autos sollen bis 2030 unterwegs sein – aber konkrete Maßnahmen, mit denen Emissionen schnell gesenkt werden könnten, sind kaum vorgesehen. Das Tempolimit zum Beispiel könnte Emissionen senken und Sicherheit erhöhen. Kommt aber nicht. Die Pendlerpauschale ist nach Einschätzung von Fachleuten zwar sozial ungerecht und klimaschädlich – bleibt aber. Umweltschädlichen Diesel teurer machen? Ein offener Streitpunkt. Und auch eine grundlegende klimafreundliche Reform der Kfz-Steuer ist wohl nicht geplant. Mehr sei nicht drin gewesen, sagen Grüne und SPD. Zu wenig für eine echte Verkehrswende, sagen Fachleute.

Christian Hochfeld, Agora Verkehrswende: "Die Instrumente, die jemanden bewegen, ein Elektroauto zu kaufen im Vergleich zum Verbrenner, fehlen. Das heißt eine Differenzierung der Kfz-Steuer nach den CO2-Emissionen, eine Reform der Dienstwagenregelungen, eine Reform der Entfernungspauschale. All diese steuerlichen Instrumente, die sozusagen den das Elektroauto preislich attraktiv im Verhältnis zum Verbrenner machen, das ist leider bisher eine Leerstelle."

Enttäuschung an der grünen Parteibasis. Monika Herrmann war lange Bezirksbürgermeisterin in Berlin. Für sie gehört eine klimafreundliche Verkehrspolitik zum grünen Markenkern. Mehr Platz für Radfahrer und generell weniger Autos. Auch dann, wenn es sich um E-Autos handelt.

Monika Herrmann, ehem. Bezirksbürgermeisterin Berlin Friedrichshain-Kreuzberg: "Das, was angesprochen wird, ist, dass wir den Antrieb verändern. Das reicht aber nicht. Also, nur eine Antriebswende letztendlich ist keine Verkehrswende. Wir bleiben also auf dem Fokus des Autos. Der Radverkehr steht drin. Da versucht man auch, den Status Quo zu halten, aber letztendlich, es gibt keinen Ausbau, es gibt kein Umdenken für die Städte."

Weniger Fliegen, mehr Bahnfahren. Auch das forderten Grüne und SPD vor der Wahl. Die Aussagen im Koalitionsvertrag bleiben aber auch hier ziemlich vage. Die Luftfahrt wolle man

Zitat: "nachhaltig und leistungsfähig weiterentwickeln",

heißt es jetzt. Von einem Verbot von Kurzstreckenflügen ist nicht mehr die Rede. Die Bahn soll zwar wettbewerbsfähiger gemacht werden. Günstiger aber nur "sofern haushalterisch machbar".

Alles in allem viel zu wenig, sagen Verkehrsexperten wie Christian Hochfeld.

Christian Hochfeld, Agora Verkehrswende: "Zunächst einmal werden wir die Klimaschutzziele im Verkehrssektor nicht erreichen. Das heißt, ich sehe auch nicht, dass in anderen Sektoren so viel mehr gemacht werden kann, dass man das ausgleichen könnte. Das heißt, wir werden auf jeden Fall unseren Kindern und den kommenden Generationen Mehrkosten aufbürden und gleichzeitig auch Freiheit nehmen. Freiheit, mobil zu sein und Freiheit, ihr Leben auszuleben.“

Gestern hat der neue Verkehrsminister sein Amt angetreten. Von seinem viel kritisierten Vorgänger Andreas Scheuer gab es Geschenke – und ein ziemlich vergiftetes Lob: „Der neue Koalitionsvertrag könnte von mir sein“, sagt der Mann, der bei SPD und Grünen als größter Verhinderer einer Verkehrswende galt.

Kommentare zum Thema

  • Anonym 18.01.2022, 11:35 Uhr

    In Moskau lacht man sich über Annalena, die von den WDR-Konsomolzen hochgejazzt worden ist , tot ! Gut so; so kann man auch Probleme mit Putin lösen !

  • Wann krachts in D ? 13.01.2022, 10:42 Uhr

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  • Anonym 06.01.2022, 11:18 Uhr

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