MONITOR vom 09.12.2021

Die „Skandal-Macher“: Corona und die Berichterstattung der BILD

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Bericht: Andreas Maus, Luisa Meyer

Die „Skandal-Macher“: Corona und die Berichterstattung der BILD

Monitor 09.12.2021 07:02 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Andreas Maus, Luisa Meyer

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Georg Restle: "Ein Fackelmarsch vor dem Privathaus der sächsischen Sozialministerin. Hässliche Drohgebärden einer Corona-Leugner-Szene, die sich offenbar immer weiter radikalisiert. Was man dabei allerdings nie vergessen sollte, es gibt da immer einige, die die Lunte legen für solche Exzesse. Die AfD gehört ganz sicher dazu, aber auch Deutschlands reichweitenstärkstes Medium zündelte immer wieder kräftig mit. Die BILD und die Corona-Proteste, im Populismus vereint. Seit Monaten stellt BILD Politiker oder Wissenschaftler, die vor Corona warnen, an den Pranger und raunt von einem autoritären Staat. Wen wundert es da noch, wenn solche Schlagzeilen auch Wirkung entfalten. Andreas Maus und Luisa Meyer."

Letzten Samstag, BILD feiert "Ein Herz für Kinder”, und alle sind gekommen. Auch die Spitzen der künftigen Bundesregierung, Robert Habeck, Annalena Baerbock – und sogar der künftige Kanzler ist dabei. So präsentiert sich BILD am liebsten – ist ja für einen guten Zweck. Am gleichen Tag diese Schlagzeile bei BILD – kein guter Zweck – die "Lockdown-Macher". Drei renommierte Wissenschaftler bei BILD am Pranger. Die Vorwürfe so grell wie falsch. Wissenschaftler, die den Menschen angeblich das Weihnachtsfest kaputt machen. Reine Stimmungsmache sei das, sagen Kritiker. Und die laufe bei BILD schon seit Monaten. Zuletzt Anfang November: der PANIKCHOR. Ein BILD-Titel über die Kanzlerin und ihre "Gefolgschaft". Da hatte die vierte Welle schon dramatisch Fahrt aufgenommen. Hetze gegen Politiker, die vor Corona warnen? Der Sound jedenfalls klingt vertraut: Auch bei den Corona-Protesten sind Politiker und Wissenschaftler regelmäßig Ziel von Anfeindungen. Wie am letzten Freitag in Grimma. Ein Fackelmarsch radikaler Impfgegner vor dem Wohnhaus der sächsischen Sozialministerin Petra Köpping.

Stefan Niggemeier, Übermedien: "Natürlich hat BILD nicht gesagt, macht das, geht dahin. Was BILD aber gemacht hat, ist seit vielen Monaten immer wieder zu sagen, die Leute wollen uns unsere Freiheiten wegnehmen. Und es ist von da für Leute, die ohnehin in diesem Spektrum unterwegs sind, wirklich nur noch ein ganz kleiner Schritt zu sagen, na ja, dann habe ich natürlich jedes Recht, dagegen zu kämpfen, mit allen Mitteln und im Grunde demokratischen Widerstand gegen autoritäres System zu leisten. Und diese Verantwortung hat BILD dann natürlich."

Ein autoritäres System, das uns die Freiheiten raubt? Monatelang trommelte BILD im Blatt und bei BILD-TV gegen angebliche staatliche Gängelei und Regel-Horror. Der Staat als Unterdrücker.

Filipp Piatov (19.10.21): "Der Staat hat sich Corona-Macht geschaffen und will sie auch nicht abgeben."

Julian Reichelt (08.07.21): "Die Politik möchte gar keinen Ausweg aus dieser Pandemie aufzeigen. Sie möchte diesen Zustand erhalte und aus dieser Gefallsucht des starken, inzwischen autoritären Staates müssen wir dringend wieder raus."

Stefan Niggemeier, Übermedien: "So wie BILD das schildert, geht es nicht mehr darum, unterschiedliche Kräfte streiten in einem demokratischen Diskurs, sondern es geht darum, einen Abwehrkampf zu führen gegen einen Staat, der eigentlich schon autoritär ist und auf jeden Fall auf dem Weg ist, das zu werden. Und damit verlässt BILD natürlich im Grunde selber diese Ebene einer demokratischen Auseinandersetzung und befeuert genau die Leute, die das ohnehin dem Staat unterstellen, dass er am liebsten eine Diktatur wäre."

Das Geraune vom autoritären Staat bei BILD – der Kampf gegen die angebliche "Corona-Diktatur" auf den Straßen. Welche Rolle spielt BILD innerhalb der Corona-Leugner-Szene? Beim Messengerdienst Telegram feiern einflussreiche Stimmen der Szene die Kampagnen von BILD.

Zitat: "Es ist wirklich mehr als bemerkenswert, dass die Springer-Zeitung sich so deutlich äußert. Es ist der Hammer." (Eva Herman, 26.08.21)

Zitat: "BILD fragt an, warum niemand die Corona-Willkür stoppt? Wir von Querdenken ... versuchen genau das seit fast anderthalb Jahren." (Querdenken Stuttgart, 16.07.21)

Stärkt BILD die Szene der Corona-Leugner? BILD weist das zurück. Das kritische Hinterfragen politischer Entscheidungen sei die Definition von politischem Journalismus. Für die Sozialpsychologin Pia Lamberty geht BILD aber deutlich weiter:

Pia Lamberty, Center für Monitoring and Strategy (CEMaS): "Eine kritische Auseinandersetzung mit der Politik in der Corona-Pandemie ist wichtig, und die wird auch immer wieder geäußert. Die BILD-Zeitung inszeniert sich häufig aber als einzig scheinbar kritisches Sprachrohr, das sich jetzt mal wirklich kritisch mit der Corona-Pandemie auseinandersetzt … Und das wird natürlich auch positiv in einem verschwörungsideologischen Spektrum aufgenommen, weil es eben nicht darum geht, das Virus einzudämmen, sondern die Maßnahmen als Feindbild darzustellen. Und das kann dann da eben aufgegriffen und weitergesponnen werden."

Tatsächlich ist BILD in der Verschwörer-Szene und in rechten Gruppen bei Telegram eine der wichtigsten Quellen. Lamberty und ihr Forschungsteam haben für den September über 2.000 verschwörungsideologische und rechtsextreme Kanäle ausgewertet. Demnach ist BILD das einzige etablierte Medium, dass dort regelmäßig geteilt wird – neben Verschwörungsseiten und sogenannten alternativen Medien wie uncut News , Russia Today oder Epoch Times. BILD weist jegliche Nähe zu Corona-Leugnern zurück. Man habe über die Bedrohungen durch die "Querdenker"-Bewegung berichtet. Und sogar eine Impf-Initiative "Gemeinsam gegen Corona" unterstützt. Stimmt. Bei BILD gab es auch solche Schlagzeilen:

Zitat: "Warum sind wir wieder nicht vorbereitet?",

fragte BILD im November. Und kritisierte, die Politik habe die Corona-Maßnahmen zurückgefahren, obwohl man genau gewusst habe, dass im Herbst die Zahlen explodieren. Was BILD nicht sagt, im Sommer hatte sie genau diese Warnungen von Politik und Wissenschaft noch als Panikmache abgetan, die Pandemie sogar für beendet erklärt.

Julian Reichelt (08.07.21): "Wir haben Corona besiegt. Es gibt großartige Wissenschaftler und großartige Forscher, die haben Corona für uns besiegt.

Heuchelei als Geschäftsprinzip? Populismus nennen das Kritiker.

Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler: "Es zeigt, dass die BILD-Zeitung par excellence genau das Gegenteil wieder fordern kann von dem, was sie über Jahre betrieben hat, ohne damit letztlich dafür haftbar gemacht zu werden. Das ist der strategische, das strategische Kalkül und die strategische Überlegenheit dieses Mediums gegenüber einer Politik, die – wenn sie ihre Position so derartig ändern würde – sofort ironischerweise genau von besagter BILD-Zeitung an die Wand gestellt würde. BILD kann sich das alles leisten. Sie kann das Land über Jahre spalten, um dann irgendwann zu sagen, wir müssen das Land zusammenhalten."

Das Land zusammenhalten. So titelte BILD Anfang dieser Woche. In vielen Ohren klingt das wie blanker Hohn.

Georg Restle: "BILD teilte uns mit, dass sie die Kritik an ihrer Corona-Berichterstattung durchaus verstehen und ernst nehmen und dass Wissenschaftler unseren ganzen Respekt verdienen. Das würden wir dann gerne glauben."

Stand: 09.12.2021, 22:30 Uhr

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114 Kommentare

  • 114 Brankamp Sigrid 24.05.2022, 18:17 Uhr

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  • 113 Baumhausprofi 15.02.2022, 17:03 Uhr

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  • 112 Anonym 18.01.2022, 15:50 Uhr

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  • 105 Prager, M. 17.01.2022, 21:47 Uhr

    Unsere Politiker betreiben gefährliche, uns in einen Krieg treibende Aggressionen gegen Russland und unsere journalistischen Medien unterstützen sie darin durch einseitige -immer der Ukraine zugewendete - Informationen für die Bürger. Eine solche Aggressionspolitik führt unweigerlich in einen neuen Weltkrieg; und wer glaubt dass ein Krieg gegen Russland ein regionaler Krieg mit konventionellen Waffen gelenkt werden könnte der ist ein Träumer. Unsere Regierung muß endlich vernünftiger werden und mal entgegen us-amerikanischer geostrategischer Interessen auch die ukrainische Regierung mahnen die Minsker Vereinbarung einzuhalten. Weiter sollten unsere Politiker den Starrsinn ukrainischer Politiker zugunsten derer Gespräche mit den separatistischen Ostukrainern beeinflussen. Fortwährend Russland wegen unbewiesener Verdächtigungen mit Sanktionen betrafen und immer wieder nur für die Kiewer Regierung Verständnis aufbringen dass ist keine gute friedfertige Politik.

  • 104 Blitz, B. 17.01.2022, 20:21 Uhr

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  • 103 Bauer, E. 16.01.2022, 23:02 Uhr

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