Pressemeldung vom 27.09.2018

BP entsorgt krebserzeugende Raffinerierückstände in Kohlekraftwerk – Experte: „Das ist illegal“

BP entsorgt seit Jahren giftige „Ölpellets“ in einem Kohlekraftwerk in Gelsenkirchen. Dem Unternehmen liegt dafür eine Genehmigung vor, Experten halten diese jedoch für rechtswidrig und das Vorgehen für illegal.

Logo des Ölkonzerns BP | Bildquelle: REUTERS/Arnd Wiegmann

Es geht um jährlich zehntausende Tonnen krebserregender Raffinerie-Rückstände. Mehrere Gutachten stufen die Ölpellets als „gefährlichen Abfall“ ein, da sie stark mit Ölrückständen und Schwermetallen belastet sind. Die Entsorgung in einer Sondermüll-Verbrennungsanlage würde BP nach eigenen Berechnungen jährlich bis zu 20 Millionen Euro kosten. Das geht aus internen Unterlagen hervor, die WDR Hörfunk und dem ARD-Magazin MONITOR vorliegen.

Um diese Zusatzkosten zu vermeiden, hatte BP 2009 eine spezielle „Task Force“ eingerichtet. Wichtigste Aufgabe der geheimen Arbeitsgruppe war es, die Einstufung der Ölpellets als Abfall zu vermeiden und eine „kostenneutrale“ Verbrennung in Kraftwerken sicher zu stellen. Mit Zustimmung der Bezirksregierung Münster als zuständiger Kontrollbehörde wurden die giftigen Pellets schließlich zu „Petrolkoks“ umdeklariert - ein vergleichsweise harmloses Raffinerie-Produkt, das auch als Regelbrennstoff in Kraftwerken zugelassen ist.

„Diese Vorgänge sind illegal“, bewertet der Darmstädter Experte für Abfall- und Verwaltungsrecht, Prof. Martin Führ, das Vorgehen von BP, „weil die Ölpellets als Produkt in den Verkehr gebracht werden, ohne dass eine Registrierung nach (der Europäischen Chemikalienverordnung) REACH vorliegt. Und in einem solchen Fall droht eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren.“ Die Bezirksregierung Münster als zuständige Genehmigungsbehörde hätte „den Betrieb des Kraftwerks mit diesem illegal in Verkehr gebrachten Stoffen untersagen müssen“, so Führ gegenüber WDR/MONITOR.

BP weist auf Anfrage alle Vorwürfe zurück. Die Pellets seien kein Abfall, sondern „ein Nebenprodukt, das zielgerichtet in unserer Raffinerie hergestellt“ werde. Eine entsprechende Genehmigung der Bezirksregierung Münster liege seit Jahren vor. Auch die Bezirksregierung hält die erteilte Genehmigung für rechtens. Den Vorwurf einer unzulässigen Zusammenarbeit weisen alle Beteiligten zurück.

Die Ruhrgebietsstadt Gelsenkirchen, in der sich die betreffende Raffinerie und das Kohlekraftwerk befinden, liegt seit Jahren an der Spitze der Krebsstatistik des Landes NRW. Ein direkter Zusammenhang zur Verbrennung der Pellets ist nicht zu beweisen. Allerdings werde dadurch nach Ansicht des Kieler Umwelttoxikologen Hermann Kruse das Krebsrisiko in dieser Region weiter erhöht – „selbst wenn die Grenzwerte eingehalten werden“, so Kruse im WDR, „weil es für krebserzeugende Stoffe wie zum Beispiel Nickel und Vanadium keine Toleranzwerte gibt.“

Kommentare zum Thema

  • günter 08.01.2020, 15:54 Uhr

    Uns Bürger wird alles verboten oder vorgeschrieben aber die industrie darf gefährliche Abfälle in einem nicht dafür vorgesenen Kraftwerk verbrennen.

  • Birgit 07.01.2020, 09:06 Uhr

    Im KW Datteln 4 sollte neben Kronocarb auch Petrolkoks zum Einsatz kommen. Damit hatte die Bezirksregierung auch kein Problem. Glücklicherweise haben es die Anwohner und der BUND geschafft, dass diese Gifte nicht verbrannt werden dürfen und dass das KW bis heute nicht am Netz ist. Hoffentlich bleibt das auch so.

  • Bernie 30.01.2019, 07:11 Uhr

    Danke für den Bericht. Zum Glück steckt der WDR nocht nicht in diesem Geflecht mafiöser Strukturen der Wirtschaft, Justiz und Politik in NRW fest. In einigen Städten NRWs haben Bürger den Eindruck, als würden Bürgermeister, Industrie und v.a. die lokale Presse Kritik an ihren Projekten und Machenschaften massiv verhindern.