Ein Mann mit Glatze schaut in die Kamera

Mord verjährt nicht: Warum ein Rentner-Cop in Wuppertal auf Verbrecherjagd geht

Wuppertal | Verbrechen

Stand: 30.11.2023, 17:54 Uhr

Zehn ungeklärte Cold Cases stehen auf der Liste von Martin Kieczka. Obwohl der 62-jährige Polizist eigentlich in Rente ist. Doch die Polizeiarbeit lässt ihn nicht los. Als Rentner-Cop ermittelt er im Bergischen Städtedreieck in ungeklärten Mordfällen. Ein Blick in seinen Arbeitsalltag.

Von Inke Köster

Martin Kieczka sitzt in einem kargen Konferenzraum. Auf dem Tisch liegen mehrere Aktenordner und zugeklebte Pappkartons. Kieczka beugt sich über ein paar alte Fotos. Sie zeigen einen Mann, der tot im Bett liegt. Er wurde ermordet. Fast 25 Jahre ist das her.

Der Mord an dem Solinger Rentner ist Kieczka erster Cold Case in seiner Rolle als Rentner-Cop. Er hofft, mittels aktueller DNA-Analysen und weiterentwickelter Untersuchungsmethoden in dem Fall neue Ermittlungsansätze zu finden. Kleinste Partikel reichen aus, um Ergebnisse zu erzielen.

Warum DNA-Spuren so eine wichtige Rolle bei Cold Case-Ermittlungen spielen

00:31 Min. Verfügbar bis 23.11.2025

16 Jahre leitete Martin Kieczka das KK 11, das Kriminalkommissariat für Kapitaldelikte, Todes- und Brandermittlungen. Ende Oktober 2023 hatte er mit 62 Jahren das Pensionsalter eines Polizisten erreicht. Statt sich in Rente zu verabschieden, geht er als einziger Rentner-Cop in Wuppertal auf Verbrecherjagd. Mehr über das Projekt Renter-Cops gibt es hier zu lesen.

Ein Mann schaut sich Polizeiakten an, die auf einem Tisch liegen

Martin Kieczka studiert ältere Polizeiakten

Der erste Cold Case als Rentner-Cop

Kieczkas erster Cold Case ist die Suche nach dem Mörder von Rudi Mistele. Er war das Opfer auf den Fotos, die sich der Ermittler eben angeschaut hatte. Mistele, 79 Jahre alt und alleinstehend, wurde am 18. Januar 1999 von Nachbarn tot in seiner Wohnung entdeckt.

Alter Fahndungsaufruf der Polizei: "Raubmord" steht oben in roter Schrift, darunter ein Schwarz-Weiß-Foto eines alten Mannes

Schubladen und Schränke waren durchwühlt. Kieczka geht von Raubmord aus. Wie genau der Rentner ums Leben kam, will er nicht verraten. Dabei handelt es sich um Täterwissen. Fest steht, es gab einen Kampf.

Welche Aufgaben hat ein Renter-Cop?

Kieczka kann sich auf die alten Fälle einlassen, ohne ständig vom Tagesgeschehen unterbrochen zu werden. Er liest sich in Akten ein, guckt sich Fotos und Asservate an. "Meine Aufgabe ist es, die alten Fälle aufzugreifen. Zu schauen, ob wir mit den neuen Methoden der Spurenerkennung noch Spuren finden, die letztendlich zum Täter führen." Durchsuchungen anordnen oder Haftbefehle vollstrecken darf er als pensionierter Polizeibeamter nicht mehr. Unterstützung bekommt er deswegen von einer jungen Kollegin.

Ein Mann und eine Frau stehen an einem Tisch schauen sich Unterlagen an und tragen dabei weiße Handschuhe

Wichtiger Teil der Ermittlungsarbeit: Alte Asservate durchschauen

Cold Cases gehören zwar auch zum Alltag eines normalen Mordermittlers, doch aktuelle Fälle haben immer Vorrang. Das Kriminalkommissariat 11 im Bergischen Städtedreieck ermittelt jährlich in etwa fünf bis zehn Mord- und Tötungsdelikten sowie 20 bis 25 versuchten Tötungsdelikten. Hinzu kommen ungeklärte Todesfälle, bei denen ein Arzt nicht unmittelbar einen natürlichen Tod bescheinigen konnte.

Hoffnung auf den Durchbruch

Kieczka hat sich inzwischen durch einige der alten Akten im Fall Mistele gearbeitet. Er hat erfahren, dass der Solinger Rentner ein zurückgezogenes Leben führte, sich aber laut Bekannten nach einer Partnerin sehnte. Über ein Zeitungsinserat hatte er kurz vor seinem Tod eine Haushälterin gesucht.

Doch alle Spuren, die Kieczka und seine Kollegen damals und bis heute verfolgten, liefen ins Leere. Dennoch ist der 62-Jährige optimistisch, den Täter auch fast 25 Jahre später noch zu ermitteln: "Als die Tat passiert ist, waren die Spurensicherungsmaßnahmen natürlich ganz andere. Die Methoden sind viel feiner geworden, insbesondere bei der DNA-Analyse. Wir können heute ganz andere Spuren auswerten als damals."

Was reizt Martin Kieczka an seiner Arbeit?

00:34 Min. Verfügbar bis 23.11.2025

Erfolg der Kollegen als Motivation

Kieczka denkt zum Beispiel an seine Kollegen aus Köln. Sie sind sich sicher, nach 35 Jahren den Karnevalsmörder gefunden zu haben. Oder an den Fall der getöteten Claudia Knapp aus der Nachbarstadt Velbert. Die Stewardess war 2007 von ihrem damals 14-jährigen Sohn ermordet aufgefunden worden. Im Spätsommer 2023 wurde ein neuer Tatverdächtiger überführt.

"Vielleicht ist es Kommissar Zufall, der uns hilft." Martin Kieczka, Rentner-Cop in Wuppertal

So einen Ermittlungserfolg würde auch Kieczka gern erleben: "Vielleicht finden wir Zeugen von damals, die mehr über das Geschehen wissen. Gemeinsam mit den neuen Spurensicherungsmethoden ist das meine größte Hoffnung."

Über das Thema berichten wir am 30.11.2023 auch im WDR-Fernsehen in der Lokalzeit Bergisches Land um 19.30 Uhr.