Alternative für Russland? Die AfD und der Kreml

Monitor 25.04.2024 11:55 Min. UT Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste Von Lara Straatmann, Silke Diettrich

MONITOR am 25.04.2024

Alternative für Russland? Die AfD und der Kreml

Der Skandal um mögliche russische Geldzahlungen an AfD-Politiker zieht immer weitere Kreise. Die AfD weist bisher alle Vorwürfe zurück. Dabei führt die Partei seit Jahren engste Beziehungen nach Moskau. AfD-Funktionäre lassen sich regelmäßig  für Propaganda-Aktionen des Kreml einspannen. Experten sprechen von „Sprachrohren des Kremls“, die mit Russland auf eine andere Weltordnung setzten: gegen die liberalen Werte des Westens.

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Björn Höcke: "Wenn ich Bundeskanzler würde … meine erste Auslandsreise, die führte mich nach Moskau."

Georg Restle: "Ein Möchtegernkanzler auf dem Weg nach Moskau. Guten Abend und willkommen bei MONITOR. Nein, das ist kein Witz, für den Thüringens AfD-Chef Höcke sich da feiern lässt. Genauso wenig wie der Skandal rund um die Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl. Ob und wieviel Geld da aus dem Kreml geflossen ist, wird sich noch zeigen müssen. Klar ist aber längst, Spitzenpolitiker der AfD stehen fest an der Seite Russlands - einem Staat, in dem die Opposition - und damit die Demokratie - längst abgeschafft wurde. Ganz vorne weg Maximilian Krah, der einen ganz besonderen Hang zur russischen Diktatur zu haben scheint, und sich jede Menge Unterstützung von Russland erhofft in seinem Kampf gegen westliche Werte. Lara Straatmann und Silke Diettrich."

Sie sollen für die AfD die Europawahl gewinnen: Maximilian Krah auf Platz 1 der Europawahlliste und Peter Bystron auf Platz 2. Nun aber stehen schwere Vorwürfe im Raum, haben die AfD-Spitzenleute Geld aus Russland kassiert? Im Fokus das Propaganda-Netzwerk "Voice of Europe", über das Desinformationen im Sinne des Kremls verbreitet werden. Bystron und Krah haben dem Portal Interviews gegeben. Der Verdacht, das Netzwerk werde genutzt, um verdeckt Gelder aus Russland an extrem rechte Politiker weiterzureichen. Im Bundestag stellt die AfD sich heute als Opfer einer Kampagne dar.

Stefan Keuter (AfD), Mitglied des Bundestages, 25.04.2024: "Eine Regierung, die gegen die Opposition demonstriert, gegen diese hetzt und agitiert, erinnert an die dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte."

Alles nur Hetze? Richtig ist: Noch ermitteln die Behörden, wer Geld erhalten hat und wofür. Doch die AfD und das russische Regime, das ist schon seit Jahren eine gut gepflegte Verbindung. Welche Rolle genau spielt die AfD für den Kreml? Beginnen wir bei ihm: Der Mann neben Wladimir Putin ist Wiktor Medwedtschuk - der Kopf hinter dem Propagandanetzwerk "Voice of Europe". Er war Putins Mann in der Ukraine. Der Oligarch gilt als enger Freund des Präsidenten. Aufnahmen zeigen Medwedtschuk im Januar 2020 bei einem Besuch im Bundestag - auf Einladung der AfD-Fraktion. Er wird herzlich empfangen von Maximilian Krah und Petr Bystron. Medwedtschuk hatte zu diesem Zeitpunkt ein Einreiseverbot in die USA, will Bündnisse schließen, um die Annexion der Krim im Sinne des Kremls zu verteidigen. Und Petr Bystron sitzt Seite an Seite mit ihm. Es blieb nicht das einzige Treffen. Etwa ein Jahr später, 2021, Maximilian Krah und Petr Bystron Arm in Arm mit Medwedtschuk, als dieser in der Ukraine im Hausarrest sitzt, wegen Hochverrats. Auf Facebook schreibt Krah von einem "Solidaritätsbesuch" und weiter

Zitat: "Die Ukraine ist ein wunderbares Land, das unter die Räuber gefallen ist."

Zur völkerrechtswidrigen Annexion der Krim schreibt er: Russland musste

Zitat: "aus seiner Staatsraison heraus aktiv werden."

Eins zu eins die Position des Kremls. Es ist nicht Krahs einziger Kontakt zu Handlangern Putins. Bei dem Treffen im Bundestag war auch er dabei: Oleg Voloschyn, ehemaliger kremlnaher Politiker in der Ukraine. Seine Verbindung zu Krah ist jetzt Gegenstand von FBI-Ermittlungen wegen verdeckter Geldzahlungen. Krah weist das zurück. Aber beide kennen sich gut. Schon 2019 treffen sie sich beim Opernball in St. Petersburg. Krah schreibt dazu:

Zitat: "Wir feiern mit Freunden."

Und Krah hat noch weitere kremlnahe Verbündete, zum Beispiel ihn: Putins enger Berater und langjährigen Freund - den Russen Sergej Karaganov. Er gilt als einer der Vordenker der russischen Invasion in der Ukraine. Vor wenigen Wochen erklärte er im russischen Fernsehen.

Sergej Karaganov, Russischer Politikwissenschaftler (Übersetzung Monitor): "Diese Militäroperation hat uns verändert. Ich könnte nicht glücklicher sein. Wir haben alle pro-westlichen Eliten vertrieben."

Ein Jahr vor der russischen Invasion in der Ukraine sitzen Krah und Karaganov beim Eurasischen Wirtschaftsforum in Verona gemeinsam auf dem Podium. Auf Facebook postet Krah im Anschluss ein Foto mit Karaganov und schreibt:

Zitat: "… waren uns politisch einig. Jetzt haben wir auch persönlich Freundschaft geschlossen."

Stefan Meister, Russlandexperte Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik: "Karaganov hat sich radikalisiert in den letzten zehn Jahren. Jemand, der einen Atomkrieg gegen Europa fordert. Der, der sozusagen als vielleicht ehemaliger Wissenschaftler inzwischen eine Art Demagoge auch des Regimes geworden ist. Und wenn man sich mit denen trifft, muss man sich bewusst sein, dass man sich letztlich mit Handlangern des Kremls trifft und letztlich mit Personen, die einen wiederum benutzen wollen."

Doch es geht längst nicht nur um Krah. Immer wieder stellen sich AfD-Abgeordnete in den Dienst der russischen Regierung, etwa um Putins Scheinwahl zu legitimieren. März dieses Jahres: Wladimir Putin lässt sich feiern, für eine Wahl, die keine war: die demokratische Opposition nicht zugelassen, keine freie Presse, der wichtigste Kritiker Nawalny vom russischen Regime vergiftet, dann eingesperrt, und mutmaßlich ermordet. Für einige AfD-Politiker offenbar kein Problem. Mehrere Abgeordnete reisten sogar nach Russland, lobten die Wahl nahezu überschwänglich.

Elena Roon (AfD), Bayerische Landtagsabgeordnete: "Wir sind heute in einem Lokal, also Wahllokal in Wladiwostock. Wir haben hier so eine kleine Urne, die ist vollkommen durchsichtig."

Beim russischen Propagandasender RT Deutsch verkünden AfD-Abgeordnete, wofür sie eingeladen wurden.

Olga Petersen: "Die Wahlen waren offen, demokratisch und frei."

Nach öffentlichem Druck mahnt die AfD-Spitze die Abgeordneten ab - in der Partei sind sie aber nach wie vor willkommen. Wohl auch, weil solche Reisen längst Normalität sind. Russland-Wahl 2018, auch diese laut internationaler Beobachter weder fair noch frei. Und schon damals reisten AfD-Abgeordnete auf Einladung des Kremls als sogenannte Wahlbeobachter nach Moskau, unter ihnen auch Stefan Keuter. Im russischen Fernsehen wird er den Zuschauern als "offizieller Wahlbeobachter" vorgestellt und äußert sich ganz im Sinne Putins.

Stefan Keuter: "Ich bin sehr beeindruckt von der Organisation der Wahlen, und alles so professionell."

Auch nachdem Russland 2014 die Krim besetzt hatte, waren AfD-Abgeordnete zur Stelle - wieder ganz im Sinne des Kremls. Darunter Ulrich Oehme, der Bundestagsabgeordnete der AfD reiste 2018 sogar als inoffizieller Wahlbeobachter auf die besetzte Krim. Und auf seinem Facebook-Profil feierte er den Völkerrechtsbruch geradezu. Mehrfach reisten AfD-Politiker auf die Krim und verbreiteten Putins Propaganda - nicht nur in Deutschland.

Roger Beckamp, Mitglied des Bundestages, Februar 2018 (Übersetzung Monitor): "Die Krim ist nicht von den Russen besetzt, vielmehr ist sie jetzt wieder Teil von Russland, weil die Menschen wollen Teil Russlands sein."

Die russische Regierung zeigt sich erkenntlich. 2020 empfängt der russische Außenminister den AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla mit großen Ehren in Moskau - kurz nach der Vergiftung Nawalnys. Von Chrupalla kommt offiziell kein kritisches Wort zum Attentat auf den Oppositionspolitiker. Er schreibt:

Zitat: "Lawrow nannte unsere AfD eine bedeutende Kraft."

Prof. Matthias Quent, Rechtsextremismusexperte, Hochschule Magdeburg-Stendal: "Die AfD und die russische Regierung haben eine informelle strategische Partnerschaft der gegenseitigen Bestätigung und Legitimierung. Das heißt also in dem konkreten Handeln, in dem man Wahlen legitimiert, die keine echten Wahlen sind, auf der einen Seite und auf der anderen Seite, indem eine Partei - die hier in Deutschland weitgehend im politischen Raum geächtet ist - durch die durch das russische System oder im russischen System Anerkennung und Aufwertung erfährt."

 

Die AfD und das russische Regime - es geht auch um eine gemeinsame Ideologie - im Kampf gegen den liberalen Westen und seine Werte. Genau diesen Kampf beschwört der ultranationalistische russische Kreml-Berater Alexander Dugin. Er gilt als Vordenker der Ultrarechten Internationalen.

Alexander Dugin, Russischer Philosoph (Übersetzung Monitor): "Der Westen ist der Untergang Europas, ich verachte das liberale, bourgeoise Europa, dieses entartete, politikkorrekte Pseudo-Europa."

Schon 2016 sah er in der AfD einen wichtigen Partner. Ein Jahr zuvor traf sich der heutige Ehrenvorsitzende Alexander Gauland mit Dugin in Russland.

Alexander Dugin, Russischer Philosoph (Übersetzung Monitor): "In Deutschland wird die AfD an die Macht kommen, sie ist die künftige Regierungspartei, deshalb ist sie interessant für mich und andere praktische Denker."

Strategische Partner, aber auch Brüder im Geiste. Was Dugin seit Jahren predigt, findet sich heute in den Reden Höckes:

Björn Höcke (AfD), Fraktionsvorsitzender AfD Thüringen, 03.10.2022: "Aber wenn ich mich jetzt für das deutsche Volk entscheiden müsste, zwischen dem Regenbogen-Imperium, zwischen dem "neuen§ ", zwischen dem globalistischen Westen und dem traditionellen Osten, ich wählte in dieser Lage den Osten!"

Prof. Matthias Quent, Rechtsextremismusexperte, Hochschule Magdeburg-Stendal: "Höcke sagt ganz deutlich, er stellt sich eher an die Seite des russischen Regimes des Ostens, wie er sagt, als an dem vermeintlich korrumpierten und im Untergang begriffenen Westen. Das ist genau das Deutungsbündnis und auch das Wirkungsbündnis, was Alexander Dugin beabsichtigt im gemeinsamen Kampf gegen den globalen Liberalismus."

Es ist genau jener Kampf gegen den liberalen Westen, den Alexander Dugin propagiert, den Höcke beschwört und der sich auch im Buch des AfD-Europa-Spitzenkandidaten Maximilian Krah findet. Dort schreibt er:

Zitat: "Die ökonomische, kulturelle und politische Macht des Westens erodiert […] Falls Russland mit seinem Vorhaben nicht komplett scheitert, wird es schnell eine andere Weltordnung und ein anderes Völkerrecht geben. Die politische Rechte kann dabei gewinnen."

Darum geht es also: Mit Putin gewinnen - im gemeinsamen Kampf gegen den liberalen Westen; verbunden in der Hoffnung, auch hier die Demokratie zu Fall zu bringen.

Georg Restle: "Mit Putin gewinnen, für eine neue, von Russland dominierte Weltordnung. Nein, das hat nichts mit einer Kampagne gegen die AfD zu tun, genau darum geht es der Partei."

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4 Kommentare

  • 4 Krieg beenden 24.04.2024, 20:20 Uhr

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  • 3 K. 24.04.2024, 17:11 Uhr

    Alles Böse auf der Erde beziehen unsere westlichen Eliten aus Politik und Militär scheinbar auf Russland, Russen, AfD, derer Wähler, Nichtgrüne Ostdeutsche, China, Trump. Die Spitzenleute unserer „Westlichen Wertegemeinschaft“ sollten sich mal im Spiegel betrachten. Derer Aggressionen, derer Einmischung in „Innere Angelegenheiten“ anderer Länder haben uns wie auf Schneide der Erdzerstörung gebracht. Die massive Aufrüstung der ukrainischen Armee mitsamt der wahnsinnig hohen finanziellen Unterstützungen damit diese „für die NATO“ Russland bekriegt wird uns noch alle umbringen. Dieser ideologische Hass, verbreitet durch Medien gegen Russen, das Verfluchen von Forenteilnehmer als „Trolle“, welche fordern den Krieg in der Ukraine durch Diplomatie beenden zu lassen ist Volksverhetzend. Die NATO-Gemeinschaft lässt die ukrainische Regierung zum Schaden der ukrainischen Bevölkerung und zum Schaden unseres Deutschland sozusagen einen „Auftragskrieg“ gegen Russland führen.

  • 1 Harald Pfleger 23.04.2024, 21:06 Uhr

    Es wird immer so getan, als ob von uns nicht auch im Ausland spioniert werden würde. Das gehört doch schon immer zum politischen Geschäft. Ich verstehe die Aufregung darüber nicht. Natürlich ist die ständige Berichterstattung darüber auch ein Versuch die AfD kaltzustellen. Das wird aber nicht gelingen, es gibt ihr weiter Auftrieb. Mittlerweile ist diese Partei sogar noch bei der Jugend beliebt. Dies hielt ich eigentlich bei dieser medialen Begleitung für unmöglich. Nur die AfD bietet neben Gerhard Schröder, Rolf Mützenich, Oskar Lafontaine und die Partei BSW die Möglichkeit, mit er russischen Führung ins Gespräch zu kommen. Vielleicht erreicht irgendwann auch die anderen Parteien die Vernunft. Man soll die Hoffung ja nicht aufgeben.