Bericht: Shafagh Laghai
Eine gute Zusammenfassung und Liste über verlässliche und weniger verlässliche Schnelltests bei unseren Kolleg*innen von Spektrum der Wissenschaft:
Kommentare zum Thema, weiterführende Links und der Beitragstext als PDF
Georg Restle: "Über 133.000 Corona-Neuinfizierte – wieder ein neuer Rekord heute. Die Einschläge kommen näher, und so eine rote Warnmeldung leuchtet mittlerweile auf immer mehr Handys auf. Achtung Risikobegegnung mit einem Corona-Infizierten, heißt das. Also auf zum PCR-Test, um sicherzugehen, ob man sich auch wirklich nicht angesteckt hat. So lautete die offizielle Empfehlung bisher. Denn jetzt gibt es da ein größeres Problem. Weil es in Deutschland viel zu wenig Laborkapazitäten für PCR-Tests gibt, soll jetzt plötzlich ein Schnelltest reichen; sogar dann, wenn man sich aus einer Erkrankung freitesten will. Die Tests seien auch bei Omikron zuverlässig, sagt die Bundesregierung – und sagt damit allenfalls die halbe Wahrheit. Shafagh Laghai."
Stundenlanges Warten – wie hier in Berlin – für einen PCR-Test, um Gewissheit zu haben. Die Inzidenzen explodieren – und damit steigt der Bedarf an den Tests. Doch es wird immer schwieriger, einen PCR-Test zu bekommen, die Kapazitäten sind fast ausgeschöpft. Vor allem in Deutschland ist das PCR-Angebot knapp. Die EU-Seuchenschutzbehörde hat vor allem die PCR-Testungen pro 100.000 Einwohnern in der EU verglichen. Deutschland landet dabei auf dem allerletzten Platz. Anders als in anderen Ländern wurden Kapazitäten hier nicht ausgebaut. Deshalb setzt die Politik zunehmend auf Antigen-Schnelltests. Die sollen jetzt sogar ausreichen, um sich nach einer Corona-Infektion freizutesten.
Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister, 09.01.2022: Wenn man sich aus der Quarantäne freitestet, also um zu prüfen, ist man noch ansteckend für Dritte, da wirken diese Tests alle gut."
Olaf Scholz (SPD), 07.01.2022: "Wir glauben, dass diese Schnelltests auch eine ausreichende Sicherheit bieten."
Ausreichende Sicherheit? Auch bei Omikron? Riskant, vor allem weil die Qualität von Schnelltests sehr unterschiedlich ist. MONITOR-Recherchen hatten bereits im Dezember gezeigt, in vielen Testzentren werden unzuverlässige und damit unsichere Tests verwendet. Experten warnen davor, ausgerechnet jetzt beim Freitesten auf Schnelltests zu setzen.
Andreas Bobrowski, Bundesverband Deutscher Labormediziner e. V.: "Das Freitesten von Personen, die sich in Isolierung befunden haben, halten wir für problematisch, weil die Empfindlichkeit der Antigen-Schnellteste im Vergleich zu den PCR-Testen deutlich geringer ist und man deshalb in Gefahr läuft, ein negatives Ergebnis zu erhalten, obwohl der Patient noch als infektiös gilt."
Dass bei Omikron Schnelltests noch schlechter wirken, zeigen erste Untersuchungen. Wissenschaftler einer amerikanischen Pre-Print-Studie haben Schnelltests bei Covid-Patienten angewendet. Das Ergebnis:
Zitat: "Die Antigen-Schnelltests sind bei Omikron im Vergleich zu früheren Varianten nicht so gut geeignet."
Auch in Deutschland weisen Experten darauf hin, dass der Zeitraum, in dem man bei Omikron hoch ansteckend ist, kürzer ist. Somit ist es schwieriger, Omikron-Infektionen mit Schnelltests tatsächlich zu entdecken.
Manuel Krone, Infektionsepidemiologe, Universitätsklinikum Würzburg: "Zum einen gibt es bei der Omikron-Variante Veränderungen, die dazu führen, dass Antigen-Schnelltests etwas schlechter ansprechen und zum anderen steigt auch die Viruslast bei der Omikron-Variante wohl schneller an als bei vorausgehenden Varianten. Das führt dazu, dass man infektiöse Patienten etwas später und etwas schlechter erkennt als bei anderen Variante."
Andreas Bobrowski, Bundesverband Deutscher Labormediziner e. V.: "Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass bei der Omikron-Variante die vorher schon schlechten Teste noch schlechter sind und insofern noch falschere Ergebnisse zeigen."
Das zuständige Paul-Ehrlich-Institut erklärt, man habe 245 Tests geprüft, 80 Prozent seien bei Omikron zuverlässig. Wir machen erneut Strichproben und sehen, in mehreren Testzentren werden Tests verwendet, die bei einer sehr hohen Viruslast anschlagen, aber bei einer hohen Viruslast, bei der Menschen immer noch infektiös sein können, quasi gar nicht mehr. Manche haben in dem Bereich nur 5 Prozent oder nur 0 Prozent Empfindlichkeit. Erstaunlich – auch diese Tests sind beim Paul-Ehrlich-Institut als geeignet gelistet.
Andreas Bobrowski, Bundesverband Deutscher Labormediziner e. V.: Solche Teste, die in diesem Bereich kein Signal mehr geben bzw. ein falsch-negatives Signal geben, gehören vom Markt genommen. Hier ist das Paul-Ehrlich-Institut natürlich aufgerufen, seine Liste nach zu korrigieren und diese Teste nachträglich dann von der Liste zu nehmen, dass sie nicht weiter in Verwendung sich befinden."
Auf Nachfrage, ob sie ihre Liste nachkorrigieren werden, gibt das Paul-Ehrlich-Institut zwar zu, dass Schnelltests bei Omikron schneller an ihre Grenzen stoßen könnten, aber, es sei
Zitat: "jedem Interessierten überlassen, vorsorglich sensitivere Antigentests zu verwenden."
Heißt, die Bürger sollen sich selbst um zuverlässige Tests kümmern. Dabei hat man in einem Testzentrum oft gar keine Wahl. Fehlende Testkapazitäten und mangelhafte Schnelltests, die aber als geeignet gelistet werden – eine riskante politische Strategie, mitten in der Omikron-Welle.
Georg Restle: "Natürlich können Schnelltests helfen, vor allem dann, wenn man sich täglich testet, und wenn die Tests wirklich zuverlässig sind. Welche das sind, können Sie auf unserer Homepage unter monitor.de nachschauen."
Kommentare zum Thema
Wo finde ich denn die Liste?
Das Problem ist doch: die guten Tests kann man als normaler Bürger gar nicht kaufen.
Leider ist die Liste veraltet (von November). Das heißt, Omikron wird dabei nicht berücksichtigt. Eine Liste über Sensitivität bei Omikron gibt es leider noch nicht! Mein Selbsttest hat eine Sensibilität von 48% gegenüber anderen Varianten. Wie hoch wird sie bei Omikron sein? Vielleicht 20%? Kann man nur raten...