Landwirt Florian Stümmler aus Salzkotten hat ein ambitioniertes Ziel: klimaneutrale Milch. Zusammen mit seiner Molkerei, dem Deutschen Milchkontor (DMK) und einigen Forschungsinstituten, führt er deshalb das wissenschaftliche Projekt "Net Zero Farming" durch.
Er ist einer von drei Pilotbetrieben in Deutschland. Ziel ist es, Emissionen zu reduzieren und dafür neue Konzepte zu entwickeln und zu erproben: "Es ist der richtige Ansatz, die Netto-Null in der Milchproduktion anzustreben und erstmal herauszufinden: Was können wir in Deutschland mit den Kollegen möglich machen?", sagt der Landwirt.
Ein ambitioniertes Ziel
Der Versuch läuft schon fast ein Jahr. Zu Beginn hat der TÜV Rheinland den CO2-Fußabdruck von Stümmlers Hof errechnet. Ergebnis: Pro Kilogramm Milch wurden 900 Gramm CO2 ausgestoßen. Damit steht Stümmlers Milch schon besser da, als die durchschnittliche deutsche Milch mit 1,1 Kilogramm CO2 pro Kilogramm Milch. Global betrachtet ist der Ausstoß noch höher: 2,4 Kilogramm CO2.
CO2-Ausstoß im Vergleich
Die Umweltbilanz der Milch wird vor allem durch Methan bestimmt. Dieses Treibhausgas produzieren Kühe bei der Verdauung. Zur besseren Vergleichbarkeit werden die Methan-Emissionen mit in die CO2-Bilanz eingerechnet.
CO2-Ausstoß pro Kilogramm:
- Pflanzliche Milchalternative: rund 0,4 kg CO2
- Milch: 1,1 kg CO2
- Schweinefleisch: rund 5 kg CO2
- Rindfleisch: mehr als 13 kg CO2
Insgesamt verursacht ein Mensch in Deutschland laut Bundesumweltamt im Schnitt gut elf Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr. Größter Faktor: das Heizen.
Rechnerisch auf null zu kommen, etwa mit CO2-Ausgleich und Einsparung, ist also ein ehrgeiziges Ziel. Florian Stümmler ist optimistisch, dass das klappen kann - wenn auch nicht für alle Betriebe. Das große angestrebte Ziel sei zwar die Netto-Null, so Birgit Lüdemann vom DMK, jede Einsparung von CO2 sei aber ein Schritt in die richtige Richtung.
Futterproduktion und Dünger haben großen Einfluss
Dafür versucht der Landwirt auf seinem Hof in Salzkotten-Holsen an drei großen Stellschrauben zu drehen: erstens die Optimierung durch Zucht, zweitens den Ackerbau zu verbessern und drittens, soll die Kuh das Futter voll ausschöpfen und keine Nährstoffe verloren gehen.
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Die Analyse des TÜVs zeigte auch: Viel CO2 kommt durch den Zukauf von Mineraldünger und Kraftfutter auf den Hof. Denn, etwa der Mais, der Kraftfutter enthalten ist, kann um die Ecke angebaut oder weit transportiert worden sein. Bei angekauftem Futter ist das für Stümmler nicht nachvollziehbar. Deshalb will er möglichst viel selbst produzieren, aktuell liege er bei 80 Prozent Eigenproduktion.
Experimente im Betriebsalltag
Im Sommer hat er bereits verschiedene Sortenversuche mit Mais und Ackerbohnen durchgeführt. Die werden in der Biogasanlage verwertet und mit den Resten kann er dann seine Felder düngen und so den Zukauf von Dünger reduzieren. Er hat auch zum ersten Mal Klee ausprobiert, den er jetzt an seine Tiere verfüttert. Klee hat drei große Vorteile: Erstens braucht er weniger Dünger, zweitens steckt in Klee mehr Protein und drittens braucht Klee weniger Wasser. Solche Versuche sind wichtig, um effizient zu wirtschaften.
Aktuell ist Florian Stümmler auf der Suche nach der perfekten Futterzusammensetzung für seine 140 Kühe. "Gerade kommen noch 15 bis 20 Prozent unverdaut wieder heraus, das will ich optimieren, denn Verluste bedeuten immer auch unnötige Emissionen", sagt der Landwirt. Für das Projekt probiert er deshalb Futterzusätze aus. Die sorgen dafür, dass die Darmflora die Nährstoffe besser verwerten kann, und sind aus Mineralien, Salzen und Vitaminen. Bei gleicher Menge an Futter, konnte er so beobachten, dass seine Kühe zwei Liter mehr Milch geben. Mehr Milch, mehr Gewinn.
Übertragbarkeit auf andere Betriebe
Das ist insgesamt viel Aufwand und auch zusätzliche Kosten, die Florian Stümmler aktuell über das Projekt auffangen kann. Das große Ziel ist es aber, Erkenntnisse zu gewinnen, die sich auch für andere Betriebe betriebswirtschaftlich lohnen sollen.
Das Experiment läuft noch bis 2025. Danach sollen die Ergebnisse laut DMK auf alle Höfe der Genossenschaft angewendet werden können.
Über dieses Thema haben wir auch am 24.11.2023 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.