Einzigartiger Studentenjob: Als Tunnelguide in Kölns Unterwelt

Köln | Unterwegs

Stand: 16.03.2025, 08:38 Uhr

Viele Studierende arbeiten nebenbei, um sich etwas dazuzuverdienen. Doch während die einen im Supermarkt Regale einräumen oder in Cafés kellnern, hat Nicolas Dugeorge einen Arbeitsplatz, der wohl einzigartig ist: Der 22-jährige Geologie-Student aus Köln führt Besuchergruppen durch einen Tunnel tief unter dem Rhein.

Von Niklas Bohlen

An diesem Nachmittag hat sich die Karnevalsgesellschaft Ponyhof für den besonderen Ausflug angemeldet. Gespannt warten sie vor einer unscheinbaren Tür am Rheinufer in Köln-Deutz. "Hier geht es gleich etwa 25 Meter in die Tiefe, das sind 100 Treppenstufen. Bedeutet auch: Am anderen Ende müssen wir wieder 100 Treppenstufen hochgehen", ruft Nicolas Dugeorge der Gruppe zu. Die schwere und gesicherte Stahltür öffnet sich, durch das schmale Treppenhaus geht es für die Karnevalisten nun hinab in den Fernwärmetunnel - in eine Welt, die die meisten Kölner noch nie betreten haben.

Unten angekommen wartet die Gruppe geduldig vor dem Einstiegsschacht. Noch lassen sich die Ausmaße des Tunnels nur erahnen, im unterirdischen Gang ist es noch dunkel. Dugeorge schaltet zunächst ein rotes Licht am anderen Ende des Tunnels ein. Ein Raunen geht durch die Menge, denn der Weg bis dahin scheint ziemlich weit. "Der Tunnel erstreckt sich über 461 Meter und verbindet die beiden Rheinseiten", erklärt Dugeorge. Dann macht er auch im Rest des Tunnels das Licht an.

Was ist für Nicolas Dugeorge das Besondere an dem Tunnel? 00:18 Min. Verfügbar bis 16.03.2027

Fernwärme wird in NRW vor allem durch die Nutzung industrieller Abwärme, Geothermie und durch Müllheizkraftwerke gewonnen. Dabei wird Wasser erhitzt und über isolierte Rohre zu den Haushalten transportiert. Der Stellenwert der Fernwärme in der Wärmeplanung der Kommunen ist hoch, da sie zur Reduzierung von CO2-Emissionen beiträgt. Vor allem in industriell geprägten und dicht besiedelten Regionen wie dem Ruhrgebiet oder dem Rheinland wird das Fernwärmenetz weiter ausgebaut.

Student Nicolas Dugeorge führt Besuchergruppen durch das Kölner Fernwärmenetz | Bildquelle: WDR / Niklas Bohlen

Sofort erkennt die Gruppe die zwei massiven Rohre, die entlang des Bodens verlaufen. "Das ist der Grund, warum es diesen Tunnel überhaupt gibt. Durch die Rohre fließt die Fernwärme vom Heizkraftwerk im linksrheinischen Köln-Niehl zu den rechtsrheinischen Stadtteilen." Die Gruppe kann es kaum noch abwarten, in den Tunnel zu steigen.

Ein Studentenjob im Kölner Fernwärmetunnel

"Auf einen klassischen Studentenjob wie Kellnern hatte ich keine Lust. Als ich vor eineinhalb Jahren für mein Studium nach Köln kam, habe ich deshalb etwas gesucht, was auch zu meinem Studium passt", sagt der Geologie-Student. Sein Vorgänger ging in den Ruhestand, die offene Stelle als Besucherführer unter dem Rhein kam für Dugeorge genau zur richtigen Zeit. Bis zu zehn Gruppen pro Woche nimmt er seitdem mit unter die Erde.

Die Führungen sind kostenlos, exklusiv für Gruppen aus Köln und Umgebung, und mittlerweile eine echte Attraktion. Es sei einer der wenigen Tunnel zur Energieversorgung, die überhaupt begehbar sind. Für die Kölnerinnen und Kölner sei es einfach ein einzigartiges Gefühl, unter dem Rhein entlangzugehen, erklärt sich Dugeorge die Beliebtheit seiner Tour.

Wie in einem U-Boot

Nun geht es auch für die Karnevalsgesellschaft Ponyhof hinein in den Tunnel. Hintereinander laufen sie über den schmalen Steg zwischen den Rohren bis zum blauen Licht. Das Licht markiert die Mitte des Tunnels. Hier, tief unter dem Fluss, erzählt Dugeorge von der Entstehung des Tunnels: Im Dezember 1983 begannen die Bauarbeiten, zwei Jahre später war er fertig. Rund 12 Millionen D-Mark kostete das Bauprojekt damals. Der Tunnel befindet sich weit unter dem Rhein, zwischen Wasser und der Tunnelröhre liegt eine dicke Schicht aus Geröll - trotzdem sind die Außenwände nur 30 Zentimeter stark.

Der Fernwärmetunnel ist eine Welt, die die meisten Kölner noch nie betreten haben 00:29 Min. Verfügbar bis 16.03.2027

Plötzlich ertönt ein tiefes Brummen. "Genau jetzt fährt ein Schiff über uns hinweg." Der 22-jährige Besucherführer Dugeorge nennt es "U-Boot-Feeling unter Wasser". Ein besonderer Moment, der die Besucher für einen Moment schweigen lässt.

Spaziergang unter dem Rhein

Nach der kurzen Pause in der Mitte des Tunnels geht es nun für die Gruppe Richtung Ausgang. Der befindet sich auf der linken Rheinseite, unterhalb des Musicaldomes. Als die Gruppe nach 100 Treppenstufen wieder ans Tageslicht tritt, ist die Begeisterung groß. "Unter dem Rhein entlangzugehen, war wirklich ein einmaliges Erlebnis", schwärmt einer der Teilnehmer. Eine andere fügt hinzu: "Man geht ja sonst immer nur über die Brücken über den Rhein, ganz schön spannend, dass es auch noch einen anderen Weg gibt." Für Nicolas Dugeorge gibt es zum Abschluss großen Applaus. Damit endet für ihn ein weiterer erfolgreicher Arbeitstag in einem der wohl außergewöhnlichsten Studentenjobs Kölns.

Über dieses Thema haben wir auch am 10.02.2025 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Köln, 19.30 Uhr.