MONITOR vom 08.04.2021

Corona-Hotspot Arbeitsplatz: Keine Testpflicht für Unternehmen?

Bericht: Jan Schmitt, Herbert Kordes

Corona-Hotspot Arbeitsplatz: Keine Testpflicht für Unternehmen? Monitor 08.04.2021 06:23 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Jan Schmitt, Herbert Kordes

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Georg Restle: „Jagdszenen in Zeiten der Pandemie: Ein Polizeiwagen verfolgt einen Jugendlichen, weil er das Abstandsgebot nicht eingehalten habe. Die Jagd endet im Unterholz eines Hamburger Parks mit einem Bußgeldverfahren. Andererseits solche Bilder: Corona-Demonstration in Stuttgart vom Osterwochenende. Tausende ohne Maske und Abstand – und die Polizei schaut zu. Sinnbilder auch für so manch andere Widersprüchlichkeiten im Umgang mit dieser Pandemie. Guten Abend und willkommen bei MONITOR.

Scharfe Maßnahmen hier, Laissez-Faire da. Das gilt für die gesamte Politik in diesem nicht enden wollenden Corona-Winter. Einerseits sollen Buchläden, Theater oder Restaurants auch weiterhin dicht bleiben, andererseits gibt es jede Menge Unternehmen, die so weitermachen dürfen wie bisher. Darunter auch solche, die sich hartnäckig davor drücken, die Gefahren der Pandemie einzudämmen und ihre Angestellten zu schützen. Zum Beispiel durch regelmäßige Corona-Schnelltests. Gegen eine gesetzliche Verpflichtung für Unternehmen, solche Tests für alle Beschäftigten anzubieten, laufen Wirtschaftsverbände schon seit Monaten Sturm. Und das offensichtlich mit Erfolg – bisher jedenfalls. Jan Schmitt und Herbert Kordes.“

Ibbenbüren, Mitte März: Beim Logistik-Dienstleister Fiege werden mehr als 100 Mitarbeiter positiv auf das Corona-Virus getestet. Papenburg, Ende März: Bei der Meyer-Werft melden die Gesundheitsbehörden mehr als 200 Corona-Fälle bei Stammbelegschaft und Subunternehmen. Osnabrück, Mitte Februar: Beim Speiseeishersteller Froneri steht die Produktion nach einem Corona-Ausbruch still – mehr als 200 Beschäftigte hatten sich infiziert. Drei Ausbrüche, die erneut zeigen, was eigentlich lange bekannt ist: Tests sind wichtig, denn so wurden die Ausbrüche entdeckt. Und, der Arbeitsplatz ist ein relevanter Infektionstreiber. Er liegt laut RKI – nach dem privaten Umfeld – auf Platz zwei der Infektionsherde.

Martin Stürmer, Virologe: „Räumliche Enge spielt eine Rolle, wenn ich an Großraumbüros denke, die zum Teil nicht gelüftet worden sind und viele Menschen drinnen gesessen haben. Das ist natürlich in vielen Betrieben gar nicht machbar, es ohne solche Kontakte zu machen. Umso wichtiger ist hier der Test.“

In diesem Betrieb hat man das begriffen: Effertz in Mönchengladbach-Rheyth. Das Unternehmen baut Spezial-Rolltore. 80 Menschen arbeiten hier und die bekommen zurzeit regelmäßig Besuch von einem Team des Testzentrums Mönchengladbach. Erst gestern wieder testeten sie alle Beschäftigten, die gerade nicht im Homeoffice oder auf Montage waren. Firmenchef Claus Schwenzer führt den Betrieb in der fünften Generation. Als er hört, dass das Testzentrum auch Firmenbesuche macht, steigt er direkt darauf ein, denn Tests gehören für den Firmenchef zu den wichtigsten Bausteinen in der Bekämpfung der Pandemie:

Claus Schwenzer, Geschäftsführer Effertz Tore: „Wenn wir hier für Sicherheit sorgen wollen, dann ist das wichtig, dass wir das auch regelmäßig tun, um den Mitarbeitern Sicherheit zu geben, aber auch fürs Unternehmen sicherzustellen, dass es hier nicht zu einem großen Ausbruch kommt.“

Doch nicht alle Unternehmer*innen sind so engagiert, wie der Effertz-Chef. Einzelne Bundesländer haben die Unternehmen aus diesem Grund bereits in die Pflicht genommen: Zu Selbsttests schreibt die sächsische Staatsregierung etwa vor:

Zitat: „...allen an der Arbeitsstätte anwesenden Beschäftigten einen Test anzubieten.”

Und das zumindest

Zitat: „einmal wöchentlich”.

Immerhin – Virologen empfehlen sogar mehrfache Testungen pro Woche. Doch die großen Unternehmerverbände wehren sich gegen die Test-Pflicht, begründen es auch mit bürokratischem Aufwand. Und die Regierung folgt. Verlangt statt einer Test-Verpflichtung nur eine freiwillige Selbst-Verpflichtung, den Mitarbeitern Tests anzubieten.

Reiner Hoffmann (Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB): „Die Arbeitgeber haben alles daran gesetzt, dass die Testangebote nicht verpflichtend sind. Ich halte das für nicht nachvollziehbar. In einer Pandemie solchen Ausmaßes muss der Gesundheitsschutz absolut im Vordergrund stehen. Und da ist die beste Garantie, dass es hier eine Pflicht gibt.“

Aber dazu kam es bisher nicht. Stattdessen immer härtere Maßnahmen für die Bürger: Nach geschlossenen Läden, Restaurants und Cafés sollen jetzt wohl auch Kitas und Schulen wieder schließen – flächendeckende Ausgangssperren, nichts wird ausgeschlossen. Und die Unternehmen? Die müssen jetzt liefern. Die Kanzlerin hatte ihnen nämlich klar gesagt, wann ihre Selbstverpflichtung erfüllt sein muss.

Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin, 25.03.2021: „Deshalb haben wir eine Selbstverpflichtung mit der Wirtschaft abgemacht – aber die endet Ende März, Anfang April.“

Also: jetzt! Die Bundesregierung hatte der Wirtschaft hierfür einen klaren Richtwert gesetzt. Sonst drohe ein Gesetz.

Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin, 25.03.2021: „Wenn nicht der überwiegende Teil der deutschen Wirtschaft – es muss in die Richtung von 90 Prozent sein – Tests seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anbietet, dann werden wir mit regulatorischen Maßnahmen in der Arbeitsschutzverordnung dazu vorgehen.“

Die Unternehmerverbände behaupten, das erfüllt zu haben – präsentieren aber Zahlen, deren Ursprung unklar ist. MONITOR-Anfragen dazu blieben bis zum Abend unbeantwortet. Eine nicht repräsentative Erhebung der Hans-Böckler-Stiftung deutet indes darauf hin, dass die Unternehmen ihr Ziel nicht erreicht haben. Gerade einmal 23 Prozent der Präsenz-Beschäftigten wird demnach mindestens einmal pro Woche ein Schnelltest angeboten – also nicht mal einem Viertel aller Arbeitnehmer.

Martin Stürmer, Virologe: „Man kann natürlich darüber diskutieren, ob die Industrie nicht inzwischen lange genug Zeit gehabt hat, ihre Selbstverpflichtung wahrzunehmen. Und wenn nur knapp 23 Prozent oder knapp ein Viertel der Arbeitnehmer überhaupt Zugang zu betrieblichen Tests hat, dann ist das definitiv zu wenig, und wir können uns nicht viel Zeitverlust leisten“.

Keine ausreichenden Tests in Unternehmen, trotz hohem Ansteckungsrisiko? Jede Menge Zeitverlust – im 14. Monat der Pandemie.

Georg Restle: „Heute Abend hat die Bundesregierung die Zahlen ihrer Untersuchung veröffentlicht: Danach bietet bis heute nur gut die Hälfte aller Unternehmen ihren Beschäftigten regelmäßig einen Corona-Test an. Weit weg also von den 90 Prozent, die die Kanzlerin gefordert hat. Mit anderen Worten, jetzt müsste das Gesetz eigentlich kommen. Eigentlich – wir sind gespannt.“

Kommentare zum Thema

  • Padzerski 21.04.2021, 22:40 Uhr

    Die verschuldete Krise der schwarzen BRD-Regierung ist nicht mehr zu stoppen. Es wird immer hektischer. Vertreter alter Vereinscliquen übertrumpfen sich in gegenseitigen Beschuldigungen. Medien bohren und nerven aus Sensationslust alles, was ihnen vor die Linse kommt. Die Seuche und dann noch das Wahljahr 2021 mit unvermeidlicher Hinterzimmerfeilscherei lupenreiner `Demokraten` - und, stur wird noch die Ermächtigungskarte gezogen- was soll das ? Nun, womöglich hofft das Merkelregime das Volk duch Haussarrest (Vorwand Seuche....###) zu beschwichtigen. Normal ein Fall für den internationalen Gerichtshof.

  • Fußballer, M. 13.04.2021, 12:31 Uhr

    Politjournalisten sowie Politiker haben ihr Recht vertan die Bürger wegen Nichteinhaltung der Corona-Schutzverordnungen zu tadeln, vielfach primitiv zu beschimpfen (als Idioten, Verschwörungstheoretiker, Rechtsextremisten, Antisemiten usw.). Sie selber halten sich ja auch nicht an die geltenden Verordnungen zur Bekämpfung vom Corona-Virus. Selbst ein Herr Restle von Monitor ist in seinen Monitor-Sendungen ohne Maske zu sehen. So ist es immer wieder, in keiner Fernsehveranstaltung sehen wir Teilnehmer mit Masken vor ihren Gesichtern. Wer das Fernsehgerät einschaltet und den Ton abschaltet der kann kaum erkennen dass wir schon über ein Jahr lang unter einer schrecklichen Viruspandemie leiden. Offensichtlich hat das Virus COVID-19 einen Sondervertrag mit den Fernsehveranstalter getroffen und somit die Leute vor Kameras nicht infiziert weil persönliche Eitelkeiten wichtiger sind als eine Verbreitung von Covid-19.

  • Reiner Zufall 13.04.2021, 08:01 Uhr

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