Pressemeldung vom 01.02.2018

AKW Tihange deutlich gefährlicher als bislang bekannt

Das Sicherheitsrisiko durch das grenznahe belgische Atomkraftwerk Tihange ist deutlich größer als bislang bekannt. Das haben gemeinsame Recherchen des WDR-Hörfunks und des ARD-Magazins MONITOR (ARD, Donnerstag, 01.02.2018, 21:45 Uhr) ergeben.

Das Atomkraftwerk Tihange | Bildquelle: WDR/dpa

Den Redaktionen liegt ein Schreiben der belgischen Atomaufsicht (FANC) vor, das eine deutliche Häufung von so genannten „Precursor“-Fällen im Atomreaktor Tihange-1 belegt. Demnach hat es in den Jahren 2013 bis 2015 insgesamt acht solcher Ereignisse in Tihange-1 gegeben – das ist mehr als die Hälfte aller „Precursor“-Fälle in ganz Belgien. Bisher galten insbesondere die Reaktoren Tihange-2 und Doel-3 als besonders riskant.

Bei einem „Precursor“ (deutsch: Vorbote) handelt es sich um einen Zwischenfall in einem Atomkraftwerk, der unter bestimmten Voraussetzungen zu schweren Schäden am Reaktorkern, bis hin zur Kernschmelze führen kann.

Der ehemalige Chef der deutschen Atomaufsicht im Bundesumweltministerium, Dieter Majer, sieht darin ein Anzeichen, „dass die Anlage sicherheitstechnische Schwachstellen hat.“ „Da müssen eigentlich bei allen Verantwortlichen die Alarmglocken angehen, sowohl bei den Betreibern in Belgien (…) und auch beim deutschen Bundesumweltministerium“, erklärt der Atomexperte. Der Gutachter und frühere Mitarbeiter der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS), Manfred Mertins, hält Tihange-1 für ähnlich riskant wie die beiden bislang in der öffentlichen Kritik stehenden Reaktoren Tihange-2 und Doel-3 und fordert, dass man auch bei Tihange-1 „darauf drängen müsste, die Anlage in überschaubarer Zeit abzustellen“.

Wegen Tausender Haarrisse in den Reaktordruckbehältern waren in den vergangenen Jahren Zweifel an der Sicherheit der Atomreaktoren Tihange-2 und Doel-3 laut geworden – insbesondere von deutscher Seite. Das AKW Tihange liegt nur rund 70 Kilometer von Aachen entfernt. Sowohl die Bundesregierung als auch die NRW-Landesregierung haben wiederholt die Stilllegung dieser Reaktoren gefordert.

Auf Nachfrage räumt das Bundesumweltministerium ein, es sei über die Anzahl der „Precursor“-Ereignisse in Tihange-1 informiert. Weiter heißt es: „Nur der zuständigen [belgischen] Atomaufsicht liegen alle notwendigen Unterlagen vor, um die Sicherheit eines AKW bewerten zu können.“

Für die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC sind „Precursor“-Analysen nicht geeignet, Rückschlüsse auf den Sicherheitszustand einzelner Reaktoren zu ziehen. Man könne „garantieren, dass der Betreiber und die FANC die Sicherheit dieses Reaktors gewährleisten“, erklärte die Behörde gegenüber dem WDR-Hörfunk und MONITOR.

Die Atomexpertin von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl, kritisiert das Verhalten der Bundesregierung. „Wenn die Bundesregierung die notwendigen Informationen nicht einholt (…) dann vernachlässigt sie tatsächlich den Schutz der Bevölkerung“, so Kotting-Uhl gegenüber WDR-Hörfunk und MONITOR. Die Grünen-Politikerin fordert neben umfassenden Informationen einen Stopp der Brennelemente-Lieferungen aus Deutschland an die belgischen Kernkraftwerke.

Über das Thema wird in folgenden Sendungen berichtet werden:

ARD „Monitor“, 01.02., 21:45 Uhr

WDR 5 Morgenecho

ARD-Mittagsmagazin

„Aktuelle Stunde“ WDR Fernsehen

Kommentare zum Thema

  • tsSLAueP 07.03.2024, 02:22 Uhr

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  • Erna Kajewski 26.02.2018, 08:21 Uhr

    @Herrn M. Fischer, da haben Sie aber einen Rundumschlag gestartet. Was nun schlimmer ist, als das, was sie zusammen aufgeführt haben, steht hier nicht zur Debatte. Sie waren wahrscheinlich 1986 noch nicht geboren und wissen nicht, was passiert, wenn die Lebensmittel radioaktiv verseucht werden könnten. Sie werden nicht hungern wollen - zum Preis einer Verseuchung mit allen Folgen. Sie haben allerdings recht, zu denken, dass die Atomwaffen rausgeschmissenes Geld und unnütze Vergeudung von Ressourcen darstellen, da sie nicht eingesetzt werden können, ohne nicht selbst Schaden zu nehmen.

    • tsSLAueP 07.03.2024, 02:36 Uhr

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    • tsSLAueP62mLEw5J 07.03.2024, 02:36 Uhr

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    • -1 OR 2+81-81-1=0+0+0+1 07.03.2024, 02:36 Uhr

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  • Fischer, M. 14.02.2018, 12:40 Uhr

    Mag sein dass die Aomkraftwerke unserer Nachbarländer auch für uns in Deutschland gefährlich sind. Jedoch funktionieren sie technisch kontrolliert und da bei uns Kraftwerke abgeschaltet werden brauchen wir die Atomkraftwerke der Nachbarländer auch selbst. Es ist sowieso die Überlegung wert zu prüfen was für unsere Umwelt letztendes gefährlicher ist, der stetig wachsende Flugverkehr, die Heizungsanlagen der Häuser und Fabriken, die Müllproduktion, die unendlich vielen Holzverbrennungen in Offenen Kaminen und Feststoffkessel, usw.. Das für unser aller Leben gefährlichste ist die derzeitige Hass- und Hetzpolitik unserer Politiker sowie Journalisten gegen unser Nachbarland Russland. Auch denkwürdig, da regen sich Politiker sowie Journalisten über grenznahe Atomkraftwerke in Belgien auf und wenige Kilometer weiter werden durch unsere Politiker die Atomwaffen in Büchel erneuert um sie irgendwann gegen Russland abzuschießen. Glauben unsere Politiker dass Russland folgend Büchel leben lässt?

    • tsSLAueP 07.03.2024, 02:51 Uhr

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    • tsSLAuePyxKXGfAv 07.03.2024, 02:51 Uhr

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    • -1 OR 2+675-675-1=0+0+0+1 07.03.2024, 02:51 Uhr

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