Pressemeldung vom 24.06.2019
Mutmaßlicher sexueller Missbrauch von Kindern an Universitätsklinikum - Eltern jahrelang nicht informiert
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Kommentieren [5]Am Universitätsklinikum des Saarlandes wurden etliche Fälle von mutmaßlichem sexuellem Missbrauch durch einen Arzt an Kindern im Alter von vier bis zwölf Jahren gegenüber den Eltern jahrelang geheim gehalten. Das berichtet das ARD-Magazin MONITOR, dem umfangreiche Dokumente zu dem Fall vorliegen.
Danach hat ein Assistenzarzt, der zwischen 2010 und 2014 am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg tätig war, in einer Vielzahl von Fällen intime Behandlungen an Kindern vorgenommen, die medizinisch nicht erforderlich waren. Der Klinik lagen dabei schon früh Hinweise auf eine pädophile Neigung des Mediziners vor. Die möglichen Opfer und deren Eltern wurden jedoch selbst dann noch nicht in Kenntnis gesetzt, als die Uniklinik Ende 2014 Strafanzeige gegen den Arzt stellte und die Staatsanwaltschaft Saarbrücken wenig später ein Ermittlungsverfahren einleitete.
Der Assistenzarzt hatte an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie hunderte von Kindern behandelt. Die Behandlung intimer Körperzonen gehörte eigentlich nicht zu seinen Aufgaben. Nach Recherchen von MONITOR ergab eine stichprobenartige Überprüfung der Behandlungsakten durch den Klinikdirektor, dass 95 Prozent der Behandlungen des Assistenzarztes medizinisch nicht indiziert waren. Wie viele Patienten betroffen sind, ist bis heute unklar. Außerhalb des Klinikums war der Tatverdächtige in der Jugendarbeit tätig.
Klinik informierte nicht
Der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums hatte das Verhalten des Arztes zur Anzeige gebracht und der Staatsanwaltschaft Saarbrücken Patientendaten von mutmaßlichen Opfern zur Verfügung gestellt. Die Klinik unterließ es dabei, die Betroffenen zu informieren, selbst in den Fällen, bei denen die Patientenakten der Staatsanwaltschaft als Beweismittel zur Verfügung gestellt wurden. Von MONITOR befragte Experten sehen darin ein schweres Versäumnis der Klinik: „In dem Moment, wo man sich entschieden hat, dass die Verdachtsmomente so weit ausreichen, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, (…) hätte auch unter therapeutischen Aspekten die Kontaktaufnahme mit den Eltern bzw. den älteren Kindern erfolgen müssen, um auch insoweit Schaden von ihnen abzuwenden“, sagt der Medizinrechtler Prof. Peter Wolfgang Gaidzik von der Universität Witten/Herdecke gegenüber MONITOR. Fragen der Redaktion dazu ließ die Klinik in Homburg bisher unbeantwortet.
Assistenzarzt 2016 verstorben, Ermittlungen eingestellt
Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat im Zuge ihrer Ermittlungen nach eigenen Angaben in drei Fällen die gesetzlichen Vertreter der Betroffenen informiert, bei denen sich „ein Tatverdacht betreffend Straftaten zu ihrem Nachteil konkretisierte hatte“. Nach MONITOR-Recherchen betreffen diese Fälle allerdings nicht das Universitätsklinikum. In den übrigen Fällen sei „nach damaligem Ermittlungsstand ein Verdachtsgrad nicht erreicht, der es zulässig hätte erscheinen lassen, diese nach den (...) maßgeblichen Vorschriften der Strafprozessordnung als Verletzte zu informieren“, so die Behörde gegenüber MONITOR. Der Assistenzarzt ist 2016 plötzlich verstorben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wurden daraufhin eingestellt, auch in der Folge wurden andere mögliche Opfer offenbar nicht informiert.
Saarländische Landesregierung eingeschaltet
Eine Anwältin betroffener Eltern, die durch Zufall von den Vorkommnissen erfahren hatten, wandte sich im April 2019 an den Ministerpräsidenten des Saarlandes, dessen Staatskanzlei als Aufsichtsbehörde für das Universitätsklinikum fungiert. Dort kam man daraufhin zu der Entscheidung, nun doch einen Teil der betroffenen Eltern über die Missbrauchsvorwürfe in Kenntnis zu setzen.
PK am Montag
Nach MONITOR-Recherchen handelt es sich um mindestens 30 Fälle. Am Montagnachmittag (24.6.) wollen Staatskanzlei, Klinik und Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz über Details in dem Fall informieren.
Stand: 24.06.2019, 06:00 Uhr
5 Kommentare
Kommentar 5: Miriam S schreibt am 15.07.2019, 09:37 Uhr :
was helfen Berichte in der Öffentlichkeit ? Man sieht ja, wie lange so etwas weiter schwelen kann ; außerdem fürchte ich Nachahmungstäter... das einzige, was Verbrechen stoppt, ist m. M . nach sofortige Anzeige bei der Kriminalpolizei und anschließende nicht nachlassende Nachfrage ob und wie dem nachgegangen wird...
Kommentar 4: Eva Nowatschek Snap Austr schreibt am 24.06.2019, 18:15 Uhr :
Die Klinik muss strafrechtlich belangt werden. Da die Kliniksleitung und sicher auch das weitere Personal Tatkenntnisse hatten und durch ihr Schweigen den strafrechtlichen Tatbestand der unterlassene Hilfeleistung, Verletzung der Aufsichtspflichte , Tatbegünstigung und damit aktiven Mittäterschaft erfüllt haben. .
Kommentar 3: Squareman schreibt am 24.06.2019, 16:17 Uhr :
Im vertuschen sind nicht nur die Kirchen Spitze. Wirklich kaum zu glauben was sich in deutschen Kliniken so alles tummelt.
Kommentar 2: Claudia Adams schreibt am 24.06.2019, 11:49 Uhr :
"Die Klinik hatte Hinweise auf seine pädophile Neigung." Durch wen und seit wann?
Kommentar 1: Claudia Adams schreibt am 24.06.2019, 11:47 Uhr :
Mich würde interessieren, ob Matthias S. bereits Angestellter bei einem Krankenhaus war, dessen Träger die katholische Kirche war. AusGründen.
Antwort von SpaceCowboy , geschrieben am 24.06.2019, 21:34 Uhr :
Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er beleidigend ist. (die Redaktion)
Antwort von RA Trug , geschrieben am 25.06.2019, 12:54 Uhr :
Dem schließe ich mich an und ergänze um die Frage, was wusste die Landesregierung, schließlich ist das UKS eine staatliche Institution und der Chefarzt hatte schließlich durch seine Anzeige den Verantwortlichen Anzeige über eben diese Vorgänge erstattet. Politisch gewollt? Wenn ja von wem AKK? Wenn Demokratie in diesem Land noch eine Bedeutung haben soll, müssen wir endlich wieder die Wahrheit in den Mittelpunkt stellen. Und dazu gehört auch die Vollständigkeit § 138 ZPO.