MONITOR vom 06.09.2018

Alltagsrassismus: Ein Handwerksbetrieb wehrt sich

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Bericht: Martin Suckow

Alltagsrassismus: Ein Handwerksbetrieb wehrt sich

Monitor 06.09.2018 04:00 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste

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Georg Restle: „In den letzten Monaten haben wir viel über Alltagsrassismus gesprochen, darüber was einem in diesem Land passieren kann, wenn man die falsche Hautfarbe, den falschen Namen oder den falschen Pass hat. Jedenfalls wenn es nach denen geht, die glauben, nur einem weißhäutigen Herrn Schmitt mit deutschem Pass könne man über den Weg trauen. Martin Suckow zeigt Ihnen jetzt, welche Erfahrungen ein Handwerksbetrieb im niedersächsischen Vechta mit ganz alltäglichem Rassismus machen musste - und wie er darauf reagiert hat.“

Für Ibrahima Bah und Frederek Warnecke ist es ein ganz normaler Auftrag. Die beiden sind Angestellte einer Sanitär- und Heizungsfirma und haben keine Ahnung, dass an diesem Tag bei einem Kunden etwas passieren wird, mit dem sie so gar nicht gerechnet haben - im beschaulichen Vechta, wo der Klinker rot und die Welt noch in Ordnung ist. Seit Anfang August ist der 19-jährige, der aus Mali geflohen ist, Lehrling im Betrieb.

Ibrahima Bah, Auszubildender: „Was gefällt mir gut? Mit den Kollegen. Die Arbeit, die ist sehr gut. Und ich habe viel Spaß.“

Gar nicht gut aber finden er und sein Kollege, was sie dann erleben, als sie bei ihrem Kunden ankommen, einer deutschen Familie.

Frederek Warnecke, Monteur: „Ja wir haben mehrfach geklingelt, haben Stimmen aus der Küche gehört. Haben versucht, auch durch Rufen auf uns aufmerksam zu machen. Ja, aber es passierte lange nichts. Und schlussendlich wurde die Tür geöffnet, und ja, es wurden dann halt Aussagen getätigt, die nicht schön waren.“

Reporter: „Was wurde denn gesagt?“

Frederek Warnecke, Monteur: „Dass sie halt keine Afrikaner in ihrem Haus haben möchten. Und das sehr lautstark und vehement. Und dann wurde auch ziemlich zügig die Tür wieder zugeschlagen.“

Ibrahima Bah, Auszubildender: „Ich habe auch einen Schock gehabt. Weil, ich habe das nicht erwartet, dass Leute sagen, sie wollen nicht eine andere Ethnie oder andere Hautfarbe sehen.“

Was tun? Die beiden telefonieren mit ihrem Chef. Und der beordert seine Leute zurück in die Firma. Dieser Chef ist Thomas Bröring. Er und seine Frau haben mehrere junge Flüchtlinge als Auszubildende eingestellt, bieten Ihnen auch eine Wohnung und Unterstützung im Alltag. Vor gut zwei Jahren kam der erste in die Firma, mittlerweile sind es vier Flüchtlinge. Gestört hat das niemanden in Vechta - bis Ibrahima Bah jetzt der Tür verwiesen wurde.

Manuela Bröring, Sanitär- und Heizungstechnik Vechta: „Als wir davon gehört haben, hat er ganz hinten, still in der Ecke gestanden und hat - wir waren alle entsetzt - und hat gesagt: Ist nicht schlimm, das ist nicht so schlimm, ich kenn das, damit komme ich klar. Mir tat das sehr leid. Ich find das nicht gut, ich find das absolut nicht in Ordnung.“

Afrikaner unerwünscht? Als die Mitarbeiterin der Brörings, die den Auftrag angenommen hat, von dem Vorfall erfährt, ist sie völlig überrascht.

Thomas Bröring, Sanitär- und Heizungstechnik Vechta: „Sie ist dann dorthin gefahren, hat dann mit der Kundin dort gesprochen. Und die dann ihm ja sagte, sie möchte keine Afrikaner im Hause haben, weil die hätten ja alle möglichen Krankheiten. Und dann hat sie sogar noch angeboten, gut, dann schicke ich ihnen nur unseren deutschen Mitarbeiter. Wofür sie sich heute sogar schämt, dass sie das angeboten hat. Und dann hat die Kundin gesagt: Nein, also der wird sich wahrscheinlich schon angesteckt haben. Und das möchte sie nicht.“

Ein Interview will der Kunde nicht geben, teilt schriftlich mit, dass von „Krankheiten“ und „Ansteckung“ nie die Rede gewesen sei. Außerdem habe man schon bei Auftragsvergabe verlangt, dass kein farbiger Mitarbeiter komme - wegen eines „traumatischen Erlebnisses“ mit einem Afrikaner. Eine solche Absprache habe es nicht gegeben, sagt dagegen Bröring, und fordert nun Schadenersatz. 370 Euro, wegen des entgangenen Auftrags, aber vor allem, um ein Zeichen zu setzen, gegen Rassismus.

Thomas Bröring, Sanitär- und Heizungstechnik Vechta: „Wenn man so etwas macht, dann muss man sich danach einfach dafür entschuldigen. Und das halten wir für richtig.“

In Mali und auf der Flucht habe er Grauenhaftes erlebt, sagt Ibrahima Bah. Er ist froh, in Deutschland angekommen zu sein.

Ibahima Bah, Auszubildender (Übersetzung Monitor): „Hier gibt es Regeln, an die man sich halten muss. Die Regeln sind heilig. Man hat Rechte. Alle sind hier gleich. Das ist gut.“

Georg Restle: „Ganz genau.“

Stand: 04.09.2018, 15:37 Uhr

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23 Kommentare

  • 23 thom 06.03.2019, 19:13 Uhr

    Man kann von der Flüchtlingskrise halten, was man will, aber das was ihm widerfahren ist, geht nicht und ist eindeutig Rassismus. Paradebeispiel für Rassismus, denn es gibt auch schwarze deutsche, die hier geboren sind oder wurzeln seit der Weimarer Republik hier haben, diese würden dann von denen ebenfalls abgelehnt werden oder?

  • 22 abcd 21.09.2018, 11:09 Uhr

    " 370 Euro, wegen des entgangenen Auftrags, aber vor allem, um ein Zeichen zu setzen, gegen Rassismus." wow, schönreden des Geldeintreibens trotz Nichterfüllung eines Auftrags.

  • 21 Micha 15.09.2018, 10:03 Uhr

    Jeder darf selber entscheiden, wen er in sein Haus lässt. Die Kundschaft verlangt immer häufiger nach deutschsprachigen Mitarbeitern. (wird seine Gründe haben) Natürlich gibt es Vorurteile. Aber sein sie beruhigt,die wenigsten Schutzsuchenden wollen für Ihr Geld hart arbeiten. Das übernimmt dann doch wieder der deutsche Michel .......

  • 20 Klaus 15.09.2018, 06:59 Uhr

    @ Jens : Mit Verlaub - der Hetzbeitrag hier kommt ja wohl von Ihnen ... Wenn ich alle meine negativen Erlebnisse mit anderen Menschen hier aufzählen sollte, dann wäre ein nicht unerheblicher Anteil davon eben mit solch unangenehmen Zeitgenossen wie Ihnen gewesen. Würde ich diese Menschen zum Maßstab nehmen für das was uns Deutsche ausmacht, könnte ich glatt zum Rassisten werden - Gott sei Dank kann ich das trennen und Gott sei Dank sprechen Sie für eine Minderheit. Eine widerliche Minderheit, zugegeben - aber eben eine Minderheit.

  • 19 DerBiedermann 14.09.2018, 00:06 Uhr

    Herr und Frau Bröring: Und das halten wir für richtig. ... Ich halte das auch für richtig. ... Ich habe den Vorfall schon vor ca. 4Wochen in unserer Regionalzeitung (Oldenburgische Volkszeitung Vechta) gelesen. ... Ich halte das auch für richtig. ... Vor ein paar Tagen wurde der Beitrag ebenfalls bei - Hallo Niedersachsen - ausgestrahlt. ... Ich halte auch das für richtig. ... Das Unternehmen/Familie Bröring hat 95% positive Antworten bekommen. ___ Und wo bleibt die Antwort der Wirtschaftselite? In Deutschland gibt es im Jahr 2018 ... 60.000 offene/ nicht besetzte Ausbildungsplätze.

  • 18 Mario 09.09.2018, 11:58 Uhr

    Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er diskriminierend ist. (die Redaktion)

  • 17 Jens 09.09.2018, 11:42 Uhr

    Schon wieder so ein Hetzbeitrag gegen andere Menschen, wie derzeitig so modern, wieder gegen ethnische Deutsche. Was soll diese journalistische Hasserzeugung gegen deutschstämmige Menschen. Rassismus gibt es nicht nur gegen Ausländer sondern - hier wird es wieder einmal deutlich - auch gegen nicht politisch grün-links-68er orientierte deutsche Staatsbürger, welche schon über Generationen hier in Deutschland leben. Negative Beispiele wie hier durch Monitor beschrieben gibt es immer wieder. Offensichtlich werden diese nur mit dem Sinn veröffentlicht um in der Bevölkerung darzustellen wie unendlich rassistisch die deutschstämmige Bevölkerung ist. Das ist genau die psychologisch wirkende Propaganda für Ausländer, gegen Deutschstämmige, weswegen die Medien oftmals als „Lügenpresse“ beschimpft werden. Stellen wir uns mal vor jeder Blogteilnehmer hier würde nun anfangen seine negativen Erlebnisse mit Ausländer zu erzählen. Sofort würde hier getadelt dass man nicht „aufrechnen“ darf.

  • 16 heiko 08.09.2018, 14:13 Uhr

    Die zwei Rentner hatten wahrscheinlich einfach Angst vorm schwarzem Mann? Wenn man ständig von kriminellen Flüchtlingen hört,die klauen usw, hat das auf so manches Rentnerpaar so seine Auswirkung? Auch geben sich immer wieder kriminelle als Handwerker aus. Diese Angst sollte man schon ernst nehmen, gerade bei alten Leuten,die werden ja ständig vor Kriminellen gewarnt ! Das muss kein Rassismus sein ?Man sollte auch nur die Anfahrt in Rechnung stellen.Es wurde ja keine Leistung erbracht !Das ist Abzocke?

  • 15 Anonym 08.09.2018, 00:27 Uhr

    Mit dem Wort "Alltag" in "Alltagsrassismus" bezeichne ich Abläufe, die täglich oder zumindest wöchentlich geschehen. Ein Ereignis in zwei Jahren ist für meine Begriffe nicht alltäglich. Nach der Ankündigung habe ich einen Bericht darüber erwartet, wie Flüchtlinge mit einem subtilen Rassismus konfrontiert werden, der die Mitte der Gesellschaft erreicht hat. Bekommen habe ich einen Beitrag, in dem der Dorftrottel von Vechta bloßgestellt wird.

  • 14 Tamkro 07.09.2018, 18:07 Uhr

    Ist es nicht auch Rassismus, wenn Frauen grundsätzlich von den , vom Staat sehr gut bezahlten Führungsposten wie Kardinal, Bischof u.s.w. ausgeschlossen werden, weil Männer diese Posten ausschließlich für sich beanspruchen. Es wäre schön, wenn sie auch diesen Rassismus anprangern würden. Jede Form von Rassismus ist abzulehnen.

    • Dwerkopp 08.09.2018, 09:54 Uhr

      Das ist Sexismus. Und eigentlich auch nicht erlaubt. Die kath. Kirche hat sich einen Sonderstatus gesichert. Es wird schon ewig kritisiert.

  • 13 Hicham 07.09.2018, 16:37 Uhr

    Es macht mich sehr traurig, weil ich nachempfinden kann, welche Gefühle bei so einer Ablehnung, wegen Gründe, wie die Hautfarbe, die man nicht abstellen kann, entstehen. Es sind Gefühle der Einsamkeit und der Vereinsamung. Umso mehr bin ich von dem Arbeitgeber-Ehepaar beeindruckt, dass es durch Haltung und Menschlichkeit, die durch den Vorfall zugefügten seelischen Verletzungen schnell versorgt hat, sodass der junge Mann wieder Hoffnung schöpfen kann und sich angenommen fühlen darf. Chapeau!