MONITOR vom 06.09.2018

Schulterschluss mit Rechtsextremen: die neue Strategie der AfD

Bericht: Andreas Maus, Andrea Röpke, Lisa Seemann, Kim Otto, Esat Mogul

Schulterschluss mit Rechtsextremen: die neue Strategie der AfD Monitor 06.09.2018 08:39 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 Das Erste

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Georg Restle: „Bilder aus Chemnitz von den Demonstrationen am letzten Samstag. Bilder eines rechten Mobs, den es laut Ministerpräsident Kretschmer in Chemnitz nie gegeben hat. Guten Abend und willkommen bei Monitor. Offenbar hat der sächsische Ministerpräsident da seine ganz eigene Vorstellung davon, was man unter rechtem Mob zu verstehen hat. Wir waren letzte Woche in Chemnitz, wurden wie viele andere Kollegen von rechtsradikalen Schlägern mehrfach tätlich angegriffen und haben jede Menge Vertreter aus dem harten, rechtsextremistischen Lager angetroffen, darunter gewaltbereite Hooligans. Angeheizt von diesen Herren hier, Spitzenfunktionären der AfD und ihren Freunden von Pegida. Nein, heißt es aus der AfD, mit dem rechtsextremistischen Mob wolle man nichts zu tun haben, dabei war in Chemnitz genau das zu beobachten. Ein kühl kalkulierter Schulterschluss zwischen Biedermännern im Anzug und sehr gewaltbereiten Brandstiftern. Andrea Röpke, Andreas Maus und Lisa Seemann.“

Chemnitz, letzten Samstag: Die AfD gibt sich als trauernde Bürgerschaft. Hinter ihnen: Schläge, Bedrohung, offener Hass. Angeführt von AfD-Landeschef Björn Höcke, dem Initiator des sogenannten Trauermarsches. Er hatte zuvor klargemacht:

Zitat: „Extremisten und Gewalttäter wollen wir nicht in unseren Reihen.“

Und das war die Realität. Umsturzparolen und zahlreiche Angriffe auf Journalisten, auch auf uns. Überall treffen wir auf hartgesottene Nazis, Kameradschaften, Hooligans bei der AfD-Demonstration. Offen zur Schau gestellte Gesinnung. Auch Anhänger der rechtsextremistischen Neonazi Partei „der III. Weg“ sind da. Und immer wieder Nazisymbole: die 88 steht für Heil Hitler.

Michael Nattke, Kulturbüro Sachsen: „Wir hatten in der Demonstration, das Who is Who der neonazistischen Szene - nicht nur aus Sachsen, sondern darüber hinaus - vor Ort und die haben sich dort mit eingereiht und sind mitgelaufen. Also das heißt, wir hatten einen Schulterschluss von bürgerlichen Gruppen, von Menschen, die normalerweise nicht der rechtsextremen Szene angehören, über klare Neonazis bis hin zur AfD. Und dieser Schulterschluss, diese Zusammenarbeit der einzelnen Gruppen, das ist tatsächlich eine neue Qualität, die wir in Chemnitz erlebt haben.“

Doch wer genau hat sich hier mit der AfD vereinigt? Direkt neben Björn Höcke bekannte Gesichter: Siegfried Däbritz und Lutz Bachmann, die Köpfe der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung. Früher bei der AfD unerwünscht, jetzt ganz offen mit dabei. Und auch er ist dabei, Götz Kubitschek, Schlüsselfigur der neuen Rechten und Vordenker der völkischen Ideologie von Höckes AfD-Flügel. Auch Akteure der Identitären Bewegung sind gekommen, zum Beispiel Martin Sellner, Kopf der Bewegung aus Österreich. Die Identitäre Bewegung Deutschland wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Und neben den Vertretern der sogenannten „neuen Rechten“ marschieren gemeinsam mit der AfD noch andere Akteure aus der ultra-rechten Szene: Zum Beispiel Maik Arnold. Er war ehemaliges Führungsmitglied der „Nationale Sozialisten Chemnitz.“ Die Neonazi-Gruppierung wurde 2014 verboten. Yves Rahmel war früher Inhaber des rechtsextremen Labels PC Records aus Chemnitz. Das Label veröffentlichte den sogenannten „Döner-Killer“ Song, in dem die dem NSU zugerechneten Morde verherrlicht werden. Auch dabei Christian Fischer. Er war Angehöriger der Heimattreuen Deutschen Jugend. Die rechtsextremistische Jugend-Organisation wurde 2009 verboten.

Mathias Quent, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft, Jena: „Am Samstag in Chemnitz haben sich die Bestrebungen des völkischen Flügels in der AfD eine - wie es dort heißt - fundamental-oppositionelle Bewegungspartei zu bilden, erstmals öffentlich gezeigt. Neonazis, Identitäre, Pegida, AfD und andere Milieus sind zusammengekommen zu einer Großdemonstration, die aus ihrer Wahrnehmung ein Fanal setzen sollte.“

Eine Vereinigung zwischen AfD und Rechtsextremisten, die offenbar von Anfang an so geplant war. Es war zuerst Björn Höcke, der in den sozialen Netzwerken zum Trauermarsch in Chemnitz aufrief. Wenig später schlossen sich Gruppen und Parteien aus der rechten Szene an. Identitäre, die Neonazi Partei „die Rechte“, NPD-Kader und andere mobilisierten bundesweit auch für den AfD-Protest in Chemnitz. Konkret lief es dann so ab: Um 17 Uhr versammelten sich AfD-Anhänger vor dem Parteibüro zu dem Trauermarsch. Eine Straße weiter gab es bereits eine zweite Demonstration. Zu dieser hatte Martin Kohlmann von der rechtspopulistischen Bürgerpartei Pro Chemnitz aufgerufen. Hier versammelten sich auffällig viele rechtsradikale Gruppierungen. Entsprechend klar waren die Ansagen des Einheizers.

Artur Österle: „Meinetwegen bindet euch den rechten Arm an. Wir sind heute hier als Volk und nicht als politische Gesinnung.“

Den rechten Arm festbinden. Die wirkliche Gesinnung verstecken. So zog man geschlossen zur AfD, um sich mit deren Trauermarsch zu vereinen, erklärt der Initiator Kohlmann.

Martin Kohlmann: „Der Plan war ja, und es war auch so angemeldet, dass wir dann hier langkommen und uns dann quasi vereinigen mit den beiden Demonstrationszügen. Es ist, denke ich, auch ein gutes Zeichen, dass jetzt alle gemeinsam gehen.“

Reporter: „Das war auch vorher so geplant, dass Sie sich eigentlich anschließen wollten an die AfD?“

Michael Kohlmann: „Das war die, auf die eine oder andere Weise, vereinigen die beiden Kundgebungen.“

Rechtsextreme und AfD Seite an Seite, obwohl die Beschlüsse der Partei das ablehnen. Eigentlich.

Jürgen Kasek, Rechtsanwalt: „Es gab mal Abgrenzungsbeschlüsse der AfD dahin zu Pegida, dass man nicht mit Pegida gemeinsam auf die Straße geht. Es gab Abgrenzungsbeschlüsse dahin zur Identitären Bewegung. Es gab Abgrenzungsbeschlüsse dahin, dass man keine Neonazis, also Personen, die früher bei der NPD etwa waren, mit aufnimmt. Wenn man sich das inzwischen anschaut, das ist alles Makulatur.“

Franziska Schreiber kennt die Partei von innen. Sie war bis letztes Jahr AfD-Mitglied und im Vorstand der Jungen Alternative in Sachsen. Sie stieg aus, weil die Partei für sie immer weiter nach rechts rückte.

Franziska Schreiber, ehem. Landesvorsitzende Junge Alternative Sachsen: „Wir haben das schon vorher gesehen in diesen ganzen internen Gruppen, dass dort diese Neonazi-Vertreter halt bewusst nicht ausgeschlossen worden sind. Und ich muss ganz ehrlich sagen, mir selber hat das lange Zeit nicht eingeleuchtet, warum man das nicht tut. Und jetzt leuchtet es mir ein, weil man ganz bewusst diesen Schulterschluss jetzt eben praktiziert und weil man eben auch gar keine Angst mehr hat, sich öffentlich mit Neonazis, mit knallharten Schlägertrupps zu zeigen. Also, diese Hemmung fällt offensichtlich gerade.“

Die AfD, Björn Höcke und der Traum von einer völkisch-nationalen Einheitsbewegung. Auffällig ist seine Nähe zu rechten Gruppen. 2010 nahm er zum Beispiel an einer Neonazi-Demo in Dresden teil. Und immer wieder beschwört er Aufstandsphantasien mit ihm und seinem AfD-Flügel an der Spitze. In seinen eigenen Worten klingt es so:

Zitat: „Es sei Aufgabe der AfD „die >>rohen Formen<< der Bürgerproteste geistig zu veredeln.“

Die rohen Formen der Bürgerproteste, am Samstag in Chemnitz sah das so aus.

Franziska Schreiber, ehem. Landesvorsitzende Junge Alternative Sachsen: „Ich habe das schon seit zwei Jahren beobachtet, dass Höcke diese Verbindung schaffen möchte vom Identitären Flügel, von dem bürgerlichen, burschenschaftlichen Flügel, also, was ein bisschen intellektuell hochtrabender ist. Und vom kleinen Mann, der wirklich ein Neonazi in Bomberjacke, in Springerstiefel dasteht. Aus diesen beiden möchte der eine Symbiose machen, das soll die große, rechte Bewegung werden und er will der Kopf dieser Bewegung sein, er will die anführen und das ist die große Gefahr, die dahintersteckt.“

So die Meinung einer Insiderin, zu der Björn Höcke uns gegenüber schweigt. Ein Schulterschluss mit Rechtsextremisten, angeführt vom Kopf des rechten AfD-Flügels? Natürlich haben wir auch die AfD dazu gefragt. Die Antwort fiel kurz aus: „Kein Kommentar“.

Georg Restle: „Damit kein falscher Eindruck aufkommt: Natürlich wäre es unfair, eine ganze Stadt oder ein ganzes Bundesland unter Generalverdacht zu stellen. Und trotzdem frage ich mich, warum so viele Menschen, die sich als „ganz normale Bürger“ bezeichnen, offenbar überhaupt kein Problem damit haben, mit Rechtsextremisten, Nazis und Hooligans gemeinsam auf die Straße zu gehen. Dieser Mann hier hat zu Chemnitz lange geschwiegen: Horst Seehofer, immerhin der Innenminister dieses Landes. Und jetzt das: die Migrationsfrage sei die Mutter aller politischen Probleme. Was für ein hinterhältiger Satz! Als seien allein Flüchtlinge und Zuwanderer dafür verantwortlich, dass Menschen ihr Vertrauen ins politische System verloren haben.“

Kommentare zum Thema

  • Schmidt 24.09.2018, 20:08 Uhr

    Wir leben in einem freien Land und nach unserem Grundgesetz sind wir alle gleich, unabhängig von usw.. Warum sollen wir Bürger ein Problem damit haben mit anderen Menschen auf die Straße zu gegen? Dass es Bürgern vorgeschrieben wurde mit wem er sprechen darf, wen er heiraten darf, bei wem er kaufen darf, welche Bücher er lesen darf, das ist sehr lange her. So etwas wurde den Bürgern des 3. Reiches von den Nazischergen vorgeschrieben. Viele ideologisch ausgerichtete derzeitige Journalisten stellen nicht nur die Bürger einer Stadt, eines Bundeslandes unter Generalverdacht sondern alle Deutsche mit einer Mehrgenerationenvergangenheit in Deutschland. Wir werden immer wieder von Journalisten und Politiker pauschal als Rassisten und Rechtsextreme beschimpft. Nicht die Migrationsfrage ist die Mutter der Probleme sodern die derzeitige Politik unserer Volksvertreter vorsätzlich die über Jahrhunderte in Deutschland gewachsene Bevölkerung gegen Menschen mit muslimischen Glauben auszutauschen.

    • ?? 06.10.2018, 08:35 Uhr

      Hahahah....selten sowas blödes gelesen?????? Sie sind witzig, habe mich auf ihre Kosten ziemlich amüsiert.... gut, dass es Menschen wie sie gibt, die man so auslachen kann, dass man fast brechen muss... nicht zu fassen, was man hier lesen muss!!!

  • Zählt in Deutschland Willkür und Macht stärker als unsere Gesetze, Verirdnungen, Erlasse usw.? 21.09.2018, 14:20 Uhr

    Mit Verlaub, ist ein Schulterschluss mit anderen Menschen nun ein Straftatbestand? Nach meinem Rechtsempfinden und Lesart im GG, StGB, BGB usw. nicht. Ja, es war einmal in unserem Deutschland ein Straftatbestand auf dessen Basis durch Politiker im 3. Reich Menschen ein unmenschliches Leid zugefügt wurde. Auch in der DDR war es für eine Person sehr gefährlich einen Schulterschluss mit einer von der SED verteufelten Person zu halten, wenn man sich nicht gerade nach einer Inhaftierung sehnte. Nach dem derzeitigen hässlichen Agieren von ideologisch grün-links-68er Demagogen ist es jedoch auch heute schon gefährlich sich neben jemanden zu stellen der ein AfD-Wähler oder AfD-Politiker sein könnte. Armes Deutschland, Politiker, Journalisten u. andere „vorbildliche“ Eliten sind dabei unser Land wieder in eine Diktatur zu führen. Weniger irgendwelche verirrte Nachläufer aus AH-Fangruppen, nein, Ideologen der neuen grün-links-68er Ideologie verführen unsere Volksmasse in Richtung Diktatur.

  • Miriam S 21.09.2018, 11:20 Uhr

    toll! statt sich mit den Leuten zu unterhalten und in echte Gesprächsrunden zu begeben , wird weiter gehetzt und Panik geschürt ...und...man erreicht dass die AfD inzwischen aufgerückt ist bei der Wählergunst auf die zweite Stelle ! weiter so !!! Ihr begabten Politiker und Journalisten