Hubert Wilmer steht lächelnd mit verschränkten Armen vor zwei Traktoren, die aufeinandergerichtet von der Seite zu sehen sind

Hubert, der Trecker-Checker: "Ich erkenne jeden Traktor allein am Sound"

Coesfeld | Landwirtschaft

Stand: 20.07.2024, 09:58 Uhr

Wenn ein neuer Traktor auf den Markt kommt, ist Hubert Wilmer nicht weit weg. Er ist professioneller Trecker-Tester. In über 25 Jahren hat er schon weit über 400 Traktoren auf Herz und Nieren geprüft. Was muss der perfekte Trecker können?

Von Markus Wollnik

Hubert Wilmer hat sich seinen und den Traum vieler anderer Kinder erfüllt: Der 57-Jährige ist "Trecker-Checker". Für die Fachzeitschrift "Profi" testet er seit mehr als 25 Jahren die neuesten Traktoren. Aktuell arbeitet Wilmer mit seinem Team im münsterländischen Nottuln an einem Test, den es so weltweit noch nie gegeben hat: Was können die Entertainment-Systeme von aktuellen Großtraktoren? Sieben Schlepper treten gegeneinander an. Was bei dem Test rauskommt und ob die Trecker überzeugen können, seht ihr in unserer neuen Folge WDR Lokalzeit Land.Schafft.!

Der Weg zur Arbeit ist für den Trecker-Checker dabei nicht weit. Fast in Wurfweite der Testhalle liegt der Hof, auf dem der dreifache Familienvater aufgewachsen ist und auf dem er noch heute lebt. Hier hat er sich als Kleinkind das Trecker-Virus eingefangen - bei Papa auf dem Schoß. Lokalzeit-Autor Markus Wollnik hat mit Wilmer über seinen Traumjob gesprochen.

Lokalzeit: Auf dem Acker mit dem Traktor fahren ist für viele Kinder ein riesen Spaß. Haben Sie bei dem Job so viel Spaß wie die Kleinen?

Hubert Wilmer: Spaß schon, aber nicht wie ein Kleinkind. Man darf das nicht verkennen. Das Ganze hat einen ernsten Hintergrund. Unser Testurteil hat Firmen schon in Schwierigkeiten gebracht. In einem Fall musste ich mir sogar von der Marketingabteilung eines Herstellers anhören: "Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie mit diesem Beitrag Arbeitsplätze vernichten?" Es erfordert schon ein hohes Maß an Verantwortung und den nötigen Ernst bei unseren Tests.

Lokalzeit: Worin besteht für Sie der Spaß?

Der Spaßfaktor ist eigentlich, dass ich immer mit der neuesten Technik zu tun habe. Ständig mit den Traktor-Neuerscheinungen arbeiten zu dürfen ist ein großes Privileg. Das erlebt der normale Landwirt vielleicht alle zehn Jahre. Nämlich nur dann, wenn ein neuer Trecker auf den Hof kommt.

Lokalzeit: Beneiden Sie denn viele um dieses Privileg?

Wilmer: Ums Fahren der vielen großen Maschinen, da beneiden mich viele drum. Später dann darüber drei, sechs oder 16 Seiten zu schreiben. Das ist für die meisten dann doch abschreckend.

Hubert Wilmer sitzt im Fahrerhaus eines Traktors

Schon seit seiner Kindheit mit großen Maschinen unterwegs: Trecker-Checker Hubert Wilmer

Lokalzeit: Bei einem Test achten Sie auf viele Dinge. Was muss der perfekte Trecker können?

Wilmer: Er muss einen guten Wirkungsgrad haben, möglichst sparsam sein und durch Zuverlässigkeit überzeugen. Was nützt die modernste Technik, wenn immer wieder Kinderkrankheiten auftreten, zum Beispiel Sensoren defekt sind?

Lokalzeit: Was mögen Sie nicht an modernen Traktoren?

Wilmer: Ehrlich gesagt, je größer die technischen Möglichkeiten werden, desto schwieriger wird oft die Bedienung. Hier bekleckern sich selbst große Hersteller nicht immer mit Ruhm. Die könnten sich noch viel vom Smartphone abschauen, was die intuitive Handhabung angeht.

Lokalzeit: Wie fühlen sich die unterschiedlichen Geräte "unterm Hintern" an?

Wilmer: Der Hintern ist inzwischen so gut gefedert, dass ich da keine Unterschiede mehr feststelle (lacht). Aber am Sound, da würde ich blind fast jeden Traktor erkennen. Beim Fahrkomfort gibt es natürlich Unterschiede, aber die sind schwer zu beschreiben. Der Hauptunterschied ist der zwischen Schleppern, die GPS-gesteuerte automatische Lenksysteme haben und denen, die keine haben. Wenn man sehr exakt die Spur halten muss, zum Beispiel beim Säen oder Pflügen, dann ist man auf einem Trecker ohne automatisches Lenksystem viel schneller ermüdet.

Wenn Maschinen mal schlapp machen, müssen die Landmechatroniker ran. Die WDR Lokalzeit gibt auf dem YouTube-Kanal Land.Schafft. einen Einblick in den Werkstattalltag.

Lokalzeit: Wie erkennen Sie Unterschiede, vor allem auch mit Blick auf die Qualität?

Wilmer: Wenn eine Kabinentür schlecht schließt oder eine Lenkung schwergängig ist, merkt man das ganz schnell. Wir arbeiten zudem immer mit Experten zusammen. Die Zug-Leistungen der verschiedenen Traktoren messen wir zum Beispiel im Testzentrum der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft bei Frankfurt. Oder beim aktuellen Vergleichstest der Entertainment-Systeme hilft uns ein Musikproduzent mit einem Spezial-Mikrofon, um den Frequenzumfang der Lautsprecher-Boxen zu messen. Außerdem geben auch praktizierende Landwirte ihr Urteil ab. So setzt sich jeder Test aus vielen Mosaiksteinen zusammen.

Musikproduzent Henning Verlage auf der linken Seite und Hubert Wilmer auf der rechten, stehen in einer Wagenhalle mit mehreren Traktoren im Hintergrund. Vor ihnen steht ein Werkzeugwagen, auf dem ein Laptop steht.

Für den Entertainment-Test hat sich Hubert Wilmer Hilfe von Musikproduzent Henning Verlage geholt

Lokalzeit: Wie bewahren Sie sich als Tester die Unabhängigkeit von großen Herstellern?

Wilmer: Das ist eine Frage der Kompetenz. Im Laufe der Jahre bekommt man breite Schultern. Wenn es berechtigte Kritik an einem Schlepper gibt, muss ich das auch sagen. Es kommt hin und wieder vor, dass uns Hersteller bei bestimmten Tests keine Schlepper zur Verfügung stellen, weil sie ahnen, dass sie darin schlecht abschneiden werden. Dann besorgen wir uns die entsprechenden Typen über Landmaschinenhändler. Aber im Großen und Ganzen funktioniert die Zusammenarbeit mit den Herstellern gut und vertrauensvoll.

Lokalzeit: Sie testen nun schon seit über 25 Jahren Traktoren. Was war bislang Ihr Highlight?

Wilmer: Ich finde vor allem exotische Gerätschaften spannend. Vergangenes Frühjahr durfte ich einen Baumwoll-Vollernter fahren. Das war bei einer Recherchereise durch Australien. Oder wenn ich den weltweit neuesten Großmähdrescher als einer der Ersten fahren darf, das ist schon toll.