MONITOR vom 11.03.2021

Maskenaffäre der CDU: Transparenz unerwünscht

Bericht: Julia Regis, Aiko Kempen, Ellis Fröder, Nadine Sander

Maskenaffäre der Union: Transparenz unerwünscht Monitor 11.03.2021 05:32 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Julia Regis, Aiko Kempen, Ellis Fröder, Nadine Sander

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Georg Restle: „Jetzt aber erstmal zu dem Skandal, der die Republik seit Tagen beschäftigt und der an Schamlosigkeit wohl nur schwer zu überbieten ist. Unionsabgeordnete mit besten Regierungskontakten kassieren für ihre Vermittlungsdienste im Maskengeschäft Hunderttausende – und das mitten in einer Krise, in der viele Menschen und Unternehmen ums blanke Überleben kämpfen. Das seien ja nur Alleingänge einzelner Abgeordneter, sagt der CDU-Chef Armin Laschet. Und verschweigt dabei, dass das Ganze durchaus System hat.“

Frühjahr 2020, die Corona-Pandemie hat Deutschland erreicht – der Kampf um ein knappes Gut ist längst weltweit entbrannt. Schutzkleidung und vor allem Masken fehlen überall.

Jens Spahn, 5. April 2020: „Ein Produkt, das vor drei, vier, fünf Monaten noch wenige Cent gekostet hat, und das jetzt Gold wert ist – im wahrsten Sinne des Wortes.“

Masken mussten her, koste es was es wolle. Das Bundesgesundheitsministerium eröffnete ein so genanntes „Open-House-Verfahren“, garantierte jedem Anbieter einen Vertrag und eine üppige Bezahlung. 4,50 Euro bot das Ministerium für FFP2-Masken – ohne Sanktionen für unzuverlässige Anbieter oder schlechte Qualität. Ein Riesenfehler, sagen diese beiden Unternehmer – sie wollen unerkannt bleiben. Bis jetzt haben sie 50 Millionen Masken nach Deutschland geliefert – mit Prüfzertifikat. Sie hatten dem Ministerium damals schon angeboten, ihre Masken deutlich günstiger zu liefern. Kein Interesse, schrieb das Gesundheitsministerium. Stattdessen rief das Verfahren viele fragwürdige Geschäftemacher auf den Plan, sagen sie.

Unternehmer: „Das Open-House-Verfahren hat dazu geführt, dass Bieterkreise angesprochen wurden, die bei weitem nicht dafür qualifiziert waren. Es hat zu einem völlig überwucherten Beratermarkt geführt, weil jeder wusste, der sich mit dem Produkt irgendwo auskennt, dass der Preis völlig überzogen war und dass dort eine Marge ist, sodass auch mehrere Berater-Stufen an dem ganzen Produkt mitverdienen können.“

Das Gesundheitsministerium äußerte sich dazu auf Anfrage nicht. Doch Goldgräberstimmung herrschte nicht nur beim Bund. Überall wurden Masken gebraucht, überall im Land tauchten Firmen und Vermittler auf, die an den hohen Preisen mitverdienen wollten. Die beiden Unternehmer boten ihre Masken den Krisenstäben vieler Bundesländer an. Doch ohne entsprechende Kontakte keine Chance: Für Zugänge in die Ministerien hätten Berater und Vermittler jede Menge Provision kassiert.

Unternehmer: „Uns wurden mehrmals Verträge suggeriert oder Abnahmen angeboten, wenn auf dem Wege dorthin die sogenannten „helfenden Händchen“ bezahlt wurden. Da gab es mehrere Fälle mit diversen Abnehmern der öffentlichen Hand, wo dann auf dem Wege dahin ganz viel Geld abgezweigt werden sollte.”

Helfende Hände, alle wollten verdienen. Von diesem System profitierten auch die Unionspolitiker Georg Nüßlein und Nikolas Löbel, beide inzwischen Ex-Unions-Abgeordnete. Für Maskendeals sollen sie mehrere hunderttausend Euro Provision kassiert haben. Gegen Nüßlein wird ermittelt, er selbst bestreitet, eine Straftat begangen zu haben. Empörung bei der Union.

Armin Laschet, 8. März 2021: „Deshalb wird jetzt aufgeräumt. Schnell, konsequent, und auch durch Verschärfung der Regeln.“

Ein internes Unions-Schreiben kündigt jetzt einen strikten Verhaltenskodex an. Nebentätigkeiten sollen demnach stärker eingeschränkt werden, für Abgeordnete mit herausgehobenen Positionen sollen besonders strenge Regeln gelten. Wie der Verhaltenskodex kontrolliert werden soll – unklar!

Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarische Geschäftsführerin: „Wir brauchen im deutschen Bundestag keinen freiwilligen Verhaltenscode, wir brauchen strengere Regeln, wir brauchen klare Änderungen von Gesetzen, die es gibt. Und das muss das Parlament insgesamt auf den Weg bringen. Eine freiwillige Selbstverpflichtung oder Verhaltenskodex innerhalb der CDU/CSU reicht da nicht aus.“

Freiwillige Regeln in der Union, während im Land das Geschäft mit politischen Kontakten offenbar weitergeht. Angeheizt durch die Pandemie. Was im letzten Jahr die Masken waren, sind jetzt die Schnelltests, sagen die beiden Unternehmer. Inzwischen beliefern sie etliche Alten- und Pflegeheime mit Schnelltests. Aktuell heiß begehrt. Doch bei öffentlichen Aufträgen gehe der Weg erneut nur über entsprechende Kontakte.

Unternehmer: „Das, was wir bei den Masken gesehen haben, wiederholt sich in unseren Augen auf dem Schnelltestmarkt jetzt 1:1. Seitens der Politik wird ein, anfangs ein sehr überhöhter Preis in den Markt geworfen, und in etlichen Fällen wurde uns ein Geschäft angedient, wo es dann am Ende hieß, wir sorgen dafür, weil wir den politischen Kontakt haben, der jetzt entscheidet, dass dieses Geschäft zustande kommt.“

Helfende Hände, die mitkassieren. Windige Geschäftemacher, die an der Krise verdienen wollen. Und Politiker, die ihnen dafür den Weg frei machen. Ein Verhaltenskodex für Abgeordnete wird daran kaum etwas ändern.

Georg Restle: „Die Unionsfraktion im Bundestag hat uns jetzt mitgeteilt, dass sie doch über schärfere gesetzliche Regelungen nachdenken wolle. Wir zweifeln da etwas. Schließlich war es ja die Union, die bei fast allen Versuchen, mehr Transparenz bei Nebeneinkünften zu schaffen, regelmäßig auf der Bremse stand.“

Kommentare zum Thema

  • juergen 13.05.2021, 12:24 Uhr

    Vorzimmerdame ! Quandt / Klatten erhalten je grob 365 Millionen Dividenden pro Jahr, 1 Mio pro Tag. Denen gehört ein Anteil an einem Weltweit agierenden Gross / Hightech Konzern. 30 bis 50 Millionen, hat eine "CSU - Tochter" bekommen, dafür dass sie BESTENFALLS die Telefonschranke zu Minister J.Spahn passieren konnt. Eine V O R Z I M M E R D A M E die 50 Tage lang ein Einkommen bekam, als gehörte ihr ein Weltkonzern mit hundert tausenden Mitarbeitern.

  • Rainer Helms 06.04.2021, 00:00 Uhr

    Maskenaffäre? Das war gestern. Pokerface Latscheks Brückenlockdown als verzweifeltes Projekt für den Marsch-Weg zum Kanzlerthron. Im Weg nur die Stolpersteine –die restlichen Landesfürsten“kollegen“. Müller, Spahn ect. murren bereits deutlich, denn die schwarze Union bröselt , irrt ziellos umher – Wahljahr. IFO – Experte ARD 05.04.2021 23.15 Uhr weiß alles gut zu kritisieren. So müssen auch seine anderen Fachleut“kollegen“ aufpassen. Wer wird als DER Auskenner vorn liegen? Der unheimliche BRD-Föderalismuskram zeigt während der Seuche seine schädliche, tödliche Visage. Machtpoker, Egoismus der Herrschaftstypen mit hochdotierten Ämtern ist nicht gut für die Volksgesundheit und Volksfrieden. Aufwachen !!!

  • discovery learning 05.04.2021, 15:42 Uhr

    Masken-, Impfstoff-, Waffen-, Steuer, -Terror, ...Affären in einer zivilisierten BRD ? Die Seuche mit internationaler Reiseerlaubnis scheint unantastbar und Favorit gegenüber all ihren Vorgängern? Fachleute kämpfen verzweifelt an der Niederringung einer seit Menschengedenken einmalig die ganze Welt betreffenden Situation. Meiner Meinung nach spielen hier auch erstmalig gesellschaftliche Aspekte eine nicht unerhebliche Rolle. Politische und wirtschaftliche Verwerfungen in jüngster Zeit haben aber auch zunehmend Bewegung in Richtung Rückkehr zu gerechteren Lebensverhältnissen eingeleitet. Hegemonistische Überheblichkeit hat die "rote Linie" weit überreizt und läßt sich am aktuellen Zerfall der klerikalimperialistischen schwarzen Union am besten verdeutlichen. Die bundesdeutsche Mu- Tante kann mit dem Impfstoff Wahlen, Volksabstimmung ohne Bedenken und ohne Nebenwirkung isoliert werden. Clean mittels Einigkeit. Dazu ist nur der gesunde Menschenverstand erforderlich !