Die Kuhherde auf dem Volmehof 00:17 Min. Verfügbar bis 15.09.2026

Pensionshof im Sauerland: Wo Rinder noch alt werden können

Märkischer Kreis | Landwirtschaft

Stand: 15.09.2024, 07:01 Uhr

Tierhaltung mal anders: Auf dem Volmehof in Meinerzhagen können Kühe ihr Leben genießen und in Ruhe alt werden. Wie viele Menschen vor Ort das möglich machen.

Von Janine Simon

Im Normalfall wären Knödel, Kylo und Max schon tot. Gemästet, geschlachtet und weiterverarbeitet. Doch statt im Schlachthaus zu enden, stehen die drei Ochsen mitten auf einer idyllischen Weide im Sauerland. Sie hatten Glück. Und wenn sich dieses Glück an Personen festmachen lässt, dann sind es Jana Fischer und ihre Mutter Birgitt Fischer. Denn Familie Fischer betreibt den Volmehof in Meinerzhagen und kümmert sich um die tierischen Bewohner. Mit einem Eimer voll altem Brot sind beide auf dem Weg zu den Ochsen.

Jana Fischer mit einer Kuh auf dem Volmehof | Bildquelle: WDR

Das Konzept des Volmehof ist angelehnt an das eines Gnadenhofs. Davon gibt es zahlreiche in NRW. Wie viele genau wird allerdings nicht zentral erfasst. Wer im Internet sucht, stößt auf mehrere dutzend Initiativen aus allen Ecken des Bundeslandes. Es gibt Höfe speziell für Pferde, Esel und landwirtschaftliche Nutztiere. Auf anderen finden auch Waschbären und Vögel ein Zuhause. Auf dem Volmehof in Meinerzhagen leben 21 Kühe und Ochsen sowie zwei Ziegen und eine Katze. Pensionshof nennen sie sich selbst. Was die Tiere auf allen Gnadenhöfen gemeinsam haben: Sie haben ihren Wert für ihre ursprünglichen Besitzer verloren. Ausgestoßene ohne Perspektive. Wenn es da nicht ein paar Menschen gäbe, die ihre Zeit und ihr Geld für sie aufopfern.

Paten ermöglichen angenehmes Kuh-Leben

Täglich striegeln Jana und Birgitt Fischer die Tiere und kuscheln mit ihnen. Sie bekommen auf dem Hof sogar regelmäßig Physiotherapie. Die Kosten für die Versorgung und Unterbringung übernehmen Menschen, die eine Patenschaft für eines der Tiere übernommen haben. Häufig haben die Paten die Tiere von ihren vorherigen Besitzern freigekauft und stießen bei der Suche nach einer Möglichkeit zur Unterbringung auf den Volmehof. Ihre Namen verdanken die Tiere ebenfalls ihren Paten.

Obwohl viele Kühe und Ochsen eine ähnliche Vergangenheit teilen, ist jedes Tier etwas ganz Besonderes, weiß Hofbesitzerin Birgit Fischer. Mit 17 Jahren ist Naomi die älteste Kuh auf dem Volmehof. Sie lebt schon seit mehr als neun Jahren hier. Ihre Paten kommen regelmäßig, um sie zu striegeln und zu helfen. Ochse Max ist noch nicht so lange auf dem Hof.

Birgit Fischer erzählt, wie Kuh Max auf den Hof kam 00:38 Min. Verfügbar bis 15.09.2026

Aber: Schon jetzt ist seine Lebenszeit mit vier Jahren länger als die vieler Tiere in einem Mastbetrieb. Laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft sind Mastbullen nach etwa 18 bis 20 Monaten schlachtreif. Die natürliche Lebenserwartung von Rindern liegt bei bis zu 25 Jahren.

Gnadenhof seit über zehn Jahren

Früher war der Volmehof ein reiner Mutterkuhbetrieb. Vor elf Jahren kamen dann die ersten beiden Pensionstiere auf den Hof. Heute bewirtschaftet Birgit Fischer gemeinsam mit Tochter Jana den Hof im Nebenerwerb. Die Familie hat noch zwei Mutterkühe mit Kälbchen. Alle werden ihren Lebensabend auf dem Hof verbringen dürfen.

Die 23-jährige Jana Fischer kennt das Leben auf dem Hof von klein auf. Sie hat sich bewusst für eine Ausbildung zur Landwirtin entschieden: "Mein alter Job hat mir auch Spaß gemacht, aber mir nicht mehr die Erfüllung gegeben, die ich hier zu Hause gefunden habe. Ich bin gerade mal Anfang 20 und warum nicht jetzt einfach mal was machen, was man vielleicht später bereut, nicht gemacht zu haben?"

Jana Fischer will das Konzept mit den Pensionstieren zukünftig weiter ausbauen. Damit die Kühe und Ochsen ihre Rente genießen und in Ruhe alt werden können, packt die ganze Familie mit an. Gerade arbeitet Jana Fischer an einer Begrenzung für die Weide. Dafür wickelt sie von einer großen Spule Draht ab und spannt ihn zwischen mehreren in die Erde gehauenen Holzstämmen.

Noch bis November bleiben die Tiere hier auf der Weide, bevor es für den Winter wieder in den Stall geht. Viel Zeit für die 21 Ochsen und Kühe, den Spätsommer und ihre Rente ganz in Ruhe zu genießen.

Über dieses Thema haben wir am 09.07.2024 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.