Ein seltenes Handwerk: Die Paramenten-Stickerei in Nordkirchen
Stand: 14.08.2024, 07:35 Uhr
Liebe zum Detail, Geduld, Kreativität und Fingerspitzengefühl. All das braucht eine Paramenten-Stickerin. Cornelia Hanke hat diesen seltenen Beruf und leitet eine Werkstatt in Nordkirchen. Was sie dort alles bestickt und warum Kunden aus ganz NRW zu ihr kommen.
Von Stefan Weisemann (Text) und Kirsten Lorek (Multimedia)
Es ist ruhig in der Werkstatt. So ruhig, dass man eine Sticknadel fallen hören könnte. Cornelia Hanke schiebt eine solche Sticknadel routiniert und konzentriert durch ein Stück Stoff. Erst von oben nach unten, dann von unten nach oben und wieder von vorne. Sie stickt gerade an einem Kirchturm. Er ist grün und entsteht Stich für Stich auf einem blau-weißen Wappen.
Hanke ist Paramenten-Stickerin. Sie bestickt Fahnen und Gewänder mit kunstvollen Motiven und Beschriftungen, komplett von Hand. Das macht sie nicht alleine. Hanke ist Leiterin eines ganzen Teams in einer Behinderten-Werkstatt der Caritas in Nordkirchen. Sie und ihre Mitarbeiterinnen brauchen Talent, Lust und vor allem einen reißfesten Geduldsfaden.
Was Cornelia Hankes Mitarbeiterinnen mitbringen müssen
00:15 Min.. Verfügbar bis 14.06.2026.
Die Kunden wissen dieses Fingerspitzengefühl und die Handarbeit zu schätzen. Die Paramenten-Stickerei in Nordkirchen bekommt Aufträge aus ganz NRW, die Auftragsbücher sind für die nächsten Monate komplett voll. Kein Wunder: Es gibt in NRW nur wenige andere Paramenten-Stickereien, etwa in Paderborn, Grefrath, Düsseldorf oder Bochum. Es ist ein sehr seltenes Handwerk. Wie zum Beispiel auch die traditionelle Ziegelherstellung in Erkelenz.
Und es ist ein zeitaufwändiges Handwerk. "Wir brauchen sehr lange, um so eine Fahne zu sticken", sagt Hanke, "aber wir können besser auf den Kunden eingehen, als wenn man es in die Maschine einprogrammiert und die dann einfach hinterher rattert".
Monatelange Arbeit an einer Fahne
Die Kunden sind vielfältig: Die katholische Kirche gibt regelmäßig kunstvoll bestickte Messgewänder und Stolen in Auftrag. Dazu kommen Vereine, die eine neue, aufwändige Vereinsfahne haben möchten. Vom Schützenverein über den Feuerwehrverein bis zum Gesangsverein.
Der Schützenverein Horn aus Ascheberg-Herbern im Münsterland lässt in der Werkstatt seine neue Vereinsfahne sticken. Sie ist anderthalb Quadratmeter groß. Auf dem dicken Seidenstoff steht im Kreis "Gefestigt durch die Tradition" und "Gemeinsam in die Zukunft". In der Mitte entsteht eine große, verzweigte Linde in verschiedenen Grüntönen, darauf zwei gekreuzte Gewehre. Allein das hat mehrere Monate gedauert.
In der Behinderten-Werkstatt der Caritas stickt Mitarbeiterin Conny gerade mit grünem Garn an einer Ecke der Fahne. Dort soll später die "Horner Quelle" zu sehen sein. Es sieht so aus, als würde sie nur eine Hand beim Sticken benutzen. Die andere ist unter dem Stoff.
Mitarbeiterin Conny erklärt die Stick-Technik
00:20 Min.. Verfügbar bis 14.06.2026.
Diese Bewegung macht Conny hunderte Male am Tag. Sie arbeitet seit fast 20 Jahren in der Paramenten-Stickerei. "Ich fand es von Anfang an interessant, da habe ich gedacht, das probiere ich aus", sagt sie. Sie freut sich schon, wenn sie das neueste Werk vollenden kann und die Kunden das Ergebnis sehen. "Da bin ich dann stolz drauf", sagt sie.
Vereine und Kirche schätzen Handarbeit
Zunächst gucken sich Mitglieder des Schützenvereins Horn aber das Zwischenergebnis an. Die bisherige Vereinsfahne soll ersetzt werden. "Diesmal wollten wir eine besondere Fahne", sagt Mitglied Steffi Hülsmann. Die lässt sich der Verein einiges kosten: Mehr als 5.000 Euro werden sie am Ende dafür zahlen.
Dafür gibt es echte Handarbeit und persönliche Beratung. Werkstattleiterin Hanke gibt dem Schützenverein viele Tipps, was er sich auf die Fahne sticken lassen kann. Und auch was nicht. Die Fensterläden des Schlosses, das gestickt werden soll, könnten etwas zu kleinteilig werden. "Da müssen wir gucken, wie sich das entwickelt", sagt Hanke. Die Vereinsmitglieder sind trotzdem jetzt schon begeistert: "Klasse" und "Wunderschön", sagen sie. In ein paar Wochen können sie die fertige Fahne abholen.
Paramenten-Stickerei bedeutet stundenlange Handarbeit
Akribische Arbeit und stundenlanges Sitzen haben sich dann ausgezahlt für die Mitarbeiterinnen in der Paramenten-Stickerei. So wie schon bei so vielen Gewändern und Fahnen zuvor. Chefin Hanke sagt stolz: "Wir machen viele tolle Sachen und es wird immer gewürdigt."
Über dieses Thema haben wir auch am 10.06.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.