Ein Staatsanwalt, der 12 Jahre lang vom Gegenteil überzeugt schien, kommt zu dem Schluss, dass der Asylbewerber Oury Jalloh 2005 mit hoher Wahrscheinlichkeit getötet wurde. Vielleicht sogar ermordet! So steht es in den Ermittlungsakten. Und kurz danach wird ihm und seiner Behörde der Fall entzogen - damit eine andere Staatsanwaltschaft übernimmt, die die Ermittlungen nach kurzer Zeit einstellt. Obwohl die zuletzt hinzu gezogenen Gutachter und der bis dahin zuständige Staatsanwalt zu dem Schluss kommen, dass die bisher verfolgte Tathypothese, nach der Oury Jalloh das Feuer selbst entfacht habe, praktisch nicht mehr zu halten ist.
Das ist kein Fall mehr für den Generalstaatsanwalt, auch kein Fall für die zuständige Justizministerin - sondern das schreit nach einem unabhängigen Ermittler, der eben nicht aus Sachsen-Anhalt kommt. Damit jemand die Ermittlungen übernimmt, dem man die notwendige Unabhängigkeit und den Willen zur Aufklärung zutraut. Die Liste der bisherigen Pannen, Ermittlungsfehler und Ungereimtheiten ist lang: An Händen und Füßen gefesselt soll der Asylbewerber aus Sierra Leone eine schwer entflammbare Matratze selbst in Brand gesetzt haben – das alleine klingt schon abstrus. Dass das vermeintliche Tat-Feuerzeug erst Tage später auftauchte (ohne DNA von Oury Jalloh aber mit Tierhaaren daran); dass sich die beteiligten Polizeibeamten in Widersprüche verstrickten; dass im Umfeld des gleichen Polizeireviers und sogar in derselben Zelle schon vorher andere mysteriöse Todesfälle auftauchten – all das wurde von den Ermittlungsbehörden über Jahre nahezu ignoriert.
Erst unter öffentlichem Druck und angesichts eines von einer privaten Initiative angefertigten Gutachtens wurden dann überhaupt ernsthafte Untersuchungen vorgenommen, wie es zu dem Brand gekommen sein konnte. Was dann passierte, ist genau genommen gar keine spektakuläre Wende im Fall Oury Jalloh: Experten und der langjährige Ermittler haben lediglich die bisher plausibelste Erklärung für seinen Tod untermauert. Das Feuer wurde wahrscheinlich durch Dritte gelegt. Doch immer noch wird in Sachsen-Anhalt viel dafür getan, um genau das nicht zu erkennen.
Die Staatsanwaltschaft Halle teilt nun mit, dass es keine neuen Erkenntnisse zu dem Fall gebe. Sie sollte jedoch vor allem begründen, wie sie zu einem Ergebnis kommt, das die Einschätzungen des über Jahre zuständigen Ermittlers und mehrerer Experten offenbar ignoriert. Denn dadurch wird der 12 Jahre alte Fall endgültig zu einem Justizskandal.
Kommentare zum Thema
Nichts anderes passiert bei dem NSU Fall, mit diversen Ermittlungsergebnissen. Man stellt ein, ignoriert Fakten und Verbindungen. Vom NSU Mord in Kassel mal ganz zu schweigen. Da beobachtet ein Verfassungsnichtschützer einen Mord und tut was? Genau. Nichts. Er wusste ja, was passiert. Da sieht man den Staat im Staat mal kurz und eklig aufblitzen.
Elke Berster hat es schon ganz richtig beschrieben!
Ihr seit doch böse" Verschwörungstheoretiker". Das melde ich alles dem Heiko!