Georg Restle am 01.09.2016

Die Laudatio zum Aachener Friedenspreis 2016

Von Georg Restle

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Liebe Mitglieder des Aachener Friedenspreises, liebe Preisträger, liebe Gäste.

Ich habe mich sehr über die Einladung gefreut, heute hier die Laudatio zu halten. Vor allem natürlich wegen der Preisträger – aber nicht nur. Sondern auch deshalb, weil ich es in diesen Zeiten für außerordentlich wichtig halte, dass es solche Veranstaltungen wie diese und solche Initiativen wie den Aachener Friedenspreis gibt. Sie werden gebraucht: als Teil einer zivilen Bürgergesellschaft, die wir als Bollwerk gegen den aufkommenden rechten Ungeist nötiger haben denn je. Ein Ungeist, der versucht, Frieden wieder völkisch nationalistisch zu definieren und damit ganz sicher keinen Frieden schafft, sondern nur neue Kriege geistig vorbereitet. Diesem rechten Ungeist setzten Sie eine Idee von Frieden entgegen, die immer weltoffen, immer universell ist – und die eben keinen Unterschied macht, ganz egal ob die Kriegsherren aus Washington, Berlin, Ankara oder Moskau kommen. Es heißt ja immer, als Journalist solle man sich mit keiner Sache gemein machen. Aber wie, um Himmels Willen kann man sich mit einer solchen Idee von Frieden nicht gemein machen. Ich mache es heute. Und ich mache es aus Überzeugung.

Es ist ja immer eine Herausforderung über Frieden in unserer Zeit zu sprechen. Heute ist es eine ganz besondere. Während wir hier feiern, sterben Menschen im Irak und in Syrien, in Afghanistan und im Jemen. Und es sterben immer noch Menschen im Mittelmeer, die auch aus diesen Ländern fliehen. Sie alle sind Opfer von Kriegen, an denen Deutschland direkt oder indirekt beteiligt ist.

Im Irak und in Syrien nicht nur mit Aufklärungsflügen oder Waffen an die Peschmerga, sondern auch, weil hier dem NATO-Partner Türkei quasi ein Blankoscheck ausgestellt wurde: für einen aggressiven Krieg gegen kurdische Milizen, die noch gestern zu den engsten Verbündeten des Westens gehörten im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat.

In Afghanistan, weil die Bundeswehr sich hier an einem Krieg beteiligt hat, der heute noch tausende Opfer fordert, auch weil die deutsche Bundesregierung in Afghanistan vieles im Blick hatte, nur keine dauerhafte Friedensordnung.

Und im Jemen, weil dort mit Saudi-Arabien einer der wichtigsten Empfänger deutscher Rüstungsexporte einen brutalen Krieg führt gegen Zivilisten, die keine Chance haben, diesem Krieg zu entfliehen und das Land zu verlassen. Fast 4.000 Zivilisten sind diesem Krieg bisher zum Opfer gefallen, ohne dass sich hier jemand groß dafür interessieren würde.

Selten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat Deutschland sich in einem solchen Ausmaß mitschuldig gemacht am Leiden und Sterben von Menschen, die Opfer geworden sind von geopolitischen Planspielen, und auch vom neuen Größenwahn einer deutschen Außenpolitik, die neue Stärke vor allem militärisch definiert.

Wer behauptet, dass diese Kriege Frieden bringen, den widerlegen die Bilder von den Schlachtfeldern im Mittleren Osten auf erschreckend eindrückliche Weise. Genauso erschreckend aber ist, dass all diejenigen, die jetzt in Syrien gerade den Frieden herbeibomben wollen, offenbar keinen Plan davon zu haben scheinen, wie dieser Frieden überhaupt aussehen soll. Und die Bundeswehr mittendrin – als hätten wir aus Afghanistan nichts gelernt.

Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir heute über Frieden reden. Es ist wichtig, dass wir die aktuellen Kriege dorthin setzen, wo sie hingehören. Nämlich ganz nach oben auf die politische Agenda. Und deshalb ist es so wichtig, dass es Veranstaltungen wie diese gibt, in denen Menschen geehrt werden, die sich kompromisslos für Frieden einsetzen – ohne Rücksicht darauf, ob sie dafür verhöhnt, bekämpft oder verfolgt werden.

Bei allen Unterschieden: Das eint die beiden Preisträger von heute dann doch: Dass sie es sich nicht bequem gemacht haben, indem sie schweigen. Dass sie sich nicht zurückgezogen haben in die warme Höhle eines politischen Mainstreams, der von den Folgen dieser Kriege doch bitte verschont bleiben will. Dass sie unnachgiebig bleiben gegenüber Regierungen und politischen Eliten. Eliten, die Kriege längst wieder als Fortführung der Politik mit anderen Mitteln begreifen. Als eine realpolitische Notwendigkeit zur Befriedung aller möglichen Interessen: Seien sie ökonomischer, geopolitischer oder rüstungspolitischer Natur.

Gerade in dieser Zeit braucht es solche Stimmen wie die des Komitees der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen für den Frieden. Es braucht das Engagement von Initiativen wie der Offenen Heide. Weil sie die Mehrheitsgesellschaft daran erinnern, dass die großen Probleme, die großen Konflikte unserer Zeit mit den Mitteln des 19. oder 20. Jahrhunderts eben nicht zu lösen sind. Nicht die weltweite Armut, nicht die weltweite Flucht, nicht die weltweite Zerstörung unserer Lebensgrundlagen.

Und wer meint, dass es bei den aktuellen Kriegen um Menschenrechte ginge, der sei daran erinnert, dass ein die Menschenrechte verachtender Staat wie Saudi-Arabien immer noch zu den wichtigsten westlichen Partnern im Mittleren Osten gehört.

Der sei daran erinnert, dass die deutsche Bundesregierung Pakte mit den schlimmsten Despoten in Eritrea oder dem Sudan geschlossen hat, um Flüchtlinge zurück zu halten. Und der sei auch daran erinnert, dass die Wertegemeinschaft der NATO offenbar kein Problem damit hat, einem Staat wie der Türkei den Rücken zu stärken bei ihrem schmutzigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung und gegen die Opposition im eigenen Land.

Die türkischen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen für den Frieden haben diesem Krieg in der Türkei widersprochen. Sie haben dies mit sehr deutlichen Worten getan; so deutlich, wie man einem solchen Krieg eben nur entgegentreten kann. Sie haben die Abriegelung kurdischer Städte als Verbrechen bezeichnet, mit dem der türkische Staat die Zivilbevölkerung zum Hungern verdammt hat. Sie haben die Militäroffensive als Massaker gebrandmarkt und die Verletzung nationalen wie internationalen Rechts verurteilt. Sie haben unmissverständlich klar gemacht, dass sie sich mit diesem Massaker nicht gemein machen wollen, indem sie schweigen.

Allein damit haben sie sich in den Augen der türkischen Regierung zu Staatsfeinden gemacht. Sie wurden verfolgt, festgenommen, öffentlich diffamiert. Einige haben ihre Stellen verloren, anderen wird der Prozess gemacht. Wofür? Weil sie einen Rechtsbruch einen Rechtsbruch, ein Verbrechen ein Verbrechen genannt haben. Und weil sie sich für einen gerechten und nachhaltigen Frieden im Südosten ihres Landes eingesetzt haben. Deshalb wurden sie zu Unterstützern von Terroristen erklärt; ausgerechnet von denen, die den Terror des Krieges in kurdische Städte und Dörfer getragen haben.

Es ist die alte Strategie von Diktatoren und Autokraten, die Opposition im eigenen Land als Staatsfeinde außerhalb des politischen Diskurses zu stellen. Eine Gesellschaft zu spalten, indem man zur Denunziation aufstachelt. Und ja, ausgerechnet denen die Menschlichkeit abzusprechen, die sich für eine humane und pluralistische Gesellschaft einsetzen. Mit der Hexenjagd auf Akademiker, Juristen oder Journalisten hat sich die türkische Regierung, hat sich der türkische Präsident Erdogan endgültig in die Tradition solcher Regime gestellt.

Dass die Europäische Union, dass die deutsche Bundesregierung dagegen nicht lautstark protestiert hat, macht sie zu geistigen Unterstützern dieser Politik, die mit Menschenrechten, Demokratie und Rechtstaatlichkeit nichts gemein hat.

Der Preis heute wird daran vermutlich nur wenig ändern. Aber er macht deutlich, dass es durchaus Solidarität gibt. Eine Solidarität nämlich zwischen Zivilgesellschaften über Landesgrenzen hinaus. Zivilgesellschaften, die hier wie dort zunehmend unter Druck geraten; weil Regierungen im globalen Antiterrorkampf längst bereit sind, Freiheiten zu opfern, die eigentlich zum Kernbestand einer liberalen Demokratie gehören.

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen für den Frieden stehen in der Türkei aber nicht allein. Sie stehen stellvertretend für eine breite außerparlamentarische zivile Opposition im Land. Eine Opposition, die in den friedlichen Protesten der Gezi-Park-Bewegung in ihrer ganzen Vielfalt sichtbar geworden ist. Eine Opposition, die vielen in und außerhalb der Türkei Hoffnung machte auf eine andere Türkei, als die, für die der Präsident und seine Partei AKP heute stehen.

Ich kann mich persönlich noch sehr gut erinnern, als ich vor drei Jahren in Eriwan junge türkische Filmemacher und Künstler getroffen habe, die dort mit armenischen Kollegen an gemeinsamen Projekten arbeiteten, die Brücken bauen wollten zwischen zwei Staaten, deren Regierungen sich ansonsten in Feindschaft verbunden sind. Es war der Höhepunkt der Gezi-Proteste. Ich konnte die Begeisterung einer ganzen Generation spüren. Junge Menschen, die mit ihren Handys ständig mit Freunden in Istanbul im Kontakt standen und stolz die Fotos von Protestaktionen zeigten, die sie aus der Türkei zugeschickt bekamen. Es war die Zeit großer Hoffnungen. Hoffnungen auf eine vielfältige, säkulare, demokratischere Türkei. Hoffnungen aber auch, die sich an Europa richteten, für dessen Werte man doch eigentlich meinte zu kämpfen.

Die staatlich organisierte Verfolgungswelle nach dem gescheiterten Putschversuch will diese Hoffnungen zunichtemachen. Die türkische Regierung will der außerparlamentarischen Opposition ihre öffentlich Bühne nehmen, am sichtbarsten in der Besetzung des Taksim-Platzes durch die Anhänger der AKP; dem Platz, der monatelang das Zentrum der Gezi-Park-Bewegung war.

Zehn Tage lang waren wir im August für Monitor mit einem Kamera-Team in der Türkei unterwegs und konnten uns selbst einen Eindruck davon verschaffen, wie viele der Hoffnungen zerstoben sind, wie die Angst vielen in die Glieder kriecht. Dass viele sich überlegen, das Land zu verlassen, weil sie eben keine Hoffnung mehr haben, dass sie in der Türkei Erdogans noch einen Platz finden können.

Dass diese Hoffnungen aber immer noch weiter leben, dafür steht auch das Engagement der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen für den Frieden. Die Hoffnung auf eine andere Türkei, eine Türkei der Menschenrechte, der Demokratie und des Friedens.

Ich wünsche mir, dass dieser Preis dazu beiträgt, dass Ihre Stimme hörbar bleibt, dass Sie sich nicht einschüchtern, nicht unterkriegen lassen, dass Sie ihren Mut behalten – im Wissen, dass es viele Menschen in Europa gibt, die ihre Hoffnungen teilen.

Bürgerinitiative „Offene Heide“

Wie schwer es die Friedensbewegung von heute hat, sich Gehör zu verschaffen, dafür steht – wenngleich auf ganz andere Weise - der zweite Preisträger des heutigen Abends. Die Zeiten, als Hunderttausende im Bonner Hofgarten gegen den NATO-Doppelbeschluss demonstrierten, sind lange vorbei. Ich erinnere mich selbst noch gut an die Menschenkette quer durch Baden-Württemberg, an die Sitzblockaden von Mutlangen, wo US-amerikanische Pershings stationiert werden sollten. Alles längst Geschichte geworden, Geschichte einer alten Bundesrepublik, die es so nicht mehr gibt. Die Friedensbewegung sei tot, heißt es immer wieder. Dass sie noch sehr lebendig sein kann, das zeigt eine kleine Initiative im Osten der Republik, die sich seit vielen Jahren wacker gegen die Militarisierung einer Heidelandschaft in Sachsen-Anhalt stellt - und damit auch gegen die zunehmende Militarisierung der deutschen Außenpolitik.

Das jüngste Weißbuch des Bundesverteidigungsministeriums zur neuen Rolle der Bundeswehr zeigt einmal mehr, wohin die Reise gehen soll. Aus einer Verteidigungsarmee soll eine Interventions-Armee werden, die deutsche Interessen weltweit durchsetzen soll. Da wird die Exportorientierung der deutschen Wirtschaft zu einer Frage der nationalen Identität gemacht. Und damit zum legitimen Grund, Kriege zu führen, um Handelswege zu sichern und sich den Zugang zu Rohstoffen zu erkämpfen.

Ganz zu schweigen vom globalen Krieg gegen den Terror, in dem die Freunde von heute, die Terroristen von morgen sind, wie wir es in Afghanistan erlebt haben oder aktuell in Syrien. Solange Terrorismus in diesem Sinne strategisch begriffen wird, solange jedenfalls wird der Terror nie besiegt werden können. Im neuen Weißbuch ist davon natürlich nichts zu lesen. Und auch nichts von Deeskalation. Die neue Rolle Deutschlands in der Welt, sie definiert sich danach vor allem militärisch - und das hat Folgen.

Wir stehen heute vor einer neuen Aufrüstungsspirale – 2 % des Bruttoinlandprodukts soll der Verteidigungsetat künftig tatsächlich betragen. In Zahlen ausgedrückt, bedeutet das rund 25 Milliarden Mehrausgaben; fast eine Verdoppelung im Vergleich zu heute. Die deutschen Rüstungsexporte steigen – trotz gegenteiliger Ankündigung des Wirtschaftsministers: Im letzten Jahr lagen sie bei rund 8 Milliarden Euro und haben sich damit fast verdoppelt.

Und auch atomar geht das Wettrüsten auch auf deutschem Boden weiter. Die umfassende Modernisierung der Atomraketen in der Eifel, zeigt: Das Gespenst des atomaren Wettrüstens ist längst noch nicht vertrieben. Ganz im Gegenteil. All diese Entwicklungen zeigen: Diese Republik braucht eigentlich eine starke Friedensbewegung. Eine Bewegung, die den herrschenden Diskurs bricht, wonach die weltweit zunehmenden Bedrohungen vor allem militärisch zu bekämpfen sind, wonach sogenannte asymmetrische Kriege ein neues Wettrüsten erfordern - und wonach eine Rückkehr in die Logik des Kalten Krieges wieder möglich, einigen sogar wünschenswert scheint.

Es gibt einen Ort in Deutschland, an dem diese Remilitarisierung der deutschen Außenpolitik sichtbar wird, wie an kaum einem anderen. Er liegt in der Colbitz-Letzlinger Heide, nördlich von Magdeburg. Dort entsteht gerade die größte militärische Übungsstadt Europas. Ein riesiges Areal, auf dem die Kriege von morgen geübt werden sollen. Kriege, die von keiner deutschen Verfassung mehr wirksam begrenzt werden sollen, von keinem Parlamentsvorbehalt und keinen Rufen nach „Nie wieder Krieg!“

Gegen diese Ausuferung von Bundeswehr-Mandaten, gegen diese Entgrenzung des Krieges demonstriert die Bürgerinitiative „Offene Heide“ seit 23 Jahren jeden Monat aufs Neue. Nicht nur, weil sie dieses europaweit einmalige Biotop retten will, sondern weil sie sich für eine zivilisierte Außenpolitik einsetzt. Weil sie sich der herrschenden Deutung heutiger Konflikte wiedersetzt, die die wahren Ursachen der globalen Gewalt ignoriert. Einer Gewalt, die in Terrorismus und Fanatismus zwar ihre sichtbarsten Symptome zeigt, deren eigentliche Ursache aber die zum Himmel schreienden Ungerechtigkeit bei der weltweiten Verteilung unserer Güter ist.

Deshalb gilt: Wer die Kriege von morgen verhindern will, der muss für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung kämpfen, die durch Freihandelsabkommen wie TTIP oder CETA gerade verhindert wird, durch die die Volkswirtschaften der ärmsten Länder weiter an den Rand gedrückt werden Er muss sich für eine humane Flüchtlingspolitik einsetzen, die traumatisierte Menschen nicht in die verwüsteten Kriegsgebiete nach Afghanistan oder anderswohin zurück schickt. Sondern sie hier aufnimmt und ausbildet, damit sie am demokratischen Wiederaufbau ihrer Länder beteiligt werden können.

Er muss sich gegen Rüstungsexporte in Staaten wie Katar oder Saudi-Arabien zur Wehr setzen, wo Diktaturen gestützt und Konflikte angeheizt werden, die alles mögliche schaffen, nur keine dauerhafte Stabilität und schon gar keinen Frieden.

Für eine solche Friedenspolitik stehen Initiativen wie die „Offene Heide“. Sie werden dafür oft belächelt, für naiv gehalten, nicht ernst genommen. Aber so klein diese Initiativen sein mögen, so wichtig sind sie für diese Republik. Weil sie einen Geist wach halten, der eben nicht vor einer militärischen Logik kapituliert, die weder im Irak, noch in Afghanistan, noch in Libyen, noch in Syrien Frieden geschaffen hat. Und - lassen Sie mich das an dieser Stelle anmerken - weil sie hoffentlich auch nicht denen auf den Leim gehen, die aus einem aggressiv-expansiven Machtmenschen wie Vladimir Putin einen neuen Friedensfürsten machen wollen.

Für Ihr jahrelanges Engagement bekommt die Bürgerinitiative „Offene Heide“ den Aachener Friedenspreis heute völlig zurecht; stellvertretend für die Vielen, die sich in Sachsen-Anhalt oder der Eifel, auf Ostermärschen oder Friedenscamps mit erstaunlicher Beharrlichkeit für eine andere Politik einsetzen, die Frieden radikal denkt; weil er nur so erhalten werden kann. Dass Ihre Stimme wieder lauter wird, dass dieser Geist sich ausbreiten möge: auch das soll dieser Preis zum Ausdruck bringen. Diesem Land, davon bin ich überzeugt, würde es jedenfalls gut tun.

Schlusswort

Lassen Sie mich zum Abschluss noch einen Gedanken loswerden, der für beide Preisträger von heute gilt. Ob in Deutschland oder der Türkei. In beiden Ländern erleben wir gerade einen Umbruch, in dem Werte, auf die wir Jahrzehnte lang vertraut haben, zu zerfallen drohen. Friedfertigkeit, Freiheitlichkeit, Mitmenschlichkeit. Die Vorstellung, dass moderne Gesellschaften aus den Katastrophen des 20.Jahrhunderts gelernt hätten, dass sie unangreifbarer werden gegenüber den Verlockungen starker Führer oder kriegstreibender Ideologien. Diese Überzeugung hat Risse bekommen. Vielleicht ist das auch ganz gut, weil es uns politisch wachsam hält. Oder wie Carl von Ossietzky es ausgedrückt hat:

„Wenn zwei Zeiten sich scheiden und alles, was man bisher fest verankert glaubte, plötzlich von einem Strudel erfaßt wird, und Zukünftiges mehr noch in der Ahnung lebt als in der organisierenden Vernunft, dann kann die Fragestellung nicht lauten: Wollen wir politisch sein? sondern: Können wir es überhaupt verhindern, politisch zu sein?“

In diesem Sinne, wünsche ich den Preisträgern von heute Kraft und Mut weiter zu machen. Und denken Sie daran: Sie sind nie allein.

Stand: 02.09.2016, 17:57 Uhr

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30 Kommentare

  • 30 Elvira 20.12.2019, 01:04 Uhr

    Jessica, Marion-es sind Scharfmacher wie vor 80 Jahren. Gleichgeschaltete Medien inklusive.Sie hängen sich das Mäntelchen von Frieden, Gerechtigkeit nur zu gern um.Wie damals so wird heute Populismus in Form von CDU und Companie gefrönt. Noch wundern, weshalb Bundeswehrmacht rüstet und Fronteinsätze hat?

  • 29 Fritz 03.03.2017, 01:01 Uhr

    Gern bedanke ich mich bei Herrn Restle für seine treffenden Worte! Besser hätte ich es nicht formulieren können, und dabei meine ich die ganze Laudatio: Natürlich ist die Politik der NATO Russland gegenüber nicht dazu geeignet gewesen, auf der östlichen Seite Vertrauen zu schaffen. Mündliche Zusagen an Gorbatschow, dem Deutsche viel zu verdanken haben, den Machtbereich der NATO nicht bis an die russische Grenze auszudehnen, wurden schnell gebrochen. Aber durch diese Fehler des Westens wird Putin nicht automatisch zu einem Friedenspolitiker, dafür gibt es zu viele Hinweise über seinen Umgang mit Kritikern und Opposition, und es gibt zu viele Hinweise zur Gewissenhaftigkeit des Festredners, der mit seinen unbequemen Positionen sicher keine Karriere macht!

  • 28 Marion Jäger 01.02.2017, 19:02 Uhr

    Es wird viel und immer wieder über die schreckliche Kriegszeit des 2.Weltkrieges berichtet. Politiker und Journalisten werden nicht müde durch Rundfunk, Fernsehen und Printmedien die Deutschen als das schlimmste und verbrecherischste Volk der Erde darzustellen. Leider schauen viele unserer Politiker und Journalisten zu sehr in die Vergangenheit und zu wenig in die Zukunft. Durch Einmischungen in innere Angelegenheiten anderer Länder stehen wir auch heute wieder vor einem Krieg. Ein Krieg der schrecklicher und verheerender sein wird als beide Weltkriege zusammen. Alleine schon die aggressive Hetze gegen Russland, dessen Präsidenten und neuerdings auch gegen den neuen US-Präsidenten ist mit den Vorkriegszeiten der beiden Weltkriege zu vergleichen. Zusätzlich betreibt die NATO eine Aufrüstung / Mobilmachung gegen Russland, welche schon durch eine ungewollte Handlung, durch ein Unglück zum Krieg führen kann. Unsere Politiker sollten endlich wieder friedfertiger werden und sich ...

  • 27 Jessica 31.01.2017, 20:18 Uhr

    Habe ich etwas verpasst? Wo gibt es auf der Erde Frieden? Gab es seit dem 2. Weltkrieg nicht ohne Pause irgendwo Kriege, Revolutionen und Regierungsstürze? Haben nicht selbst Friedensnobelpreisträger Kriege führen lassen? Was ist mit den ständigen Aggressionen gegen Russland? Warum lassen unsere westlichen Wertegemeinschaften dieses Land nicht einfach in Ruhe? Warum ist es in unserem Deutschland kaum mehr möglich eine andere Meinung zu vertreten als die politische Richtung im Land es uns vorgibt? Warum hetzen Politiker und Journalisten der sogenannten westlichen Wertegemeinschaft aus der links-grün-68er orientierten nun auch noch gegen den neuen demokratisch gewählten US-Präsidenten.

  • 26 Maik 31.01.2017, 20:05 Uhr

    Es wird heutzutage grundsätzlich definiert dass alles Böse nur aus einem nationalen Gedankengut kommt. Alles Gute kommt laut vieler staatsführende Politiker und deren Anhänger aus den Medien offensichtlich nur aus der neuen Idiologie der "grün-68er" (offiziell noch nicht als Ideologie erkannt und benannt). Die Anhänger der internationalen 68er Bewegung (welche sich immer wieder als einzige Demokraten erkennen) und deren Nachfolger haben uns in der Nachkriegszeit rechnerisch weniger Frieden gebracht als Anhänger von Nationalstaaten. Zudem gibt es einige Staaten auf der Erde welche ihr eigenes Verhalten immer wieder als "Westliche Wertegemeinschaft" bezeichnen, selbst jedoch nach nationalistischer Art andere Länder mit Kriege, Revolutionen und Regierungsstürze belegen. Schauen wir zum Beispiel in Richtung Russland und USA. Welche Regierungen waren in den letzten Jahren aggressiver gegen andere Staaten? Unter welcher Herrschaft sind in den letzten Jahrzehnten mehr Menschen ges ...

  • 25 TschinGaRaSaBum 10.10.2016, 10:32 Uhr

    ... Wirklich schade ... Ich dachte – bis zu der namentlichen Erwähnung Putins – was für erfrischend kritische Worte … Auch ich halte Putin nicht für einen "Friedensfürsten". Aber genauso wenig Obama, Clinton, Merkel etc., die allesamt bis zum Hals im Lobbyismus verheddert sind ... Mich überkommt mittlerweile das Gefühl, dass die Journalisten der westlichen Medien tatsächlich geradezu dazu angehalten werden, es eher kleinzureden, wie verachtenswert die Kriegstreiberei der US-Amerikanischen Regierung – damit ist nicht das amerikanische Volk gemeint, welches selbst belogen und betrogen wird – seit G. W. Bush die Welt verändert hat, damit sich einige Wenige die Taschen vollstopfen können. Ohne Rücksicht auf Verluste. Jedoch: Auch wer schweigt – so haben wir es im letzten Jahrhundert schon im Nachhinein erklärt bekommen – macht sich nicht weniger mitschuldig.

  • 24 Miriam S 30.09.2016, 19:17 Uhr

    so sehr ich Sie Georg schätze und Ihre Rede für bemerkenswert halte, so sehr verwundert mich aber ihre Bemerkung zu Putin. sie verwundert mich nicht nur, sie macht mich sogar wütend. bestimmt nicht, weil ich ein Bewunderer Putins bin , sondern weil ich nicht verstehe, dass Sie nicht sehen, dass Putin immerhin für eine friedliche Position gegenüber dem Westen war und ständig von den USA/Deutschland gedemütigt und aggressiv behandelt wurde, dass man ihm die eigenen Weltherrschaftspläne unterjubeln wollte: eine Projektion folgte auf die andere ...wieso glauben auch Sie Georg, dass man einen Bären ungestraft immerzu reizen darf? (Putin ist der Kopf des immer noch mächtigen Bären..) die Anfänge der Auseinandersetzungen Ost/West lagen eindeutig im Westen und nun schiebt man die Verantwortung, wie gehabt auf andere , hier auf Putin....wie hieß es in einer Sendung: man externalisiert alles, was einem nicht passt, was keinen Erfolg verspricht...wohin auch immer... nix für ungut ! eine ...

  • 23 Hendrik 10.09.2016, 12:05 Uhr

    Es geht noch weiter: Georg Restle antwortet Albrecht Müller auf Facebook: https://web.facebook.com/monitor.wdr/posts/1147740755264863?_rdr Albrecht Müller antwortet Georg Restle auf den Nachdenkseiten: http://www.nachdenkseiten.de/?p=34938 Ist ein schöner Anlass um Kernfragen zu thematisieren. Alles sehr informativ und lesenswert. Bitte verbreiten !

  • 22 Irm 09.09.2016, 21:33 Uhr

    Danke für diese Rede! Sie rüttelt auf und nennt Wesentliches zu den gegenwärtigen Kriegen, zu Ursachen und Zusammenhängen. Sie enthält Hinweise auf Verantwortlichkeiten, spricht von Regierungen, Staaten, Institutionen, Ministerien, Gruppierungen, Verbündeten.... Bis kurz vor dem Ende treten keine namentlich genannten Personen auf, alles anonym. Dann aber wird ein einziger genannt und es ist der "aggressiv-expansive(n) Machtmensch Vladimir Putin". Wie ist das zu verstehen?

  • 21 Pjotr56 09.09.2016, 19:21 Uhr

    "aggressiv-expansiven Machtmenschen wie Vladimir Putin" Tja, wenn man im Mainstream mitverdienen will, muss man sowas inzwischen wohl schreiben. Herr Restle, ich habe Ihnen bis zu diesem Satz mehr Rückgrat und Bemühen um Differenzierung zugetraut und bin nun um eine weitere,bittere Erfahrung reicher. Willkommen im Club der Opportunisten und Transatlantiker, da steht Ihnen eine steile Karriere bevor. Dem Weltfrieden haben sie einen Bärendienst erwiesen.

  • 20 Tyler Durden Volland 08.09.2016, 01:51 Uhr

    Die Gefährlichkeit von Putin und Obama, und der Umgang der Medien/Lügenpresse mit den Fakten: Z.B. diese SPON Meldung: „Wieder ist es zu einem Zwischenfall über dem Schwarzen Meer gekommen: Ein russisches Militärflugzeug hat sich einem US-Flieger auf drei Meter genähert. Das US-Militär ist empört, Russland verteidigt das Manöver.” Die Russen wagen es auf amerikanischem Gebiet zu fliegen! Da können all die Putin-Versteher endlich mal sehen, wie aggressiv und den Weltfrieden gefährdend dieser Mann ist! Die Dummheit die für das alles nötig ist, ist nicht zu glauben...