MONITOR vom 25.08.2022

Gefährlicher Bundeswehreinsatz: Putins Söldner in Mali

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Bericht: Shafagh Laghai, Nikolaus Steiner

Gefährlicher Bundeswehreinsatz: Putins Söldner in Mali

Monitor 25.08.2022 09:54 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Shafagh Laghai, Nikolaus Steiner

Achim Pollmeier: "Doch im Schatten dieses Krieges tut sich – weit weg von der Ukraine – fast unbemerkt eine neue Front auf; in Westafrika nämlich, in Mali. Dort kommen immer mehr russische Söldner ins Land. Sie stützen die Militärjunta mit Waffen und Gewalt und kommen dabei auch deutschen Soldatinnen und Soldaten gefährlich nahe. Denn in Mali sind im Rahmen einer UN–Friedensmission über tausend Bundeswehrkräfte stationiert. Sie sollen dem Land zu stabilen Verhältnissen helfen. Inzwischen scheint dieses Ziel weit entfernt – und die russischen Söldner sehr, sehr nah. Shafagh Laghai und Nikolaus Steiner."

Ein russisches Propagandavideo. Die Botschaft: Russische Söldner bekämpfen Dschihadisten in Afrika. Die Russen ergeben sich nicht, sagt er. Sie kämpfen schonungslos und mit Erfolg. Ihr Name: Wagner. Wagner – das sind skrupellose russische Söldner. Ein Militärunternehmen – gegründet von einem Rechtsextremen – das offenbar im Auftrag des Kreml auch schmutzige Missionen übernimmt. Immer wieder werden den Söldnern Folter, Mord und schlimmste Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen; wie hier in der Zentralafrikanischen Republik. Nun sind sie auch in Mali aktiv. Etwa eintausend russische Söldner sind es laut US–Militär. Offiziell bildet Russland malische Soldaten aus, liefert Ausrüstung und unterstützt im Kampf gegen Dschihadisten.

Enrica Picco, International Crisis Group (Übersetzung Monitor): "Wagner präsentiert sich als Sicherheitsdienstleister für afrikanische Regime. Wir sehen das jetzt auch in Mali, wo die Militärjunta immer stärker auf die Russen anstatt auf den Westen setzt. Russland sendet auf diese Weise auch eine Botschaft an den Westen. Dass sie trotz des Krieges in der Ukraine stark sind und an mehreren Kriegsschauplätzen in der Welt präsent sein können."

An fünf Standorten in Mali sind mittlerweile russische Söldner stationiert. Vergangene Woche auch erstmals am Flughafen in Gao. Brisant, denn in Gao ist auch die UN–Mission Minusma stationiert. Die Bundeswehr stellt mit knapp eintausend Soldaten das größte Kontingent. Es ist der gefährlichste Einsatz der Bundeswehr. Sie sollen die malische Armee in ihrem Kampf gegen Dschihadisten unterstützen. In einem vertraulichen Bericht der Bundeswehr, der MONITOR vorliegt, heißt es nun:

Zitat: "20 bis 30 Personen in militärischen Uniformen" offensichtlich

Zitat: "Angehörige RUS Sicherheitskräfte" seien am Flughafen in Gao angekommen.

In einer ebenfalls vertraulichen Standortmarkierung wird deutlich: Die russischen Sicherheitskräfte – wahrscheinlich Wagner–Söldner – befinden sich nur knapp einen Kilometer vom deutschen Lager Camp Castor entfernt. Der Flughafen in Gao ist von zentraler Bedeutung für die UN–Mission, für die Versorgung und den Transport der Truppen. Bisher wurde er von den französischen Soldaten kontrolliert – doch vor knapp zwei Wochen haben die sich komplett aus Mali zurückgezogen. Nun entscheiden wohl russische Söldner mit, wer hier reinkommt und wer raus kann.

Stefan Meister, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik: "Natürlich geht’s darum, zentrale Infrastruktur in Mali zu kontrollieren und Mitsprache auch zu haben über Entscheidungen, was Überflugrechte, wer einreisen darf und dergleichen betrifft. Natürlich, also, hier … hier mit relativ wenig Aufwand ist Russland hier dazu in der Lage, diesen … diesen Einsatz massiv zu beeinflussen."

Ohne verlässlichen Zugang zum Flughafen wären die deutschen Soldaten quasi handlungsunfähig. Mitten im Ukraine–Krieg hat die Bundeswehr nun also auch direkt mit Putin und seiner Söldnerarmee zu tun. Und die geht – Beobachtern zufolge – äußerst brutal vor. Das zeigt der Fall der Stadt Moura in Zentral–Mali. Ende März stürmten malische Soldaten gemeinsam mit russischen Wagner–Söldnern die Stadt, angeblich, um sie von Dschihadisten zu befreien. Und während die Welt auf die Ukraine blickte, beteiligten sich russische Kämpfer offenbar auch hier an brutalen Gräueltaten. Er kommt aus Moura, saß mit hunderten Männer da, die Hände auf dem Rücken, während einer nach dem anderen neben ihm erschossen wurde, erzählt er. Das Trauma sitzt tief, er will nicht erkannt werden.

Mann: "Sie haben drei Tage lang wahllos normale Bürger geholt und hingerichtet. Vor den weißen Soldaten hatten wir solche Angst. Eine Geste hat gereicht und sie haben die Menschen einfach erschossen."

Mehr als 300 Zivilisten wurden laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch getötet – das größte Massaker in Mali seit Jahrzehnten. Dennoch setzt die malische Regierung jetzt vor allem auf die Russen als Partner. In der Hauptstadt Bamako treffen wir Aboubacar Sidiki Fomba, einen Vertreter der malischen Militärregierung. Er erklärt die Vorzüge der Zusammenarbeit mit Russland im Vergleich zum Westen.

Aboubacar Sidiki Fomba, Mitglied Nationaler Übergangsrat Mali (Übersetzung Monitor): "Wir sind stolz auf diese Beziehung zu Russland. Es ist eine Win–Win–Zusammenarbeit. Heute ist unsere Armee auf dem Vormarsch, wir haben Waffen bekommen, wir wurden begleitet. Und Russland ist kein Land, das sich in die internen Angelegenheiten unseres Staates einmischt."

Im Klartext heißt das, Russland liefert Kampfjets und Hubschrauber, hilft der Militärjunta an der Macht zu bleiben, ohne unbequeme Fragen nach Menschenrechten zu stellen. Im Gegenzug bekommen die Russen offenbar Zugang zu Bodenschätzen.

Ulf Laessing, Konrad–Adenauer–Stiftung Mali: "Mali ist sehr goldreich. Eines der goldreichsten Länder in der Region. In anderen Ländern hat man schon beobachten können, dass russische Firmen an Gold interessiert sind, zum Beispiel im Nachbarland Burkina Faso oder auch in der Zentralafrikanischen Republik, wo auch russische Militärs und Söldner tätig sind."

Bodenschätze und immer mehr Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent. Das zahlt sich jetzt aus. Mitten im Ukraine–Krieg stößt Russlands Propaganda offenbar auf offene Ohren.

Enrica Picco, International Crisis Group (Übersetzung Monitor): "Die Russen haben es geschafft, eine zentrale Botschaft in Afrika zu verbreiten. Wir sehen auf dem Kontinent einen hohen Anstieg der Lebensmittelpreise. Und Russland schiebt die Schuld auf den Westen, auf deren Sanktionen seit dem Ukraine–Krieg. Und das war unglaublich effektiv. Viele afrikanische Länder haben sich während der UN–Generalversammlung enthalten oder gegen eine Verurteilung der russischen Aggression gegen die Ukraine gestimmt."

Der wachsende politische Einfluss geht einher mit massiver russischer Propaganda. Seit Monaten verbreiten zahlreiche Gruppen in den sozialen Netzwerken Bilder wie diese. Das malische Militär und Wagner vereint. Die Lösung für Sicherheit in Mali, heißt es. Das wirkt; immer mehr pro–russische Kundgebungen gibt es in Mali, wie hier Mitte Juli. Die Menschen fordern ein Ende des UN–Einsatzes und eine engere Zusammenarbeit mit Russland. Mit Folgen auch für Deutschland. Schon beim letzten Besuch der Außenministerin im Frühjahr gab es erhebliche Spannungen zwischen Mali und der Bundesregierung. Wochenlang verweigerte die malische Regierung wichtige militärische Transportflüge der Bundeswehr. Und auch heute noch gibt es massive Behinderungen. In einem vertraulichen Schreiben des Verteidigungsministeriums heißt es: Seit dem 16. August liegen

Zitat: "keine Überfluggenehmigungen (...) für zivile Versorgungsflüge (...) im Auftrag der Bundeswehr vor."

Ist die Bundeswehr nun auch auf das Wohlwollen Putins angewiesen?

Stefan Meister, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik: "Hier geht’s ja auch um eine Machtprojektion. Hier geht’s auch darum, die eigene Verhandlungsposition gegenüber dem Westen – jetzt zum Beispiel im Ukraine–Krieg – zu stärken, indem man eben sagt, wir sind Akteur in … in Zentralafrika. Wir sind Akteur in Mali, aber auch in anderen afrikanischen Ländern oder auch in Nordafrika, und ihr müsst mit uns reden. Es ist auch eine Art Stresstest für unsere Systeme. Russland setzt an verschiedenen Punkten diesen Stresstest mit relativ wenig Kosten und …und wird … und versucht, uns damit zu Kompromissen zu bewegen, auch dass wir auf Russland zugehen, weil wir einfach zu viele Krisen gleichzeitig haben."

Ein Stresstest für Deutschland. Die Bundeswehr in Westafrika wird offenbar immer mehr zum Spielball der malischen Regierung – und damit auch von ihrem Verbündeten im Kreml; mitten im Ukraine–Krieg.

Achim Pollmeier: "Der Westen hat Putins Entschlossenheit schon oft unterschätzt. In Afrika sollte sich das nicht wiederholen."

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Stand: 26.08.2022, 11:57 Uhr

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64 Kommentare

  • 64 Hut 31.08.2022, 11:16 Uhr

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  • 63 Anonym 30.08.2022, 21:41 Uhr

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  • 62 Müller, L. 30.08.2022, 21:32 Uhr

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  • 61 Habicht 30.08.2022, 18:14 Uhr

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  • 60 Habenichts, Klaus 30.08.2022, 17:35 Uhr

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  • 59 Gustel 30.08.2022, 13:10 Uhr

    Dieser Russenhass, die Volksverhetzung in unseren Medien muß meiner Meinung nach endlich beendet werden. Die mehrheitliche Volksmeinung dass Deutschland und die NATO keinen Krieg gegen Russland führen darf muß endlich akzeptiert werden. Die ukrainische Regierung muss darauf gedrängt werden ihrerseits den Stellungskrieg zu beenden und mit Russland über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Wer in derzeitige Form wie in fast alle deutschen Medien gegen Russen, Russland, dessen Präsidenten hetzt der will, so kann es verstanden werden, einen totalen Krieg gegen Russland. Einerseits politisch Andersdenkende in Deutschland Rassismus vorwerfen doch selbst massiv gegen Russen hetzen das verträgt sich nicht. Nun soll russischen Touristen noch die Einreise in EU-Länder verboten werden. Mit Verlaub, für mich ist das und vieles andere was ich in Medien lese rassistisch. Die russische Bevölkerung will gleich der ukrainischen Bevölkerung keinen Krieg gegeneinander, die wollen Frieden.

  • 58 Hauser, L. 30.08.2022, 09:43 Uhr

    Ätzend, die für mich erkennbare Ähnlichkeit von vielen heutigen Medien Betreff Berichterstattung zu politischen Geschehnissen zum RMVP. Es wird fast nur noch gegen Russland, Russen, dessen Präsidenten, China sowie inländischen politisch Andersdenkende in kriegstreibender Weise gehetzt. Es sollte doch möglich sein über irgendein Geschehen in der Welt zu berichten ohne dass schon wieder Russland und dessen Präsidenten eine Schuld an das Negative des Geschehens zugeschoben wird. Die Grün-68er kämpfen doch für eine Welt ohne Grenzen, eine Welt ohne soziale Unterschiede (ausgenommen denkbar die eigene ideologische Führung der Grün-68er Glaubensgemeinschaft) einer internationalen Durchmischung der Bevölkerungen, warum grenzen sie denn Russen in rassistischer Weise ein? Wir brauchen endlich ein friedlicheres Leben, einen humaneren Umgang miteinander. Der Krieg in der Ukraine wird irgendwann diplomatisch durch Verhandlungen beendet werden, warum nicht schon heute? Nordstream II freischalten!

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