Der Tagesthemen-Kommentar von Georg Restle zum gesunkenen Flüchtlingsboot vom 28.06.2023
01:58 Min.. Verfügbar bis 29.06.2099.
Georg Restle am 28.06.2023
Der Tagesthemen-Kommentar von Georg Restle zum gesunkenen Flüchtlingsboot vom 28.06.2023
"Was da in der Nacht des 14. Juni vor Griechenlands Küste geschah, ist kein Drama, keine Tragödie, keine Katastrophe. Es ist ein Verbrechen. Und zwar eines, an dem gleich mehrere Täter beteiligt sind.", kommentiert MONITOR-Redaktionsleiter Georg Restle.
Von Georg Restle
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Kommentieren [84]Wie haben da Hunderte Millionen Menschen in der ganzen Welt mitgezittert und mitgebangt. Als ein U-Boot mit schwerreichen Tiefseetouristen in den Fluten des Atlantiks verschwand. Die Hunderten Toten vor der Küste Griechenlands interessierten da weniger.
Kommt ja andauernd vor. Ist ja nichts Neues. Stimmt: Allein in diesem Jahr sind es schon 1.871 Menschen, die allein im Mittelmeer ertrunken sind oder vermisst werden - bei ihrem Versuch, die Küsten Europa zu erreichen.
Was da in der Nacht des 14. Juni geschah, ist allerdings kein Drama, keine Tragödie, keine Katastrophe. Es ist ein Verbrechen. Und zwar eines, an dem gleich mehrere Täter beteiligt sind.
Zuallererst die Schlepper, die Hunderte Flüchtlinge auf ein marodes Fischerboot pferchten. Ohne ausreichend Verpflegung, ohne genügend Wasser. Menschen, die ihren eigenen Urin trinken mussten, um irgendwie zu überleben. Die Aussagen der Überlebenden können niemanden kalt lassen.
Mitschuldig ist aber auch die griechische Küstenwache, die stundenlang zusah, wie ein Schiff in Seenot vor ihrer Küste auf Rettung wartete. Die erst nicht einschritt und als sie dann schließlich mit einem Boot vor Ort war, mit einer waghalsigen Aktion offenbar dazu beitrug, dass das Schiff kenterte. Auch das erzählen die Überlebenden.
Genauso mitschuldig sind allerdings auch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union: Die zuallererst an Abschottung denken und nicht an Rettung. Die ernsthaft glauben, wenn man die Außengrenzen nur kräftig verriegelt, würde schon keiner mehr kommen. Und damit die Menschen auf noch riskantere Fluchtrouten zwingen.
Ob dieses Verbrechen je aufgeklärt wird? Ich zweifle. Wer soll daran ein Interesse haben? Die Staaten, die sich mitschuldig gemacht haben? Wohl kaum. Und die Öffentlichkeit? Die Medien? Auch da bin ich skeptisch. Jedenfalls, solange der Tod von fünf Tiefseetouristen weitaus mehr Schlagzeilen macht als das tausendfache Sterben von Menschen im Mittelmeer.
Stand: 28.06.2023, 22:15 Uhr
84 Kommentare
Kommentar 84: Simpel schreibt am 31.08.2023, 11:48 Uhr :
Danke für diesen erschütternden Blick in den Spiegel einer selbstzufriedenen bis selbstsüchtigen Konsumgesellschaft. Immerhin, Sie dürfen das senden. -- Weiter so! Schon die Reaktionen auf den Bericht von Willy Brandts Nord-Süd-Kommission vor rund 50 Jahren machte klar, daß Europa sich eher selbst einmauern würde, als für soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Die eh nur selten aufkommende Forderung nach Ursachenbekämpfung endet regelmäßig im schalltoten Raum, sobald unsere auf Konkurrenz basierende, alles ausbeutende Wirtschaft als Ursache für Armut und Flucht erkannt wird. Danke, daß Sie weiterhin den Zusammenhang erkennbar machen.
Kommentar 83: Heinrich Hermann schreibt am 29.08.2023, 20:21 Uhr :
Ihre Seiten sind sehr kompliziert Für den normalen User unmöglich
Kommentar 79: Uffz schreibt am 11.08.2023, 07:43 Uhr :
Wir haben hier keinen Platz.
Kommentar 78: Wahrer Grüner schreibt am 08.08.2023, 22:25 Uhr :
Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er sich nicht auf das Thema der Diskussion bezieht. (die Redaktion)
Kommentar 4: Lady Franziska schreibt am 29.06.2023, 22:38 Uhr :
Herr Georg Restle, Ihr Kommentar ging mir unter die Haut und erzeugte Gänsehaut. Die EU mit ihren Mitglieder sollen sich schämen, was sie unter Rettung verstehen. Abschottung bedeutet "Nicht verantwortlich sein zu wollen". Was für eine EU-Welt die von Würde und Menschenrechte spricht. Was das Touristen-Uboot betrifft, ja wo das viele Geld ist, bekommt immer mehr Aufmerksamkeit.